Montag, 31. Dezember 2012

Gerufen, um zu hören

Ein Wort zum Jahreswechsel, gerade gehört in einem schön gemachten Porträt über Bill Deraime und Bruno Rotival auf "kto" (vom 23.12., in Französisch...): "Der Mönch ist jemand, der auf den Schrei der Menschheit hört." Zum Festtag der Beschneidung des Herrn, den Oktavtag von Weihnachten, der auf den Beginn des Ziviljahrs fällt, kommt dieser weise Satz gerade recht. Wäre der Mönch nur Dienstleister im Räderwerk der Kirche, könnten andere seine Aufgabe besser und effektiver übernehmen. Doch darum geht es gerade nicht. Wie Maria, so ist der Mönch dazu berufen, ein hörendes Herz zu bekommen und im Herzen zu bedenken, was Gott Großes tut. Der Mönch soll aus der Kleinkariertheit heraustreten, um aus der Enge der Lieblosigkeit den Schritt in die Freiheit der Gottesliebe tun zu können. Und gerade diesen Dienst würde die Welt heute dringend brauchen: Den Sprung aus der aalglatten und gefälligen Uniform der korrekten Regeltreue in die Arme der seufzenden Schöpfung, die sich die Seele aus dem Leib schreit. Es gibt nichts Moderneres als das Mönchtum. Beschneidung - und Befreiung - des Herzens, nicht des Leibes.

Dienstag, 25. Dezember 2012

Fest der Geburt des Herrn

Zum Geburtsfest Jesu Christi durchaus passend, habe ich heute auf der Seite eines - allerdings nach julianischem Kalender lebenden - "Kollegen" diese (bekannte und mit paraphrasierend übersetztem Text vertonte) Fassung eines lateinischen Hymnus aus dem Gottesdienst der Kirche gefunden. Fauré, der Komponist, hat mit den Stilmitteln seiner Zeit etwas vermitteln wollen, was in der heutigen Zeit so oft verloren gegangen ist: die Überzeugung, dass der König und Messias als Mensch gewordener Gott Herr über alles bleibt, was wir Leben nennen. Und dass er die Nacht seiner Geburt zum Anfang der neuen Ära gemacht hat, die der Welt den Frieden gebracht hat, obwohl er nichts davon zu spüren bekam. Die verzweifelten, verkümmerten, gequälten, verstümmelten, ermordeten Herzen, die nach der Befreiung suchen, finden sicher nicht in dem ihren Frieden, was wir leichthin Leben nennen. Deshalb ist Weihnachten nicht dann vollkommen, wenn "Stille Nacht" erklingt, sondern wenn die Stille Nacht Wirklichkeit wird. Kunstlicht gibt es wahrhaftig im Überfluss, aber licht ist unsere Gesellschaft deshalb noch lange nicht geworden. Jesus Christus ist das einzige Licht, das wirklich hell macht.      

Montag, 17. Dezember 2012

Ökumene wider Ökumene?

Quelle: www.exarchat.org
Dass die Christen "unter einem Dach" leben, ist seit langer Zeit Geschichte. Die Ökumene der Christen gehört deshalb ins tägliche Gebet der Kirche, wo sie z.T. ihren prominenten Platz hat, etwa in der Chrysostomus-Liturgie.
Eine andere Ökumene, die - sagen wir mal vorsichtig - heute wortreich daherkommt, ist keineswegs so einfach ins Gebet zu nehmen. Sie ist sperrig, weil zu viele Wunden und Narben zu berücksichtigen sind. Und weil sie nicht einfach ins Gutdünken Einzelner oder Mächtiger fällt. Vor wenigen Wochen wurde ein orthodoxer Christ im Benediktinerkloster Chevetogne zum Mönch geschoren von Erzbischof Gabriel von Komana, dem Exarchen des Erzbistums der russisch-orthodoxen Gemeinden in Westeuropa. Dieses relativ autonome Exarchat in der Jurisdiktion von Konstantinopel hat eine bewegte Geschichte: Gegründet von Metropolit Euloge nach den Wirren der Oktoberrevolution in Rußland, versteht es sich als Bindeglied zwischen der Orthodoxie russischer Tradition und den Orthodoxen, die nicht mehr in mehrheitlich orthodoxen Ländern geboren wurden und eine geistliche Heimat suchen. Die Mönchsweihe in Chevetogne ist nicht skandalös, obwohl sie den kanonischen Regeln widerspricht. Sie ist nicht visionär, weil sie zu viele Fragen aufwirft und den Beteiligten (zu) viele übermenschliche Anstrengungen abverlangt. Ist sie deshalb ein neuer Baustein der trennenden Mauer zwischen den Bewahrern der überlieferten Werte und den Kämpfern für mehr Offenheit? Gebe Gott, dass in dieser Frage alle sich beteiligt Fühlenden wenigstens mit einem Auge auf Christus als den Grundstein des Glaubens blicken. Dass die überlieferten Canones, die ein Zusammenleben mit Heterodoxen verbieten, aus einem anderen Blickwinkel gelesen werden müssen, ist nur eine Komponente in dieser Frage. Dass aber die Tonsur durch Erzbischof Gabriel in Chevetogne ein Akt des frommen Bekenntnisses zum orthodoxen Glauben war, darf nicht leichtfertig verneint werden. Gerade deshalb kann die "ökumenische" Mönchstonsur in Chevetogne ein echter Baustein der Einheit sein, auch wenn sie nicht leicht zu schlucken und schwerverdaulich ist.            

Montag, 10. Dezember 2012

Christentum, Islam und interreligiöser Dialog


Der kurze deutschsprachige Film mir franz. Untertiteln passt sehr gut in die Vorbereitungszeit auf Weihnachten. Er kann vor Augen führen, in welche Richtung ein Dialog abdriftet, der die
Orientierung verloren hat. Der Islam ist eine Religion, die sich aus dem Judentum und dem Christentum die für sie passenden Elemente ausgewählt hat. Beispielsweise erinnert die Gebetsweise gläubiger Muslime frappierend an die Gebetshaltungen der Zisterzienser (und somit wohl vor allem an die der alten Kirche). Im oben verlinkten Film sieht man nun, wie nicht die Orientierung auf Gott hin den Dialog ausmacht, obwohl man in einer Kirche ist, sondern das Kennenlernen der unterschiedlichen Kulturen. Vielleicht ist nicht unwichtig, an dieser Stelle innezuhalten und sich zu fragen: Wie viele Menschen und Christen könnten die Grundgebete ihres Glaubens im Gebet "par coeur", also auswendig, vor Gott aussprechen? Wer könnte das "Ehre sei Gott in der Höhe", das Glaubensbekenntnis, und sei es nur das "Apostolicum"!, und andere grundlegende Gebete als sein christliches Erbe sein Eigen nennen von denen, die sich, in wirklich rührender Weise, um den Dialog mit anderen Religionen bemühen? Ist ein solcher Mensch überhaupt dialogfähig, wenn er nicht an sein Gegenüber seine eigene Tradition und seinen eigenen Glauben bezeugen kann?
Der Gottesdienst der Kirche besitzt eine Gewalt, die die Menschen neu ausrichtet und aufrichtet - wenn er nicht zur Lüge wird. Ein Gottesdienst, in dem der Mensch der Mittelpunkt ist, oder gestalterische Elemente, oder "mystische Erfahrung", oder das "gute Gefühl", belügt den Menschen und hat nicht nur Gott aus den Augen verloren, sondern auch Gottes Geschöpf. Der obige Film ist deshalb weniger Hoffnungszeichen, als Ansporn: Nach allem, was sich Menschen angetan haben und antun (denken wir an Tibhirine und Notre-Dame de l'Atlas, an den Fall von Konstantinopel...!), kann nur der Blick auf Gott den Weg aus Hass und Verständnislosigkeit weisen.
     

Sonntag, 2. Dezember 2012

Der Eingang in den Advent

Für die Zisterzienser ist der "Eingang" in eine Festzeit immer ein wichtiger Moment. Abgesehen von dem Mythos der "Einförmigkeit", die niemals in den Klöstern des Ordens geherrscht hat (da z.B. Gemeinden außerhalb Frankreichs im 12. Jahrhundert schon Mitte November den Advent gegonnen haben), ist oder war die rituelle Grundlage des Zisterzienserlebens durchaus einförmig zu nennen. Der Eingang in den Advent ist keine Ausnahme, wie auf den obigen Reproduktionen zu sehen. Der monastische Tag beginnt ja am Abend; und die Vorabende der Feste und Festzeiten nehmen die Zisterzienser gleichsam bei der Hand. Es sind die "Vesperae vigiliae" die hier anklingen, was manche bei Reformversuchen wohl vergessen haben: Nach der Rezitation der Tagespsalmodie singt der eingeteilte Mönch das Kapitel, das den Ton angibt - "Brüder, die Stunde ist da, vom Schlafe aufzustehen."! Wer noch nicht aufgeschreckt ist, der wird es sicher, wenn alle sich zum feierlichen Responsorium bereitmachen - "Der Engel Gabiel wurde zur Jungfrau Maria gesandt, der Angetrauten Josephs, und verkündete ihr das Wort"... Es ist ja nicht so, dass es beim Gottesdienst um Ästhetik geht; und ganz sicher ist es wenig ästhetisch, wenn auf einmal, mitten in der Vesper, alle aus den Stallen zu den Büchern gehen müssen, um dort das Responsorium zu singen. Aber es ist ein großer Augenblick, wenn die Gemeinde in die Festzeit eintritt und wirklich merkt, was sie zu tun hat: Erwarten und warten, dass die Gemeinschaft zur Gemeinde wird, wenn der Engel Gabriel jetzt die Antwort einfordert. Und es ist schon eine Antwort, wenn die Gemeinschaft fastet, weil es Wichtigeres zu tun gibt, als sich ums Kochen zu kümmern.  

