Dienstag, 20. Dezember 2011

Bundespräsident Christian Wulff - ein deutscher Fall

Es sind wohl nie die besten Menschen, die sich zu Sittenwächtern machen. Sind es Pedanten oder Buchhaltermentalitäten? Das wird nebensächlich sein, wenn die Folgen ihres Handelns offen zutage treten. Weder Pedanterie noch Ordnungsmanie sind an sich assoziale Eigenschaften. Sie können den belasteten Menschen bedeutend einengen, sie können sein soziales Umfeld in großem Maße in Mitleidenschaft ziehen, aber es fehlt das eigentlich Böse bei diesen Charaktereigenschaften. Das tritt dann hervor, wenn Neid, Missgunst und Verdorbenheit hinzukommen. Der hl. Benedikt mahnt seine Mönche, nicht zu vergessen, dass man selber Sünder ist und bleibt. Keiner in Politik und Wissenschaft ist gebunden an die Weisungen des hl. Mönchsvaters, es sei denn, er würde sich freiwillig einem Menschenbild zuwenden, das wirklich "human" genannt werden kann. Das Zusammenleben der Menschen, das dem hl. Benedikt am Herzen lag, ist geprägt von einem tiefen Bedürfnis nach Aufrichtigkeit, Selbsterkenntnis und Gerechtigkeitssinn.
Was Bundespräsident Wulff und manch anderem vor ihm angelastet wird, mag stimmen oder falsch sein. Im Grunde ist für den Deutschen wichtig, wie die Wortführer mit ihren Vorwürfen oder Erkenntnissen umgehen. Nicht Christian Wulff müsste zum Rücktritt gedrängt werden, sondern, die, denen die Sicht auf den Menschen verstellt wird durch das, was ich oben Missgunst, Verdorbenheit genannt habe. Es ist der Tod einer Gesellschaft, wenn sie regiert wird von Unsicherheit und von menschlicher Stimmungsmacherei, die die Fundamente des menschlichen Lebens und Zusammenlebens sehr stark aus den Augen und noch viel mehr aus dem Herzen verloren hat. Dass gewaltige Worthülsen mehr zählen als eine aufrichtige Suche nach angemessenem Umgang miteinander, hat in der Geschichte zu katastrophalen Folgen geführt. Der Zweite Weltkrieg war nur die letzte große Erschütterung, die völkerübergreifend die Menschen brutal geschlagen hat.
Es ist traurig, wenig Verstand hinter den Machenschaften vermuten zu können, da es an der Güte fehlt, die wesentlich zum Menschen gehören sollte.

Samstag, 10. Dezember 2011

ARCCIS - Eine offizielle Vereinigung der gesamten Zisterzienserfamilie

Über "ARCCIS - Association pour le Rayonnement de la Culture Cistercienne" kann man im Netz manche information finden. Nicht zuletzt die Internetseite und der Eintrag in CISTOPEDIA liefern grundlegende Informationen über diese - bis jetzt noch größtenteils französischsprachige - Einrichtung. Eine solche Institution, die von den Generaloberen der Zisterzienserfamilie getragen wird, hatte es seit langer Zeit nicht mehr gegeben. Nachdem sich die Zisterzienser durch Unfrieden und Spaltung um ein wesentliches Element ihrer Vitalität gebracht hatten - zudem noch auf expliziten Wunsch des römischen Papstes -, war es überfällig, dass eine solche Einrichtung ins Leben gerufen würde. Seit nunmehr etwa dreizehn Jahren arbeiten zahlreiche Zisterzienser und Menschen, die sich der Ordensfamilie verbunden fühlen, ehrenamtlich oder als Angestellte, für die Ausbreitung der zisterziensischen "Kultur". Dieser Begriff steht nicht etwa für ein kunsthistorisches Interesse am Erbe des mittelalterlichen Cîteaux, sondern für die Pflege des geistlichen Vermächtnisses und der des Auftrags, den die Zisterzienser übernommen haben, ihr Charisma.

Mit der Einrichtung des "CERCCIS", einem kleinen Zentrum für zisterziensische Studien mit Bibliothek und umfangreichen Bildsammlungen etc., konnte ARCCIS auch die Verortung ihrer Berufung sichern: CERCCIS wurde in einem Nebengebäude der Abtei Cîteaux eingerichtet, dem Mutterkloster der Zisterzienser. Damit wurde eine Anlaufstelle geschaffen, die nicht nur wichtige Veröffentlichungen zur Geschichte des Ordens sammelt, sondern auch Sorge trägt, dass Sammlungen und Nachlässe bewahrt werden können, die andernfalls zerrissen oder vernichtet würden.

Freitag, 2. Dezember 2011

Advent, Fasten und so weiter : Vom Verlust der Werte


Die Hochzeiten des kirchlichen Jahres sind immer auch beliebte Festzeiten des gesellschaftlichen Lebens. Zwar verschiebt sich mittlerweile der weihnachtliche Rummel um mehr als zwei Monate in den Herbst, zwar wissen selbst praktizierende Gläubige nur mehr sehr wenig vom Hintergrund der kirchlichen Bräuche, aber der weihnachtliche Advent wird in voller Lautstärke zelebriert. Was daran eher schmerzlich zu nennen ist, läßt sich vielleicht am besten als "Hirnlosigkeit" apostrophieren. Es sind beileibe nicht die Menschen, die sich unbedacht in den Trubel stürzen, um an Weihnachten des Stollens und der Plätzchen überdrüssig zu sein. Von der "kostbaren Perle" habe ich an dieser Stelle schon öfter geschrieben. Die mit ehrfürchtigen Händen und mit gläubigem Herzen weiterzugebende "Tradition" ist ebenfalls eine solche Kostbarkeit. Die an sich so wertvolle Kultur wird zum Ramsch, wenn sie ihres Fundamentes beraubt wird und nur noch aus Hülle und Schein besteht. Die Liturgie ist Theater und Spielerei, wenn ihr die Grundlage genommen wird, die sie beseelt. Sie hat dann aufgehört, theologische Wirklichkeit im Vollsinn des Wortes zu sein. Umso wichtiger ist die Rückführung von Lebenswirklichkeit und Glaubenswirklichkeit zum Menschen hin. Es ist viel verloren gegangen, das kann niemand leugnen. Aber der Verlust kann auch eine Chance sein, einen fundierten Neuanfang zu wagen.

Dienstag, 29. November 2011

Tibhirine: Noch eine neue Internetseite - diesmal seitens des Ordens

Eine kurze Verschnaufpause vor der seligen Nachtruhe: Eben finde ich die Nachricht, dass auch der Zisterzienserorden (strict.observ.) eine eigene Internetpräsenz in Erinnerung an die Brüder und die Ereignisse von Tibhirine freigeschaltet hat: http://www.moines-tibhirine.org/
Einige Feinheiten der Seite sind mir etwas zu antiquiert, so die Diktion, der es manchmal an Traditionsbewußtsein mangelt... Aber darauf kommt es nicht unbedingt an. Was zählt, ist die Botschaft des Evangeliums, die unserer Brüder von Tibhirine ins Leben haben umsetzen wollen.
"Es gibt keine größere Liebe, als sein Leben hinzugeben..."

Freitag, 4. November 2011

Tibhirine: Eine neue Internetseite

Monastère de Tibhirine - Photo: Wikimedia Commons

Aus den Meldungen von "OCist Nachrichten" habe ich heute erfahren, dass es eine neue Internetseite über das Kloster von Tibhirine in Algerien gibt. Sie wird scheinbar von der Diözese (also Algier) getragen: www.monastere-tibhirine.org
Die Kirche in Algerien leidet unter der immer weiter schwindenen Zahl von Christen. Die Ermordung vieler engagierter Männer und Frauen in den 1990er Jahren war zudem noch extrem belastend für die Zurückbleibenden.

Samstag, 29. Oktober 2011

Ernst Wiechert - Jahre und Zeiten

Blick auf den Hl. Berg Athos...

Der deutsche Schriftsteller Ernst Wiechert, zeitlebens seiner ostpreußischen Heimat und dem heimatlichen Boden verbunden, schreibt in den autobiographischen Aufzeichnungen "Jahre und Zeiten":
"Es gibt Augenblicke und Zeiten in unserem Leben, die wie ein finsterer Himmel über unserem Herzen hängen, die uns Licht und Atem nehmen und in denen wir die Hände ringen nach einer Erlösung. Nicht Zeiten der Gefahr, des Kerkers, des Todes, sondern die Zeiten, in denen wir auf eine schreckliche Weise erkennen, daß wir unser Leben vertun. Daß wir auf einem falschen Boden wachsen, eingesenkt und an einen Stab gebunden, hoffnungslos und rettungslos, und daß wir schlechte Früchte tragen werden. Und daß wir uns nicht lösen können, ohne das Erdreich aufzubrechen, ohne den Strick zu zerreißen, den Stab zu brechen, und vor der Welt schuldig zu werden, indes wir doch nur dem Gesetz gehorchen, nach dem wir angetreten sind und das uns zu den fernen Küsten treibt, von denen wir nichts wissen, als daß es eben unsre Küsten sind, mögen es solche des Leides oder der Seligkeit sein."

Freitag, 28. Oktober 2011

Mönche... und der hl. Rafael Arnáiz Barón

Hl. Rafael Arnáiz Barón

"Die Welt sagt zum Mönch: Du bist verrückt: du verläßt alles und begnügst dich mit dem 'Nichts'. Und der Mönch antwortet der Welt: Nein, nein, genau das Gegenteil ist der Fall: ich lasse das, was nichts ist, um alles zu besitzen. Es stimmt, dass ich hier nichts mein Eigentum nenne, nicht einmal den Eigenwillen, nicht die Freiheit, aber dafür habe ich Gott ... jenen Gott, den du mir nicht geben kannst..."
Der spanische Zisterzienser Rafael Arnáiz Barón hat dieses Zwiegespräch mit der Welt in den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts aufgeschrieben. Zufällig fand ich diesen Ausschnitt (entnommen dem Buch "Nur Gast auf Erden", erschienen im Bernardus-Verlag, unter der Nummer 680); und zufälligerweise fällt mir dazu ein, wie begierig ich auf die Welt höre und mich wundere, wie verwirrt sie mich zurückläßt! Oft und immer wieder führt sie mich hinters Licht - und läßt mich dann im Dunkeln stehen. Vielleicht braucht es Novizen wie den hl. Rafael, die immer wieder aus dem begeisterten Herzen weitergeben, was wirklich wichtig ist. Ich kann es kaum glauben, dass der Verzicht ein Gewinn ist... und merke, wie wenig mich die Begeisterung erfüllt. Gott sei dank habe ich das gerade gemerkt und direkt daran zu arbeiten begonnen.

Dienstag, 25. Oktober 2011

Das Leben hat den Tod überwunden!

In der Zisterzienserinnenabtei Blauvac - Begräbnis nach Ordensbrauch...

