Freitag, 22. November 2019

Politisch korrekte Orthodoxie?


Es kann nur mit einigermaßen erstaunter Beunruhigung wahrgenommen werden, was sich aufgrund der zugespitzten Ereignisse in der Ukraine-Frage in der orthodoxen Kirche tut:
Der Erzbischof von Athen, Hieronymus, weist die Einladung seines bischöflichen Mitbruders, des Patriarchen von Jerusalem Theophilos, formell zurück als ungehörige Anmaßung: ein solches Recht hätte einzig der Patriarch von Konstantinopel - eine ungeheuerliche Behauptung für jeden Orthodoxen, der nur ein wenig die geschichtlichen Zusammenhänge der "Ökumene" des "ökumenischen Patriarchen" in Istanbul durchschaut. Diese "Ökumene" unterstand dem byzantinischen Kaiser, den es längst nicht mehr gibt. Konstantinopel selbst existiert nicht mehr als das, was sie zu Kaisers Zeiten war - Hauptstadt eben jener Ökumene. Diese Stadt ist heute weder Hauptstadt, noch Teil eines Kaiserreichs, sondern schlicht eine Stadt mit Namen Istanbul in der Türkei. Die Ukraine-Frage rechtens angewandt auf die realen Verhältnisse der Gegenwart - das ist ein echtes theologisches Muss! - bedeutet: Zurückweisung aller Besitzansprüche des Patriarchen in Istanbul auf Gebiete ausserhalb der Türkei, vor allem auch auf Gebiete im heutigen Griechenland; Bildung einer türkischen Kirche in den Grenzen der Türkei, des einzigen Landes, auf das der Bischof von Istanbul rechtens seine geistliche Hand legen kann; Zurückweisung aller historischen Gebietsumschreibungen, die auf heutige kirchliche Grenzen angewendet werden sollen unter Umgehung der realen kirchlichen Synoden.
Nicht genug damit: Man kann seit kurzem einen Text einsehen, der von einem Priester der deutschen griechischen Metropolie verfasst wurde und der sich der Thematik des "Erzbistums orthodoxer Gemeinden russischer Tradition in Westeuropa" zuwendet, das kürzlich ins Moskauer Patriarchat zurückgekehrt ist. In diesem Text, der sich den Anschein wissenschaftlicher Objektivität geben möchte, fällt die aggressive Wortwahl politischer Prägung auf, die den Text verzerrt und seine wohl beabsichtigte Gemessenheit Lügen straft. Leider Gottes muss man in diesem Schriftstück gehäuft auf unangemessene Wortwahl und unangemessene Rhetorik stoßen, Ungern, aber einer gewissen Objektivität geschuldet, soll hier ein Auszug aus diesem Text folgen, um den oben angesprochenen Vorwurf zu stützen: "Das Drama der „Auflösung des Erzbistums“ hat allerdings noch einen zweiten Akt. Der auferlegten Auflösung seiner Struktur als Diözese des Ökumenischen Patriarchats folgte der geistige Suizid jenes Teils des Erzbistums, der Erzbischof (seit dem 3. November 2019 Metropolit) Jean von Dubna in die Jurisdiktion des Moskauer Patriarchats in der Hoffnung gefolgt ist, gerade die Struktur erhalten zu können. Dieser Schritt ist indessen Verrat an allem, was uns kostbar ist: Ortskirche, Konziliarität, Verwendung der Volkssprache im Gottesdienst, Freiheit von staatlicher Willkür. Das Moskauer Patriarchat verkörpert die Unterwerfung unter ein staatliches Willkürregime, das der Kirche Reichtum und Macht dafür gibt, dass sie seinen Machtanspruch durch die Ideologie der „russischen Welt“ ideologisch fundiert. Der Anschluss an eine solche Formation bedeutet einen Salto mortale in ein ekklesiologisches Gegenuniversum, in dem die Kirche zum Instrument klerikalen Machterhalts degeneriert. Anders gesagt: Das Moskauer Patriarchat ist der Inbegriff all dessen, was zu vermeiden und zu bekämpfen die raison d’être jenes Erzbistums war, dem wir entstammen und dessen Erben wir sind. Das galt schon 1930/31, als sich Metropolit Evlogij genötigt sah, das damalige Westeuropäische Exarchat des Moskauer Patriarchates dem Schutz und der Obhut des Ökumenischen Patriarchen Photios II. zu unterstellen. Und das gilt noch mehr unter den Bedingungen einer gegenüber dem 20. Jahrhundert dank der Möglichkeiten des digitalen Zeitalters unvorstellbar verfeinerten und gesteigerten Dominanz des Staates im Dienst seines postsowjetischen, neofaschistischen Totalitarismus. Der Unterschied besteht allerdings darin, dass der neue russische Staat die Kirche nicht mehr im „klassischen“ Sinne verfolgt, sondern vereinnahmt, weil diese Kirche mit ihm eine vorbehaltlose und uneingeschränkte symbiotische Verbindung eingegangen ist."
In diesem Kommentar zur Krise der Orthodoxie infolge der Ukraine-Problematik sollte eine Auswahl an Wörtern und Begrifflichkeiten des oben zitierten Schriftstücks veröffentlicht werden, um auf die Gefahren des politischen Machtmissbrauchs hinzuweisen; aufgrund der diesbezüglichen Begriffsdichte im oben angeführten Text war das Zitat unerlässlich. Im Text wird der russischen Kirche u.a. vorgeworfen, gefälliges "Spielzeug" des russischen Staates zu sein, um besser bestehen zu können. Eine berechtigte Frage an den Verfasser könnte lauten, wo er sich selber als Angestellten einer Institution in Deutschland sieht, die aus ihrer politischen Verbindung in ein anderes Land bedeutende Vorteile auch finanzieller Natur zieht, ganz zu schweigen von der kirchlichen Eingebundenheit der katholischen und evangelischen Kirche in Deutschland, die ihre Grundlage auf Konkordate gründet. Der scharfe Vorwurf der "Unterwerfung unter ein staatliches Willkürregime" erscheint in der Form als wirklich bedauernwerte Verurteilung sowohl eines Staatssystems an sich, als auch einer Kirche, die auf dem Gebiet eben jenes Staates existiert - und zwar nicht nur als "Prälatenkirche" ohne Gläubige, sondern gerade als Kirche von Gläubigen, zu denen auch ihre Bischöfe zählen! So traurig es ist - die Istanbuler Kirche wird oft genug als eine "Prälatenkirche" bezeichnet, da ihnen fast alle Gläubigen abgehen und nurmehr der Verwaltungsapparat bleibt, der mittels der Diaspora um sein Überleben kämpft. Warum er das muss? Zum einen sicherlich darum, weil er vergessen ließ, dass die Kirche sich nicht um Vorrang und Macht und Ansehen und Rasse (ja, vor allem um die NICHT) zu kümmern hat, sondern um das Reich Gottes, das in ihr schon existent sein soll.

