Mittwoch, 29. Juni 2011

Unfalltod des Verlegers der Éditions L'Age d'Homme, Vladimir Dimitrijevic


Der Gründer und tatkräftige Förderer der Éditions L'Age d'Hommes, Herr Vladimir Dimitrijevic, ist am 28. Juni 2011 infolge eines tragischen Unfalls im Alter von 77 Jahren gestorben. Sein Verlag hat in den letzten Jahrzehnten eine Vielzahl von bedeutenden Büchern christlich-orthodoxen Inhalts herausgegeben, unter anderem auch das äußerst lesenswerte Buch von P. Placide Deseille "Nous avons vu la vraie Lumière". Zahlreiche Biographien und geistliche Texte von großen Persönlichkeiten des Mönchtums wurden den Menschen zugänglich gemacht, die der französischen Sprache mächtig sind. Hier eine Verweisung auf die Seite des Verlags "L'Age d'Homme" mit der Bekanntgabe des Todes seines Gründers.

Montag, 20. Juni 2011

Hl. Isaak der Syrer - Asketische Reden VI



Aus der 84. Rede:
9. Ich meine auch, daß diejenigen, die in der Gehenna gezüchtigt werden, mittels der Peitsche der Liebe gegeißelt werden. Was gibt es Bittereres und Schärferes, als die Züchtigung der Liebe? Diejenigen, die merken, daß sie gegen die Liebe gesündigt haben, werden einer viel größeren Bestrafung unterworfen, als es die gefürchtetsten Qualen sein könnten. Der Schmerz, den ein Herz erleidet, das gegen die Liebe gesündigt hat, ist zerreissender als jede andere Qual. Es ist absurd zu glauben, daß in der Gehenna die Sünder der Liebe Gottes beraubt sind. Die Liebe wird entzündet, durch die Erkenntnis der Wahrheit und jene wird, wie jeder weiß, allen gegeben.
(Übers. nach: Placide Deseille: Isaac le Syrien. Discours ascétiques.)

Freitag, 17. Juni 2011

Mönchtum - wohin?

Russischer Schimamönch während des Gottesdienstes

Pfingsten ist gerade vorbei, das, was die Welt beweget, wird dem Mönch anempfohlen, um es ins Gebet zu nehmen. Steht das zisterziensische Mönchtum in Deutschland auf dem Platz, wo es sich verortet, wo sein Platz im mystischen Leib der Kirche sich befindet? Die Antwort ist nicht erschöpfend zu geben. Eine der möglichen Antworten ist eine Begriffsbestimmung: Was ist der Zisterzienser in der Kirche? Er ist ein Christ, ein gläubiger Mensch in der Kirche, der einer Berufung folgt. Was ist Berufung? Ist sie nicht Anruf Gottes, der persönlich und individuell erfolgt? Und die Antwort des Menschen gehört ebenfalls zur Berufung. Sage ich ja oder nein, antworte ich hochherzig oder kleinkariert. Die Berufung der Zisterzienser ist wieder etwas anderes: Sie ist Antwort auf ein Werben Gottes. Gott will für sich Menschen berufen, die einem Charisma folgen und es zu verwirklichen suchen. Cîteaux und sein Charisma sind Einsamkeit, Schweigen, Anstrengung, Arbeit, Fasten, Abstinenz - aber vor allem ist es: Liebe über alles und durch allen Schmerz hindurch. Ich vergleiche die Zisterzienser gerne mit dem Leben der athonitischen Mönche, die sich in ihrem "Garten der Gottesmutter" auf den Ruf Gottes besinnen. Cîteaux und der Athos haben vieles gemeinsam, nicht nur die Abgeschlossenheit eines Lebensbereichs. Ein gemeinsamer Wesenszug ist die Absolutheit der Liebe, die zum Ausbruch kommen möchte und sich immer wieder dem Hemmschuh der Leiblichkeit zu stellen hat. Das Neue Kloster Cîteaux und der Athos sind zwei Seiten einer Medaille, die nicht zusammenkommen, aber doch aneinandergeschmiedet bleiben. Doch wo geht es hin mit dem Mönchtum, vor allem in Deutschland? Wo gehen wir hin, wenn wir die Ästhetik der Hingabe vorziehen, ohne dessen richtig gewahr zu werden? Wo gehen wir hin, wenn unsere Liebe sich überall zeigt, nur nicht im Detail, im Kleinen, in der unscheinbaren Geste, die das Reizwort "Observanz" einschließt? Haben uns die Observanzen noch etwas zu sagen, wenn sie nur Regelwerk sind, ohne ihren Geist zu zeigen? Hat die Observanz überhaupt noch einen Sinn, wenn sie wie getrennt scheint von ihrem Ziel, nämlich zu Gott zu führen? Das Wohin des Mönchtums wird entscheidend sein für seine Zukunft. Wesentlich ist jedoch nicht Zahl und Größe, Ansehen und Wirkmächtigkeit, sondern das Vermögen, sich auf Gottes Liebe auszurichten, wie bescheiden und kläglich das auch ausfallen mag.