Emotional zu reagieren, sollte nicht schwer sein (kann es aber durchaus!). Emotional und überlegt zu reagieren, ist schwer und erfordert Selbstbeherrschung. Mir jedenfalls kommen bei den Bildern, die mir vorschweben, bittere Gedanken: Es ist der Bruder, der mehr als drei Tage mit dem Tod kämpfen muss. Es ist das Bild eines sich nicht mehr seiner Würde bewußten Menschen, der tot ist, ohn das er schon sterben konnte. Und das Bild des ununterbrochenen Kampfes während dieser langen Tage! Dass der eingebaute "Computer" das Herz immer wieder anfeuert, dass alles im Körper dehydriert und vertrocknet, weil nur noch forciertes Atmen befohlen wird, und dass durch Infusionen der innere Wasserhaushalt zwar aufrechterhalten wird, aber die Luftröhre, die Schleimhäute bloßliegen. Selbst die Blutabnahme wird zur Qual, wo keine Vene mehr zu finden ist. - Ist das der Segen der Medizin? Ist das Verantwortung gewesen seitens des Pflegers, also meinerseits? Hätte ich nicht die Einweisung ins Krankenhaus verweigern sollen, wo der Tod ausgesperrt werden sollte, der doch für uns als Mönche und er st recht als Christen ein erhabener Augenblick ist? Der Tod ist ein Schritt durch den Vorhang, hinter den wir doch schon lange zu sehen wünschten! Wo endlich die "selige Schau" uns erwartet in der Person Christi.
Immer, wenn ich wieder und wieder erwägen muss, was medizinischerseits zu tun sein wird, versagt mittlerweile meine Nervenkraft. Und das letzte Bild eines Bruders steht mir vor Augen, der schon längst aufgehört hat zu atmen, weil es nicht mehr ging - aber dessen eingebauter "Computer" nicht aufgeben wollte: Nach einem gewaltigen Stromstoß habe ich gesagt, dass es nun wohl reicht: Dass die Wahrheit des Todes stärker ist als menschliche Hybris.
Noch nicht einmal der Trost des intimen zisterziensischen Begräbnisses ist uns in Deutschland gestattet. Anstelle des zärtlichen Hinablassens des Toten, den der Pfleger richtig im Grab bettet und dessen Gesicht er dann mit einem Tuch bedeckt, müssen wir einen auslaufsicheren Sarg haben. Wir Mönche haben früher immer im Sarg geschlafen - eine fromme Legende ist das und doch sehr wahr! Das Mönchsgewand war Pyjama und einziger "Sarg", wenn das, was sterblich war, ausruhen durfte - im Frieden übrigens!

Donnerstag, 20. Oktober 2011

Hl. Isaak der Syrer - Asketische Reden XI


Aus dem zweiten Brief: An seinen Bruder dem Fleisch und dem Geiste nach,... der ihn zu sehen wünscht.

[...] Bitte mich nicht darum, nur das zu bedienen, was Fleisch und Sehnsucht befriedigt, Bruder, sondern wache über das Heil meiner Seele; nur noch ein wenig, und wir werden diese Welt verlassen. Wieviele Menschen werde ich getroffen haben, [wenn ich zu Dir komme und] wenn ich dorthin gehe! Wieviele Menschen und Orte aller Art werde ich gesehen haben, bevor ich wieder in meine Zelle zurückkomme! Was sind das für Versuchungen, die meine Seele finden wird auf ihrem Weg während all dieser Gelegenheiten! und was für eine Verwirrung für sie, wenn sie sieht, wie all diese Leidenschaften wieder aufwachen, die sie gerade erst besänftigt hatte! Du weißt um all diese Dinge. Der Anblick der Menschen, die in dieser Welt leben, schadet den Mönchen. Auch das weißt Du. Denke dir nur, welch eine Wandlung ein Mensch durchmachen kann in seinem Geist, der lange Zeit alleine in der Hesychia [der geistlichen Ruhe] gelebt hat, wenn er plötzlich inmitten der Welt steht und soviele Dinge sieht und hört, die seinen Gewohnheiten zuwiderlaufen. Wenn schon die einfache Begegnung mit Mönchen, die eine andere Art haben, das monastische Leben zu führen, als er selbst, für ihn schädlich ist, der noch kämpfen muss mit dem Widersacher, so denke nur daran, in welche Abgründe wir fallen würden und auch, wie wir den Fangstricken des Feindes entkommen könnten - vor allem wir, die wir durch eine langjährige Erfahrung im Verständnis geschult wurden. 2. Bitte mich also nicht darum, eine solche Sache ohne Notwendigkeit zu unternehmen. [...]

Übers. nach: Saint Isaac le Syrien. Discours ascétiques... Trad. ... par le R. P. Placide Deseille. Monastère Saint-Antoine-le-Grand 2006, S. 539-540.

Mittwoch, 19. Oktober 2011

Vom Segen des monastischen Lebens

"Mare balticum" - Ostseeimpression...

Nicht unbedingt auf den ersten Blick läßt sich erahnen, was das monastische Leben so wertvoll machen könnte: Ich meine hier nicht die tiefgeistliche Dimension der Berufung und der liebenden Hingabe, die unerlässlich sind im Mönchtum. Ich meine vielmehr die Zeit der Muße, des Nichtstuns und der Versenkung. Die beiden ersten Phänomene sind Voraussetzung für das letztgenannte. In allen drei Zuständen kann der Mönch oder die Mönchin zum Wesen der monastischen Berufung vordringen: Ganz in Gott einzugehen, um vollendete Ikone zu werden. Es wäre wirklich müßig, Diskussionen anzufangen über den Sinn dieser Behauptung. Allerdings habe ich das oben gezeigte Bild von der Ostsee nicht aus Verlegenheit gewählt. Ich habe es selbst aufgenommen, irgendwo bei Heiligendamm. Die See war, wie zu erahnen ist, rauh und der Wind nicht weniger kräftig. Trotzdem war die kurze Weile am Strand bei hereinbrechender Dunkelheit ein erhabener Moment für mich. Da die Ostsee mir lieber als die Nordsee ist, wohl weil sie irgendwie Heimat bedeutet, konnte ich im Sturm mehr Schweigen mitnehmen als im verordneten "Maulhalten". Die Schätze, die das Mönchtum mitbekommen hat durch seine Berufung, lassen sich eher in der Wirklichkeit des Lebens finden, als in disziplinierter Ordnung ohne verständige Offenheit. Ein Kloster, dessen Schweigen die Herzen zerbrechen läßt, weil es Gott nicht zu Wort kommen läßt, hat keine Lebensberechtigung. Es hat aufgehört, eine Schule des Herrendienstes zu sein, die für das Leben erzieht - ich meine hier das ewige Leben!

Donnerstag, 13. Oktober 2011

Photographie als Betrachtung: Bruno Rotival und sein Schaffen

Bruno Rotival: Abbaye d'Acey

Der französische Photograph Bruno Rotival arbeitet seit vielen Jahren mit seiner Wahrnehmung der monastischen, hier besonders der kartusianischen und zisterziensischen Welt. Eine umfangreiche Photosammlung vermittelt etwas von der Außensicht eines Menschen, dem viele Türen und Tore von Klöstern geöffnet wurden. Seine Photographien sind wie verewigte, lang anhaltende Augenblicke, die manchmal die Grenzen der Intimität berühren. Für mich sind die Bilder von Bruno Rotival Zeugnisse für den großen und kostbaren Schatz des Mönchtums, zeigen sie die Kostbarkeit der Perlen, die das Ordensleben hüten sollte.

Dienstag, 11. Oktober 2011

Himmerod

Himmerod vor der Wiederbesiedlung: Wie groß werden die Anstrengungen gewesen sein, um diese Ruine wieder bewohnbar und zum Kloster zu machen? Auch das verdient Würdigung und Anerkennung!

Die wohl etwa 100 Jahre alte Postkarte, die diesen Gedanken vorangestellt ist, will nicht etwa ironische (noch viel weniger sarkastische!) Illustrierung der Gegenwart sein. Das Kapitel der Mehrerauer Zisterzienserkongregation hat den emeritierten Abt von Marienstatt (Westerwald), Dr. Thomas Denter, zum Administrator für ein Jahr in Himmerod ernannt (Meldung im Trierischen Volksfreund).
Wer ein wenig die geistliche Ordnung der Zisterzienser kennt, freut sich sicher darüber, dass die Mehrerauer Kongregation das ehrwürdige Institut der Filiation rechtskräftig in ihren Konstitutionen bewahrt hat. Nachdem die Abtei Mariastern in Bosnien 1922 die Paternität an die Abtei Marienstatt abgeben musste (und es auch wollte), ist der Abt von Marienstatt Vater Immediat von Himmerod. Von 1971 bis 2006 hat also auch Dr. Thomas Denter diesen, vor allem geistlichen, Dienst an der Gemeinschaft von Himmerod als sogenannter "Vaterabt" ausüben dürfen. Demzufolge dürfte er für seine neue Aufgabe das nötige Hintergrundwissen mitbringen, das in der schwierigen Situation der Himmeroder Gemeinde nutzbringend anzuwenden sein wird. Aller desolaten journalistischen Ergüsse der letzten Monate und aller tatsächlichen Schwierigkeiten zum Trotz kann man den Kapitularen des Mehrerauer Kapitels nur dankbar sein für ihre Entscheidung bezüglich der Gemeinschaft von Himmerod. Wesentlich ist nämlich nicht Ort oder Gebäude oder glorreiche Vergangenheit, wesentlich sind die Menschen, die diesen Ort zu einem geistlichen Ort machen und die zuallererst als Mönchsgemeinde Christus in seinem verherrlichten Leib abbilden.

Samstag, 8. Oktober 2011

Das Schöne und der (Einzig-)Schöne... und Hans Urs von Balthasar

Cîteaux...

Heute wiederge- und des Bedenkens für würdig befunden. Ein Text von Hans Urs von Balthasar:
"Ob "schöne" Liturgie (die um schön zu sein, gewiß nicht des für die meisten unverständlichen Lateins bedarf) nur für gewisse Generationen schön ist, während nachfolgende ihre Schönheit nicht mehr wahrzunehmen vermögen, kann als Frage offenbleiben. "Auch das Schöne muß sterben", und Einbalsamierungen bekommen ihm nicht. Aber keinesfalls darf es durch Häßliches oder Gemeines, durch Triviales oder Gehaltloses ersetzt werden, sondern bestenfalls durch Schlichtes, das dem nicht mehr verständlichen weltlich Großartigeren an Würde nicht nachzustehen braucht. "Selig die Armen im Pneuma", falls sie nur ihre Armut eingestehen und sie nicht für sich selbst zu bemänteln suchen. Wenn ein Geschlecht keine echten religiösen Bilder für die Kirche zu schaffen vermag, soll es nicht sagen, leere Wände konzentrierten den Geist wirksamer auf das Wesentliche. Wenn wir kleine Leute geworden sind, sollten wir das Mysterium, das wir feiern, nicht auf unser Format zu reduzieren suchen."
(Ausz. aus: In der Fülle des Glaubens. Hans Urs von Balthasar-Lesebuch. Hrsg. v. Medard Kehl und Werner Löser. Herder 1981, S. 317)

Mittwoch, 5. Oktober 2011

Notre-Dame de l'Atlas / Tibhirine - fr. Christophe Lebreton, X


[04/10/1995] Mittwoch.
Der hl. Franziskus der Poverello. Wie würde ich mich freuen, wenn mein Leben eines Tages im Einklang mit deinem Leben singt, in der Freude der verwundeten Liebe. Maria, die du alle Heiligen persönlich kennst, könntest du mich mit deinem Kind aus Assisi bekanntmachen? Ich werde ihn zu meinem Gesangslehrer machen. Mein Ziel: Meine 45 Jahre mit Dir zu erreichen. Und (?) dir entschieden, restlos alles Folgende anvertrauen.