Dienstag, 20. August 2019

Erzbistum der russisch-orthodoxen Gemeinden in Westeuropa (Rue Daru, Paris)

 Tatsächlich tobt momentan ein kirchenpolitischer Machtkampf: Die Menschen kämpfen scheinbar um Ansehen, Größe, Einfluss und Vormachtstellungen - und all das hat Jesus Christus vorhergesehen, man möge die bekannten Stellen in den Evnagelien nachlesen. Erbittert wird zur Zeit um Quoten gerungen im nicht mehr existierenden "Exarchat russischer Tradition in Westeuropa", dem jetzigen "Erzbistum russisch-orthodoxer Gemeinden in Westeuropa". Es ist nicht jedermanns Sache, an solchen Diskussionen teilzunehmen; Quoten, Gemeindeanzahl und Gemeindegröße sind eher Anhaltspunkte für die Lokalpolitik und dürfen daher niemals missbraucht werden, um die Kirche Christi zu "bewerten" oder um Chancen auszurechnen, wie man am besten überleben kann. Der Herr der Kirche ist die einzige und einzig wirkliche Chance, das Überleben zu sichern; vielmehr noch: Er wird alle Krankheiten und allen Hass heilen! Städte und Metropolen werden fallen und vergehen, wie auch das Konstantinopel Konstantins und seiner Nachfolger vergangen ist und niemals wieder sein wird. Auch das heilige Moskau des Zaren wird es nicht mehr geben. Das alles ist gut und beruhigend, denn die Kirche braucht weder Konstantinopel, noch Jerusalem, noch Moskau, noch Bukarest, noch Sophia, noch irgendeine der Metropolen, um Christi Leib zu sein und zu bleiben. Das einzig Notwendige für sie sind die Menschen - wenige oder viele, das ist völlig egal!
Hier einige lesenswerte Initiativen, die versuchen, verlorenes kirchliches Denken in die Diskussion einzubringen, wie die Zukunft des Erzbistums der russisch-orthodoxen Gemeinden in Westeuropa weitergehen könnte, wenn man bereit ist, die Freiheit Christi zu wählen, nicht die der (doch allzu trügerischen!) weltlichen Mächte:
- Unterstützung für Erzbischof Johannes von Chariopolis.
- Offener Brief des engl. Priesters Vater Timothy Curtis.

Freitag, 28. Juni 2019

Moskau und Paris

Wie hier zu lesen ist, hat ein Gespräch von Vertretern des Moskauer Patriarchats und dem Erzbistum der russisch-orthodoxen Gemeinden in Westeuropa (Rue Daru, Paris) am 21. Juni in Wien stattgefunden. Der Titel des Blogbeitrags wird sicherlich direkt Ablehnung in manchen Kreisen hervorrufen: "Die russisch-orthodoxe Kirche ist bereit, ihre Statuten für ihre Landsleute zu ändern". Dass es immer noch und vor allem um Versöhnung geht zwischen den beiden Seiten, darf nicht vergessen werden; dass politische Machenschaften keinesfalls die Kirche regieren dürfen, das muss klar sein: Als orthodoxe Christen sind wir alle "Landsleute", denn wir gehören zur Gemeinschaft der Heiligen, das himmlische Jerusalem ist unser aller Heimat. Es ist anzunehmen, dass der Blogtitel mit Bedacht gewählt wurde. Die beißenden Reaktionen sind nämlich vorherzusehen - der Menschen nämlich, die zu allem bereit sind, außer sich versöhnen zu lassen mit "den Russen", so will es manchmal scheinen! Wie wichtig ist es da, uns die himmlische Heimat eines jeden in Erinnerung zu rufen, nach der wir alle "compatriotes" sind, die nicht die Glorie dieses oder jenes "Neu-" oder "Neu-Neu-Rom" suchen, sondern die Verherrlichung Gottes durch den Frieden, der Christus selbst ist und den wir annehmen dürfen, wenn wir das wollen. Es drängt sich der Vergleich mit der Situation in der Ukraine auf, wo vor lauter Autokephalie und Hass auf Rußland das Wesentliche zerstört wurde - der Friede Christi zwischen Christen und sogar Nicht-Christen. 

Montag, 24. Juni 2019

Die Saat geht auf...

Nach der Lokalsynode des "Kiever Patriarchats" unter Filaret Denisenko am 20. Juni 2019 und nach der am 22. Juni erfolgten Bestellung des Elias Zelensky zum "Bischof von Charkow" durch Filaret D. hat Epifanij Dumenko als Oberhaupt der nicht anerkannten "orthodoxen Kirche der Ukraine" den durch Filaret Denisenko Bestellten suspendiert. Es war vorauszusehen, dass die politisch motivierte Diplomatie des Phanar in der Ukraine, die zu einer Einheit der orthodoxen Kirche dieses Landes führen sollte, nur die Früchte hervorbringen konnte, die nunmehr offenkundig sind. Wie es heißt, stehen auch viele Hierarchen der dem Phanar unterstellten Kirchen nicht mehr hinter Patriarch Bartholomäus, nachdem dieser wohl allzu offenkundig an der vergangenen Glorie festzuhalten scheint. Dass die Kirchenordnung sehr gut gegründet ist und ohne das einstige Konstantinopel, das es nicht mehr gibt, auskommen kann, wird geflissentlich übersehen: Für die Kirche ist allein das Fundament des orthodoxen Glaubens lebenswichtig - nicht diese oder jene Stadt, möge sie auch noch so traditionsträchtig sein. Die orthodoxe Kirche wird weiterbestehen können ohne die alten und neuen Patriarchate, während sie nicht ohne die Treue zum apostolischen Vermächtnis leben kann: im Festhalten am Evangelium und am kirchlichen Leben, d. h. an der Kirchengemeinschaft. Jede "Autoproklamation", führe sie nun zur Autokratie oder zur Autokephalie, wird vor diesem Hintergrund zur Farce...

