Dienstag, 15. September 2020

Archevêché des églises orthodoxes de tradition russe en Europa occidentale

Drei Generationen in Christus: der hl. Patriarch Tichon, Patriarch Kyrill, Erzbischof Jean
 
 

Vor einem Jahr, am 14. September 2019, hat der Bischof des einstigen Exarchats der Rue Daru in Paris, Erzbischof Jean Renneteau, um Aufnahme in die Jurisdiktion des Moskauer Patriarchats gebeten: ein denkwürdiger Tag für die orthodoxen Christen in Westeuropa. Gerade zu diesem Jahrestag erschien nun in den Abgünden von Facebook u. ä., genauer gesagt auf der Seite der "Église locale en Europe occidentale", eine Zusammenfassung zur "Assemblée générale" der Gemeinden des "Erzbistums der orthodoxen Gemeinden russischer Tradition in Westeuropa" am 7. September 2019. Ein großes Problem der Rezeption jener "Assemblée", also einer gesetzlich festgelegten Zusammenkunft aller bei der 'Association' nach französischem Recht Eingeschriebenen bzw. ihrer gewählten Vertreter, ist die Vermischung grundlegender Ziele. Die Kirche kann nicht wie ein eingetragener Verein agieren. Eine Assoziation kann nicht mit ekklesiologisch argumentieren, wenn es um Vereinssatzungen geht. Es kann hier nicht um die Frage gehen, ob die Kirche sich vor einem Staat als Verein einschreiben lassen sollte... Es geht aber sehr wohl um die Frage - und zwar betrifft das alle orthodoxen Christen, da das besagte "Erzbistum der Rue Daru" eher bescheiden zu nennen ist -, was die Kirche ausmacht: Sie besteht aus den vielen Menschen, die auf Christus getauft sind, doch immer nur unter den Vorzeichen der unaufgebbaren Realia. Die Kirche lebt davon, dass sie auf Christus hin organisiert ist, dass ein Bischof ihr vorsteht - und dabei ist es egal, welchen Titel er führen kann. Zu den Realia gehört gleichfalls die unumstößliche Notwendigkeit, dass die Kirche niemals zu einer Demokratie werden kann, will sie nicht aufhören, Kirche zu sein. In der Kirche kann niemals ein "Volk" herrschen, da in ihr einzig die Herrschaft des menschenfreundlichen Gottes zugelassen ist. Was passiert, wenn eine Vermischung gewisser Ebenen vorgenommen wird, ist in der oben erwähnten (französischsprachigen) Zusammenfassung zu lesen, die hier aber nicht verlinkt werden soll. (Sie ist abrufbar auf der besagten Facebook-Seite unter dem 7. September.) Das "Erzbistum Rue Daru" hat seit der Entscheidung seines Bischofs, zur Mutterkirche von Moskau zurückzukehren, den für die Kirche so notwendigen Frieden wiedergefunden. Die orthodoxen Kirchen hingegen kämpfen immer noch um den Frieden Christi; ein trauriges Spiegelbild dieser verzweifelten Suche nach dem Frieden ist die Facebook-Seite der "Église locale en Europe occidentale": Dort wird geschimpft und gehadert, verleumdet und verurteilt. Es ist eine beschämende Lektüre, die jedem auf's Gemüt schlägt, der die Grundbegriffe akademischer theologischer Wissenschaft zumindest ansatzweise mitbekommen hat. Der Jahrestag der ekklesiologisch so wichtigen Entscheidung des Erzbischofs Jean Renneteau ist genau deshalb für alle orthodoxen Jurisdiktionen so denkwürdig, weil er alle Luftschlösser orthodoxer Befindlichkeiten grundlegend erschüttert. Die Entscheidung des französischen Bürgers Jean Renneteau als Präsident einer "Assemblée générale" zur Anerkennung eines Mehrheitsbeschlusses wäre der Todesstoß für ein orthodoxes Bistum gewesen, denn die Kirche kann und darf sich nicht zum Verein machen. Denn in ihr würden dann nicht mehr die Menschen in ihrer Hingeordnetheit auf den dreieinen Gott zählen, sondern nur noch Paritäten, Mehrheiten, Wahlregeln und Mitspracherechte. Der 14. September 2019 war - auch wenn die Rue Daru dem julianischen Kalender folgt - demnach wirklich ein dem lebenspendenden Kreuz geweihte Tag. Es war ein Tag, auf den sich alle orthodoxen Jurisdiktionen besinnen sollten, denn in dem mehr als bescheidenen Rahmen eines Exilbistums in Paris hat der orthodoxe Glaube zu einer ungeahnten Größe zurückgefunden, die auch die Person des Erzbischofs Jean Renneteau übersteigt, dem es scheinbar wirklich nur um die Menschen geht, die den Weg, die Wahrheit und das Leben suchen.