(Übers. nach: Le souffle du don. Journal de frère Christophe... Bayard 1999, S. 187)

Montag, 3. Oktober 2011

Tag der deutschen Einheit

Eisenhüttenstadt - Leninallee

Ein Festtag von nationaler Bedeutung sollte der 3. Oktober sein. Ich bin mir nicht sicher, ob das wirklich für uns Deutsche so ist. Natürlich gibt es Feiern zum Nationalfeiertag, es gibt Ansprachen und Reden, zentrale Gedenkveranstaltungen mit Bundespräsident und Bundeskanzlerin. Und ich freue mich, dass wenigstens die offiziellen Institutionen den 3. Oktober als Feiertag begehen, mit echter Freude der Wiedervereinigung des Vaterlandes gedenken!
Wenn man persönlich betroffen ist von der Teilung und Wiedervereinigung Deutschlands, dann sieht alles etwas anders aus, als wenn man die Geschichte gleichsam nur von außen mitbekommen hat, ohne dass die Familie, die Heimat auf dem Spiel stand. doch auch diese Perspektive kann täuschen! Meine Familie sah sich immer als deutsch. Dabei würde ich sagen, dass sie zur Hälfte (sagen wir mal:) polnisch ist. Das ist genauso richtig und genauso falsch, wie die Mär vom "bösen Polen", der "die Deutschen vertrieben hat". "Die Deutschen" sind genuin Bewohner ihres Landstrichs gewesen, sind natürlich ganz Deutsche, aber wohl auch ganz Polen oder ganz Slaven oder ganz Wenden. Dass nach der Vertreibung aus ihrer Heimat weiter nach Westen hin, westlich der Oder also, mehr Deutschland war, lag an der Gunst der Geschichte und ihrer Grenzziehung, nicht an ethnischen Gegebenheiten. Die Tragödie der deutschen Teilung hat seit vielen Jahren ein Ende. Für mich war Deutschland vor der Wiedervereinigung schon eins, da meine Wurzeln ebensogut im sandigen Boden der Lausitz verwachsen waren, wie in der steinigen Erde Westfalens. Umso verwunderlicher war für mich, den Knaben, die menschliche Fähigkeit, sich selbst zu beschneiden: Ein Land zu teilen, mit Waffengewalt zu zerschneiden und zu verhindern, dass Deutsche von hüben nach drüben und umgekehrt gehen konnten, um ihre Heimat wiederzusehen oder ihre Verwandten. Die Reproduktion einer Postkarte, die ich oben eingestellt habe, ist ein Gruß an meine Familie im Westen Deutschland aus Eisenhüttenstadt im Jahr 1980. Zu Besuch bei meinen Verwandten, durfte ich die Segnungen des real existierenden Sozialismus am eigen Leibe erfahren und eines Konstruktes ansichtig werden, der jeglicher Schönheit entbehrte. Einzig meine gute Großtante konnte die Ödnis mildern durch ihre Gastfreundschaft. Sie ist längst heimgegangen, wie die ganze großelterliche Generation, der ich nicht nur die Liebe zu Deutschland als ungeteilte Heimat verdanke. Dieser Generation verdanke ich auch eine Weite des Geistes, wenn es um Europa geht: Dass dem Fremden nicht hinter der nächsten Grenze zu begegnen ist, sondern einzig dort, wo der Mensch zum ideologischen Konstrukt und zum gedankenlosen Mitläufer wird.
Gottes Menschwerdung könnte ein großes Zeichen sein für alle, die das Sehen noch nicht verlernt haben.

Freitag, 30. September 2011

Hl. Isaak der Syrer - Asketische Reden X


Aus der 43. Rede:
13. Vom Tisch derjenigen, die fasten, die während der Nacht wachen und sich abmühen im Herrn, nimm für dich ein Heilmittel des Lebens in Empfang und lass deine tote Seele auferstehen. Denn der Vielgeliebte, den sie anrufen in ihrer Mitte, heiligt und wandelt in ein unglaubliches Wohlgefallen die Bitterkeit ihres mühevollen Lebens um. Seine geistlichen und himmlischen Knechte bedecken sie mit dem Schatten [ihrer Flügel], sie und ihre heilige Nahrung. Ich kenne einen Bruder, der dies mit eigenen Augen gesehen hat.
(Übers. nach: Saint Isaac le Syrien. Discours ascétiques... Trad. par .e R.P. Placide Deseille. Monastère Saint-Antoine-le-Grand [u.a.] 2006, S. 297)

Donnerstag, 29. September 2011

Archimandrit Placide Deseille - Propos d'un moine orthodoxe: Ein Gespräch


Es ist ein großes Geschenk, wenn Menschen mit einer langen Lebenserfahrung und geistlicher Tiefe Rede und Antwort stehen. Im Jahr 2010 ist ein Gespräch zwischen Archimandrit Placide Deseille und Jean-Claude Noyé in französischer Sprache erschienen. P. Placide war nicht nur lange Jahre Mönch von Bellefontaine und aktiv in der eminanten Reihe "Sources chrétiennes" tätig. Er hat zeitlebens die Suche nach Gott nicht aufgegeben und ist dadurch weise im besten Sinne des Wortes geworden, auch wenn das Alter mittleweile seinen Tribut fordert. Nach seinem Eintritt in das Athoskloster Simonos Petra wurde er nach Frankreich zurückgeschickt, um dorthin das Mönchtum athonitischer Prägung zu bringen. Das kleine Kloster Saint-Antoione-le-Grand in Saint-Laurent-en-Royans ist seitdem eine Zelle der Anbetung und eine Oase des geistlichen Lebens. Vielleicht gelingt es mir, die eine oder andere Antwort von P. Placide Deseille hier in Übersetzung zu veröffentlichen...

Mittwoch, 28. September 2011

Von der Ehrfurcht

Ritusverwandschaft und die edle Einfachheit... Französischer Kartäuserpriestermönch während des Hochgebets

Fast jedesmal, wenn ich in der Kirche bin, denke ich an die Ehrfurcht, denke ich darüber nach, ob ich so ehrfürchtig bin, wie der Ort und mein Gefühl es verlangen. Ich falle wohl immer durch bei diesem Examen, da mein Denken schon zeigt, dass ich noch außerhalb stehe! Außerhalb der Glaubensgewissheit (welch eine Kombination!), dass durch meine Anwesenheit eine wesentliche Grundvoraussetzung der Ehrfurcht gegeben ist: Ich möchte Gott als den Heiligen, Starken und Unsterblichen bekennen. Und trotzdem bleibt immer ein schales Gefühl zurück. Ich sehe den Altar mit seinen Weihekreuzen und seiner Salbung, den eingebrannten Malen des sich verzehrenden Weihrauchs, die ölbenetzte Fläche des Opfersteins. Und ich erinnere mich, wie ehrfurchtgebietend unseren Vorfahren meist die Kirche war. Tausenderlei Vorbereitungen und Vorschriften waren zu bedenken, bevor der Gottesdienst gefeiert wurde. Lange Stunden zog sich die Konsekration einer Kirche hin, ohne dass jemand der Würdenträger den Kopf schütteln wollte ob dieser Zeitverschwendung. Liegt mein Notizbuch wirklich richtig, wenn es nur kurz beim Anzünden der Kerzen auf dem Altar landet? Bin ich wirklich bei der Sache, wenn das Reinigen der heiligen Gefäße eine Last zwischen zwei Verpflichtungen ist? Wo steht mir der Kopf, wenn ich peinlich darauf achte, die Stilrichtung von Altarkreuz und -leuchtern zu koordinieren, aber der Weg zu weit und viel zu beschwerlich ist, die Kerzen am Tag seiner Konsekration auch anzuzünden? Ich bezweifle, dass solches Verhalten mit meiner Bodenständigkeit zu tun hat. Es ist schon Verweltlichung, Säkularisation, wenn ich fürchte, Ehre zu erweisen, wem Ehre gebührt.

Sonntag, 25. September 2011

Und noch einmal: "RGM" - Generalkapitel ocso in Assisi 2011

Für alle, die weder der englischen, noch der französischen oder spanischen Sprache mächtig sind, aber trotzdem den öffentlichen Einträgen der Kapitelstagebücher (in sehr beschränktem Maß, ich gebe es zu) folgen möchten:
Am 24. September wurden mehrere Abstimmungen vorgenommen. So wurde die Erhebung der Klöster Matutum, Miraflores und Nový Dvúr zu Abteien approbiert. Die Klöster Abakaliki und Boschi werden zu selbständigen Prioraten.
An "Personalentscheidungen" wurde veröffentlicht: Dom Victor von Tamié tritt zum 9. Obtober von seinem Amt als Abt zurück. Dom Armand sichert weiterhin die Verbindung zu den Laiengemeinschaften im Fahrwasser der Zisterzienser.
Außerdem wird am 25. September vermeldet, dass die Gemeinschaft von Achel supprimiert wird und als Annex-Haus von Westmalle weiterbesteht.
Hingegen approbiert das Kapitel die Gründung von Valserena in Syrien (Beata Maria Fons Pacis).
Es gehört zum Auf und Ab des Lebens, dass manche Gemeinschaften ihren Dienst getan haben und "zurücktreten" dürfen, so schmerzlich das auch ist. Mit der Abtei Achel verbinden sich so markante Namen wie P. Edmund Mikkers und P. Vincent Hermans. Sie haben, jeder auf seine Weise und auf seinem Gebiet, Großes leisten dürfen für die zisterziensische Geschichte. Dankbarkeit und dankbare Erinnerung sind die beste Verewigung einer gewichtigen Geschichte.

Freitag, 23. September 2011

Generalkapitel ocso 2011 in Assisi - wichtige Entscheidung seitens der röm. Kongregation für die Religiosen

Moniale und Mönch, allerdings nicht auf der "RGM" in Assisi, sondern beim monastischen Weiterbildungskurs im Generalat ocist in Rom. Photo: P. M. Tomann, bearbeitet vom Autor des folgenden Beitrags

Gestern, am 22. September also, konnte Dom Timothy Kelly den versammelten Kapiteln der Äbte und Äbtissinnen verkünden, was die "Congregatio pro religiosis et institutis saecularibus" unter dem Datum des 14. September entschieden hat: Die "zwangsweise" getrennt tagenden Kapitel der Männer und Frauen ord. cist strict. observ. dürfen als ein Kapitel tagen! Obgleich die Zusammengehörigkeit der Frauen und Männer ein wesentlicher Bestandteil der zisterziensischen Tradition ist, war bislang immer ein Kampf nötig, um diesen Umstand der römischen Denkweise zu vermitteln. Ob die Vermittlung gelungen ist, darf bezweifelt werden... Immerhin gibt sich die zuständige Kongregation geschlagen oder ist es wenigstens leid, immer wieder Anfragen und Eingaben diesbezüglich beantworten zu müssen. Die kirchenrechtliche Lage ist durchaus nicht einfach in dieser Frage: Schon bei der Approbation von Konstitutionen beispielsweise müssen Männer und Frauen eigene Textfassungen einreichen, auch wenn diese sich fast nur in den geschlechtsspezifischen Endungen unterscheiden. Die "salus animarum", die das Kirchenrecht anführt, kennt im Ausarbeiten von Texten und der dazugehörigen Arbeit wohl eine Grenze. Übrigens hat das römische Kirchenrecht wohl sowieso Schwierigkeiten mit dem monastischen Gepflogenheiten. Es tut sich schwer, das Mönchtum korrekt einzuordnen: Aber vielleicht gehört es zu den Wesenszügen des Mönchtums, sich gegen die Klassifizierung zu wehren.
Eines steht fest: Die Erlaubnis der Congregatio pro religiosis ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung!
Eine andere Anfrage wurde (leider) zurückgewiesen: Weiterhin darf ein nicht zum Priester geweihter Mönch kein Oberer einer Gemeinschaft sein.