Samstag, 11. Juni 2011

Gedanken zu Pfingsten - Betrachtungen zu Edzard Schapers literarischem Schaffen


Edzard Schaper, ein Wanderer zwischen Welten, hat ein langes Leben als Pilger und als Suchender führen dürfen. 1908 in Ostrowo (bei Posen / heute Poznán) geboren, durchquerte er als junger Mann die Länder des Baltikums, um über Finnland und Skandinavien, hier vor allem Schweden, ab 1947 in der Schweiz Zuflucht zu finden. Sein schriftstellerisches Wirken zeichnet sich durch eine gewählte Sprache aus, die dem Deutschen das Altertümliche nicht nehmen möchte, das seinem Schreiber eigen ist. Edzard Schapers Schriften sind fromm, auch wenn sie zum großen Teil nicht explizit Frommes zum Thema haben. Trotzdem taucht immer wieder die grundlegende Frage auf: Wo finde ich das Fundament meines Lebens, wo finde ich Gott, wenn nicht im angestrengten Suchen des Herzens, im Mitmenschen, im Leiden?
Das Pfingstfest ist Schlusspunkt und Anfang der österlichen Feier, die sich im Leben beweisen muss. Die österliche Freude wird neu entfacht durch die Gabe des Heiligen Geistes. Edzard Schaper beschreibt die tiefe Freude des Osterfestes immer wieder. In seinen Werken erkennt der heutige Leser, wie viel ihm verlorengegangen ist vom Wissen des Herzens um das Echte und um das Wahre, das einzig, so Schaper, in der bedingungslosen Hingabe an Gott gefunden werden kann. Schapers Schaffen ist für heutige Leser keine leichte Kost. Er bleibt sich treu und erspart auch seinen Lesern nicht die bange Frage nach dem Sinn des Leidens und der ewigen Suche. Als Pilger ist Edzard Schaper nach einem mühevollen, aber reichen Leben im Jahr 1984 gestorben.

Dienstag, 7. Juni 2011

Notre-Dame de l'Atlas / Tibhirine - fr. Christophe Lebreton, V



[Samstag nach Christi Himmelfahrt, 27/05/1995] Samstag 27.
Mitten unter uns, hier und in Tibhirine, vollendet sich etwas. Etwas ist zu machen, das als Urheber und Unterzeichner das fleischgewordenen Wort hat: Dich, Jesus den Auferstandenen, meinen Herrn.
Es geht hier nicht darum, sich in den Vordergrund zu schieben, doch es heißt, sich bereit zu halten. Bereit zu allem: Bin ich das wirklich? Bin ich losgelöst? Habe ich alle persönliche Ambition aufgegeben? Das Werk vollzieht sich am Kreuz. Nicht deiner Arbeit vorziehen. Juliana von Norwich sagt: "Er möchte, dass wir nicht niedergedrückt sind durch die Leiden der Stürme, die über uns niedergehen. Diese Stürme sind immer den Wundern vorausgegangen." Der Vater selbst ist es, der euch liebt, weil ihr mich geliebt habt und geglaubt habt, dass ich von Gott gekommen bin. Jetzt verlasse ich die Welt und gehe zum Vater.
(Übers. nach: Le souffle du don. Journal de frère Christophe. S. 155/156)