Samstag, 22. Juni 2019

Schisma in der Ukraine - Ist die Position des Phanar wirklich nur kanonisch in Zweifel zu ziehen?


Nach der österlichen Festfeier beginnt in der orthodoxen Kirche traditionell wieder die neuerliche Vorbereitungszeit auf das kommende Osterfest. In diesem Jahr war die Festzeit überschattet von den kirchlichen Unruhen in der Ukraine, in Westeuropa und gezwungenermaßen dadurch auch in den anderen orthodoxen Kirchen. Am 20. Juni hat der ehem. Metropolit von Kiev, Filaret Denisenko, eine Lokalsynode abhalten lassen, auf der u. a. die Beschlüsse des "Vereinigungskonzils" vom vergangenen 15. Dezember in Kiev zurückgewiesen wurden. An sich ist diese Entwicklung nicht erstaunlich; sie war vorherzusehen, wenn man die Positionen der unkanonischen Entitäten auf dem ukrainischen Schlachtfeld sehen wollte: mit Kirchlichkeit hat die Positionierung gegen die kanonische ukrainische orthodoxe Kirche nichts zu tun. Das hätte jeder - sogar der Dümmste - wissen können. Kürzlich ordnete Patriarch Theodoros von Alexandrien die Ukraine-Frage der kanonischen Ordnung zu. Die neuesten Äußerungen von Filaret Denisenko sollten allerdings auch den eher dem Hellenismus nahestehenden Kirchen zu denken geben. Es geht hier nicht darum, die Positionen von Filaret Denisenko als richtig oder falsch einzuordnen. Es geht sicher auch nicht darum, dessen Wortmeldungen als Ausfluss von Egomanie oder Demenz zu brandmarken. Vielmehr muss es darum gehen, die Hintergründe zu erhellen, die scheinbar dem orthodoxen Ukraine-Konflikt zugrunde liegen. F. Denisenko behauptet im Vorfeld seiner Lokalsynode, dass das gesamte Autokephaliegebilde unlauter ist. Er begründet seine These mit der Feststellung, dass der Phanar hätte wissen müssen, dass sein neuernannter Außenminister Epifanij Dumenko, der eigentlich von der Vereinigungssynode im Dezember zum Oberhaupt der neuen Parallelkirche "der Ukraine" gewählt worden ist, gar keine Weihe besitzt,

Dienstag, 5. Februar 2019

Diabolos und Kairos - Orthodoxie als Herausforderung, das Schisma zu überwinden

"Kairós" von Salviati in Rom - keine Aufforderung zum Opportunismus!
Die beiden Begrifflichkeiten der Überschrift - der diabolos und der kairós - sind auch in die deutsche Sprache eingegangen. Der diabolisch Handelnde vertritt den Teufel oder Satan; wer den Kairós getroffen hat, dem ist etwas geglückt, der hat richtig entschieden, den rechten Augenblick genutzt. Auch wenn sich viel abgemüht wird, wenn es um die korrekte Übersetzung z.B. der Hl. Schrift geht: der Orthodoxe wird mit jeder halbwegs treuen Übertragung sehr gut umgehen können, denn der Text erschließt sich nicht philologisch, sondern "pneumatologisch" - einzig durch das Wirken des Hl. Geistes. Der Heilige Geist wirkt in der Kirche, die Erklärerin und Vermittlerin zum Verständnis der Hl. Schrift ist. Allerdings geht es hier nicht um Exegese, sondern um die schwierige Auflösung der kirchlichen Verwirrung, die momentan herrscht. Und da greift das, was vorhin gesagt wurde, ebenfalls: die Kirche als Leib Christi interpretiert auch die kirchlichen Gesetze, die canones. Und da kommt der 'Diabolos' ins Spiel, der verleumderische Ankläger. Wir sehen momentan die Parteiungen: Istanbul, die Ukraine, die USA, Moskau, Belgrad, Warschau, Prag, Damaskus, Jerusalem, etc.

Samstag, 2. Februar 2019

Menetekel auf Ukrainisch

"Menetekel" nach Rembrandt / Wikipedia
 Im Alten Testament wird vom "Menetekel" berichtet, jenem mahnenden und prophezeienden Schriftbild beim Festmahl des Belsazar (Dan 5,1-30). Man könnte es in Beziehung setzen zu jenem Abschnitt des Neuen Testaments, wo vom armen Lazarus die Rede ist (Lk 16,19-31): Als Warnung an die Lebenden soll der selige Lazarus zu den Verwandten geschickt werden, damit sie im künftigen Leben keine Qualen erleiden müssen... "Sie haben Mose und die Propheten, auf die sollen sie hören." (Lk 16,29). Tatsächlich bräuchten wir kein Menetekel, wenn uns nicht die ... Dummheit ... gefangen hielte. Ob sich irgendjemand davon freimachen kann? Schwierig wird es hingegen erst dann, wenn wir starrköpfig und verbissen "dumm" bleiben wollen. Auch wir haben Mose und die Propheten, ja: Wir haben den Erlöser, den Christus, der uns beispielhaft vorlebt, wie wir als Christen miteinander leben sollen.
Und so könnte es wie ein Menetekel wirken, wenn der Abt Ephraim vom Vatopaidi-Kloster auf dem Athos-Berg einen Herzinfarkt erleidet, als er in Kiew aus dem Flugzeug steigt, um - gezwungen, wie manche sagen - an der Inthronisation des Primaten auf einer Kiewer Kathedra teilzunehmen, die auf den Tränen und auch auf dem Blut vieler Orthodoxer errichtet wurde. Die selbst ernannten Mächtigen benutzen die Kirche zu ihren Zwecken und wollen Reiche aufbauen, die mit der Botschaft Christi nichts zu tun haben. Es sind Jurisdiktionen, die auf Hass und Abneigung, Antipathie und Groll basieren: So etwas hat in der Kirche keinen Platz und darf niemals Beweggrund für kirchliches Handeln sein. Die Predigt von Patriarch Johannes von Antiochia in Moskau am 1. Februar 2019 (hier einsehbar) macht das sehr deutlich. Ob Beziehungen zum KGB oder zum US-amerikanischen Geldadel - kein Menschen ist ohne Sünde und Fehler und Schwächen. Wer allein sündelose Menschen zu Bischöfen und Klerikern bestimmt wissen möchte, darf und kann sich nicht orthodox nennen, denn er verleugnet den orthodoxen Glauben und seine Schönheit. Als Kirche hingegen können die Menschen gegen Korruption und Verwirrtheit angehen - und die Christen sind sogar dazu verpflichtet, denn das gehört auch zu ihrer Berufung. Freilich: Es ist schwer, ohne zu verurteilen und ohne heftig zu reagieren den christlichen Weg zu beschreiten. Es erfordert viel Klugheit, sogar Weisheit, richtig zu handeln und dadurch das Wirken des Heiligen Geistes zuzulassen. Ein Menetekel braucht es dazu nicht mehr.   