Umka - eine Hündin im Heiligen Land

Es reizt mich zu sehr. Deshalb dieser Eintrag über die belgische Hirtenhündin Umka, die in der Lawra des hl. Chariton in der Nähe von Jerusalem (namens "Fara") lebt - bei einem russischen Mönch, dem meine Quelle aus München einen mehrwöchigen Besuch abstatten konnte. Hier also Umka in Aktion. Der französische Begleittext charakterisiert sie als kraftstrotzende Hündin, die ihre Energie noch "weiterverkaufen könnte". Schöne Erinnerungen an meine Jugend kommen mir da, wenn Umka ihren "Frohsinn" treibt und den Filmenden tatsächlich verlocken kann, ihr zu Willen zu sein. Ein Vorgeschmack des Paradieses... an einem Ort, der keinen Stromanschluss, kein fließendes Wasser, dafür aber eine geistliche Tradition von Jahrhunderten hat!

Donnerstag, 22. September 2011

"Was heißt hier streng?" - Von der Subjektivität der Wahrnehmung

Photo: Bruno Rotival in Cistopedia

Eine der wirklich beschämenden Erfahrungen war für mich die Begegnung mit einer älteren Frau im bayerischen Hinterland. Die Episode trug sich schon vor Jahren zu, bleibt mir aber nichtsdestotrotz in lebhafter Erinnerung. Als Zisterzienser erkenntlich, hielt mich diese Frau an und begann ohne Umschweife, ihrer großen Hochachtung vor dem zisterziensischen Mönchtum Ausdruck zu geben. Was für ein Trost es ihr bedeute, die Mönche in bedingungsloser Selbstverleugnung auf hartem Nachtlager ausgestreckt zu wissen. Welche geistliche Stärkung sie erfahre, wenn sie an die Nachtwachen, das strenge Fasten und die Abstinenz der Mönche denke. Wie getragen sie sich fühle, da das unablässige Gebet in den Klöstern ihr ein Trost sei, die so schwer nur beten könne.
Ich hatte damals nicht den Mut, die antiquierte Vorstellung des Mönchtums zu zerstören, die so liebenswürdig vermittelt wurde. Der "Strohsack", von dem die Rede war, existiert schon Jahrzehnte nicht mehr. Die "durchwachten Nächte" sind einer eher wohligen Nachtruhe im Bett und in einer einigermaßen abgeschlossener Zelle gewichen. Das Fasten und die Abstinenz lassen sich gut aushalten, da die Modernisierung der geistlichen Lebensweise vor dem Mönchtum nicht haltgemacht hat. Und das unablässige Gebet? Es ist ein ständiges Versuchen und Herantasten! Es ist die unablässige Sehnsucht, die zum Gebet werden möge. Aber das Maß der Väter liegt für mich noch in weiter Ferne. Selbst die Gabe der Tränen über solch eine Trägheit ist mir noch nicht gegeben.
Das "strenge Leben", das meiner Gesprächspartnerin so imponiert hat, ist tatsächlich eine sehr relative Sache. Wie streng kann einem das Leben erscheinen, wenn die Grundlagen des Mönchtums zwar weit gefasst und vereinfacht wurden, aber das Ziel dadurch nicht mehr ganz so einfach im Blick zu behalten ist? Es ist wirklich ein strenges Leben, wenn die Modernisierung unserer Lebensweise auch dazu geführt hat, dass Erprobtes und Bewährtes in der Versenkung verschwinden und nicht einmal mehr betrauert werden. Die "Strengheit" findet sich sicher nicht im gemeinsamen Schlafsaal, im peinlich beobachteten Stillschweigen, in der Abstinenz und im geordneten, durch viele Gebetszeiten unterbrochenen Tagesablauf, der um 3.00 Uhr in der Frühe beginnt. Die "Strenge", von der ich schreibe, findet sich in der Asozialisation unseres Lebens, die ich oftmals ausmache. War früher jedes Naseputzen reglementiert, so fällt es heute manchmal ins Auge, dass ein Gespür für das Dezente fehlt. Wie laut kann man ein Taschentuch nicht in Benutzung nehmen! Wie seismographisch auffällig kann man eine Tür zuschlagen! Wie interessant können Diskussionen über die Rubriken der liturgischen Bücher sein, die man bis in die letzten Ecken der Kirche mitverfolgen kann! Hier zeigt sich, wie streng man sich das Leben heute machen kann! Und wie viel prosaischer war nicht der (verbotene!) mitbrüderliche Namenstagsgruß nach der Komplet aus den Winkeln der aufgesetzten Kapuze heraus. "Strenge" bedeutet für mich auch, verzichten zu müssen auf die großartigen Kleinigkeiten (und Kleinlichkeiten!!!!) der Vergangenheit...

Freitag, 16. September 2011

"Von Menschen und Göttern" - DVD mit der deutschen Version des Films ab heute erhältlich


"Des hommes et des dieux" - der Film über die Ereignisse im Kloster Notre-Dame de l'Atlas in Tibhirine / Algerien hat in Frankreich die Kinos gefüllt und die Menschen nachdenklich gemacht. In Cannes wurde dieser französische Spielfilm ausgezeichnet und gilt seit seiner sehr erfolgreichen Tour durch die Kinos als sehenswerte und wertvolle schauspielerische Darstellung der letzten Monate im Leben der Gemeinschaft von Notre-Dame de l'Atlas. Seit dem 16. September 2011 kann die deutsche Fassung des Films, "Von Menschen und Göttern", als DVD erstanden werden.

Dienstag, 13. September 2011

Besuch von Dom Mauro Giuseppe Lepori, Generalabt ocist, bei der "RGM" 2011

Generalabt Mauro-Giuseppe Lepori während seines Besuchs der "RGM"

Aus dem Internettagebuch der "RGM", also der Generalkapitel ocso, vom 12. September:
"Wie an der Pinnwand für diesen Vormittag angegeben, können die in der Aula versammelten Kapitulare Dom Mauro Lepori, Generalabt des Zisterzienserordens, voll Freude begrüßen. Er wird von Dom Eamon der Versammlung vorgestellt (...)
Als Dom Mauro 2010 gewählt wurde, war er Abt von Hauterive in der Schweiz, was erklärt, warum er gut bekannt ist in mehreren trappistischen Gemeinschaften in Europa, vor allem in der Schweiz und in Italien. In exzellentem Französisch erklärt uns Dom Mauro, warum er zahlreiche Reisen unternehmen muss, um Klöster des Ordens zu besuchen, was erklären kann, warum er nur mehr selten in unseren Klöstern absteigt, ausgenommen in Chile (Miraflores und Quilvo), Klöster, die er während seiner Südamerikareise besuchen konnte. Sehr weise betont er, dass das Band, das unsere Orden verbindet, stärker ist, als die Häufigkeit der Besuche zwischen Gemeinschaften es auszudrücken vermöchten. Die Bereicherung, die diese Besuche ihm schenkt, möchten ihn Orten finden lassen, an denen eine größere Gemeinschaft innerhalb der Zisterzienserfamilie sichtbar wird.
Da mehrere unserer Gemeinschaften sich schon in brüderlichem Austausch befinden, schlägt Dom Mauro vor, einen Schritt weiter zu gehen und Treffen zu organisieren, bei denen Schwierigkeiten und Zerbrechliches, aber auch Ansprüche diskutiert werden können, denen sich unsere Zisterziensergemeinschaften stellen müssen. Diese gemeinsame Aufgabe könnte in Italien begonnen werden, wo einige Gemeinschaften in Schwierigkeiten geraten sind.
Dom Mauro wünscht sich auch, dass unsere Gemeinschaften hinsichtlich der Kanonisierungsprozsse großer Gestalten der Zisterziensergeschichte zusammenarbeiten. Humorvoll, doch mit seriösem Hintergrund, lädt er Dom Olivier von Cîteaux ein [der viel über die hl. Gertrud von Helfta gearbeitet hat, der Übers.], eine Kommission zu bilden, die die Erhebung der hl. Gertrud zur Kirchenlehrerin lancieren soll! Was dem Abt von Cîteaux nicht zu missfallen scheint!
Mit persönlichen Worten läßt uns Dom Mauro an seinen Erfahrungen und seiner pastoralen Arbeit im Orden teilnehmen. In diesem ersten Jahr als Generalabt hat er die Wichtigkeit der Freundschaft erkennen dürfen, die er mit Oberen von Gemeinschaften schließen durfte, was umso wichtiger ist, da manche Oberen des ocist mit ihren Gemeinschaften weit von anderen Klöstern entfernt leben müssen. Diese Freundschaften haben ihm die Möglichkeit gegeben, besser zu verstehen, warum der hl. Paulus schriftlichen Kontakt mit den Gemeinden gehalten hat, die er gegründet hatte. Daher möchte er daran erinnern, dass die Berufung seines Ordens eine Berufung zu brüderlicher Gemienschaft sei. Andererseits hat ihm die Zerbrechlichkeit mehrerer Gemeinschaften seines Ordens gezeigt, dass diese ebenfalls Trägerinnen einer bislang ungeahnten Vitalität sind.
Am Ende seines Berichtes wurden ihm mehrere Fragen gestellt, die die Situation in Vietnam, in Italien betreffen, oder auch Fragen zur Ausbildung, zu seiner Rolle als Generalabt von 13 Kongregationen, die den ocist bilden.
Nachmittags kehren die Kapitulare in ihre Säle zurück und nehmen ihre Arbeit wieder auf (Berichte der Häuser / Gemischte Kommission).
f. Martin, Val Notre-Dame, Delegierter der Region CAN

Samstag, 10. September 2011

Ein hartes Geschäft - Generalkapitel und Übersetzertätigkeit

... copyright by ocso...

