Dienstag, 27. März 2012

Tibhirine / Notre-Dame de l'Atlas - 16. Jahrestag der Entführung


In der Nacht vom 26. auf den 27. März 1996 wurden sieben Brüder der Gemeinschaft von Notre-Dame de l'Atlas, Tibhirine in Algerien entführt. Der darauf folgende 21. Mai 1996 gilt als Todestag der sieben Märtyrer des Bekenntnisses. Die fortschreitende Radikalisierung auf vielen Ebenen des Zusammenlebens in Europa und weltweit nimt kein Ende. Gerade erst hat ein Attentat in Toulouse die französische und europäische Gesellschaft aufgeschreckt. Die Frage bleibt, ob das Opfer der algerischen Märtyrer - es gab in jenen Jahren viele! - wirklich schon voll zur Entfaltung gekommen ist. Zuerst müssen die Christen es zur Kenntnis nehmen, und zwar nicht nur mit äußerer Erschütterung, sondern mit der von Herzen kommenden Bereitschaft, überall ein ähnliches Zeugnis abzulegen. Erst dann wird das Blutzeugnis der Märtyrer nicht nur zu einem jährlichen Ereignis am Dies natalis, sondern zu einer wirklichen commemoratio, die diesen Namen verdient: Wenn das Zeugnis der Märtyrer der ganzen Gemeinschaft der Gläubigen tief eingebrannt bleibt, weil sie weiß, dass auch ihr Blut damals geflossen ist. Die algerischen Märtyrer hatten ihr Leben Gott und dem algerischen Volk geschenkt. Schon das ist ein großes Zeugnis.

Sonntag, 25. März 2012

Hl. Dismas - der gute Schächer


"Dismas, der gute Schächer, wurde zusammen mit Jesus gekreuzigt und erhielt vom Herrn die beglückende Zusage: „Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein!“ Seine Verehrung ist in Jerusalem seit dem 10. Jahrhundert bezeugt."
Das zisterziensische Menologium (ähnlich einem Martyrologium) enthält für den heutigen Tag diese kurze Passage zum Gedächtnis des hl. Dismas. Der heutige Passionssonntag (im alten Sprachgebrauch) gilt als Eintritt in eine noch intensivere Vorbereitungszeit auf das Auferstehungsfest. Der hl. Dismas oder Dysmas ist ein guter Begleiter auf diesem Weg. Er selbst wird wohl keine zwei Wochen Zeit gehabt haben, um sich auf die eindrückliche Begegnung mit dem Gottessohn vorzubereiten. Er wird nicht gerade tugendhaft seinen Weg gegangen sein - das Evangelium sagt schlicht, dass er ein Räuber war. Gefangen, verurteilt, gekreuzigt: Das ging oft schnell in der damaligen Zeit. Und die Gunst der Stunde wollte es, dass der hl. Dismas als Glückseliger aus diesem Leben scheidet. Wa für eine Verheißung hat hristus ihm mit in den Tod gegeben! ISt es nicht auch so etwas wie eine Liebeserklärung, die der Gottessohn dem guten Schächer macht? Zusammen mit dem Erlöser sterben; und zusammen mit ihm die Fülle des Lebens erreichen! Die völlige Trostlosigkeit Jesu am Kreuz, wo fast alle ihn verlassen haben, macht der hl. Dismas leichter und erträglicher, indem er sich glaubend zum Messias und Gott Jesus Christus bekennt, der geschunden neben ihm leidet. Keine Krone, kein kostbares Gewand, dafür Spott und Schmerz: Ein Mensch, der in so einer Situation ein Bekenntnis solchen Ausmaßes an den Menschensohn ablegen darf, der leistet Großes noch im Sterben. Die Verheißung Jesu rechnet nicht vor, wie oft Dismas die Gebote übertreten und Schlimmes getan hat. Deshalb ist der Heilige, der am Karfreitag seinen "dies natalis" feiern darf, der Auferstehungsheilige schlechthin. Seine Pforten der Hölle werden zerbrochen und zertreten, als er sich zu Jesus als dem Herrn bekennt. Der Kreuzestod hat schon in ihm alle teuflische Kraft verloren, denn das Auferstehungsfest ist in ihm chon lebendig, als er sterben muss. Das ist sein Geschenk an jeden Christen: Das Paschafest der Auferstehung spiegelt sich in allem, was die Glaubenden tun und feiern. Die kommenden Tage auf Ostern zu ziehen sich immer weiter zusammen, bis sie im österlichen Triduum zu einem einzigen Tag des Heiles werden, dem fünfzig Tage der Auferstehung folgen, ohne dass sie ein Ende finden.