Freitag, 30. November 2012

Zum Fest des hl. Apostels Andreas






Der Blick vom Ufer des Sees von Galiläa in Richtung Bethsaida, der Heimat des hl. Apostels Andreas, vermittelt ein Bild der Heimat Jesu und vieler seiner Jünger, das in Israel selbst im Hochsommer nichts von seiner Schönheit einbüßt. Das Andreas-Fest ist ein markanter Tag für viele Nationen: Rußland, Schottland... Der Erstberufene kam auf seinen Missionsreisen ans Schwarze Meer. Selbst im Norden Rußlands, in Karelien, erzählt die Tradition von einem Halt des hl. Andreas auf der heutigen Klosterinsel Valaam im riesigen Ladogasee! Ein Apostelfest lädt immer auch dazu ein, über das heutige apostolische Wirken nachzudenken, zu dem die Christen berufen sind. Palästina wurde gestern ein Beobachterstatus bei den Vereinten Nationen zuerkannt. Israel verbeißt sich weiterhin in seine Politik der beißenden Hunde: Kein Volk, weder das jüdische noch das palästinensische, kann in Frieden leben - und das seit Jahrzehnten, wenn nicht gar seit Jahrtausenden! Die Apostel waren einfältig genug, in Jesus Christus den Messias zu erkennen und ihn als ihren König anzubeten. Den heutign Christen wird so eine Zumutung nicht auferlegt. Die Erkenntnis des Messias war schon zur Zeit Jesu ein Glaubensakt. Und manchmal scheint es so, als würde hinter den schnellen ud totsicheren Antworten der Bischöfe und Priester, der "Hauptamtlichen", die seelische Wüste lauern, die den nach Gott suchenden Menschen in die Verzweiflung reißen möchte. Der hl. Andreas ist gleich bei der ersten Begegnung mit Christus zum Glauben gekommen: "Wir haben den Messias gefunden!" Aber Christus hatte keine schnellen Antworten bereit. Er konnte und wollte wohl auch nur die Lebenswirklichkeit bieten, die allen gemeinsam war. Noch viel weniger hat Christus eine Lebensphilosophie angeboten. Vielleicht werden die Apostel und ihre Nachfolger die Frohe Botschaft verkündet haben, wie sie es von Christus gelernt hatten. Und vielleicht war diese Verkündigung nur deshalb so authentisch, weil sie keine schnellen und schablonierten Antworten geben konnte. Ihre Antwort für Menschen war wohl nichts anderes als die Aufforderung, zu kommen und zu sehen. Was sicherlich auch heißt: Den Glauben zu leben und im Tun schon teilzuhaben am Reich Gottes.   

Donnerstag, 29. November 2012

Valaam, P. Seraphim und der Mönch


Montag Abend wurde auf KTO-TV der Dokumentarfilm "Valaam, l'archipel des moines" ausgestrahlt. Seitdem ist er im Youtube-Kanal abrufbar (s.o.). Der französische Film, der reichlich den monastischen Gesang der Valaamer Mönche einbezieht, ist ausserordentlich eindruckvoll. Eine Filmsequenz ist mir in Erinnerung geblieben: Der Regisseur trifft einen Starez wieder, den er 20 Jahre zuvor in England kennenlernen durfte. Der Starez, P. Seraphim, gebürtiger Franzose, steht in der Filiation des hl. Siluan vom Athos, denn er ist ein geistlicher Sohn von P. Sophrony, dem Biographen des hl. Siluan. P. Seraphim spricht im Film von der Kraft der Sanftmut und von der Notwendigkeit, den menschlichen Realitäten auf christliche Weise ins Auge zu sehen. Ein Satz hat besonderes Gewicht: "Ein Mönch soll die fleischgewordene Liebe sein. Denn das ist seine eigentliche Berufung." Um diese Berufung mit Leben zu füllen, bedarf es unaufhörlicher Anstrengung. Aber wie jedes Christenleben, so ist auch das Mönchsleben vor allem verschenkte Gnade und empfangene Liebe. Die Folgen dieser Erkenntnis sind nicht absehbar. 

Samstag, 24. November 2012

Christ vs. Mönch, Reform vs. Geistigkeit? - Ein Interview mit P. Gabriel Bunge


Pater Gabriel Bunge, zuerst Mönch in Chevetogne, dann Einsiedler im Tessin, antwortet in einem kürzlich aufgezeichneten Interview, das HIER einzusehen ist, in französisher Sprache auf Fragen zum monastischen Leben. Besonders interessant ist seine Haltung zu den Reformen des benediktinichen Mönchtums. P. Gabriel vertritt den Standpunkt, dass die Reformen im westlichen Mönchtum wesentlich von der Obrigkeit ausgingen. Das allerdings ist im Falle der Zisterzienser nicht unbesehen hinzunehmen. Die zisterziensische Reform nämlich ist nicht der Versuch, neue Zucht und Ordnung in ein rostiges System zu bringen, sondern sie ist ein Neuaufbruch: vom strengen Molesme hin zu einem neuen Leben unter erneuerten Vorzeichen, eben in das Novum Monasterium. P. Gabriel sagt im Interview auch, dass es nicht möglich ist, die Spiritualität zu reformieren. Das ist ein hervorragender Gedanke! Die wirkliche Spiritualität ist und bleibt immer neu, denn sie geht aus vom Heiligen Geist. Und was für ein beglückender Gedanke ist das doch: Cîteaux mit den Gründervätern ist keine aufgedrückte Reform, sondern ein Neuaufbruch zu einem christlichen Leben in der Gemeinschaft Gleichgesinnter. Ein zweiter wichtiger Gedanke von P. Gabriel ist zudem die Feststellung, dass das Mönchtum kein Sonderweg herausgehobener Menschen ist, sondern dass es der Versuch dazu Berufener zu einem echten Christenleben ist, das nicht höher steht, als das Leben der anderen Christen. Genug Gedanken, um beschäftigt zu sein und nachdenklich zu werden!

Donnerstag, 22. November 2012

Metropolit Euloge (Paris) - Eine packende Autobiographie II


Die umfangreiche Autobiographie von Metropolit Euloge (Georgievsky) von Paris ist ein beeindruckendes geistliches und zugleich zeitgeschichtliches Lebenszeugnis. Metropolit Euloge berichtet in einem persönlichen, aber um Objektivität bemühten Stil über sein bewegtes Leben. Die letzten Jahrzehnte des Zarenreichs, die russischen Bistümer in "Kongress-Polen", in der Ukraine, die Arbeit in der zweiten und dritten russischen Duma - alles das wird Wirklichkeit vor den inneren Augen des Lesers. Aber viel mehr noch: Es entsteht ein Bild von den verworrenen und ideenüberfrachteten patriotischen Bemühungen jener Jahre nach 1900, die nur durch die Zeugnisse von Augenzeugen - und Metr. Euloge war ein Handelnder und politisch Tätiger! - einigermaßen korrekt in die geschichtlichen Ereignisse eingeordnet werden können. Metropolit Euloge hat als Erzbischof von Cholm, von Wolhynien, der russ. Gemeinden in Westeuropa niemals um der Macht willen "Politik gemacht". Seine Politik galt ganz anderen Dingen: Sie wollte das Gottesreich bei den Menschen besser zur Geltung bringen. Dafür kämpfte Metr. Euloge in der russischen Nationalversammlung und vor den Bolschewiken. Und es erschüttert den Leser, wenn er an Passsagen kommt, die ungeschminkt die konkrete damalige Wirklichkeit in Worte fassen: Wenn kämpfende "Bolschewiken" de facto nur um ihre menschliche Freiheit und ihr Leben kämpfen und selbst nichts mehr von den politischen Überzeugungen wissen, für die sie vermeintlich kämpfen. Wenn ein rücksichtloser Chauvinismus der anderen Konfession zur entscheidenden Frage über Leben und Tod wird und Feindschaft zwischen den Völkern - hier des russischen und des polnischen bzw. des ukrainischen Volkes - über der Menschlichkeit steht. Aber Metropolit Euloge versucht stets, die persönlichen und politischen Hintergründe einzubeziehen. Er steht zu seinen Freundschaften alter und neuer Zeiten - sei es ein mittlerweile kommunistischer Mitstudent an der geistl. Akademie in der Duma, sei es der röm.-kath. Weihbischof von Mogilew (und spätere Erzbischof von Vilnius): was zählt, ist nicht das Vordergründige, sondern die Intention und die Aufrichtigkeit. Die Autobiographie von Metropolit Euloge ist ein wirkliches Geschichtsbuch, zusammengestellt von einem Menschen, der mit Frömmigkeit und Herzenseinfalt sein bewegtes und bedeutsames Leben Revue passieren läßt!      

Donnerstag, 15. November 2012

Patriarch Kyrill konsekriert die Hauptkirche des Gorny-Klosters in Ein Karem - Jerusalem

Die Hauptkirche mit dem Patronat "Alle Heiligen des Russischen Landes" des Gorny-Klosters - Patriarch, Ehrengäste und Klostergemeinde. Photo: Moskauer Patriarchat

Während seiner Heilig-Land-Pilgerfahrt hat der Moskauer Patriarch Kyrill auch das Gorny-Kloster besucht und die dortige Hauptkirche konsekriert. Das Kloster liegt malerisch über dem Jerusalemer Vorort Ein Karem, dem Geburtsort des hl. Johannes des Täufers und dem Ort der Heimsuchung Mariens. Direkt neben dem Klosterkomplex, bestehend aus mehreren Kirchen und den verstreut auf dem Gelände liegenden Kellien der Mönchinnen und den Gästehäusern, befindet sich die alte byzantinische Pilgerstätte zu Ehren der Visitatio Mariae, an dem wohl zur Zeit Jesu das Landhaus des hl. Zacharias und der hl. Elisabeth stand. Sie wird heute von den Franziskanern betreut und gepflegt, die auch (seit mehr als 350 Jahren schon) die Pilgerstätte an der Geburtskirche versorgen. Von der (auf obigem Bild zum Posieren benutzten) Terrasse sieht man über das kleine Tal hinweg direkt auf die Geburtskirche des hl. Johannes des Täufers, dem ehemaligen Wohnhaus der hl. Zacharias und Elisabeth also. Obwohl das Gorny-Kloster durch die vergoldeten Kuppeln seiner Hauptkirche jedem Pilger sofort ins Auge sticht, ist es relativ schwer zu besuchen! Der Eingang des ausgedehnten Geländes wurde mittlerweise in der Nähe der Hadassah-Klinik eingerichtet. Von der Ortsmitte Ein Karem selbst ist das nur auf Umwegen zu finden bzw. mit einem Umweg über die Höhenstraße, von der Stadtmitte bzw. von Yad Vashem aus kommend.
Pfad zum Gorny-Kloster mit der Hadassah-Klinik im Hintergrund
   

Sonntag, 11. November 2012

Das Fest des hl. Martin von Tours - ein Wendepunkt im liturgischen Jahr

Hl. Martin von Tours. Photo: orthpedia

Im November häufen sich Gedenk- und Festtage! Und im November begann für die Zisterzienser (regional bedingt) auch die vorweihnachtliche Fastenzeit, nach dem Martinsfest nämlich. Damit folgten sie einem sehr frühen Brauch, der statt vier Adventssonntage derer sieben kennt. Die Monastische Fastenzeit, die am 14. September begann, wurde mit der Weihnachtsfastenzeit geistlich aufgestockt, indem die Mahlzeiten einfacher wurden und der Seele mehr Freiheit für die Gottsuche zugestanden wurde. Unnötig, das manchem modernen Liturgiehistoriker so verhasste Adventsfasten ausführlicher zu begründen - schließlich weiß nur der Liebende, was die Erwartung des Geliebten bewirkt! Der christliche Osten hat das bis heute bewahren können, wenn er das Weihnachtsfasten am 15. November beginnen läßt. Es heißt dort "Philippsfasten", weil es am Tag nach dem Fest des Apostels Philippus beginnt. Ähnlich wie bei den Zisterziensern begnügt man sich mit Speisen, die ohne Eier, Milch, Fett, Fisch - und natürlich Fleisch zubereitet werden. Das Fest des hl. Martin gilt nicht nur im Hinblick auf das Weihnachtsfest im Westen als Wendepunkt: Seit frühesten Zeiten wurden auch die Löhne ausbezahlt, da nun die Winterpause begann. Noch um die Jahrhundertwende vom neunzehnten zum zwanzigsten Jahrhundert entsprach dem Martinsfest z. B. in Russland das Fest Mariae Schutz (1. / 14. Oktober). Nach diesem Datum wurde dort der erste Schnee erwartet.