Freitag, 3. Juni 2011

Die Zisterzienser und das Schweigen - eine Meditation zum Himmelfahrtsfest



Gestern haben wir die Himmelfahrt Christi gefeiert. Der Zisterzienserritus hatte lange Zeit hindurch den schönen Brauch bewahrt, an diesem Tage die Osterkerze noch einmal anzuzünden und, wie am Osterfest, bis zur Komplet des Festtags brennen zu lassen. Damit unterscheidet sich der Zisterzienserbrauch vom römischen Ritus, der es gestattete, die Osterkerze während der Osterzeit zu den Gottesdiensten anzuzünden. Ein Wissenschaftler erklärt den Zisterzienserbrauch durch den Ursprung der Osterkerze: Sie war eigentlich das Licht der feierlichen Nachtwache zum Osterfest. Als Licht zur Nachtwache wurde sie auch am Fest Christi Himmelfahrt entzündet, mit dem der erste Teil der Osterzeit abgeschlossen wurde. Doch was hat das mit dem Schweigen zu tun? Wir sind wieder eingetreten in die heiß umkämpfte Zeit der Pfingstnovene, die die alte Pfingstoktav ersetzen soll. Auch das gehört zur Meditation über das Schweigen, weil nämlich diese erneuerte Liturgieordnung ihre zwei Seiten hat. Auf der einen Seite steht die Überlieferung, auf der anderen die Reform. So logisch die Reform der alten Pfingstoktav hin zur Pfingstnovene ist, so wenig trägt sie der menschlichen Seelenstimmung und Frömmigkeit Rechnung. Es reicht nicht, sich in Archäologismen zu flüchten, um zur "reinen liturgischen Form" zurückzukehren (die übrigens eine Utopie ist). Leider hat der moderne Zisterzienserritus den römischen Vorgaben folgen müssen und hat dadurch viel von der Ursprünglichkeit verloren, die ihn auszeichnet. Die römischen Liturgiereformer hätten sich schweigend und betend der Liturgie aussetzen sollen, bevor sie intellektuell und wissenschaftlich ihr Reformwerk in Angriff nahmen. Es wäre zu begrüßen gewesen, wenn sie jenseits von "Form", "Defekt" und "Gültigkeit" die Quellen der Liturgie verinnerlicht hätten: die fromme Hingabe an überlieferte Riten und Vollzüge, die sich nicht in juristisch-wissenschaftliche ERgüsse zwängen lassen, sondern von der Gegenwart Gottes leben. Christi Himmelfahrt ist ein Ereignis des Schweigens und Staunens. Und ich habe Angst, wenn ich das heutige "Schweigen" sehen kann, das disziplinär und beengend ist. Die Zisterzienser schweigen nicht, weil sie streng sind oder einen guten Ruf zu verlieren haben. Die Zisterzienser schweigen, weil sie die Gegenwart Gottes auskosten möchten. Es reicht nicht, wenn das Kloster wie ein traditionell geführtes Priesterseminar funktioniert, das dem Seminaristen Disziplin und geistiges Rüstzeug für das Priesterleben vermitteln möchte. Unser Schweigen als Mönche ist selbst in Zeiten der Bedrängnis und des Zweifels beredter, als Disziplin und Funktion, die der Liebe nicht bedürfen. Unser Schweigen können wir nur aushalten, wenn sein Beweggrund die Liebe ist. Vierzig Tage war Christus bei seinen Jüngern in verklärter Gestalt. An Pfingsten wird es keine Osterkerze geben, denn die Erfüllung des Festes der Auferstehung ist nicht die fleischlich-verklärte Gegenwart, sondern die Fülle der göttlichen Gegenwart. Die Nachtwache und ihr Licht haben ausgedient. Christus selbst ist das Licht seiner Kirche. Der "Fünfzigste Tag" ist gleichzeitig der erste Tag, ist der Beginn der großen und geheimnisvollen Pfingstoktav.