Donnerstag, 31. Januar 2019

Politik als treibende Kraft kirchlichen Handelns?

"Es gab Epochen, da hatte das Patriarchat von Konstantinopel seine hohe Zeit... seine einstige Herrlichkeit ist in eine blasse Erinnerung umgeschlagen, und dieses schismatische Verbrechen, mit welchem es sich in der Ukraine rühmt, wurde zur größten Herausforderung für die Orthodoxie im 21. Jahrhundert."(Quelle)
Schon lange wird als bekannt vorausgesetzt, dass das Patriarchat in Istanbul einzig durch die finanzielle Unterstützung aus den USA bestehen kann. Die neuesten Entwicklungen haben dazu geführt, dass nicht nur die phanariotischen Finanzpolitik, sondern auch seine Kirchenpolitik als gänzlich abhängig von äußeren - also nicht-kirchlichen - Kräften eingestuft wird. Und es fällt schwer, bei den gegenwärtigen, durch die phanariotische Politik hervorgerufenen Zuständen von etwas anderem auszugehen, das darf eingestanden werden. Gleichzeitig kann man nun lesen, dass die Kirche ohne "Konstantinopel" nicht existiert und nicht existieren kann... Und dass die "griechische Nation" einen Vorrang hat, so Patr. Bartholomäus: "Unsere slavischen Brüder können den Vorrang des ökumenischen Patriarchats und unserer Nation - übersetzbar sogar mit 'Rasse' (genos)... - in der Orthodoxie nicht ertragen." (zitiert u. a. HIER). Es scheint, dass sich der orthodoxe Christ entscheiden sollte, und diese Entscheidung hat etwas mit einer Wahl zu tun, nämlich: Für etwas einzutreten und das Andere für sich zu verwerfen. Der Christ wird den Weg des Evangeliums wählen, der unpolitisch ist. Der Christ lebt nicht in der "polis", sondern in Christus! Deshalb wird es die Kirche auch ohne "Konstantinopel" geben, wie es sie auch ohne "Rom", "Moskau" etc. geben wird.

Freitag, 25. Januar 2019

Das Gebet der Kirche...

Bildquelle
 Aus Psalm 72:

Wie gut ist Gott zu Israel, zu denen, die rechten Herzens sind!
Aber meine Füße wären bald gestrauchelt; meine Schritte wären bald ausgeglitten.
Denn ich ereiferte mich über die Ungerechten, da ich den Frieden der Sünder sah.
Denn sie denken nicht an ihren Tod, und ihre Plage dauert nicht an.
Die Mühsal der Menschen haben sie nicht, und werden nicht geschlagen mit den Menschen.
Darum sind sie von der Hoffart besessen, bedeckt mit ihrem Unrecht und ihrer Gottlosigkeit.
Es kommt gleichsam aus Fett ihre Bosheit; sie gehen den Gelüsten ihres Herzens nach.
Sie setzen ihren Mund in den Himmel; und ihre Zunge redet zu allem auf der Erde.
Darum wendet sich mein Volk ihnen zu, dass sie gute Tage bei ihnen fänden.
Und sie sagen: Wie sollte Gott etwas wissen, ist denn Kenntnis davon bei dem Höchsten?
Siehe, es sind Sünder, und haben doch Überfluss in der Welt, Reichtümer an sich gebracht.
Und ich sprach: So hab ich umsonst gerecht gemacht mein Herz, unter den Unschuldigen gewaschen meine Hände?
[...]
Ich dachte nach, um es zu verstehen, aber es war mir zu mühsam, bis ich ins Heiligtum Gottes einging, und merkte, was ihr Ende sei.
Denn auf trügerischen Grund hast Du sie gesetzt, sie gestürzt, da sie erhoben waren.
Wie sind sie verwüstet worden, plötzlich dahingeschwunden, untergegangen um ihrer Bosheit willen!
Wie einen Traum der Aufwachenden so wirst Du, Herr, in Deiner Stadt ihr Bild verschwinden machen.
[...]
Schmachtet auch mein Fleisch und mein Herz; meines Herzens Gott und mein Anteil ist Gott in Ewigkeit.
Denn siehe, die sich weit von Dir machen, kommen um; Du vertilgst alle, die von Dir abfallen.
Mir aber ist Gott nah' zu sein gut; auf Gott, den Herrn, meine Hoffnung setzen gut,
auf dass ich verkünde all Dein Lob in den Toren der Tochter Zion!