Campus Galli-Baustelle 2012
Gestern wurde im Deutschlandradio eine Reportage über eine zukünftige experimentalarchäologische Baustelle ausgestrahlt: den Campus Galli in Meßkirch, eine "karolingische Klosterstadt" also, entwickelt nach dem St. Galler Klosterplan (datierbar etwa um 820). Der Zeitpunkt der Ausstrahlung war gut gewählt. Das Fest des hl. Martin, dessen Mantel eine Reichsreliquie war, wird auch, wie zu lesen ist, auf der ambitionierten Baustelle (geöffnet ab Frühjahr 2012) den Schlusspunkt der alljählichen Arbeitsperiode setzen. Dieses Projekt, obwohl eher ungewöhnlich und unkonventionell, darf mit Spannung erwartet werden. Ob der Wissenschaft auf breiter Basis gestattet wird, aus den Bau- und Lebensbedingungen auf dieser modernen karolingischen Baustelle Erkenntisse und Rückschlüsse zu ziehen? Der gut besetzte Wissenschaftliche Beirat des "Vereins Karolingische Klosterstadt Campus Galli" ist in dieser Hinsicht ein vielversprechendes Zeichen. Hoffentlich dürfen sich die Forschenden und Wissenschaftler an den Früchten der wachsenden Klosterstadt freuen. Zahlreiche, nur theoretisch erörterte Fragen liegen parat, die sich nur beantworten lassen, wenn man sie mit Leben füllt. So renommierte Wissenschaftler wie der Liturgiehistoriker P. Angelus A. Häussling von Maria Laach haben sich mit dem St. Galler Klosterplan beschäftigt. Verwiesen sei nur auf den umfassenden Aufsatzband "Studien zum St. Galler Klosterplan II" von 2002.
Das Martinsfest als jährlicher Aufbruch in die Winterzeit ist nicht nur Aufhänger für zahlreiche Bräuche, sondern auch der Tag des Waffenstillstands 1918, nach dem Ersten Weltkrieg.  Vom Ersten zum Zweiten Weltkrieg ist es kein großer Schritt mehr, weshalb die Reichskristallnacht 1938, die nur einen Tag vor dem Martinsfest eskalierte, nicht minder in diese Betrachtung gehört. Nur fünfzig Jahre später sollte am 9. November schließlich die Mauer zerfallen, die durch die Folgen des Krieges in Deutschland errichtet worden war. Alles in allem ist der November also ein an Gedenktagen äußerst segensreicher Monat; segensreich solange, wie die Menschennicht nicht vergessen, woher sie kommen und wohin sie unterwegs sind.                 

Samstag, 10. November 2012

fr. Luc Brésard - ein Zisterzienserleben mit den Vätern


Gestern ist fr. Luc Brésard, geboren 1924, heimgegangen. Mönch von Cîteaux, eingetreten als Konverse, war er ein ausgewiesener Fachmann, wenn es um die Väter der Kirche ging. Als Verfasser mehrerer Publikationen zur Spiritualität des Mönchtums ist er im Zisterzienserorden und darüberhinaus bekannt. Jahre-, wenn nicht jahrzehntelang war er in Cîteaux zuständig für die Auswahl der Väterlesungen in den Nachtwachen. Die Studieneinheit "Histoire de la Spiritualité monastique" reiht sich wie selbstverständlich in sein Forschen und seine "Ruminatio" ein. Als Mönch, stattlich an Gestalt, konnte er beeindrucken. Als Mensch, mit der Aura seriösen Schalks, war er durchaus ein Vorbild in mancherlei Hinsicht. Seine Kenntnis der Väter durfte er auch außerhalb seiner Gemeinschaft weitergeben, wofür nicht wenige Menschen dankbar sind. Requiescat in Pace.

Mittwoch, 7. November 2012

"Häresie der Formlosigkeit" - ein Schlag nach links oder rechts?

In der letzten Ausgabe der dünnen Zeitschrift "Christ in der Gegenwart" (die ich mit einiger Vorsicht lese), fand ich einen Kommentar von Gotthard Fuchs mit dem Titel "Empor die Herzen". Dort entwirft er einen - oh Wunder - rubrizistisch-pastoralen Kommentar zu den jüngeren Entwicklungen in der römischen Liturgie. Der ausladende Gestus während der Eucharistiefeier, den manche Priester nach älterem, wiederbelebtem Muster pflegen, wird in dieser Kolumne ebenso aufs Korn genommen, wie der Neurenaissance-Stil der Papstliturgien und die Tendenz mancher Bischöfe, den Stil und die Fülle ihrer Gewandung einer byzantinischen Inszenierung anzugleichen. Leider wurde die weitere Lektüre dieses Textes getrübt.
"Liturgien können als symbolische Inszenierungen jenes wunderbaren Zusammenspiels verstanden werden, in dem Gott Mensch wird, damit der Mensch Gott begegne und eins mit ihm werde." - Dieses Zitat führt vor Augen, was die Liturgie nicht ist: Liturgie ist nicht Symbol von etwas, was als Zeichen herhalten muss. Die Liturgie und der Gottesdienst sind wesenhaft "communio" - nämlich als reale Verbindung von Gott und Mensch zu verstehen. Und deshalb ist der Begriff der "Häresie der Formlosigkeit" (in Anlehnung an M. Mosebachs Buch) eben auch keine "Verunglimpfung derer, die in der Liturgie Kommunikation - und also Communio - großschreiben" (so meint jedenfalls G. Fuchs). Es ist aber vielleicht die große Behinderung der Neuevangelisierung, dass das Glaubensleben in seiner Gänze großflächig verlorengegangen ist: Die Gänze meint hier die notwendige und der Natur nach zusammengehörige Verbindung von Glaubenswissen und Glaubenspraxis. Dass der Gottesdienst der Kirche Symbole bereithält, steht außer Frage, ob er ein Symbol sein wird, muss sich in jeder Liturgie zeigen. In dieser liturgischen Communio nämlich, vollzieht sich eine Durchdringung von Zeit und Ort, die zum Symbol, also zum Erkennungszeichen des Christen werden muss, wenn er die liturgische Wirklichkeit weiterträgt: in seiner Beziehung zu allen, die ihm begegnen. "Actuosa participatio" ist nicht etwa nur die ständige Berieselung mit Worten (oder gar Wörtern...) und die Antwort der Gemeinde auf z.B. gestalterische Elemente. "Aktive Teilhabe" kann und muss auch die individuelle Antwort des betenden Christen in der liturgischen Feier sein dürfen, denn nicht das Kollektiv steht im Vordergrund, sondern die Herrlichkeit Gottes, die sich in der Seele des Einzelnen manifestieren möchte. Dann erst wird aus den Gliedern des Herrenleibes die Kirche als Gestalt des verherrlichten Leibes Christi. "Der Ton macht die Musik." - und da hat G. Fuchs wirklich recht!

Donnerstag, 1. November 2012

Dom Alexis Presse, das Anniversarium seines Heimgangs und die Liturgie


Der 1. November, in vielen lateinischen Riten als Gedächtnis aller Heiligen gefeiert, ist gleichzeitig der Todestag von Dom Alexis Presse im Jahre 1965. Als "enfant terrible" des zisterziensischen Aufbruchs, nach den Jahren der Rekonstituierung von nunmehr zwei Zweigen des Zisterzienserordens vor mehr als 100 Jahren, konnte Dom Alexis viel Gutes tun: Sein Wirken wurde oft belächelt, oft auch mit Stirnrunzeln bedacht und öffentlich geächtet. Die "Affäre Alexis Presse", wie seine Causa selbst in neuesten Veröffentlichungen genannt wird (so in der in mehreren Sprachen vor wenigen Jahren erschienenen Geschichte ocso), war die Affäre eines Suchenden - und ist zu einer Affäre vieler Suchender geworden! Dom Alexis hat einen Gedanken, der ihn nicht losläßt: Wie kann ich Gott suchen, und wie kann ich den Menschen, die mir begegnen, bei ihrer Gottsuche helfen, ohne den Blick entweder nur auf Gott oder nur auf die Menschen zu richten? Seine Lösung des Problems war zu einfach - und sie war deshalb nicht allgemein verständlich. Dom Alexis, als hochgebildeter Theologe im wahren Sinne des Wortes, nahm relativ bald auf seinem Weg, der zur "Affäre" wurde, die Traditionen seines Ordens, der Zisterzienser also, und prüfte sie auf ihre Wegtauglichkeit, indem er neben sie das Evangelium legte. Bei der Prüfung gebrauchte er die Hilfsmittel, die ihm zur Verfügung standen: die Wissenschaften der Theologie und der Historie (und die des Rechts... um sich verteidigen zu können...). Er führte Neues ein in den Gemeinschaften, die ihn zu ihrem geistlichen Vater gewählt hatten (zuerst Tamié, dann Boquen). Das Neue stand im Gegensatz zu vielem von dem, was bislang durch Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte Geltung besaß. Dom Alexis war sich bewußt, dass dieser Kurs nicht ohne Konfrontationen gehalten werden konnte. Er blieb am Steuer, ohne seinen eigenen Untergang zu fürchten. Die Frage seines Lebens - Wie Gott suchen und zu ihm gelangen? - löste er idealtypisch: Er machte sein Leben zur Liturgie. Diese Lösung fand er bei den Zisterzienservätern (und nicht im Kirchenrecht). Die Väter von Cîteaux hatten einfach gelebt, was ihnen anvertraut worden war. Sie hatten sich gegen das gestellt, was ihrem Ruf entgegenstand. Sie hatten jahrhundertealte Regeln gebrochen, um neue aufzustellen. Aber sie waren nicht Herrscher über eine Idee, sondern Vasallen des größten Königs, Teilhaber am Himmlischen Königreich. Diese Teilhabe lebten sie hier und jetzt, im "paradisus claustralis", dem klösterlichen Paradies. Dom Alexis Presse kannte die Väter und wußte um ihre Lebensleidenschaft: sie - so erkannte er damals - feiern zeit- und schrankenlos die Himmlische Liturgie, in ihren Klöstern und im Himmel, der auf Erden beginnt. An dieser Erkenntnis scheiterte Dom Alexis wohl vielleicht, denn sie läßt sich nur noch schwer in die engen Grenzen der Neuscholastik integrieren. Heute würde Dom Alexis vielleicht nicht mehr ausgeschlossen. Verstanden hingegen würde er wohl ebensowenig wie damals.
Alle Heiligen, unsere Mütter und Väter, ihr Märtyrer und Bekenner, bittet bei Gott für uns!