Mittwoch, 1. Juni 2011

Der Zisterzienserritus - Wellness- und Mystikoase?

Wegkreuz im Frühling

In Zeitschriften und in Internetveröffentlichungen begegnen immer wieder Texte, die auf die didaktischen und katechetisierenden Elemente der Liturgie hinweisen. Wenn ich so etwas lese, frage ich mich sofort: Was haben die Verfasser im Auge und auf welche Art von Liturgie wenden sie diese lobenden Worte an? Unter anderem gibt es diejenigen, die man gemeinhin als konservativ-traditionell bezeichnen würde. Sie halten am Latein als Liturgiesprache der römischen Kirche fest und begründen ihre Einstellung (vereinfachend) oft mit der langen und heiligen Tradition. Sie haben recht, und das will ich nicht unter den Tisch kehren. Die anderen, denen vor allem an gestalterischen Elementen gelegen ist, die die Liturgie mitfeierbar und verstehbar machen sollen, bringen nicht weniger gut durchdachte Argumente vor, z.B. die Vorgaben der Liturgiereform nach Vatikanum II. Auch sie haben recht. Was veranlasst mich aber nun, diese Zeilen schreiben zu wollen? Ich frage mich, wo echte didaktische und katechetisierende Elemente in der Liturgie überhaupt wahrgenommen werden - von Traditionellen wie von Reformfreudigen. Als traditionelles Elemente werte ich beispielsweise die Haltung beim Gottesdienst. Der Zisterzienserritus kennt als vornehmste Haltung das aufrechte Stehen. Der Mönch und Konverse betet so sehr oft, besonders aber in Zeiten, wo ihm das Knien untersagt ist (wie an den Feier- und Festtagen, während der Osterfeier...). Für ihn ist das Stehen nicht weniger ehrfurchtsvoll als das Knien. Die höchste Form der Verehrung ist deshalb im Zisterzienserritus die tiefe Verneigung, während er die Beugung nur eines Knies erst relativ spät eingeführt hat - und diese Einführung vor allem der Romanisierung geschuldet war, die immer weiter um sich greifen konnte (nach 1500). Es ist verständlich, dass diese Art von Didaktik und Katechese nichts für den heutigen Menschen ist, behaupte ich gehässigerweise. Sie strengt an und fordert den Menschen, der sich ihr aussetzt. Sein Gebet wird zum physischen Ausdruck der Hinwendung zu Gott, die sich nicht trennen läßt in mystische und körperliche Erfahrung. Dass Gott den Menschen fordert, der sich ihm zuwendet, gehört zum Erbe des Christentums, ist unabänderliche apostolische Überlieferung. Im Gottesdienst hat die Gemeinde Anteil an der realen, aber im gewissen Maße auch transzendenten unnahbaren himmlischen Liturgie. Der Gottesdienst der Kirche ist auch undn besonders Ausdruck des Glaubens der Kirche. Und er ist nicht Leistung von zu ihm verpflichteten Klerikern, sondern wesentlicher Bestandteil des kirchlichen Lebens. Für die Mönche war es während langer Jahrhunderte einfacher, diese Grundwahrheit zu leben, da sie des Lateins zumeist kundig waren. Deshalb konnten sie im Gottesdienst Geist und Körper vereinen und dadurch auch ihren Glauben bekennen und stärken. Wellness war und ist das nicht, auch kein weihrauchgeschwängerter Ort mystischer Verzückung. Aber er war und sollte sein ein Ort der Gottesbegegnung. Hinter allem Suchen und Tasten in der heutigen Zeit steht die Sehnsucht (ein starkes Wort, fürwahr!) nach Gottes Gegenwart. Ein sehr echter und authentischer Ausdruck für diese Gottsuche ist das brennende Herz der betenden Gläubigen, das physisch und geistlich zum Ausdruck kommt, wenn Leib und Geist sich jenseits aller Bequemlichkeiten der Gegenwart Gottes in der Liturgie stellen. Wie schwer fällt das dem heutigen Menschen oft.