Das simultane Übersetzen gehört zu den Charismen, die mir nicht gegeben sind. Eine gute Übersetzung ist für mich immer eine langwierige Angelegenheit - Wörter und Worte werden neu gesetzt und ausgewählt. Sätze brauchen eine neue Struktur, um dem Sinn des Originaltextes wirklich besser entsprechen zu können...
Alles das müssen Simultanübersetzer in einen Gedanken fassen - und direkt dem wartenden Hörer übermitteln! Eine Knochenarbeit also, zumal wenn Texte frei gesprochen werden, ohne dass der Übersetzer sich vorbereiten kann - was bei Simultanübersetzungen eben häufig der Fall sein dürfte. Bei den Generalkapiteln ocso sitzen de Schwestern und Brüder Seite an Seite in ihren Kabinen und leisten Unglaubliches! In den ersten Tagen müssen Statistiken vermittelt werden, dürfen Grußbotschaften nicht fehlen und kommt oft Unvorhergesehenes. Alles das will übersetzt, mitgeteilt werden: Die Schwestern und Brüder der Kapitel müssen wissen, was läuft, um kompetent entscheiden und beraten zu können. Der Erfolg der Generalkapitel hängt also zu einem großen Teil von guten Übersetzungen ab, nachdem das Latein als Amtssprache schon länger nicht mehr in Funktion ist... "de-functa" sozusagen..., weder in ord.cist.strict.obs., noch in ord.cist. tout court...

Mittwoch, 7. September 2011

Generalkapitel ocso 2011 in Assisi - ein Nachtrag

Generalkapitel in Cîteaux - eines der ersten ist hier dargestellt...

Gestern konnte ich von den unmittelbar bevorstehenden Kapiteln der beiden ocso-Zweige schreiben - heute liefere ich eine willkommene Adresse nach, nämlich diejenige des elektronischen "Tagebuchs" (die Blog-Adresse also). Es ist die englische Version; eine französische und eine spanische sind ebenfalls aufrufbar, und zwar von der englischen Version aus (respektive auch von den jeweils anderssprachigen).

Dienstag, 6. September 2011

"Capitulum generale" - RGM - oder schlicht: Generalkapitel ocso 2011 in Assisi...

Das jährlich wiederkehrende Generalkapitel der Zisterzienser in Cîteaux war ein - oftmals gefürchtetes! - Ereignis im Leben des Ordens. Das ist heute nicht anders, auch wenn sich manchmal Namen (z.B. Réunion générale mixte, kurz: RGM...) oder Zusammensetzung (heute neben den Äbten auch in einer getrennten Versammlung die Äbtissinnen, sowie immer auch Delegierte aus den Klöstern) und Frequenz (alle 3 bzw. 5 Jahre) ändern können. Auch die Furcht wird sich in Grenzen halten - ausgenommen wohl bei den Sekretären des Kapitels, die oftmals schon monatelang Vorbereitungen zu treffen hatten, damit alle logistischen Notwendigkeiten funktionieren. Vom 7. bis zum 28. September 2011 tagen in diesem Jahr die beiden Generalkapitel ocso (Monialen und Mönche). Als eigenständige "Congregationes monasticae", wie jede andere Zisterzienserkongregation übrigens, bildet jede juristische Einheit ein eigenes Kapitel, das getrennt tagen kann. Das Haus "Domus pacis" in Assisi bietet den zahlreichen Mitgliedern der Generalkapitel Platz und technische Möglichkeiten, um ihre Sitzungen effektiv abhalten zu können. Möge Gott seinen Segen geben.

Sonntag, 4. September 2011

Von Menschen und Göttern - Der Film über die Ereignisse in Notre-Dame de l'Atlas (Tibhirine) von 1996

Wie durch Zufall stoße ich gerade eben auf eine mir bislang unbekannte Seite mit einer Vorstellung des Films "Von Menschen und Göttern" auf kino.de. Obwohl einige Interpretationsfehler auch hier auftauchen (so bzgl. des vermeintlichen "Letzten Abendmahls" gegen Schluss des Films), scheint mir die Präsentation dem Kinoereignis doch gerecht zu werden.
Der Film jedenfalls hat es verstanden, in Bildern auszudrücken, dass der Glaube und die Glaubenspraxis wesenhaft aus dem Leben kommen müssen, um nicht Gefühl oder sogar nur Ästhetik zu bleiben.

Freitag, 2. September 2011

Notre-Dame de l'Atlas / Tibhirine - fr. Christophe Lebreton, IX


[01/09/1994] Donnerstag 1. September.
GEHE HINAUS auf den großen Abgrund und werft eure Netze aus.
Hinausgehen bedeutet, eine einzigartige Entscheidung eines verrückten Gehorsams zu treffen. Dann hat man teil ein einem einenden Werk: des gemeinsamen Fischens.
Der große Abgrund, das ist die Beziehung zu dir. Der Abgrund meiner Misere ist gesichert. Der große Abgrund, in dem alles Gnade ist, zieht mich zu sich hin um eines geheimnisvollen Aufstiegs willen.

[02/09/1994] Freitag.
Dein volle und gänzliche Zusage ist rein. Und das heißt, zu hoffen, wer mich rein machen kann, ja, auch mich, durch dich, in dir, mit dir.

(Übers. nach: Le souffle du don. Journal de frère Christophe moine de Tibhirine... Paris, Bayard 1999, S. 107-108)

Montag, 29. August 2011

Heimweh

Heimatliche Waldlandschaft...

Es gibt nur wenige Gefühlsregungen, die an Intensität dem Heimweh das Wasser reichen können. Wenn ich an Heimweh denke, dann kommt mir in den Sinn: Ein innerer Schmerz, der sich unablässig weiterbohrt, ein Sehnen, das immer wieder nach Stillung verlangt, Seufzen aus Herzensgrund, der Blick in weite Ferne gerichtet, ohne wirklich fixieren zu wollen, Sehnsucht nach Geborgenheit.
Dann gibt es die Momente, die urplötzlich an die Heimat denken lassen: Vor allem Gerüche, die auf einmal auftauchen und Bilder hervorzaubern, die längst vergangen sind; aber auch Geräusche, die unwillkürlich einst Gehörtes wachrufen; und nicht zu vergessen: die Bilder der Natur, die sich wie ein Brandzeichen ins Gedächtnis eingegraben haben, um immer wieder hervorzukommen - bei jeder Blüte, bei jedem Lichteinfall, bei jeder Wolkenbank.
Heimweh ist bei mir immer auch der Schmerz über das Verlorene, über die Menschen, die hinter den Ereignissen, Gerüchen, Bildern und Geräuschen stehen und immer stehen werden. Heimweh ist ein Schmerz, der viel mit dem Glauben zu tun hat, und vielleicht noch mehr mit der Liebe, der wir nachjagen, ohne sie wirklich greifen zu können. Heimweh ist vielleicht deshalb ein Vorgeschmack auf die vollkommene Freude in der vollendeten und damit göttlichen Liebe, die alle Schmerzen und alles sich Abquälen aufwiegen wird, morgen etwa, oder übermorgen, oder etwas später.

Donnerstag, 25. August 2011

Notre-Dame de l'Atlas / Tibhirine - fr. Christophe Lebreton, VIII


[23/08/1993) Montag
Ja. Dein Leib hier zu sein, setzt uns dieser Gewalttätigkeit aus, die im Moment noch nicht auf uns zielt.
Wäre es nicht besser, wenn ein einziger Mensch sich für dieses Land opfern würde.
Mein Knecht, sagst du, sei dort + wo ich bin.
Es ist absolut notwendig, dir wirklich und wahrhaftig zu folgen.

Montag Abend
Gelesen von M. Alain Couturier (La verité blessée, S. 180): "Was wir sind, was unser Kostbarstes ist in dem, was wir sind, ein jeder von uns; in dem, was wir sind, ist das am wenigsten Vermittelbare von uns das, was nicht von uns abhängig ist. Was uns geschenkt ist."

In diesem Hest, sind die Worte darin: "um darzubringen"?

(Übers. aus: Le souffle du don. Journal de frére Christophe moine de Tibhirine. Bayard éd., 1999. S. 22)

Dienstag, 23. August 2011

Das Wasser, das zu Wein wurde

Photo: Umschlagbild Collectanea cisterciensia

Das erste Zeichen Jesu, von dem der Evangelist Johannes in seinem Evangelium berichtet, ist die Verwandlung des Wassers in Wein auf der Hochzeit zu Kana. Ein großartiges Geschenk des Herrn an die Brautleute und an uns, die wir Teilhaber sein dürfen, wenn Christus austeilt, ohne abzuzählen oder abzumessen. Ich erinnere mich an eine Predigt anläßlich einer Priesterweihe, die dieses Evangelium ausgelegt hat: Sechshundert Liter Wein in den großen Krügen! Was für eine Menge und was für ein großzügiges Geschenk - kaum, dass man den Wein wirklich vollständig austrinken kann.
Heutzutage sind wir wieder in dieser Situation der Hochzeit zu Kana: Die Vorräte sind erschöpft, wir suchen überall nach dem, was unserem zisterziensischen Leben Halt und Sinn geben kann. Wir feiern, doch der Wein ist zuende.
(Eine Zwischenfrage, etwas abwegig... Was aber setzt man uns vor? Ist es nicht das bittere Wasser der Ästhetik in Gottesdienst und Liturgie, die nicht über ihre Formen hinausgeht? Das Wasser einer leeren Tradition ist nicht weniger bitter: Man setzt es uns vor und sagt dazu, dass man es so immer gemacht hat - doch den Sinn unseres Tuns vermittelt man uns nicht oder nur als Zerrbild.)
Der Wein ist zuende, doch wir sollen die Krüge mit Wasser füllen. Unser Wasser, das können die Riten und Zeremonien sein, die Anstrengungen und die Observanzen: All das bleibt Wasser, wenn wir es nicht auf Christi Geheiß in die Krüge füllen und glaubend davon trinken möchten. Denn alle Observanzen, Riten, Gebräuche und Usus bleiben fade und sind unangebracht, unzeitgemäß sogar, wenn wir sie nicht mit echter und wirklicher Liebe praktizieren. Solange die Riten Ästhetik und Hochgefühl produzieren müssen, fehlt ihnen das Wesentlichste: Dass sie uns helfen wollen, die Heilstaten Gottes zu erfahren, die er uns in der Liturgie, im Gottesdienst erfahren läßt, da der Gottesdienst sein Geschenk an uns ist.
Es wäre traurig, wenn wir nur das Wort Christi hörten: "Füllt die Krüge mit Wasser." Das hätte jeder sagen können. Wir sind zu Christus gekommen, um ihn um Wein zu bitten. Er will ihn uns geben - fässerweise sogar. Gebe Gott also, dass wir nicht in der Erbärmlichkeit trügerischer Äußerlichkeiten steckenbleiben, sondern uns an unversiegbaren sechshundert Litern besten Weines gütlich tun. Oft schon hier und jetzt, unter Mühen, aber trotzdem voller Freude.