Montag, 22. Oktober 2012

Edzard Schaper, Der vierte König und die Transzendenz Gottes

In seinem Roman "Der vierte König" verarbeitet Edzard Schaper manche seiner eigenen großen Lebensfragen, so die nach dem sinnfälligen Zusammenspiel von Gott und Mensch in seiner Einordnung in die Lebensgeschichte der Menschen. Schaper konzentiert sich auf die Darstellung des sich als ungläubig darstellenden Erzählers Major Frederichs und seine ihn immer wieder in Frage stellenden Bezugspersonen: den jungen (russischen) Sonderführer (in der Wehrmacht!) Fürst Armjaninow, den vierten König und den Abt Ilarion. Eine knappe Passage, kurz vor dem Beginn der dritten Erzählebene innerhalb des Romans - der Legende vom vierten König -, ist so etwas wie ein "Wort für das Leben" der Geschichte, das bis zuletzt den Erzähler fesselt. Der Ungläubige hat sich zu weit vorgewagt auf das dünne Eis des Glaubens. Wie es scheint, hat es ihn nicht tragen können. So durfte er erkennen, dass der menschgewordene Gott immer noch bei den Menschen ist:
"Sehen Sie", sagte der Abt [...], "ich habe Ihnen gesagt, hier sei Christus wie gestern geboren, und Judas hänge jeden Tag unter jedem Baum, Herodes herrsche fürchterlich und vergieße das Blut der unschuldigen Kinder Gottes, aber der vierte König sei auch immer noch unterwegs - Wolodjenka hier, unser kleiner König. Er hat irgendwann einaml, in heiligen Augenblicken, über die wir gar nichts wissen, Christus erlebt, hat den Stern gesehen und ihm nachfolgen müssen. Das kann undkann nicht Geschichte werden für ihn, Vergangenheit; er ist sein ganzes, armes, geschlagenes und doch völlig glückliches Leben in die Gegenwart Gottes auf Erden gebunden. Wir wissen nicht, wo er gewandert ist, bevor er zu uns kam, und was er alles in seinem Leben erlebt hat. Es werden weite, weite Wege im alten Rußland gewesen sein, und doh immer nur Heilswege, könnte man sagen. [...] Er ist heute wie immer der kleine russische König, der vierte von den Heiligen Königen, der einmal aufbrach, als der Stern die Geburt des Erlösers verhieß, und er trauert hier darum, daß er das Kind versäumt, dem lehrenden Heiland nicht gehorcht und den Herrn nur am Kreuz gesehen hat, als er alle Gaben, die er zur Huldigung vor dem Kind mitgenommen, schon unbedacht verschwendet und seine Kraft vertan hatte und nichts mehr besaß als sein müdes, altes Herz, das er dem Gekreuzigten schenken konnte. - Natürlich können Sie diesen Menschen psychiatrisch rubrizieren; Sie im Westen tun das so gern; aber keine Rubrik hebt für Wolodjenka die Wirklichkeit auf..." (Schaper, Der vierte König, S. 94 f.)

Vladimir Kireev - Christus ist unter uns

Samstag, 13. Oktober 2012

Metropolit Euloge (Paris) - eine packende Autobiographie

Der Metropolit des Erzbistums der russischen Gemeinden in Westeuropa, Euloge bzw. in Transkription Evlogij, hatte einen bewegten Lebensweg hinter sich, als er 1946 in Paris, Rue Daru, starb.
Bischof in den westlichen Gebieten des russischen Reichs (also konfrontiert mit dem Wirken der römischen und unierten Hierarchen in der Ukraine und in Polen bzw. Österreich, Mitglied der dritten Duma, des russischen Parlaments, Teilnehmer am Moskauer Konzil von 1917, bei dem nach jahrhunderterlanger Pause ein neuer russischer Patriarch gewählt werden konnte: alles das verdient es, der Nachwelt übermittelt zu werden. Metropolit Euloge hat das gegen Ende seines Lebens, im Jahre 1938, in mühsamer Arbeit getan. Daraus ist eine 1947 veröffentlichte russische Autobiographie geworden, die lange Jahre auf ihre Übersetzung ins Französische warten musste. Nachdem im Jahre 2000 die Übersetzung abgeschlossen war, konnte die französische Fassung endlich als erster Band der "Presse Saint-Serge" erscheinen. Das "Institut de Théologie orthodoxe Saint-Serge Paris" hatte einen eigenen Verlag gegründet und mit diesem wichtigen Werk seine erste Publikation verwirklichen können. Metropolit Euloge gehört zu den Gestalten der neuen Kirchengeschichte, denen große Verantwortung und schicksalhafte Entscheidungen zufielen. Zuerst Oberhaupt der "Russischen Kirche außerhalb der Grenzen [Rußlands]", als solcher durch (kirchen-)politische Intrigen abgesetzt, unterstellte er sich und seine Gemeinden dem Patriarchen von Konstantinopel - nachdem nicht wenige Gemeinden diesen Schritt nicht zustimmten und unter der Jurisdiktion der "Auslandskirche" verblieben waren, die sich erst 2007 wieder mit der russischen Kirche verband. Diese Komplikationen konnten allerdings nicht verhindern, dass sich die Jurisdiktion der "Rue Daru" (benannt nach dem Hauptsitz an der Kathedrale St. Alexandre-Nevskij, Rue Daru, in Paris) gut entwickelte: Das theologische Institut besitzt namhafte Professoren, deren Veröffentlichungen teilweise auch in deutscher Sprache zugänglich sind (Lossky etc.), die Gemeinden verteilen sich auf ganz Europa und haben einen teilweise vorbildlichen Integrationsprozess hinter sich: Es sind nicht mehr Ghetto-Gemeinden russischer Nostalgie, sondern Zentren authentischen orthodoxen Christentums.
Das Andenken des Metropoliten Euloge in hohen Ehren zu halten, ist also mehr als nur ein Auftrag, sondern eine Dringlichkeit. Sein Werk ruht auf den Schultern nicht weniger Heiliger: z.B. der hl. Mutter Maria Skobtsov von Paris, des hl. Alexis von Ugine, dessen zweiter Festtag der heutige 13. Oktober ist, und weiterer Bekenner und Märtyrer.

Mittwoch, 3. Oktober 2012

Zum Tag der deutschen Einheit

Deutschland kann nach der Diktatur des Dritten Reichs und jahrzehntelanger Teilung als selbständiger und freier Staat am Aufbau Europas mithelfen. Gott sei es gedankt! Vielleicht braucht es trotzdem einen kleinen enthusiastischen Anstoß, um den Tag der deutschen Einheit dankbar zu feiern:

Sonntag, 30. September 2012

Sie ist die Mutter oder Tochter der deutschen "Trappisten"...


Die Abtei Oelenberg, von der die Rede ist, geht auf die turbulenten Jahre der "zisterziensischen Superreform" des Abtes Dom Augustin de Lestrange zurück. Als Mutterkloster der Zisterzienser-Filiation gehört sie zu Mariawald, der durch ihre ebenfalls eigenwilligen Reformversuche ins Gespräch gekommenen einzigen männlichen Niederlassung der "Franzosen" in Deutschland. Als Tochter von Darfeld - wenn ich mich recht erinnere - stammt sie von einer Dom de Lestrange nicht gerade wohlgesonnenen Zisterziensergemeinde in Westfalen ab, die nach den Wirren der "monastischen Odyssee" - neben anderen - auf deutschem Boden gegründet worden war. Die Gemeinschaft von Oelenberg hat seit dem 20. September einen neuen Oberen, P. Théophane Lavens (so www.ocso.org). Die Gemeinschaft dieses Klostes im Elsaß ist zahlenmäßig nicht groß, doch ihre Geschichte ist abenteuerlich. Oelenberg beherbergte lange Zeit ein Doppelkloster - bis Ende des 19. Jahrhunderts oder Anfang des 20. Jahrhunderts! Zur Mönchsgemeinde gehörte der illustre Baron Ferdinand de Géramb, der eifrige Pilgerer und spätere Prokurator der Kongregation in Rom. Oelenberg lag also oft im Grenzbereich - im übertragenen und geographischen Sinne. Die Zisterzienser sind ein internationaler Orden, sind es seit 900 Jahren. Die Mönche und Mönchinnen, die Konversen, die Laienzisterzienser, sie alle sind demnach berufen, Kleinstaaterei und Kleinkariertheit Lügen zu strafen, da sie auf die große Geschichte ihrer Familie hinweisen können, die den europäischen Gedanken seit langem auf ihre Weise pflegt und wachhält.
Möge die Gottesmutter ihren Schutzmantel über sie alle und über die ganze Welt ausbreiten, wie sie es, der Vision nach, einst in Konstantinopel und vor den geistigen Augen frommer Zisterzienser tat.