Donnerstag, 24. Januar 2019

Das Problem mit den Schismatikern - ein großes Zeichen der Polnischen orthodoxen Kirche

Erzbischof Abel mit Metrop. Onuphrij von Kiew und anderen Hierarchen der ukrainischen Kirche. Quelle: news church.ua

Wie sich mittlerweile herausstellt, scheint es nicht die Absicht des anathematisierten Ph. Denisenko, der weiterhin "Patriarch" sein will, gewesen zu sein, eine nur zugestandene Autokephalie einfach so zu akzeptieren. Er bestimmt die Regeln ihrer Anwendung und ihrer Ausführung. Das hat schlimme Folgen, wie es mit Sarkasmus (in Übersetzung) ausgedrückt wird:
"Es gibt also jetzt in der Ukraine nicht zwei schismatische Gruppen, sondern drei: das Kiewer Patriarchat, die ukrainische autokephale orthodoxe Kirche und die orthodoxe Kirche der Ukraine (Phanar). Und ein Jemand hat gesagt, dass er alle vereinen will. Man hatte ihm jedoch gesagt, dass das unmöglich ist, Schismatiker zu vereinen - sie können mit der Kirche nur vereint werden, wenn sie bereuen. Sie wollten es nicht glauben, und jetzt haben sie es." (Quelle)
Die Polnische Orthodoxe Kirche hat indes ein starkes Zeichen gesetzt durch die Konzelebration des Erzbischofs Abel von Lublin und Cholm mit dem Oberhaupt der kanonischen ukrainischen Kirche, Metropolit Onuphrij und anderen eminenten Bischöfen der Ukraine. Im Anschluss hat sich Erzbischof Abel den Fragen der Presse gestellt und einige Problem benennen, aber auch aus dem Weg räumen können, etwa die Anerkennung der Schismatiker durch die bislang ablehnenden Kirchen von Polen, Serbien.... Diese Anerkennung sollte gemäß der Prophezeiung des phanariotischen Exarchen Daniel von Pamphylon vom Beginn des Monats Januar 2019 nach höchsten 6 Wochen der Warmlaufzeit erfolgen. Davon sind mittlerweile etwa drei verstrichen. Hier eine Verweisung auf die Dokumentation der Konzelebration in Boryspil: "Was in der Ukraine geschieht, ist ein großer Schmerz und eine Tragödie".

Mittwoch, 23. Januar 2019

Akademische Annäherungen an orthodoxe Problematiken




Aula magna in Padua - Quelle: Wikipedia

Man sollte die Theologie nicht mit der Religionswissenschaft verwechseln. Sehr gut lässt sich auf akademischem Niveau ein die Religionen betreffendes Thema behandeln. Doch dadurch wird es noch lange nicht zur Theologie. Aus orthodoxer Sicht ist die Theologie zuallererst der gelebte und vor allem auch erlebte Glaube. Natürlich wird er kommuniziert, "theologisch" geschieht das jedoch nicht auf dem Niveau der Wissenschaft, sondern auf dem Niveau der Kirchlichkeit, was bedeutet: im Lebensgefüge des Leibes Christi, der die Kirche ist.
Das vorausgeschickt, sollen andere zu Wort kommen, Menschen also, die sich bemühen werden, die Theologie und die Wissenschaft einfließen zu lassen in ihre Überlegungen, die aufgrund ihrer Ausbildung der akademischen Linie zu folgen haben:
Vater Georgij Maximov analysiert die gegenwärtige Situation der Mächtespiele in der Orthodoxie. Er führt an, dass die momentane Verunsicherung in der orthodoxen Welt nicht die erste innerorthodoxe Zerreißprobe darstellt. Die kontroverse Auslegung bestimmter 'canones' im Hinblick auf die konstantinopolitane Autorität zieht sich durch die Kirchengeschichte, wobei die neueste Zeit privilegiert ist. Vor allem seit Beginn des 20. Jahrhunderts versucht der Phanar die Diaspora in seine Jurisdiktion zu ziehen: Finnland, Estland, Polen, Amerika, u.v.m. Der Autor betont, dass es nicht nur die russische Kirche war, die sich dem Anspruch Istanbuls stellen musste. Er zeigt aber auch auf, dass der Phanar mit der Aufhebung der Kommuniongemeinschaft die Kirche von Griechenland bedroht hatte, als diese im Jahr 2003 einige ihrer Diözesen nicht dem ökumenischen Patriarchat unterstellen wollte. Das geschah dann tatsächlich, nämlich im des Friedens willen, nicht, weil dem Phanar dieses Recht zugestanden wurde! Auch das sollte bedacht werden, wenn man die heutige Situation beurteilen möchte, abgesehen von dogmatischen Gründen, die ebenfalls im Raum stehen sollten. Es reicht jedenfalls bei weitem nicht, sich mit der Bemerkung aus der Affäre zu ziehen, dass jede der Parteien doch ihre Leichen im Keller liegen hätte. Das ist zwar korrekt, wird aber der theologischen Realität keinesfalls gerecht, die nicht die sozio-politischen Hintergründe interessiert, sondern das Leben in Christus.
Alexej Ossipov, ebenfalls in Rußland lehrend, beschreibt ganz ähnlich, welche Hintergründe der momentanen Autoritätskrise zugrundeliegen, auch mit einem Blick auf die römischen Verhältnisse.
Metropolit Kallistos Ware referiert auf einem Kongress in Iasi (Rumänien) über eben jene Problematik, die heute zum Schisma in der Orthodoxie geführt hat: "Synodalität und Primat". Mit besonderer Klarheit verweist er auf den Umstand, dass das "Konzil von Kreta 2016" heute von niemandem mehr als pan-orthodox apostrophiert würde. Zu offensichtlich war die pan-orthodoxe Uneinigkeit in der Art und Weise der Organisation und hinsichtlich des Ablaufs, ganz zu schweigen von den zu behandelnden Themen.