Donnerstag, 18. August 2011

Dom Sébastien Wyart - ein Soldat Christi

Dom Sébastien Wyart
Photo: Cistopedia

Aus dem zisterziensischen Menologium:
"Sébastien Wyart wurde im Jahre 1839 in Bouchain in Nordfrankreich geboren. Nachdem er bei der päpstlichen Garde bis in den Offiziersrang aufsteigen konnte, tauschte er die Uniform eines Soldaten gegen das Mönchskleid ein und wurde Soldat Christi im Kloster Mont des Cats, dessen Abt er im Jahre 1883 wurde. Im Jahre 1887 wählten ihn schließ-lich die Mönche von Sept-Fons zu ihrem Abt und gleichzeitig zum „Praeses“ der Kongregation von Sept-Fons. Das Generalkapitel 1892 in Rom, bei dem sich drei der vier trappistischen Kongregationen vereinig-ten, wählte Dom Sébastien zum Generalabt. Seine Sorge sollte das geist-liche Wohl der ihm Untergebenen bleiben. Mit aller ihm zustehenden Autorität warb er für die Einheit des Zisterzienserordens und war bereit, seine Ämter niederzulegen, wenn er und sein Amt dieses Ziel behindern würden. Er durfte es noch erleben, dass Cîteaux, die Mutter aller Zister-zienserklöster, im Jahre 1898 wiederbesiedelt werden konnte. Nach sei-nen letzten Kämpfen während der schwierigen politischen Situation zwischen Staat und Kirche in Frankreich, starb er nach schweren Leiden am 18. August des Jahres 1904 und wurde in Tre Fontane begraben."
Dom Sébastien Wyart hat als Generalabt der Zisterzienser Strengerer Observanz den Traum der Einheit des Ordens nie aus den Augen verloren. Unmittelbar nachdem ihm wieder gestattet worden war, mit den Mönchen "communis observantiae" zu kommunizieren, verfasste er ein zuvorkommendes Schreiben an P. Gregor Müller (Wettingen-Mehrerau), den Redaktor und Gründer der "Cistercienser Chronik", in dem er in kurzen Worten darlegt, warum die Fusion dreier "Trappisten"-Kongregationen (also ohne die "Trappisten" der Kongregation von Casamari) gewünscht und gefördert wurde - vor allem auch römischerseits. Die Unterschiede in der Observanz spielten zur damaligen Zeit natürlich keine unbedeutende Rolle, obwohl uns diese Problematik vom heutigen Standpunkt aus betrachtet sehr geringfügig vorkommen mag.

Montag, 15. August 2011

P. Séraphim, ein Athosmönch in Frankreich (Île de Porquerolles)

Entschlafung der Gottesmutter. Freskomalerei in Niederbayern. Quelle: kreuzgang.org

Zum Festtag der Aufnahme Mariens in den Himmel, der Patronin des Zisterzienserordens, hier eine Verweisung auf ein kurzes, französischsprachiges Video, wie durch Zufall gefunden auf der Seite "Orthodoxologie"! P. Séraphim hat als Mönch der Zisterzienserabtei Bellefontaine (Frankreich) zusammen mit P. Placide Deseille einen monastischen Neuanfang gewagt. Sie wurden 1977 auf dem Athos Mönche des Klosters Simonos Petra und konnten später nach Frankreich zurückkehren, um dort das athonitische Leben anzusiedeln. Das Kloster Saint-Antoine-le-Grand in Saint-Laurent-en-Royans wurde zum geistlichen Zentrum für zahlreiche Gläubige. Die Trennung von Bellefontaine, der Wechsel von Bischof, Abt und Konfession - das alles waren Schritte, deren Tragweite weder die eine noch die andere Seite ermessen kann. Das segensreiche Wirken der monastischen Gemeinschaften athonitischer Prägung in Frankreich und weit darüber hinaus soll als Antwort auf Fragen hier und dort genügen.

Notre-Dame de l'Atlas / Tibhirine - fr. Christophe Lebreton, VII


[15/08/1994]
Nach dem 15. August...
Kohelet meint: "Es gibt eine Zeit zum Töten und eine Zeit zum Heilen." Alle sind krank geworden über dem Morden, das diese unsere Zeit zerstört. Und du eröffnest am Kreuz die Zeit des Heilens. Meine Kraft und mein Bollwerk. Dir vertraut mein Herz: er hat mich geheilt, mein Fleisch ist wieder aufgeblüht. Wie steht es um das Gerechtsein, das Wahrhaftigsein meines Fleisches? Fleisch des Lazarus im Grab. Freund, wirst du mich weiterhin die Verwesung schauen lassen?
Heute höre ich im Evangelium, dass HOCHZEIT gefeiert wird: Der Sohn des Königs heiratet eine Frau... und alle sind eingeladen.
(Übers. aus: Le souffle du don. Paris: Bayard, S. 105)

Samstag, 13. August 2011

Gedenken an den Mauerbau in Berlin am 13. August 1961

Die Berliner Mauer am Brandenburger Tor 1961
Photo: Wikipedia. Autor: Bundesarchiv, Bild 145-P061246 / o.Ang. / CC-BY-SA

Wenn von der Berliner Mauer die Rede ist, dann kommt mir immer auch das Bild in den Sinn, das die Mauern in den Gehirnen der Menschen benennt. Als Deutscher kenne ich die "Mauer" noch aus eigener Erfahrung, trennte sie doch meine Familie empfindlich und nachdrücklich. Wäre die Festlegung auf Ethnien und Völkerschaften nicht so willkürlich wie begrenzt, so würde ich mich gleichzeitig als Pole, Slawe, Deutscher, Russe und ... Europäer bezeichnen, und alles das trifft zu. Die unselige Mauer hat es nicht vermocht, Familien und Völker so weit auseinander zu bringen, dass sie ihre familiären und emotionalen Bande vergessen. Noch viel weniger hat sie es vermocht, ihre Diktatur der Ausschließung verewigen zu können. Die große Traumwelt, die einige wenige Machthaber für sehr viele Menschen erträumen wollten, hat sich durch ihr Unrechtsystem und ihr Machtvakuum letztendlich selbst zerschlagen.
Als Mönch denke ich bei Mauern oft auch an die mauern zwischen Menschen und Meinungen. Als Zisterzienser kommt mir dann die überhöhte Mauer der Ideologie in den Sinn, die sich mittels Observanzen und unterschiedlichen Lebensweisen in die Gehirne der Menschen gestellt hat. Brauchen wir heute wirklich noch die Mauern der Ignoranz - des Nichtverstehens und der Intoleranz, wenn ich Brüder oder Schwestern sehe, die anders leben als ich, aber trotzdem Zisterzienser sind? Es ist für mich beinahe noch peinigender, die Folgen dieses ideologischen Mauerbaus zu tragen, als an die Zeit der Familientrennung durch das Berliner Mauerkonstrukt zurückzudenken. Die Mauer zwischen Observanzen und Jurisdiktionen, die heute noch in den Köpfen mancher Zisterzienser und einiger Papiere existiert, ist eine Mauer, die sich bis heute klug und rechtmäßig dünkt. Dass das Infragestellen dieser ideologischen Mauer nun selbst zur Ideologie abgestempelt wird, gehört zu den Peinlichkeiten kirchen- und ordensrechtlicher Selbstwahrnehmung, die mir weitaus unverständlicher sind, als es ein völlig destruktiver, doch aller Kraft zur Selbstkritik entbehrender Kommunismus-Sozialismus ist. Das deutsche Volk, mein Volk, hat die Knechtschaft des Sozialismus abschütteln können. Gebe Gott, dass es eine neue Knechtschaft der Gottesferne nicht zulassen wird. Meine Kirche, die von Cîteaux, hat in neunhundert Jahren Prüfungen und Niederlagen durchleben müssen. Gebe Gott, dass nicht Kleinkariertheit und Angst ihre Ratgeber sein werden, sondern demütiges Vertrauen darauf, dass nicht die Observanzen uns verbinden, sondern dass es die Liebe ist.

Sonntag, 7. August 2011

Fest der Verklärung des Herrn

Christi Verklärung

Die "Hochzeit" des Mönchs: Sich im Licht der Verklärung sonnen zu dürfen. Das heißt aber, sich ziemlich vollständig entblößt zu sehen und ziemlich genau alles das im Auge zu haben, was die Realität im geistlichen Leben ist, nämlich Hunger und Durst, physisch und seelisch. Das Licht der Verklärung wird zum grellen Licht der Wahrheit. die alten Mönche und Nonnen wußten gut, was es bedeuten kann, sich dem brennenden Licht der Gottesliebe auszusetzen. Dieses Licht verbraucht alles an Energie, es läßt nicht mehr viel zurück von dem, was man heute Selbstbestimmung nennt. Umso mehr strahlt es allerdings auch im Menschen auf, der sich so hinzugeben versteht: Wenn alles aufgebraucht ist, was der Mensch zu bieten hat, bleibt die unermessliche Freiheit zurück, die den Kindern Gottes eigen ist. Ein sonderbarer Gedanke vor dem Hintergrund immer neuer Experimente in Kirche und Ordenswelt. Manchmal scheint es mir, als hätten die Älteren von uns unter der Knechtschaft der Observanzen größere Freiheiten besessen als wir Heutigen. Was heute als frei und "der Zeit gemäß" daherkommt, kann Diktatur und Knechtschaft sein, da die Freiheit nicht erfahrbar wird. Die Verklärung Christi hat deutlich gemacht, dass das Kreuz und die Auferstehung beieinander liegen, dass die Ekstase und das Leid zusammengehen und die menschlichen Bemühungen ihre Vollendung in der Gnade finden. Auf Jesus zu schauen und sein Licht der Verklärung aufzunehmen, das bedeutet auch, Zeuge zu sein vor der Welt - selbst in der Wüste des Klosters, in der Abgeschlossenheit und Einsamkeit. "Hic Rhodos" - hier ist das Jetzt und Heute, hier finde ich meinen Nächsten und die Welt, der das Licht Christi verkündigt sein will. Für uns allerdings gilt: Ohne viele Worte!