Montag, 24. September 2012

Hl. Siluan der Athonit und hl. Sergius von Radonesch

Das Mönchtum läßt sich, will man der Tradition Glauben schenken, nicht einmal grob nach Osten und Westen abgrenzen. Der hl. Johannes Kassian z.B. hat mit seiner reichen östlichen Mönchserfahrung den monastischen Westen geprägt; andere große Gestalten der alten Ostkirche haben im damaligen Westen gelebt und gewirkt (der hl. Athanasius beispielsweise). Deshalb ist es wichtig, heute zweier großer Mönchsgestalten zu gedenken: Des hl. Siluan des Athoniten, dessen Festtag der heutige 24. September ist, und des hl. Sergius von Radonesch, der am 25. September gefeiert wird.
Der hl. Siluan der Athonit war zu seiner Zeit, also in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, ein selbst in seiner eigenen Gemeinschaft weitgehend unbekannter Mönch. Sein Schüler, Archimandrit Sophrony, hat seine Schriften und sein Leben bekannt gemacht. Der hl. Siluan kannte die Bedrängnis und die Verzweiflung in seinem Leben.
Erzbischof Gabriel von Comana hat darauf hingewiesen, wie wichtig das Lebenszeugnis des hl. Siluan für die Menschheit ist. Nicht die Gebote des mosaischen Gesetzes sind die Leitschnur christlihen Handelns, sondern das Leben nach den Seligpreisungen. Sie sind für die Christen Ausdruck des Neuen Bundes in ihrem Leben.
Der hl. Sergius von Radonesch ist der Mönchsvater Russlands schlechthin. Sein Leben war geprägt von der Zerrissenheit zwischen der "Welt" und der monastischen Berufung, "nicht von der Welt" zu sein. Seinem Gebet verdankt Russland den Sieg über seine Feinde. Bis heute ist der hl. Sergius von Radonesch einer der meistverehrten Heiligen Russlands; sein Grab im Dreifaltigkeits-Kloster von Sergiev Possad bei Moskau gehört zu den großen Pilgerzentren. - Zwei russische Heilige, zwei Wege zu Christus. Was zählt, ist letztlich mein persönlicher und eigener Weg zu Christus!

Dienstag, 18. September 2012

Zum Tod von Dom Polykarp Zakar


Der emeritierte Generalabt ocist und ehemalige Abt von Zirc in Ungarn ist am 17. September d.J. gegen 21.00 Uhr gestorben. Er war von 1985 bis 1995 einer der beiden Generaläbte der Zisterzienserfamilie. Als solcher folgte er Sighard Kleiner nach, der in der langen Periode von 1953 bis zu seiner Ablösung mit großer Hingabe und Selbstverleugnung der communis observantia vorstand. Abt Polykarp Zakar hat seine vielseitigen Talente in den Dienst der Zisterzienserfamilie gestellt. Bsonders am Herzen lagen ihm die historischen Fakten und Gegebenheiten, die den Orden der Zisterzienser mit seinen beiden Hauptzweigen betreffen - ein Ausdruck, den er allerdings nur mit Widerwillen geduldet hätte. Für ihn war die Entwicklung der Zisterzienser in mehrere rechtliche Gebilde Faktum und Tatsache, an der nicht zu rütteln war. Eine andere Sicht der Dinge ließen für ihn die historischen Dokumente nicht zu. Gerade das war wohl die schwierigste Instanz: Als hochintelligenter Wisenschaftler und Historiker waren für ihn die unumgänglichen Nebenschauplätze, wie er sie vielleicht genannt hätte, nur dann relevant, wenn sie sich an den Fakten messen ließen. In der neueren Zisterziensergeschichte war das freilich nur bedingt der Fall: Aus den Diskussionen über Recht und Unrecht bestimmter Entscheidungen wurden dann gelehrte Kontroversen beeindruckenden Ausmaßes. Es will scheinen, dass die Menschen dabei in dem Maße zu kurz kamen, wie die rechtliche und historische Situation zu ihrem Recht kommen sollte. Dadurch glichen manches Mal auch die Schlußfolgerungen eher Gerichtsurteilen, als weise abwägenden Dokumenten. Als Generalabt konnte solches Verhalten ihm übel ausgelegt werden.
Abt Polykarp Zakar hat mit großem Engagement die Belange "seines" Ordens vertreten, auch und vor allem in rechtlicher Sicht. Seine zahlreichen Veröffentlichungen zeugen von der immensen Fülle seines Wissens und seiner Interessen. Immer bemüht, durch Forschen und Weitergabe des Wissens dem drohenden Identitätsverlust entgegenzuwirken, hat er Großes geleistet. Das zeigt nicht zuletzt der maßgeblich durch seine Schule geprägte und dadurch auch umfängliche Band "Den Zisterzienserorden besser kennenlernen", der in verschiedenen Sprachen erschienen ist. Wichtige Dokumente der Ordensgeschichte werden darin in die Zeitgeschichte eingeordnet und kommentiert. Als solcher ist dieser Band sicherlich einer der schönsten Nachlässe des Verstorbenen, zeigt sich doch in ihm die Untrennbarkeit der Zisterzienserfamilie, der die rechtlichen Strukturen zur Nebensache werden.

Sonntag, 16. September 2012

Zum Geburtstag des hl. Alexander Schmorell


Alexander Schmorell wurde am 16. September 1917 in Orenburg (Russland) geboren. 1943 wurde ihm ein kurzer Prozess gemacht, der mit seiner Hinrichtung in München endete. Heute fand ich in Wort der hl. Mutter Marie Skobtsov, die 1945 in Ravensbrück umgekommen ist. Es passt sehr gut zu diesem Märtyrer des aufrechten Gewissens: "Ohne sich selbst zu verleugnen, kann man Christus nicht nachfolgen und gibt es kein Christentum." Der hl. Alexander von München hat gezeigt, dass ein aufrechter Mensch dem Bösen widerstehen kann und soll. Er hat sein Leben um Christus und um seiner Mitmenschen willen hingegeben. Das ist ein größeres Zeugnis für Loyalität und Glaube, als die Schändung der Kirchentür der israelischen Zisterzienserabtei Latroun: Wer dort mit neuhebräischen Worten Christus gelästert hat, nachdem die Kirchentür angezündet wurde, der hat wohl kaum verstanden, dass eine solche Tat nicht nur feige und unsinnig, sondern auch assozial und borniert ist. Der hl. Alexander, russischer Emigrant wie die hl. Mutter Marie, hat energisch den Nationalsozialismus bekämpft und hat dafür, wie Mutter Marie, sein Leben eingesetzt. Ihrer beider Leben hatte als Ziel, Christus gleichförmig zu werden, indem sie den Menschen dienten. Ihr Lebenszeugnis geht weit über den Tod hinaus.

Samstag, 25. August 2012

Politik und Glaube - ein unüberbrückbarer Gegensatz?

Der August ist im kirchlichen Kalender ein Monat bedeutender Festtage: Die Verklärung Christi, die Aufnahme Mariens in den Himmel, etc. In diesem Jahr begegnet dem Leser verschiedener Zeitungen, Zeitschriften und Nachrichtenorgane immer wieder die Causa der russischen Protestgruppe, bestehend aus drei agierenden Frauen und einer Vielzahl im Hintergrund agierender Sympathisanten und Drahtzieher. Die Russ.-Orth. Kirche im Ausland, und zwar deren deutsche Diözese, hat eine Verlautbarung publik gemacht, die auf die äußeren Umstände der Protestaktion selbst in der Christi-Erlöser-Kathedrale in Moskau, aber auch auf die viel schwerwiegenderen Tatsachen hinsichtlich der Verurteilung dieser Aktion eingeht. Hier soll nur ein erster Abschnitt zitiert sein: "Am 21. Februar 2012 kam es in der Christus-Erlöser-Kirche in Moskau - der symbolträchtigsten Kathedrale der Russischen Orthodoxen Kirche - zu einem Bruch des Hausfriedens und der Kirchenordnung durch eine Punk-Gruppe ("P... Riot"). Dort und im danach eigens erstellten Videoclip kam es zu blasphemischen Äußerungen in der dieser Gruppe eigenen Fäkalsprache, gegen die Vertreter der ROK (als „Sch..., Sch…, Sch… des Herrn“) allgemein und des Oberhaupts der ROK Patriarch Kyrill ("Hure") im Besonderen, auch erfolgte die Verspottung der christlichen Gläubigen in ihrer Gänze ("Kriecher"). Dies alles geschah mit dem Rücken zum Altar vor der Ikonostase der Kathedralkirche auf dem Ambo der Kirche, dem zentralen Ort der liturgischen kirchlichen, pastoralen und festlichen Abläufe des orthodoxen Gottesdienstes. Die Täter und Täterinnen bezeichneten ihre Aktion nicht nur als politischen Protest, sondern auch als "Punk-Gebet" und "Kunst-Aktion", womit sie sich einreihen in frühere provokative Aktionen, die den Glauben der orthodoxen Christen zur Zielscheibe machen. Die anschließende Verhaftung und Aburteilung eines Teils der Täter/innen sowie das Strafmaß führten zu zahlreichen Protesten und Stellungnahmen. Schlagartig war die Gruppe weltberühmt. Unsere Auffassung ist: Jeder russische Bürger hat heute, wie auch wir in Deutschland, das Recht und den Anspruch auf den staatlichen Schutz freier und ungestörter Religionsausübung. Bedauerlicherweise jedoch hörten wir in den vielfachen Äußerungen über diese PR-Aktion auf Kosten der Kirche – darunter Künstler, Abgeordnete, Minister und sogar die deutsche Bundeskanzlerin – kein Wort des Mitgefühls, geschweige denn einer Solidarität mit den Gläubigen Russlands bzw. der Moskauer Kirchengemeinde der Christi-Erlöser-Kirche. Die historische Dimension wurde - wie selbstverständlich - ignoriert. Im 20. Jahrhundert hat das gläubige russische Volk zunächst die Verspottungseines Glaubens mit vergleichbarer Zielrichtung erlebt und alsbald auch die Entweihung und Zerstörung zehntausender seiner Kirchen (56.000 auf ca. 100) und Klöster (1200 auf Null) durchlitten, und zwar in der größten Christenverfolgung aller Zeiten mit über 1 Mio Märtyrer (Bischöfe, Priester, Mönche, Nonnen, Laien, Männer, Frauen und Kinder). Das für die Aktion ausgewählte Gotteshaus war 1931 gesprengt und abgetragen worden (Fotos: www.xxc.ru/destruct). Wiedererbaut wurde es und 2000 eingeweiht mit der Verherrlichung der Neumärtyrer Russlands. So ist es ein Symbol des Schmerzes von Golgatha und der Freude der Auferstehung. Wir bezweifeln, dass belehrende Forderungen nach "Freiheit der Kunst" mit derselben Einseitigkeit und Kritiklosigkeit verlautbart würden, wenn Randalierer z. B. in der KZ-Gedenkstätte Buchenwald, oder in der Berliner Synagoge eine "Sch... Hymne" unter Beschimpfung des Staates Israel bzw. in der Kölner Moschee mit Verhöhnung religiöser Führer des Islam und Nachäffung von Gebetsgesten singen würden, oder einen vergleichbaren Tanz – sei es in Plötzensee (20. Juli), sei es auf den Gräbern der Mitglieder der „Weißen Rose“ – aufführen würden."
Die ganze Verlautbarung kann man auf der Seite "Parlons de l'Orthodoxie" nachlesen. Darauf hinzuweisen ist hingegen noch, dass bei der ebenfalls scharf zu verurteilenden Aktion in Kiew das von den Unierten errichtete Gedächtniskreuz (für die Opfer der Gewaltherrschaft in der Ukraine) wohl aufgrund von Unwissenheit zerstört wurde: Es gehörte nicht der russischen oder ukrainischen orthodoxen Kirche, sondern der griechisch-katholischen (unierten) Kirche.