Samstag, 24. März 2012

Der Gottesdienst als Lebenswirklichkeit


Der Gottesdienst der Kirche besteht nicht nur aus ehrwürdigen und ästhetisch in Form gebrachten Texten und Gebeten, deren Rezitation oder Gesang, in einer bestimmten Ordnung absolviert, den Menschen am Ende der Feier geheiligt entlässt. Die Liturgie ist kein Wellnessbereich, in dem man die Seele baumeln lassen kann. Die Liturgie ist auch kein Kontor mit Kirchenbindung, in dem Gutschrift und Schulden buchhalterisch abgerechnet werden. Für mich ist es ein Grauen, wenn manche Menschen Gott vorrechnen zu können meinen, was dem himmlischen Vater geschuldet ist und was diese Schuld abträgt. Das Gebet ist eines der anspruchsvollsten christlichen Werke, das dem Christen aufgetragen und geschenkt ist. Manchmal will es scheinen, dass diese Maxime aus dem Blickfeld gerät. Nämlich dann, wenn die Größe Gottes dazu verleitet, allzu menschlich ins Rechnen und Abwägen zu verfallen, um die Seele zu beruhigen. Vor dem dreifaltigen Gott ist die Seele wie atemlos; sie versucht, sich in Gott zu wiederzufinden, und stößt an die Grenzen ihrer Geschöpflichkeit. Das Paradoxon Gottes ist sicher auch seine "unermessliche Winzigkeit". Durch sie hat er sich vielleicht (oder auch nicht) so weit entäußern wollen, dass Gott Fleisch und menschliche Grenzen angenommen hat. Ohne das, was wir die Regel, den Ordo, das Typikon nennen, wären wir überfordert. Wir sind eben nicht ohne unsere Begrenztheit denkbar. Und deshalb sind die Regeln ein Geschenk und eine Herausforderung. Zu meinen, die Feier der Liturgie unter "Karenzbedingungen" - unter Rahmenbedingungen, die der Würde nicht widersprechen und die gnadenvermittelnde Teilnahme erlaubt, könnte genügen und könnte unser Gewissen befriedigen, ist wohl ein Trugschluss. Die Liturgie und der Gottesdienst sind nicht rechentechnisch abzuhaken und Gnaden sind nicht zu verbuchen! Und da werden die Probleme nur wieder zu gut sichtbar: Die Diskrepanz der Empfindungen (im Gestern und im Heute) ist eine unauslotbare Komponente in der Überlieferung des christlichen Frömmigkeitslebens. Waren unsere monastischen Vorfahren weniger fromm, weil sie nicht nur nicht täglich die Eucharistie feierten, sondern diesen Unterschied zur heutigen Wirklichkeit auch noch unthematisiert ließen? Dieser Umstand läßt sich nur vordergründig durch Mentalitätsverschiedenheit erklären. Auch die zugrundeliegende "Theologie der Liturgie" spielt nicht die Rolle in diesem Zusammenhang, die wir ihr wohl zuweisen würden. Es ist ein großer Unterschied, ob man Theologie betreibt, oder ob man sich für die Theologie bereit hält. Die Mönche und Mönchinnen des Mittelalters (zumindest läßt sich das aus den alten Texten herauslesen) gehören zu denen, die sich bereithalten. Das ist eines der schwierigsten Werke des Mönchslebens: das Bereitsein ohne Genugtuung, ohne Ergebnis. Das Eingeständnis, dass Gott in der Liturgie handelt, weil der Mensch sich bereithält und tut, was ihm richtig erscheint, wiegt schwer aus dieser Perspektive heraus. Denn sie erlaubt keine "Buchführung", kein Soll und Haben. Heute den Gottesdienst zu feiern, indem "rite et recte" zelebriert wird, aber ohne wirkliche theologische Perspektive im obengenannten Sinne, das ist "Buchhaltermentalität" und wirkt zerstörerisch - nicht auf die herrlichen Gnadengeschenke der Liturgie und des Gebets, aber auf die menschliche Seele, die in ihren Grenzen gequält wird, anstatt während des Gottesdienstes in die heilsame Lebenswirklichkeit Gottes eintauchen zu können.

Mittwoch, 21. März 2012

Zum Festtag des hl. Vaters Benedikt


Der Heimgang des hl. Benedikt ist seit Jahrhunderten der eigentliche Feiertag des hl. Mönchsvaters. Im Jahre 1098 haben die Gründer von Cîteaux diesen Tag zum Geburtstag des Neuen Klosters gemacht. Sie wollten in die Fußstapfen des hl. Benedikt treten und trotzdem einen neuen Weg gehen. Die Gründer von Cîteaux haben die Benediktsregel übernommen und versucht, sie mit neuer Klarheit zu leben. Dass sie sie nicht dem Buchstaben nach gelebt haben, war ihnen wohl klar: Die Gründerväter haben hinzugefügt, was notwendig war, und weggestrichen, was ihrer Berufung geschadet hätte.
Der Festtag des Heimgangs des hl. Benedikt ist so etwas wie ein "Testament" an alle, die den Mönchsvater als ihren geistlichen Vorläufer verehren. Die Gottesdienste dieses Feiertags besingen den hl. Benedikt als Wegweiser für die Vielen. Das Ungeschaffene Licht, in das der hl. Benedikt eingeht, blendet den hl. Bischof Germanus, der seinen Tod in einer Vision sehen darf. Es ist die Herrlichkeit Gottes, die den Heimgang des hl. Benedikt überstrahlt. Er geht betend in dieses Leuchten ein, stehend und mit zum Gebet erhobenen Händen. Dadurch wird er zum Vorbild für das Gebet eines jeden, der auf das Vorbild des Glaubens dieses Mönchsvaters blickt.