Donnerstag, 4. August 2011

Notre-Dame de l'Atlas / Tibhirine - fr. Christophe Lebreton, VII


Aus dem Tagebuch von fr. Christophe:
Donnerstag, 4. August [1994]
Hl. Jean-marie Vianney, Pfarrer von Ars. Ich ruhe mich aus. Ich bin auch in der Einsamkeit. und ich wünschte, ich könnte beten. 5 Personen wurden gestern in Algier ermordet. Sie sind Franzosen. Man spricht darüber und gerade das ist es, was ihre Mörder wollen. Die Terroristen haben etwas zu sagen, was die Regierung nicht hören will. Das unterdrückte, erstickte Wort, es explodiert im Zorn, im Wahnsinn, der tötet. Und trotzdem nehme ich diesen geschenkten Tag an. Eine gewisse Müdigkeit - eine alles überschwemmende Trägheit - liegt in der heißen Luft. Ein Bild drängt sich vor: Der Herr ist mein Hirte. Nichts wird mir fehlen. Er läßt mich ausruhen.
Und ich höre dich zu mir sagen: Ich bin der gute Hirt.
ich bin es ich kenne die Meinen und die Meinen kennen mich
WIE der VATER mich kennt und wie ich den Vater kenne
und ich verlasse meine Seele für die Schafe. Ich gebe ein
Leben hin für
[geben hat den Sinn von ablegen, darbieten, vro allem hinsichtlich der Opfergabe]
A. Chouraqui übersetzt Vers 12 von Jesaja 53 folgendermaßen: weil er sein Leben in den Tod nackt gemacht hat.
Du bittest mich, das LEBEN zu wählen, doch in dieser Wahl
ist das Ereignis deines Todes gegenwärtig, durch den dein Leben zu mir kommt
und also auch dein Nacktwerden bis zum Letzten.
Letzten Sonntag war ich am Ende... Ich hätte mitleiden können mit der Müdigkeit meiner Brüder, mit der um sich schlagenden Hoffnungslosigkeit im Herzen der Algerier... Doch mein unausweichliches Ich war noch da: genervt im Chor, verängstigt durch den Mangel an Wasser...
(...)
(Übers. aus: Le souffle du don. Journal du frère Christophe... Bayard 1999, S. 99-100)

Samstag, 30. Juli 2011

Mönchtum und Zeitgeist - Fortsetzung

Athos...
Photo: Quelle leider unbekannt

"Genug der Revolutionen und Demontagen, genug der verwöhnten Blindheit gegenüber dem "Meister dieser Welt", genug der inneren Widersprüche des Wohlstands, genug vor allem der lärmenden Leere nach dem selbst von Theologen verbreiteten Gerücht vom "Tode Gottes".
So kommen diese jungen Männer auf den Athos wie verlorene Söhne nach einer Jahreszeit in der Hölle. Einsamkeit, Nachtwachen und Fasten halten sie nicht ab. Das Uralte, das Strenge ist ihnen gerade recht. Wenn nur ein Vater da ist, der sie mit offenen Armen empfängt und ein Wort weiß, weshalb es sich zu leben lohnt. Dann ist dieser Schritt keine Flucht, sondern Heimkehr in das Reine, in die Gesundheit."
(Aus: Freddy Derwahl / Hans-Günther Kaufmann: Athos. Das Heilige berühren. Augsburg: Pattloch 1997)

Wie sieht es aus mit den Demontagen? Was vor fünfzig Jahren noch Weg zum Himmel war, das ist heute oft Last und Lächerlichkeit.
wie sieht es aus mit der verwöhnten Blindheit? Was unsere Vorväter als weise Übung betrachtet haben, um mehr und besser lieben zu können, ist heute oft "Ritengefummel" - das man ersetzt durch Individualdiktatur neuer, allerdings eigener "Riten und Bräuche".
Was sind die Widersprüche des Wohlstands? sind sie nicht ein Vorgaukeln irrealer Realitäten, die Vordergründigkeiten über Fundamentales stellen? Was sind Speisen im Überfluss und ohne Begrenzung, wenn dahinter nicht die Gesundheit des Leibes und der Seele wartet, sondern Verdrängung und Unmaß?
Die Tücke des Zeitgeistes ist nicht das Fehlen von Traditionen und Riten! Seine Tücke liegt verborgen im Fehlen von Sinn und Verständnis der Tradition. So waäre z.B. nichts schneller abzuschaffen als das Schweigen bei der Mahlzeit, wenn es nicht Begegnung mit Gott schaffen wollte, die für den Mönch wesentlich ist. Seine Begegnung mit Gott steht am Beginn (und das immer wieder!) seiner Beziehung und Zuneigung zum Mitbruder und Mitmenschen. Und ist nicht das Ziel unseres Mönchslebens: Immer wieder zurückzukehren zu Gott, und sein Antlitz immer wieder neu zu entdecken in jedem Menschen, der uns begegnet?

Freitag, 29. Juli 2011

Hl. Isaak der Syrer - Asketische Reden IX


Aus der 85. Rede:
29. Frage: Was ist das Zeichen dafür, dass ein Mensch die Reinheit des Herzens erlangt hat und wann weiß er, dass sein Herz rein geworden ist?

Antwort: Wenn er alle Menschen als gut ansieht und wenn keiner ihm unrein oder befleckt erscheint. Dann hat er wirklich die Herzensreinheit erlangt. Wie sollte sich denn auch anders das Wort des Apostels erfüllen, nach dem wir mit aufrichtigem Herzen die anderen als uns überlegen ansehen sollen (vgl. Phil 2,3), wenn man denn noch nicht das erlangt hat, was der Prophet so ausdrückt: "Das gute Auge kann das Böse nicht sehen." (vgl. Hab. 1,13)?

30. Frage: Was ist die Reinheit und wo lassen sich die Grenzen ausmachen?

Antwort: Die Reinheit ist das Vergessen der Erfahrungsweisen, die gegen die Natur sind und die in der Welt durch die [menschliche] Natur gefunden wurden. Die Grenze, hinter der man befreit ist von diesen Erfahrungen und sich jenseits von ihnen wiederfindet, ist darin zu sehen, dass der Mensch zur Einfachheit zurückkehrt und zum Freisein von Schlechtigkeit, die seiner Natur mitgegeben wurden, und dass er wieder wie ein Kind wird, ohne jedoch die Fehler eines Kindes zu haben.

31. Frage: Ist es dem Menschen möglich, in diesen zustand zu gelangen?

Antwort: Ja. Einige haben ihn erreicht, wie etwa Abba Sisoes, der soweit gekommen ist, seinen Schüler zu fragen, ob er gegessen hat oder nicht. Ein anderer Vater hatte ebenfalls einen solchen Zustand der Einfachheit und Unschuld erlangt, dass er fast wie ein kleines Kind geworden ist und so sehr die irdischen Dinge vergaß, dass er eines Tages vor der Kommunion gegessen hätte, wenn er nicht durch seine Schüler daran gehindert worden wäre. diese ließen ihn wie ein kleines Kind kommunizieren. Für die Welt war er ein kleines Kind, doch vor Gott war er in seiner Seele vollkommen.

(Übers. nach: Isaac le Syrien. Discours ascétiques. Trad. française ... par le R. P. Placide Deseille. Monastère Saint-Antoine-le-Grand 2006, S. 511-512)

Freitag, 22. Juli 2011

Hl. Rafael Arnáiz Barón - Gedächtnis der Kirchweihe von San Isidro

Hl. Rafael Arnáiz Barón.
Photo: Wikipedia


Heute jährt sich der Gedächtnistag der Kirchweihe von San Isidro (Spanien). 1928 wurde die Abteikirche konsekriert, wo heute in einer Nebenkapelle die Gebeine des hl. Rafael verehrt werden können. Der hl. Rafael war zu einer Zeit in San Isidro eingetreten, als die Zisterzienserobservanz noch einheitlichen Regeln folgte und die ihr eigene Strenge nicht verleugnen wollte. Als Kranker in diesem monastischen Rahmen zu leben ist eine ungeheure Herausforderung. Diabetes, körperliche Schwäche - alles Hemmnisse, die das Mönchsleben zisterziensischer Prägung zu einer Prüfung werden lassen können, obwohl es schon für Gesunde manchmal Härten und Qualen bereithält. Der junge Ordensmann Rafael hat diese Klippen durch Humor und, vor allem, durch seine Liebe umschiffen können. Seine künstlerischen Fähigkeiten, die er ausleben durfte, spiegeln etwas wider von der tiefen Sehnsucht nach der lichtvollen Umarmung Gottes, wenn man so sagen darf. Ich kann nicht glauben, dass diesen jungen Mann nicht die Sehnsucht gepackt hat; eine Sehnsucht nach Erfüllung vor allem ist das, vielleicht sogar die Sehnsucht nach jener Liebe, die Gott uns durch Menschen schenken will, ohne die uns der Weg schnell verlieren würde. Das Mönchtum von Cîteaux hatte es verstanden, diese Saite im hl. Rafael Arnáiz Barón zum Klingen zu bringen. Schaffen wir es auch heute noch, als Menschen und Christen, als Mönche und als Sünder, die Größe Gottes durch unsere Unbedingtheit physisch erfahrbar zu machen, ohne legalistisch zu sein, aber auch ohne dem Trend zu folgen, der alles sogleich und vor allem einfach erreichbar sein läßt?

Montag, 18. Juli 2011

Mönchtum und Zeitgeist - Alain de Lille

Die Gebeine des "Doctor universalis" Alain de Lille bei der Exhumierung in Cîteaux. Photo: Cistopedia

Das Zisterzienser Menologium, also jenes Buch, in dem die Heiligen und hervorragenden Gestalten der Kirche und des Mönchtums für jeden Tag aufgelistet und mit einer kurzen Lebensbeschreibung geehrt werden, hat vor Kurzem an den Konversen Alanus ab insulis, Alain de Lille, erinnert. Er starb kurz nach 1200 in Cîteaux als Laienbruder, nachdem er zuvor lange Zeit an verschiedenen Universitäten gelehrt hatte. Er ist bekannt als "doctor universalis", als umfassend (gebildeter) Lehrer. Was konnte einen Menschen wie ihn dazu bewegen, in Cîteaux einzutreten, einem Kloster, das die Wissenschaft wahrhaftig nicht zu seinem Hauptbeschäftigungsgebiet machen wollte. Und was ließ ihn dort als Konverse eintreten, in eine Gemeinschaft von Laienbrüdern also, die vor allem der Handarbeit lebte, die sie durch intensives Gebet zu ihrer Anbetung Gottes machen wollten. Als Konverse war es ihm aber verboten, Bücher zu lesen. War es die Gottsuche, die Alains Herz bewogen hatte, sich in seinen letzten Jahren dergestalt umzuorientieren? Heute begegnen wir so einem Verhalten meistens mit Unverständnis, obwohl wir voller Hochachtung auf die vergangenen Zeiten und ihre Heiligen schauen. Wer heute tatsächlich ausbricht, die Einsamkeit sucht, die Bequemlichkeit ablegt, den sozialen und kirchlichen Nutzen hinanstellt und sein Herz so Gott schenken möchte, der wird es schwer haben, vor allem auch in der Kirche. Hatte Alain de Lille durch sein großes Renommée ein natürliches Schutzschild, um die Angriffe abstreifen zu können, die ihn nicht verschont haben werden? Oder waren die Zeiten damals noch gnädiger mit den Gottsuchern? Mönchtum und Zeitgeist passen nicht zusammen. Und dennoch: Mönchtum und Zeitgeist brauchen einander! Ohne den Zeitgeist würde das echte Mönchtum wohl verflachen, da der Stachel fehlte, der die menschliche Routine aufstacheln muss, damit sie sich besinnt. Spüren wir den Stachel heftig genug? Ist im akademischen Betrieb nicht oft genug zu spüren, dass z.B. hinter wissenschaftlichen liturgischen Abhandlungen wenig Platz ist für Gott? Wer in diesem Fall aber die Wissenschaft vom Glauben trennt, der kann den wissenschaftlichen Ansprüchen nicht genügen. Und genauso wenig kann das Mönchtum seinem genuinen Anspruch genügen, "Gottes zu sein", wenn seine Vorzeichen sich geändert haben, wenn es zuerst auf den Menschen schielt, obwohl es in ihm zuerst das erhabene Bild des Schöpfers sehen darf.