Freitag, 10. August 2012

Cîteaux - Gebet um Berufungen 20.8.2012 - 20.8.2013


Dom Olivier und die Gemeinschaft von Cîteaux bitten alle Zisterzienser darum, sich ihrem Gebet um Stärkung und Wachstum der Zisterzienserberufung anzuschließen. Anlass ist das Jubiläum des Eintritts des Bernhard von Fontaine in Cîteaux unter dem hl. Stephan Harding etwa um 1112, also mehr als vierzehn Jahre nach der Gründung des Neuen Klosters. Auf der Webseite der Zisterzienser s.o. findet sich das Gebet in drei Sprachen (engl., franz., span.). Hier soll jetzt eine deutsche Version folgen, für alle Deutschsprachigen, die sich dem Aufruf anschließen möchten:
GEBET UM BERUFUNGEN
Guter Vater, indem unsere Väter das Neue Kloster gegründet haben, wollten sie dem armen Christus in die Wüste folgen. Sie konnten aus dem Evangelium leben, weil sie die Regel des hl. Benedikt in ihrer Reinheit wiederentdeckt hatten.
Du hast Bernhard von Fontaine die Gabe verliehen, diese neue Art des Lebens in der Freude des Heiligen Geistes als ansprechend und anziehend zu vermitteln.
Schenke auch uns, die wir heute in ihrer Nachfolge stehen, aus dem Geist des Friedens, der Einheit, der Demut und vor allem der Liebe zu leben, die alle Gnadengaben übersteigt: Dass heute erneut Männer und Frauen den Ruf zum monastischen Leben unter der Führung des Evangeliums hören, zu einem Dienst an der Sendung der Kirche und in einer Welt, die dich vergisst.
Herr, denke an Cîteaux, wo Bernhard mit seinen Gefährten ankam. Lass die Brüder, die an diesem Ort leben, weiterhin von der ursprünglichen Begeisterung der Anfänge getragen sein.
Denke an all jene, die aus dem Zisterziensercharisma leben.
Denke an all die Zisterziensergemeinschaften: Jene, die älter werden, und jene, die neu entstehen an den Enden der Erde, im Norden und Süden, Osten und Westen. Lass sie sich in der Prüfung an jene wenden, die Bernhard den Meeresstern genannt hat, damit sie nicht den Mut verlieren.
Heiliger Vater, von dir haben wir bis jetzt schon so viel empfangen. Gewähre uns auch künftig deinen Segen, damit unsere Gemeinschaften zahlenmäßig, aber vor allem in Gnade und Weisheit wachsen mögen – zu deiner Verherrlichung.
Dir, dem die Ehre gebührt von Ewigkeit zu Ewigkeit.
Amen.

Sonntag, 5. August 2012

Ein modernes Iternerarium aus dem Hl. Land - Fortsetzung


Auf dem Weg zum Berg Tabor... Der Festtag der Verklärung des Herrn ist ein großes Ereignis im Leben der Kirche. Auch wer nicht im Heiligen Land ist, kann die Spannung fühlen, die in der Liturgie vorhanden ist. Dieser Festtag fordert den Menschen heraus: Nicht die Verklärung und der blendende Schein beeindrucken, sondern vor allem die Unbedingtheit der göttlichen Offenbarung. Die Weltgeschichte verdichtet sich auf dem Tabor in Anwesenheit von drei Fischern. Der Zeit und dem Ort enthoben, ist die Verklärung ein Ereignis, das alle Dimensionen sprengt, um Zeit und Raum für den Menschen greifbar werden zu lassen. Der Mensch ist kein Spielball von irgendetwas, sondern er ist ein aus Liebe erschaffenes und erstmal zur Gänze gutes Geschöpf. Auf dem Tabor offenbart sich Jesus Christus seinen Jüngern als Gott, der durch Leiden und Kreuz seine Herrlichkeit ergreift. Diese Herrlichkeit zu sehen, kann keinem Menschen vergönnt sein. Den Abglanz des Vaters zu sehen, ist eine der großen Berufungen des Menschen. Die Verklärung des Herrn ist deshalb vor allem auch eine grundlegende Episode in der Geschichte der Gottesliebe. Es geht um Erfahrungen, die für den Menschen unvergesslich bleiben werden. Und denen er trotzdem immer wieder nachspüren muss, um den Weg nicht aus den Augen zu verlieren.

Montag, 30. Juli 2012

Edzard Schaper - "Der vierte König": Über die Unbedingtheit


[...] "Jugend! dachte ich vielleicht, herrliche Unbedingtheit! Lieber ein irrender König in fremdem Land hinter einem untergegangenen Stern sein, als eine zweckeifrige Biene daheim in den blühenden Linden der irdischen Jahreszeiten... So vieles, unsäglich vieles aus der Geschichte des vierten Königs fiel mir ein, was jetzt am allerwenigsten Platz in meinem Kopf finden durfte. Aber wie hatte Armjaninow gesagt? ,Ich frage mich, ob er nicht ewig leben wird' ... Wen hatte er damit gemeint? Den König der Legende als ewigen König des russischen Volkes, so viele Kommissare ihm auch den Thron streitig machen mochten, oder die seltsame Gestalt da drüben im zweiten Saal? Es hatte sich beinahe mehr nach dm zweiten angehört, und das konnte einem Angst einflößen. Geriet auch er bei den inneren Erschtterungen der Heimkehr in den verhängnisvollen Wahn der ewigen und fortwährenden Anwesenheit Gottes auf Erden wie der vierte König? War auch er nicht imstande, das Heilsgeschehen Vergangenheit und Geschichte werden zu lassen? Der Abt mit seiner Autorität konnte ihn, der immerhin in westlichem Denkengeschult war, so leicht widerlegen. Auferstehung und Himmelfahrt waren doch wenigstens theologisch nicht einfach ungeschehen zu machen. Oder hatte der vierte König, der Vasall ,des größten Königs aller Zeiten und Zonen', in Armjaninow schon wieder einen Untervasallen gefunden?" [...]
Aus: Edzard Schaper: Der vierte König. Zürich [1962], S. 171)
Major Frederichs, Stabsoffizier der Wehrmacht im estnisch-russischen Grenzgebiet Anfang der vierziger Jahre des 20. Jahrhunderts, also mitten im Zweiten Weltkrieg, der Ich-Erzähler des erschütternden Romans von Edzard Schaper, sinniert hier über die eine große Frage, die den ganzen Roman durchzieht: Wo liegt die Wahrheit für den suchenden Menschen verborgen? Und viel besser noch: Wer ist die Wahrheit und der Weg und, vor allem, das Leben? Sein ihm vor wenigen Stunden erst zugeteilter Sonderführer Armjaninow, Sohn russischer Emigranten und ehemaliger Student am (russischen) theologischen Seminar Saint-Serge in Paris, hat in dieser kurzen Zeit mit gigantischen Schritten seinen Aufstieg zum Berg Tabor begonnen. Frederichs wird ihm bis an sein Lebensende nachjagen - das erfährt der Leser ganz zu Beginn des Romans. Einholen kann er ihn nicht mehr: Welten trennen den jungen russischen Schmalspuroffizier, den seine Vergangenheit einholt, vom protestantischen Stabsoffizier. Schaper hat einen höchst theologischen Roman geschrieben, der nicht leicht zu erfassen ist. In diesem Werk wird die protestanische und allgemein westliche Theologie an ihre Grenzen geführt - und sie kann sie nicht hinter sich lassen. Dieses sich einzugestehen, fordert den ganzen Menschen. Demütig stellt sich Frederichs dieser Prüfung, ohne sie freilich in seinen Augen jemals bestehen zu können. Vielleicht ist das Taborlicht für sein Augen aber auch nur deshalb ein Geheimnis, weil er es schon längst im Herzen geschaut hat. Der Roman endet im Desaster, ohne den Leser wirklich loszulassen: Er macht sich, womöglich und hoffentlich, gleich Major Frederichs, auf den Weg zum Berg der Verklärung.

Samstag, 14. Juli 2012

Ein modernes Itinerarium aus dem Heiligen Land - IX : Jahrestag der Kirchweihe der Anastasis-Basilika


Im Jahr 335 wurde der Kranz von verschiedenen Kirchen am Ort des Todes und der Auferstehung Jesu Christi, den Kaiser Konstantin hatte errichten lassen, feierlich geweiht. An diese Kirchweihe erinnert der heutige Festtag, den die Kirche von Jerusalem mit besonderer Feierlichkeit begeht. Die heutige Basilika der Anastasis, im Deutschen gemeinhin Grabeskirche genannt, ist ein Bauwerk, das durch viele Jahrhunderte hindurch entstanden ist. Die Kuppel über dem Ort der Auferstehung Christi wurde erst vor wenigen Jahren saniert, während andere Kapellen, Apsiden und auch "Chöre", wie es offiziell heißt, durch die Jahrhunderte immer wieder ergänzt und erneuert wurden. Eine feierliche Kirchweihe im 12. Jahrhundert (1149) steht am Beginn des Anniversariums vom 15. Juli. Während damals die Kreuzfahrer um die Heiligen Stätten kämpften, teilen sich heute mehr oder minder friedlich verschiedene Konfessionen die Grabeskirche. Die Gottesdienstzeiten sind präzise geregelt bzw. werden durch den Status quo bestimmt, dessen Einhaltung zu den grundlegenden Pflichten der Gemeinschaften gehört, die am Ort des Todes und der Aufersehung Christi leben. Insofern ist gerade auch dieser ehrwürdigste Ort der Christenheit ein Abbild der Wirklichkeit und der bitteren Realität, die nicht nur im Mittleren Osten und in den Diktaturen dieser Welt täglich erfahrbar wird. Ein Pilger im Heiligen Land, der mit offenen Augen durch die Orte und Städte geht, die die Apostel im Auftrag Jesu durchwandert haben, sieht alle Wunden, die Kriege und Politik geschlagen haben. Umso schmerzlicher ist die Feststellung, dass am Nabel der Welt gerade die Christen ein Bild erbärmlicher Spaltungen und Kleingläubigkeit abgeben. Die Liturgie am Kirchweihfest (und nicht nur diese) ist im Himmlischen Jerusalem angesiedelt. Die Visionen des Apostels Johannes erinnern daran, dass dort unsere wahre Heimat ist, in der Stadt des Friedens.

Pour la vieille et vénérée France...