Dienstag, 22. Januar 2019

Theologische Annäherungen an die orthodoxe Krisensituation

Die hl. Theophanie
Quelle: orthpedia.de

In der gegenwärtigen Situation einer ängstlichen Verunsicherung bei vielen orthodoxen Gläubigen darf man die tröstenden Momente nicht vergessen! Unter anderem sind das sicherlich die ermutigenden Worte aus Kiew selbst, vom dortigen Metropoliten Onuphrij, der in den Katastrophen der letzten Wochen und Monate eine reinigende geistliche Kraft sieht.
Kürzlich hat sich der Rat des Erzbistums der russisch orthodoxen Gemeinden in Westeuropa, bis 2018 als Exarchat zum ökumenischen Patriarchat gehörend, zu Wort gemeldet. Der ausführliche und sehr klare Text (s. Verweisungen auf franz., engl., dt. Übersetzungen und interessanten Zusatzinformationen im engl. Pressebericht) schließt etwas verwunderlich - allerdings nur auf den ersten Blick:
< [...] „Denn“, so der Apostel Paulus weiter, „Gott ist nicht ein Gott der Unordnung, sondern ein Gott des Friedens“ (1Kor 14,33); das Gegenteil der Unordnung ist folglich nicht die Ordnung, sondern der Friede. >
Die aktuelle Situation der Kirche spiegelt wider, was der Apostel Paulus anmahnt: Der Phanar in Istanbul verweist immer und immer wieder auf sein Recht, die "Ordnung" herzustellen; und er tut das unter Umgehung oder sogar durch Missachtung der canones, indem er seine Stellung vorschiebt als Erstsitz mit oberster Gewalt. Ganz abgesehen davon, dass nun noch mehr Unordnung herrscht (siehe HIER), hat sich dadurch eine ganz neue Situation ergeben, nämlich eine Schwebesituation in Glaubensfragen. Bis jetzt hat sich noch kein berufenes Organ bereiterklärt, den orthodoxen Glauben mit den jüngsten Ereignisse in der Ukraine explizit in Verbindung zu bringen. Der letzte Teil des oben zitierten Satzes tut das verhalten, wenn er auf die Verkündigung des Evangeliums anspielt und folglich auf das Erbe, dass der Kirche von ihrem Haupt Jesus Christus übergeben wurde: "Meinen Frieden gebe ich euch." (Joh 14,27), das ist die Antwort auf die "Ordnung" der Gesetze, die unantastbar war und den Tod des Gottessohnes nach sich gezogen hat. Denn diese Ordnung war zu einem Alten Bund geworden, an dessen Stelle ein Neuer Bund getreten ist: Wieder ist Gott selbst Urheber dieses Neuen Bundes, und er ist selbst Garant für die Gültigkeit dieses Bundes - durch sein Blut und seine Hingabe, aber auch durch sein Tun. "Er hielt nicht daran fest, wie Gott zu sein, [...] sondern er erniedrigte sich und war gehorsam bis zum Tod, bis zum Tod am Kreuz." (Phil 2,5-8). Der letzte Satz des Kommuniqués jenes Rates des Exarchats fordert im Grunde die letzte Konsequenz ein, um die man sich noch herumdrückt: das Bekenntnis zu Christus oder ein Verharren in der Ordnung, die den Frieden entbehrt. Dabei ist dieser Friede Christus selbst (vgl. Eph 2,14)! Der Hinweis auf diese wichtige Schlussfolgerung ist grundlegend: Die Ordnung muss mit dem Erlöser, dem Friedensfürst, verbunden sein, ansonsten bleibt sie Unordnung, ist sie ungeordnet - und Sünde!  

Donnerstag, 17. Januar 2019

Phantasma Constantinopolitanum

Von Istkart - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=32035980
Ein Artikel jagt den anderen, eine Enthüllung die andere. Die Fronten verhärten sich beiderseits, nicht nur im sogenannten Moskau freundlich gesonnenen Lager. Was verwundert, ist die hektische Bereitschaft, These nach These zu formulieren und das jeweils unterstützte Lager mit fundierten Standpunkten in seinem Recht zu bestärken, fortzufahren in seiner Politik. Während man seitens des Phanar mit wenigen Wochen rechnet, bis die neue Entität, gebildet aus den schismatischen Gruppierungen der Ukraine, von den orthodoxen Kirchen anerkannt wird, glauben andere nicht mehr an ein Einlenken des einstigen Konstantinopel. Mit Nachdruck verweist Patriarch Irenej von Serbien auf den wichtigen Umstand, dass es nicht darum geht, "Konstantinopel" oder "Moskau" zu unterstützen, sondern dass es um die orthodoxen "canones" geht, also um Verhaltensregeln, die der besseren Organisation dienen und die eigentlich die Weisungen des Evangeliums ergänzen. Im Wust der Anklagen und Verteidigungen fällt auf, wie wenig sich die Verfasser um die Fundamente kümmern können: um die Grundlagen der christlichen Orthodoxie, die tiefer gehen, als jeder "canon", und sei er auch apostolisch! Die Verletzlichkeit ist groß auf beiden Seiten, wenn man schon im Bild der Fronten bleiben möchte. Allerdings hat der Phanar damit zu kämpfen, dass ihm sein Überleben zugestanden wird. Eine recht ausgewogene Analyse der gegenwärtigen Situation in engl. Sprache bietet Anna Stickles. Der Fokus ihrer Beobachtungen liegt hier auf den Auswirkungen jener Autokephalie der ukrainischen Schismatiker, die von einem Freiheitsbegriff ausgeht, der wohlwollend als naiv, auf die konkrete Situation gezogen hingegen nur als fatal bezeichnet werden kann. Die Autorin versucht in ihren Ausführungen zudem, die Schieflage zu erklären, die sich aus den unterschiedlichen Deutungen der "canones" ergibt. Denn diese kirchlichen Richtlinien müssen auch kirchlich, d.h. geistlich interpretiert werden. Es genügt keine historisch-kritische Exegese des kirchlichen Rechts! Dieser Umstand scheint nicht in vollem Umfang Beachtung gefunden zu haben. Das zeigt sich an manchen Entscheidungen der jüngeren Geschichte, nicht erst in Estland und nicht erst in der Ukraine.
Wo aber versteckt sich das "phantasma constantinopolitanum" der Überschrift, jenes "Schreckgespenst Konstantinopels"? Es verbirgt sich vielleicht hinter der Angst und der Panik, dass es nicht mehr weitergeht. Diese Panik wird nur allzu deutlich in den Aktionen des Phanar und in der Art, Kirchenpolitik zu betreiben. Ist diese Angst begründet? Ganz sicher nicht! Auch wenn man das im Phanar anders sieht: Die orthodoxe Kirche wird weiterleben, auch wenn es keines der alten Patriarchate mehr geben sollte. Konstantinopel gibt es schon lange nicht mehr; und die Kirche hat mehrere Jahrhundert "überlebt", ohne dass es das "Neue Rom" gab. Es ist die verzwickte Interpretationslage der "canones", die die Existenz der Kirche Christi an kanonistische Gesetzesinterpretationen und ihnen zugrunde liegende "canones" zu binden versucht, dabei aber die Kirche als Leib Christi außen vor lässt! Dieser geheimnisvolle Leib Christi ist hingegen viel wichtiger, ja vielleicht die einzig wichtige Wirklichkeit, die zählt. Diese Realität hingegen gibt es, sie lebt als Kirche in einer Welt, deren Landesgrenzen sich, je nach politischer Lage, verschieben können. Das gibt der Kirche nicht das Recht, ihr Grundgesetz zu verwerfen und den Machthabern dieser Welt hinterherzulaufen. Die Menschen in der heutigen Ukraine gehören nicht deswegen zum ukrainischen Volk, weil sie 1991 auf der "richtigen" Seite der Grenzziehung gelebt haben. Zum Selbstverständnis eines Volkes gehört mehr, als nur pubertäre Politik mit fatalen Folgen. Ein solches, echtes Volk wird mit den Feindbildern nichts anfangen können - vor allem nicht mit dem Feindbilder des machtbesessenen Russen. Für viele moderne Staatsgebilde gilt das gleichermaßen, auch für das deutsche: Die Völker auf deutschem Boden eint heute eine große Staatenföderation (!) als deutscher Staat. Es wäre hingegen ein schlimmes Zeichen, würde die Kirche sich immer den herrschenden politischen Denkmustern anpassen und so ihre vermeintlichen Zuständigkeiten regeln wollen. Das wäre ein jeweils übertragenes "phantasma constantinopolitanum" in Reinform - und ein phänomenales Versagen einer Ekklesiologie, die nur noch dem Namen nach orthodox genannt werden könnte.