Donnerstag, 14. Juli 2011

Die "Weiße Rose" - Gedanken zum 68. Todestag von Alexander Schmorell

Ikone des sel. Alexander Schmorell

Gestern hat Moinillon an den 68. Todestag eines der Mitglieder der "Weißen Rose" erinnert, des Russen Alexander Schmorell.
Heute denke ich nach und bin mir nicht sicher, wie ich gehandelt hätte, als die Bedrohung durch eine verdorbene Ideologie (des Nationalsozialismus) offenkundig wurde. Hätte sie für den "Mönch" ihre Schreckensmaske offenkundig zur Schau getragen oder wäre der "Mönch", gehorsam vor dem Oberhaupt des Staates, auch vor der teuflischen Fratze in die Knie gegangen? Was zählt die Botschaft des Evangeliums wirklich? Steht Christus hinter den Worten der Hl. Schrift als uns gegenwärtiger Löser unserer Schwächen und Versäumnisse? Das entspricht ja doch unserem Glauben. Entspricht es auch meinem Leben? Die Geschwister Scholl, Manfred Probst, Alexander Schmorell - sie haben mit wachen Herzen und offenen Augen wahrgenommen, wo eine Entscheidung zu fällen war: Die Entscheidung gegen Hitler und den Nationalsozialismus und notwendigerweise eine Entscheidung über die Folgen, die das haben konnte.
Und wo stehe ich heute? Die Frage nach Möglichkeiten und Unabwägbarkeiten eines "Wenn" oder eines "Was wäre gewesen" ist hypothetisch. Die Frage nach dem "Wenn" jetzt und heute und nach dem "Was würde sein" in der Gegenwart bleibt gültig. Ihre Beantwortung ist noch nicht gefortdert, aber der Anruf bleibt: "Heute, wenn ihr seine, Gottes, Stimme hört, verhärtet nicht euer Herz." (Ps 94).

Mittwoch, 13. Juli 2011

Dom Godefroid Bélorgey: L'humilité bénédictine...

Dom Godefroid Bélorgey. Photo: Cistopedia

Die benediktinische Demut, aus der 2. Stufe:
(...) Doch man kann sich auch bürgerlich einrichten in einem strengen Lebensumfeld, deshalb ist es wichtig, genau auf den Geist hinzuweisen, der den Kampf gegen die sündhaften Leidenschaften beseelen soll. Die Haltung des heiligen Benedikt zu diesem Punkt ist übrigens ganz eindeutig. (...) Der heiligen Benedikt spricht lang und breit von einem Mittel, das seiner Meinung nach die Gelegenheit bieten wird, alle Stufen der Leiter (der Demut) hinaufzusteigen. Er weiß, wie sehr dieses Mittel in wunderbarer Weise alle einschlägigen Praktiken einschließt und er nimmt es sich dermaßen zu Herzen, dass er es zu einem Merkmal macht, zu dem alle anderen Mittel zurückführen. Es handelt sich darum, sich in der Gegenwart Gottes zu üben, in der die Kraft und die Einfachheit der benediktinischen Lehre liegen und die in gewissem Sinne ihr hervorragender Ausdruck ist.
(Übers. aus: Godefroid Bélorgey: L'humilité bénédictine. Paris 1948, S. 111-112)

Sonntag, 10. Juli 2011

Notre-Dame de l'Atlas / Tibhirine - fr. Christophe Lebreton, VI


Sonntag 10. Juli [1994]
Begegnung mit Christian heute vormittag.
Er erwähnt, als wir auseinandergehen, den Tod.
Und wir sprechen ein wenig darüber.
"Das ist es eben, sagt er mir, was sich in mir verändert hat: die Beziehung zum Tod. er ist Teil meines Lebens. Es macht mich betroffen, was die Augenzeugen des Mordes in Ben Chnets gesagt haben: die Gelassenheit, die Ruhe der Gesichter von Paule-Hélène und von Henri."
Ist das ein morbider Gedanke sein? Doch es ist in mir; es verwirrt mich nicht: ob nun christian oder ich - einer wird sterben.
(Übers. aus: Lebreton, Christophe: Le souffle du don. Paris 1999, S. 96)

Freitag, 8. Juli 2011

Hl. Isaak der Syrer - Asketische Reden VIII


Aus der 85. Rede:
15. - Frage: Wenn ein Mensch alles hinter sich gelassen hat, was ihn behindern könnte und in die Kampfarena eingetreten ist, wie beginnt er dann seinen Kampf gegen die Sünde? Wo setzt er den Kampf an?
Antwort: Jeder weiß, dass der Beginn aller unserer Kämpfe gegen die Sünde und die Begehrlichkeit die Mühe ist, die wir auf uns nehmen, indem wir wachen und fasten. Das ist besonders dann der Fall, wenn wir die innerliche Sünde bekämpfen, die wir in unserem Innersten begehen. Das ist also demnach das Zeichen dafür, dass wir die Sünde verachten und ihre Begehrlichkeit und es erscheint bei denen, die sich in diesen unsichtbaren Kampf stürzen: Sie beginnen mit dem Fasten, dann kommt das nächtliche Wachen mit seiner Hilfe hinzu, die dadurch ihre Askese unterstützt.
(Übers. nach: Isaac le Syrien. Discours ascétique. Trad. par le R.P. Placide Deseille. Monastère Saint-Antoine-le-Grand 2006)

Wilhelm von Saint-Thierry sagt...

Fruchtbar sein durch die Ausdauer.
Nicht müde werden, zu staunen.
Zeugnis geben von der Kraft der Treue.
Und schließlich: Es gereiche dir zur Verherrlichung,
dass meine Schwäche in deinem Dienst Durchhaltevermögen beweisen möge.

Mittwoch, 6. Juli 2011

Hl. Isaak der Syrer - Asketische Reden VII


Aus der 85. Rede:
10. Frage: Was heißt es, sich selbst zu verleugnen?
Antwort: Wer dieses Wort des Herrn in die Tat umsetzen möchte, der muss wie ein Mensch sein, der sich vorbereitet hat, auf das Kreuz zu steigen und nurmehr in seinem Geist den Gedanken an den Tod erwägt und der aus dieser Welt geht, während er sich betrachtet als jemand, der dem gegenwärtigen Leben fremd geworden ist. Das Kreuz, das ist tatsächlich ein Wille, der bereit ist, jedwede Becrängnis anzugehen. Und der Herr sagt, als er erklärt, warum das so ist: "Wer in dieser Welt leben möchte, der wird weitab vom wahren Leben verloren gehen, doch wer sich hier verliert um meinetwillen, der wird sich wiederfinden im zukünftigen Leben." (vgl. Mt 10,39). Das will heißen: "Wer derjenige, der sich auf den Weg des Kreuzes begibt und hierauf seine Schritte setzt, sich noch um dieses Leben sorgt, verliert er für sich selbst die Hoffnung, um deretwillen er losgegangen ist, um der Bedrängnis ins Antlitz zu sehen. Denn diese Sorge [um das Leben] erlaubt es ihm nicht, sich der Bedrängnis um Gottes Willen zu nähern, ganz im Gegenteil, durch ihre unablässige Gegenwart zieht sie ihn allmählich an sich, drängt ihn vom Kampf um das selige Leben ab und läßt in ihm diesen Gedanken [der Sorge] wachsen, bis sie ihn [den Menschen] besiegt hat.Doch wer in seinem Geist eingewilligt hat, seine Seele um meinetwillen zu verlieren, um meiner Liebe willen, der wird ohne Makel erscheinen und gerettet werden zum ewigen Leben. (...)
(Übers. aus. Isaac le Syrien. discours ascétiques. Trad. par le R.P. Placide Deseille. Monastère Saint-Antoine-le-Grand 2006)

Dienstag, 5. Juli 2011

Aphorismen...

">Wer ist der Mensch, der das Leben liebt und gute Tage zu sehen wünscht?> Dieser Mensch war ich und ich liebe das Leben und hatte nur Lust, frohe Tage zu sehen. (...) Unser einziges Ziel im Zisterzienserkloster ist es, vor Gottes Angesicht zu stehen. Diese Wahrheit schenkt mir ein frohes Herz, weil sie etwas Absolutes ist. (...) Alles scheint mir schon jetzt leicht, weil ich hier bin einzig für Gott."
[M.-G. D.]

Freitag, 1. Juli 2011

Der hl. Robert von Molesme: Eine Würdigung (+ 17. April 1111 - 2011)

Die hl. Väter Robert, Alberich und Stephan - Bildnis in Cîteaux

Es ist eine schwierige Sache, den "pater, dux et fundator" der Zisterzienser in rechter Weise zu würdigen. Bis heute begegnet man diesem Idealisten des 11. Jahrhunderts mit Vorbehalt. Als größter Ordensvater wird bei den Zisterziensern der hl. Bernhard von Clairvaux gehandelt - selbst Zisterzienser geworden erst zwei Jahre nach dem Tod des Gründervaters von Cîteaux unter dem dritten Abt dieses Klosters, Stephan Harding. Der hl. Robert mußte seinen Lebenstraum schon etwa zwei Jahre nach der Gründung wieder aufgeben: Seine (ehemaligen) Mönche in Molesme forderten ihn zurück. Für die Zisterzienser war Robert ihr "Vater seligen Andenkens" (Exordium Cistercii) und ihr "Hirte" (Exordium Parvum), dem sie Gehorsam gelobt und auf dessen Vision hin sie das "Neukloster" erst gegründet hatten. Doch eignet sich der hl. Robert wirklich als leuchtendes Vorbild? War er nicht schon in verschiedenen anderen Klöstern gewesen und war er nicht zeitlebens ein Suchender? Celle, Collan, Molesme, Cîteaux... ein echter Gyrovage, der immer unterwegs, niemals beständig ist? Braucht es dafür nicht einen hll. Bernhard, der ebenso wenig stabil ist wie sein großer Ordensvater Robert, der aber Ansehen und Größe verheißt, der durch Eloquenz und Unbeugsamkeit Kaiser und König beeindrucken kann. Wäre der hl. Robert noch nach Cîteaux gekommen, wenn er vom Aufstieg und Ruhm der Mönche des neuen Zisterzienserordens gewußt hätte? Die Frage ist müßig und ungerecht - erlaubt muss sie trotzdem sein, und sei es nur als Anfrage an uns Heutige. Um dem hl. Abt Robert ein literarisches Denkmal zu setzen, braucht es keine Eloquenz und keine Reputation. Der Vater und Gründer hat seine Vision niemals aus den Augen verloren, da bin ich mir sicher. Die zwölf Jahres, die er nach dem päpstlich befohlenen Weggang aus Cîteaux noch leben sollte, waren sicherlich Jahre des geistlichen Kampfes. Zu unterschiedlich waren die Lebensentwürfe hier und dort: Cîteaux, eine Einöde und Wüste, Molesme, ein Ort strengen Lebens nach der Benediktsregel. Darf ich das wirklich so schreiben? Als ob die einen dadurch den anderen zum lebendigen Vorwurf würden! Der Vision des hl. Robert entsprach sicherlich mehr die Wüste als das Großkloster. Und leider läßt sich zudem mit Visionen nicht gut leben. Das Evangelium entläßt die Christen in einen steten Kampf um das wahre Leben, das visionär und bodenständig zugleich ist. Der hl. Robert, unser Vater, Führer und Gründer, ist ein Visionär und ein Mann ohne Verdrehungen. Er hat seinen Schatz im Himmel gefunden und uns einen Vorgeschmack dieses Schatzes hinterlassen wollen, als er die Fundamente für das Neue Kloster legte.