Elle est la "Fille ainée" de l'église. Elle est en fête aujourd'hui, la grande Nation francaise (avec cédille...). Pourtant, pour mon cadeaux festif, j'ai choisi la version de l'hymne nationale sans paroles. On me pardonnera sans doute:

Freitag, 13. Juli 2012

Fest des Hl. Alexander Schmorell


Zum ersten Mal kann in diesem Jahr das Fest des hl. Alexander Schmorell in der russ. Kathedrale in München gefeiert werden. Der Heilige wurde am 4./5. Februar 2012 in München kanonisiert. Vorgesehen ist neben dem vollständigen Gottesdienst zu Ehren des von den Nazis enthaupteten Widerstandskämpfer aus den Reihen der "Weißen Rose" auch eine Prozession (während der Liturgie) zum Grab des Märtyrers, das sich in unmittelbarer Nähe der Kathedrale auf dem Friedhof "Perlacher Forst" befindet. Auf der Seite des "Moinillon" konnte man diese Informationen gestern abrufen. Aus dem Festgottesdienst zu Ehren des hl. Alexander Schmorell: "Mit welchen Lobeskränzen schmücken wir dich, Märtyrer Alexander, der du die in Bosheit geflochtenen Redekünste zerstäubtest, indem du sie mit deinem Worte zerschnittest. Du lehrst das Rechte, und leidest geduldig für Christus, vom Guten bekleidet und mit den Leidensduldern gekränzt. Mit welchen Lobgesängen schmücken wir dich, den jetzt Besungenen, Alexander, den Märtyrer. Von Kindheit an eignetest du dir Christus an, von Klein auf den Geist des reifen Mannes erwählend, und nach Göttlicher Weisheit trachtend, wurdest du, Märtyrer, Wohnstätte Christi im Heiligen Geist."

Mittwoch, 11. Juli 2012

Zum Fest des hl. Benedikt


Gerade eben - und gerade zum Fest des hl. Benedikt! - entdecke ich HIER eine etwas grobkörnige, aber dafür auch amüsante literarische Karikatur des Konflikts zwischen der römischen Kirche und den "Traditionalisten" der "FSSPX". Wie alle Vergleiche, so hinkt auch dieser ziemlich deftig - und dennoch enthält er eine große Wahrheit. Um es im übertragenen Sinne zu sagen: Das Hochzeitskleid für das Festmahl im Himmlische Jerusalem ist wohl nicht uniform. Damit sind wir auf einer eher gewichtigen Ebene gelandet, die alles Komische hinter sich gelassen hat. Aber auf ihr sollten wir uns, zumindest theoretisch, mit ebensolcher Freude im Herzen bewegen. Sonderbarerweise hat unser heute (auch römischerseits) gefeierter Mönchsvater viel mit der oben verlinkten humoristischen Geschichte gemeinsam. Und er hat eigentlich auch schon die Pointe vorweggenommen. Für ihn ist das christliche Leben zuallererst eine unaufhörliche Antwort der Liebe. Und auch die Sehnsucht spielt für ihn eine große Rolle: Wer die Stimme des Herrn hört, der ebenso unaufhörlich ruft, und wer dann von der Sehnsucht getrieben wird, auf dem heiligen Berg, in der Gegenwart Gottes, zu wohnen, der muss den richtigen Weg einschlagen (oder eben: in den richtigen Zug einsteigen). Das Evangelium nennt das noch anders: Ein solcher Mensch soll mit dem Hochzeitsgewand bekleidet sein, das für ihn bereitliegt. Und obwohl es für den hl. Benedikt nur einen Weg und eine Wahrheit und ein Leben gibt - Christus, den Sohn des lebendigen Gottes -, ist sein Weg nicht uniform. Sein Weg führt immer zu Gott, aber kennt so viele Gesichter, wie es Menschen gibt. Sein Weg ist immer auf die Wahrheit gegründet und hat doch so viele unterschiedliche Fahrrinnen, wie es Vorbilder und Wege im einen Glauben gibt. "Über Farbe und Stoff des Gewandes soll man sich gefälligst nicht den Kopf zerbrechen; man nehme das, was gerade zu bekommen ist." - aber es muss daraus ein wirkliches Hochzeitsgewand werden, nicht ein dreckiger Lumpen. Der hl. Benedikt, dessen Reliquien-Übertragung am heutigen Tage gedacht wird, hatte übrigens einen sehr wenig "römischen" Heimweg ins Himmlische Jerusalem: Seine Seele wurde im Unerschaffenen, Göttlichen Licht in die ewige Herrlichkeit aufgenommen. So jedenfalls sah es wunderbarerweise der hl. Bischof Germanus in einer Vision, wie alljählich am Benediktsfest (21. März) gesungen wird.

Montag, 2. Juli 2012

Ein modernes Itinerarium aus dem Heiligen Land - VIII : Mariae Heimsuchung


Nach altem Brauch feiern zumindest einige deutschsprachige Länder den Festtag der Heimsuchung Mariens weiterhin am 2. Juli. So bin ich denn, alter Gewohnheit gedenkend, heute zum Ort der "Visitatio" hinaufgestiegen: In En Kerem durchquert man dazu ein kleines Tal im Ort, läßt die Marienquelle, an der die Gottesmutter Wasser geholt haben wird, links liegen und steigt etwa 50 Höhenmeter zur Heimsuchungskirche hinauf, zu der man noch circa 500 Meter zu gehen hat. Der Tradition zufolge besaß der Priester Zacharias dort ein Landhaus, etwa einen Kilometer von seinem Wohnhaus in En Kerem entfernt. Dorthin also hat sich die hl. Elisabeth zurückgezogen, um ihre unverhoffte Schwangerschaft abseits des Getriebes zu verleben. Und hierhin kam auch die Gottesmutter Maria - ins "Bergland von Judäa" -, um ihre Base zu besuchen. Hier kann man heute in vielen Sprachen den Lobgesang Mariens, das "Magnifikat", lesen, der n diesem Ort zum ersten Mal gesungen wurde.

In der byzantinischen Krypta wird der Ort der Begegnung verehrt, da hier der Brunnen zu sehen ist, der zum Landhaus des Zacharias gehörte. In der Oberkirche, in ihren Grundmauern aus der Kreuzfahrerzeit, hat man bei der Wiedererrichtung einen Bildzyklus angebracht, der das Magnifikat Mariens anhand eines Marienlobpreises beleuchtet: Maria, die den Sohn Gottes unbefleckt empfangen hat, umstehen all diejenigen, die sich um ihre Verehrung bemüht haben. "Hochpreist meine Seele den Herrn, und mein Geist jubelt in Gott, meinem Heiland. Denn auf die Niedrigkeit seiner Magd hat er geschaut. Siehe, von nun an preisen mich selig alle Geschlechter. Denn der Allmächtige hat Großes an mir getan und sein Name ist heilig. Er erbarmt sich von Geschlecht zu Geschlecht über alle, die ihn fürchten!"

Dienstag, 26. Juni 2012

Tradition und Traditionalismus


Momentan stellen sich einigen Menschen, z.B. HIER, bedrängende Fragen: Was wird aus der Kirche, wenn die Einigung mit der Priesterbruderschaft St. Pius X. und ihren Anhängern nicht zustande kommt? Darf sich die "Priesterbruderschaft SPX" überhaupt zu einer Einigung mit Rom durchringen? Ist es nicht viel besser, Stachel im Fleisch der "Konzilskirche" zu bleiben, anstatt sich von einer dekadenten römischen (=häretischen!) Kirche ge-(bzw. miss-)brauchen zu lassen?
Unwillkürlich drängen sich dem etwas über den Tellerrand Hinausblickenden Assoziationen ganz anderer couleur auf: Da sind die russischen Altgläubigen des 17. Jahrhunderts, die sch entschieden gegen die Reformen der russischen Kirche wandten, um den wahren Glauben zu retten. Sie waren beseelt vom Verlangen nach Weitergabe der jahrhundertealten Traditionen ihrer Kirche - sie wollten die alten Riten und Gebete, die alten Traditionen und Bräuche bewahrt wissen, damit die Kirche nicht ebenso wie der damalige Staat den Verderben bringenden Enflüssen der Säkularisierung ausgesetzt bleibe und daran zugrunde ginge. Freilich waren die Umstände der russischen Kirche andere, als in Rom oder Ecône - um bei den plakativen Begrifflichkeiten zu bleiben. Und doch kann es in hohem Maße erschrecken, wie ähnlich Menschen völlig unterschiedlicher Mentalität reagieren. Liest man Beiträge theologisch durchaus gebildeter römisch-traditionalistischer Menschen zugunsten der entschiedenen Haltung der Priesterbruderschaft SPX, könnte sich mit Leichtigkeit der Eindruck aufdrängen, dass diesen Eiferern der heiligen Sache einzig eine Geburt beispielsweise in Rußland oder Griechenland abgeht, die sie zu gleich vehementen Verfechtern der ultraorthodoxen Sache gemacht hätte! Das sind keine beruhigenden Gedanken. Sie zeigen vielmehr, wie wenig es noch um den Dreifaltigen Gott und das Evangelium geht bei den erbitterten Diskussionen. Es geht um die Verhärtung der Positionen - sowohl bei Romtreuen und Romkritikern, als auch bei Orthodoxen und Ultra-Orthodoxen, denjenigen also, die sich, aus Liebe hoffentlich!, schon oberhalb der Orthodoxie positionieren. Im deutschen Sprachraum, und im Orden auf internationaler Ebene, ist unser Kloster Mariawald bekannt geworden durch einen Reformversuch ungewöhnlicher Art. Nach massiver Schrumpfung der Klostergemeinde in den letzten 30 Jahren - also nach den Reformen der Nachkonzilszeit - versuchen Abt und ein Teil der Klostergemeinde, durch die Rückbesinnung auf die Gebräuche der frühen 1960er Jahre, dem Kloster neue Lebensperspektiven zu ermöglichen. Und auch hier drängt sich der Eindruck auf, die Liebe zur Tradition versperre die freie Sicht auf die Grundlage unseres Glaubens. Über lange Jahrhunderte hinweg wurde im Zsterzienserorden treu bewahrt, was zum "Patrimonium" des Ordens gehört: Die Art und Weise, sich als Mönch auf die Suche nach Gott zu machen. Dazu gehören verschiedene Elemente, die wesentlicher Art sind: Ein monastisches Leben in Einsamkeit und Schweigen, das Fasten und die Abstinenz, das Gebet und die Lesung der Heiligen Schrift und der Väter. Dazu gehören jedoch nicht zwingend: Die lateinische Sprache (denn von ihr wurde sogar schon im 12. Jahrhundert bei der Sakramentenspendung dispensiert, wenn jemand sie nicht verstand), ein bestimmter "Stil" (denn was heute als traditionell gilt, etwa "römische" Kaseln, sind auch nur -späte- Entwicklungen, die gerade in der Zisterzienserliturgie sekundär sind), das legalistische "Pensum" der Frömmigkeit (denn es unterscheidet sich fundamental vom "officium" als heiliger Pflicht, zu welchem selbst die Eucharistiefeier in Ausnahmefällen in der Hohen Zeit des Zisterziensertums nicht gehört...). - Wie wohltuend könnte es sein, wenn die begeisterten Reformer von einst den begeisterten Reformern von heute zuhören könnten (et vice versa) und wenn beide weniger Ideologie und mehr Theologie (und zwar die echte) lebten.