Montag, 14. Januar 2019

Die Kirchenpolitik in der Ukraine als Gradmesser

Zugegebenermaßen fällt es schwer, einigermaßen objektiv die schwerwiegenden Ereignisse in der Ukraine einzuordnen. Ein scheinbar wichtiger Punkt wird jedoch immer wieder angeführt: die politischen Hintergründe des "Vereinigungskonzils" der zwei schismatischen Entitäten in der Ukraine. Ein Staat, eine Kirche, und vor allem, eine geeinte Kirche, so hieß es. Trotz beinahe überschwänglicher Beteuerungen seitens der phanariotischen Bischöfe (hier z.B.) dürfte eine Anerkennung der am 15. Dezember unter massiver "Beteiligung" der ukrainischen Politik entstandenen kirchlichen Entität nicht so einfach durchgehen. Der Hintergrund dieser Kirchenpolitik ist nämlich auch von offizieller Seite vor allem politisch motiviert: Ein Feindbild, hier Moskau - sehr grob gesagt -, wird als Aufhänger genommen, um endlich kanonische Strukturen zu etablieren. Gleiches geschah 1996 in Estland, mit ähnlich fatalen Begleiterscheinungen und ähnlich fatalen Vorzeichen, möchte man sagen. Da der Aggressor sich zurückgezogen hat, kann man endlich befreit zum Gegenschlag ausholen, nämlich auf eigenen Füßen zu stehen und den gehassten Gegner dadurch abstreifen. Politisch mag das gehen, kirchlich ist die Sackgasse vorprogrammiert, vom Evangelium her wäre ein Handeln gefragt, das in die umgekehrte Richtung weist: Vergebung und (sehr) konkrete Nächstenliebe auf der Grundlage der gemeinsamen Wurzeln, nicht nur in der Rus', sondern sogar in Estland, jenem Grenzland zwischen allen Fronten. Ein Eigenkirche als Trotzreaktion wird früher oder später allen Grund und Boden verlieren, nicht nur den unsicheren der aktuellen politischen Strömung, sondern auch den morastigen der Unversöhnlichkeit trotz aller kanonischen Rechte... Und selbst die sind mittlerweile zweifelhaft, wenn nicht Lügen gestraft durch das Verhalten mancher Betroffenen - Ph. Denisenko beispielsweise, den die Weisungen aus dem Phanar in Istanbul nicht weiter interessieren.

Freitag, 11. Januar 2019

Druck von außen: Jerusalem, die Mutter aller Kirchen

Patriarch Theophilos III. von Jerusalem. Bild: Wikipedia

Nach der Unterzeichnung des Dekrets zur Autokephalie der ukrainischen Entität auch durch die Mitglieder der Synode im Phanar in Istanbul, die öffentlich angemahnt wurde, kann man schon so bald erste Anzeichen für das von Metropolit Savva von Polen vorausgesagte "Chaos" ausmachen: Die Kirche von Jerusalem sieht sich, wie es heißt, massiv unter Druck gesetzt, mit Mitgliedern der neuen ukrainischen Entität zu konzelebrieren. Im konkreten Fall ist das der aus der kanonischen ukrainischen Kirche abgewanderte Alexander Dabrinko, der im Gegensatz zu den meisten anderen Mitgliedern des Klerus der neuen "orthodoxen Kirche der Ukraine" - der die kanonischen orthodoxen Kirchen die Anerkennung versagen - eine anerkannte Weihe empfangen hatte. Der Druck auf die Jerusalemer Kirche käme von unterschiedlichen Seiten, auch aus dem Phanar, aus den USA und Israel. Allerdings ist das Jerusalemer Patriarchat nicht bereit, mit der nur vom Phanar in Istanbul anerkannten neuen Entität in der Ukraine zu konzelebrieren. So wurden bei einer Liturgie in der Anastasis alle anwesenden Ukrainer von Erzbischof Aristarchos von Konstantina ausnahmslos nach ihrer kanonischen Zugehörigkeit befragt (s. Quelle oben).
Es ist übrigens zu bezweifeln, dass es sich in dieser Angelegenheit nur um ein Säbelrasseln im Machtkampf handelt. Die Kirche von Russland hält sich nämlich, so wird betont, strikt an die kanonischen Regeln der orthodoxen Kirche, ob ihr die sich daraus ergebende Entscheidung passt oder nicht! Was sich abspielt, sieht nach einer Konfrontation geistlichen Ausmaßes aus, was viel schwerwiegender ist als Machtspiele. Irgendwann werden die Kirchen Stellung beziehen müssen und sich für oder gegen die Orthodoxie zu entscheiden haben.  