Sonntag, 24. Juni 2012

Ein modernes Itinerarium aus dem Heiligen Land - VII


Hl. Johannes der Täufer, der Vorläufer des Herrn! Der Geburtstag des großen Zisterzienser-Patrons, des hl. Johannes des Täufers, ist ein besonderer Festtag, zumal jeder Pilger den Ort seiner Geburt in der Bannmeile Jerusalems verehren kann und sollte. Wo zur Zeitenwende das Haus des Priesters Zacharias, des Vaters des Vorläufers, stand, erhebt sich heute ein Kirche auf alten Fundamenten: St. Johannes im Gebirge nannten die Kreuzfahrer diesen Ort - wohl um ihn von "St. Johannes in der Wüste" zu unterscheiden.

Dort nämlich, etwa drei oder vier Kilometer entfernt, wird der Ort verehrt, an den sich Johannes zurückzog, um sich auf seine Predigttätigkeit vorzubereiten - durch Gebet, Einsamkeit, Fasten, Abstinenz und Buße: Genau deshalb ist er der Patron der Zisterzienser.
In der Geburtsgrotte des hl. Johannes in "St. Johannes im Gebirge" / En Kerem sieht man unter dem Altar den in Marmor eingefassten Gebortsort des Vorläufers.

Viele Pilger kommen dorthin, um diesen Ort zu verehren, ihn zu küssen und um dem hl. Johannes ihre Verehrung zu erweisen. - Ein Hymnus der Kirche zum Festtag:

"Das Andenken des Gerechten mit Lobgesängen! Dir aber, Vorläufer, gilt das Zeugnis des Herrn; erwiesen hast Du Dich doch wahrhaft als ehrwürdigster der Propheten, da Du gewürdigt wurdest, Ihn in den Wogen zu taufen, den Du verkündigt hast. Um der Wahrheit willen hast Du freudig gelitten, verkündet hast Du auch denen in der Hölle Gott, der erschienen ist im Fleisch, der hinwegnimmt die Sünden der Welt, und uns entbietet das große Erbarmen."

Samstag, 23. Juni 2012

Eine neue Seite über "Das Zisterzienserleben nach der Benediktsregel"

Gestern bin ich über die Vereinigung "ARCCIS" (oder auch HIER mit einer deutschen Präsentation)zur relativ neuen Seite eines französischsprachigen Zisterziensers geführt worden: "Vie cistercienne selon la règle de saint Benoît" - Zisterzienserleben nach der Regel des hl. Benedikt. Es verspricht, interessant zu werden. Der "compatriote" setzt sich mit ganz anderen Fragen auseinander. Und ich habe mit großem Interesse in seinen Notizen gelesen.

Donnerstag, 21. Juni 2012

Ein modernes Itinerarium aus dem Heiligen Land - VI


Auf einer Pilgerreise stellt sich immer wieder die bedrängende Frage, wie sich das Bemühen um ein effektiveres geistliches Leben auf die persönliche Gottesbeziehung auswirkt. Und es stellt sich zwangsläufig auch die Frage, nicht minder bedrängend übrigens, inwieweit ich die intensive Beziehung zu Gott überhaupt wünsche. Die glühende Mittagshitze in Israel kann für die brennend heißen Fragen stehen, die einem immer wieder durch den Kopf jagen. Ist es nicht viel angenehmer, sich nicht von Christus ergreifen zu lassen? Ist nicht der arm dran, der in die Hände des lebendigen Gottes fällt? (Frei nach der Heiligen Schrift zitiert!) Beide Fragen lassen sich positiv beantworten: Es ist angenehmer, so in den Tag hineinzuleben, ein sozial geschultes Gewissen zu haben und danach zu handeln. Denn Christus fordert heraus. Obwohl er sich nicht zurückhält mit seiner Liebe, sind wir frei, zu antworten. Und das ist gerade nicht die Problematik! Wie viel drängender ist doch die Suche nach dem lebendigen Gott, selbst wenn man sie abzustreifen versucht. Denn es bleibt die innere Gewissheit, dass ein einziger Tag in den Vorhöfen Gottes - also bei Gott! - besser sein wird, als alle vergleichbaren Ausflüchte und Ausweichmöglichkeiten. Alles kühle Planen und alle Berechnung, sogar alle Beschwichtigungen, dass Gott schließlich größer ist als man erfassen kann, bleiben hinter der Erfahrung der Gottesliebe zurück. Gott fordert alle, die sich ihm überlassen. Er fordert nicht zu viel, aber sehr viel. Es wird allerdings um einiges ärmer zurückbleiben, wer aus Angst vor dem Abenteuer Gottes auf die Bequemlichkeit setzt. Die Glut des Mittags wird bleiben, nur wird sie ohne Gott schier unerträglich oder totlangweilig.

Mittwoch, 20. Juni 2012

Ein modernes Itinerarium aus dem Heiligen Land - V


Auch das gehört heute untrennbar zum Heiligen Land: Das enge Zusammenleben der verschiedenen christlichen Denominationen. Allerdings darf dem Begriff des Zusammenlebens keine zu tiefgehende Bedeutung beigemessen werden: Es handelt sich oft um mehr oder weniger intensive Zweckgemeinschaften - wenn überhaupt. Das obige Photo zeigt links den offiziellen Eingang zur Visitatio-Kirche, der von den Franziskanern betreuten Wallfahrtstätte am Ort der "Heimsuchung Mariens" im Jerusalemer Vorort En Kerem. Rechts sieht man ein Gebäude des 19. Jahrhunderts, das zum ausgedehnten Komplex des russischen Frauenklosters "Gorny Monastery" (russ. Горний монастырь)gehört und gerade einer umfangreichen Renovierung unterzogen wird. Obwohl heute nur noch ein verschlossener Nebeneingang dieses relativ großen Klostergeländes der "Russischen Kirchlichen Mission in Jerusalem" (russ. русская духовная миссия), beeindruckt die geschmiedete Portalfront beider Eingänge durch ihre geschlossene künstlerische Komposition. Ein Symbol für gelungene interkonfessionelle Symbiose in einem mehrheitlich nichtchristlichen Land? Es ist ein hoffnungsträchtiges Symbol, aber keines, das der Wirklichkeit entspricht oder ihr nahekommt. Die römische und die russische christliche Denomination sind beide nur allzuoft gefangen im Schubladendenken vergangener Jahrzehnte. Es ist wichtig, die Grundlagen des christlichen Glaubens zu verteidigen, notfalls auch gegen Angriffe aus den eigenen Reihen - sprich: gegen die feige Häresie. Aber es ist ebenso notwendig, sich den Grundlagen des christlichen Glaubens zu stellen, wenn es um Ansprüche und Rechte geht, wenn Ehren oder Machtspiele im Spiel sind. Wenn das Spiel um Ansehen zur todbringenden Wunde im eigenen Leib wird.

Samstag, 16. Juni 2012

Ein modernes Itinerarium aus dem Heiligen Land - IV


Es hat Tradition, die einzelnen Kirchen im Heiligen Land oder andernorts an ihren Festtagen zu besuchen und die Festgottesdienste mitzufeiern. Am 15. Juni bin ich allerdings nicht aus Traditionsbewußtsein zur Vesper in das Gorny Monastery der russischen Mönchinnen gegangen. So kam ich eher zufällig dort an, als man sich zum Vespergottesdienst für das Patronatsfest der relativ neuen Hauptkirche rüstete: Das Fest aller Heiligen der Russischen Lande, das andernorts am folgenden Sonntag gefeiert wird. Nach altem Brauch wird der Gottesdienst vor Feiertagen als Nachtwache begangen: An die Vesper(n) schließt sich ohne Pause der Nachtgottesdienst an. Nunmehr im Bilde, bin ich heute zum Vespergottesdienst den Berg zum Kloster hinaufgestiegen, um den Feiertag mitzufeiern. Die (alt-)kirchliche Ordnung beschränkt sich nicht auf sinnentleertes Bewahren, sondern ist ein Geschenk an die mitfeiernde Gemeinde: Heute durften wir den Feiertag ausklingen und den Sonntag beginnen lassen - wieder mit einer Nachtwache. Da diese Zeilen als modernes Itinerarium gedacht sind, sollen sie auch moderne Gedanken enthalten, die mir gekommen sind:
Es ist die Modernität des Mönchtums, die mir in den Sinn kam. Vor Zeiten wurde das Mönchtum als Segen für die Kirche angesehen. Nicht, dass man die Mönche achtete, weil sie durch ihre Profess zu Quasi-Klerikern wurden, oder weil sie hinter unzugänglichen Mauern ein geheimnisvolles Leben führten. Der spürbare Segen des Mönchtums ging vielmehr von der Gewissheit aus, dass alle Gläubigen an einem Strang zogen. Der Dienst der Mönche - z.B. der Gottesdienst - war nicht klerikale Verpflichtung, sondern wurde als Dienst der ganzen Gemeinde wahrgenommen, den die Mönche mit besonderer Hingabe ausübten. Das sind eben die modernen Gedanken: Die Gottesdienste der Kirche, die vom Menschen Standhaftigkeit, Zeit und Kraft verlangen, sind ein Geschenk für die Gemeinde, die nicht auf die Uhr starrt. Insofern war der Festtag des Gornenskij Klosters eine Lektion und ein geistlicher Anstoß.

Donnerstag, 14. Juni 2012

Origenes - 29 Predigten über die Psalmen wiederentdeckt


Bild: Wikimedia commons
In der Ausgabe vom 12. Juni hat "L'Osservatore romano" von einem bedeutenden Fund in der Münchner Staatsbibliothek berichten können: Demnach entdeckte die italienische Philologin Marina Morin Pradel am 5. April 2012 in einer griechischen Handschrift der Bibliothek, BSB Cod. graec. 314, 29 bisher nicht publizierte Predigten des großen antiken christlichen Gelehrten Origenes. Für die Zisterzienser ist dieser Fund deshalb von Interesse, da die Ordensväter seine Schriften im Gottesdienst gelesen un somit "rezipiert" haben.