Donnerstag, 10. Januar 2019

Ein Supermarkt für Kultur, Stil und Machtansprüche?

aus: "Parlons d'orthodoxie" (s. Verweisung weiter unten)
 Bald will es scheinen, dass mancherorts Kirchlichkeit mit Opportunismus in einen Topf geworfen wird. Dass sich der Phanar in Istanbul nun hinsichtlich der sogenannten "ukrainischen Kirche" getäuscht sieht, kommt nicht unvermittelt. Mittlerweile treffen die Antworten der anderen Kirchen in Istanbul bei Patriarch Bartholomäus ein, um die er sie bzgl. der Ukraine-Frage gebeten hatte: Sie entsprechen nicht seinem Wunsch, die neugeschaffene Entität anzuerkennen, bezweifeln sogar zu Recht die Weihen der dort eingesetzten Männer. Und dann wird jener "Patriarch der Ukraine" mit Ehren überhäuft, wird zum "Held der Ukraine" ernannt vom Promotor der Autokephalie, P. Poroschenko, jener Autokephalie, die auf Kosten der Kirchlichkeit durchgesetzt werden sollte. Es bleibt der bittere Geschmack, dass es vor allem Hass und unversöhnlichkeit sind, die der ukrainischen Kirche ein einziges Haupt geben sollten.

Freitag, 4. Januar 2019

"Preiset den Herrn, denn er ist gut! Denn in Ewigkeit währt seine Barmherzigkeit." (Ps 117,1)

Vladimir Kireev - The mirror

Das Jahr 2019 wird segensreich sein, wie es auch das Jahr 2018 war. Es ist der Segen Gottes, der nicht vergleichbar ist mit den "Segnungen" des gewöhnlichen Alltagslebens. Deshalb sollten wir diesen göttlichen Segen nicht einfachhin übergehen oder gar verkennen.
In den letzten Tagen sind einige Neuigkeiten bekannt geworden bezüglich der schwierigen Situation in der Ukraine:
- Die polnische orthodoxe Kirche hat klar gemacht, dass sie nicht in kirchliche Gemeinschaft mit den nunmehr vom Phanar anerkannten Schismatikern treten wird und diesen Standpunkt allen orthodoxen Kirchen mitgeteilt.
- Auch die serbische orthodoxe Kirche hat mittlerweile die Autokephalie als Ausdruck einer politisch motivierten Konzertation zurückgewiesen.
- Der Phanar versucht hingegen, die anderen orthodoxen Kirchen zu ermahnen, dem ökumenischen Patriarchat mehr Respekt entgegenzubringen.
- Der Brief des Patriarchen Kyrill von Moskau, den er an Patriarch Bartholomäus geschrieben hat, ist mittlerweile auch in englischer Sprache verfügbar.
Das alles ist für viele orthodoxe Christen nur schwer zu ertragen. Und doch könnte man fragen, ob nicht gerade diese Ereignisse ein besonderer Segen für die Orthodoxie sind. Sie bringen Klärung und Klarheit, denn sie legen offen, wo die theologischen wunden Stellen zu suchen sind. Nicht zuletzt ist eine wunde Stelle der Kampf um Macht. Es ist ein vergeblicher Kampf, das dürfte klar sein - sofern man einen klaren Blick behalten kann. Nicht weniger anfällig ist man für den Nationalismus. Beide Versuchungen hat Christus offengelegt und für beide hat er die Arzneien an die Hand gegeben:
"Der Größte unter euch soll euer Diener sein." (Mt 23,11)
"Die samaritische Frau sagte zu ihm: Wie kannst du als Jude mich, eine Samariterin, um Wasser bitten? Die Juden verkehren nämlich nicht mit den Samaritern. Jesus antwortete ihr: Wenn du wüsstest, worin die Gabe Gottes besteht und wer es ist, der zu dir sagt: Gib mir zu trinken!, dann hättest du ihn gebeten, und er hätte dir lebendiges Wasser gegeben.[...] Die Frau sagte zu ihm: Herr, ich sehe, dass du ein Prophet bist. Unsere Väter haben auf diesem Berg Gott angebetet; ihr aber sagt, in Jerusalem sei die Stätte, wo man anbeten muss. Jesus sprach zu ihr: Glaube mir, Frau, die Stunde kommt, zu der ihr weder auf diesem Berg noch in Jerusalem den Vater anbeten werdet." (Joh 4,9ff)
Die Mahnungen Jesu sind vernehmlich genug. Wer sie zu lesen weiß, der wird sie nicht als Mahnung, sondern als Verheißung erkennen können, denn keine bestimmte Sprache, keine bestimmten Bräuche, kein bestimmtes "Volk", keine alten oder neuen Grenzen sind in der Kirche ausgezeichnet und kanonisch festgeschrieben, sondern einzig das Streben zu Gott hin.  

Mittwoch, 2. Januar 2019

"Wir sind zum Schauspiel geworden für die Welt"


Kiev, 15. Dezember 2018
Jenes zweifelhafte "Vereinigungskonzil" des 15. Dezember in Kiev unter dem Vorsitz des ukrainischen Präsidenten Porochenko und anderer Honoratioren trägt erste Früchte. Die ukrainische Presse kommentiert das Ereignis süffisant, wie sich in einer franz. Übersetzung auf "orthodoxie.com" nachlesen lässt. Wie nicht anders zu erwarten, geht es weiterhin darum, den Sieger in der Schlacht zu finden. Es geht weiterhin darum, völkische und nationalistische Bestrebungen durchzusetzen; ob es überhaupt um die Kirche geht, bleibt abzuwarten. Das zu erwartende i-Tüpfelchen ist den Beteiligten nicht erspart geblieben: Der von der orthodoxen Kirche offiziell anathematisierte Philaret Denisenko trug schon am Tag nach dem "Konzil" wieder den "Patriarchenkukol" - ein unmissverständliches Zeichen für jeden, der es sehen und verstehen möchte. So sind wir denn wirklich ein Schauspiel für die Welt, wie der hl. Apostel Paulus es im 1. Korintherbrief formuliert. Wir dürfen dann aber auch "Narren um Christi willen" (ebenfalls 1 Kor.) sein, wenn wir unermüdlich diesem Schauspiel entgegensetzen, was wir als Kirche zu geben haben, nämlich uns selbst durch den Gottesdienst und das inständige Gebet und das christliche Leben.