Dienstag, 20. März 2012

Weisungen der Väter - P. Paissios der Hagiorit


„Da die menschlichen Annehmlichkeiten die Grenzen gesprengt haben, sind sie zu Unannehmlichkeiten geworden. Die Maschinen haben sich vervielfacht, die Sorgen haben sich vervielfacht und haben aus dem Menschen eine Maschine gemacht. Jetzt beherrschen die Maschinen und das Stahl die Menschen und deshalb sind ihre Herzen zu Stahl geworden.“

- Ein reines Herz erschaff in mir, o Gott, und den rechten Geist erneuere in meinem Innern.
Verwirf mich nicht von Deinem Angesicht; und deinen heiligen Geist nimm nicht von mir. (Ps. 50, 12.13)-

Sonntag, 18. März 2012

Mittfasten

Der Vierte Sonntag der Vierzigtägigen Fastenzeit bezeichnet das "Mittfasten". Wenn die Mitte der Heiligen Vierzig Tage vor Ostern erreicht ist, kennt das christliche Brauchtum verschiedene Zeichen, die in der ernsten und entsagungsvollen Zeit den Blick schon auf Ostern ausrichten helfen. Die strengen Fastenregeln werden nicht aufgehoben, und dennoch gibt es kleine Freuden: Dem "Laetare"-Sonntag wurde im Laufe der Jahrhunderte seine rosa Farbe zugewiesen. Das Strahlen der Auferstehung sollte im Violett aufscheinen. Der röm. Ritus erlaubte dann auch Blumenschmuck und das Spiel der Orgel. Im Osten fällt das Mittfasten zusammen mit dem Sonntag und der Woche der Kreuzverehrung. Der Schriftsteller Ivan Schmeljow beschreibt diese Periode der Großen Fastenzeit ausdrucksstark in seinem Buch "Wanja im heiligen Moskau". Das geschmückte Kreuz wird feierlich in der Kirche erhöht, ähnlich wie am Fest der Kreuzerhöhung. Die Mahlzeiten werden abgeschlossen mit einem Hefegebäck in Form eines Kreuzes, in das die Wundmale eingebacken wurden (in Gestalt von Rosinen). Vielleicht ist es an der Zeit, sich neu Gedanken über das Fasten zu machen. Die Regeln wurden heute römischerseits so weit aufgehoben und verwischt, dass sie schwerlich Halt und Stütze geben können für Christen, die in einer gleichgültigen Umwelt ihren Glauben an den dreifaltigen Gott bekennen und "ganzheitlich", wie man sagt, leben möchten. Almosen, Gebet und Fasten: Das sind wichtige Eckpunkte des christlichen Lebens. Es lohnt sich also, einen jeden von ihnen zu bedenken und in die Tat umzusetzen.

Dienstag, 13. März 2012

Gedanken über die sogenannten Fluchpsalmen


Die monastische Tradition, die der Zisterzienser sowie der benediktinischen Gemeinschaften im Allgemeinen, aber auch andere monastische Typika, kennen die wöchentliche Rezitation des gesamten Psalters (während der Gottesdienste). Dass heute das Psalterium auf mehrere Wochen aufgeteilt wird, hat vielschichtige Gründe. Einer ist die Zeit, ein anderer kann die veränderte Struktur der Gottesdienste sein, um nur Beispiele anzuführen. Das, was gemeinhin als die "Fluchpsalmen" im deutschen Sprachgebrauch bezeichnet wird, kommt bei den Kürzungen oftmals schlecht weg. Das römische Stundengebet spart einige Psalmen aus, im monastischen kann es vorkommen, dass die anrüchigen Stellen ausgelassen werden. Macht das wirklich Sinn?
Diese Frage läßt sich wohl nicht apodiktisch beantworten. Es geht hier um den inneren Zusammenhang zwischen dem, was der Beter ausspricht, und dem, was die Gebetsworte vor Gott sind. In Psalm 68 heißt es:
"Ich erwarte, ob einer mittrauere, und es ist keiner da, ob einer tröste, und ich finde keinen. Und sie geben mir Galle zur Speise; und in meinem Durst tränken sie mich mit Essig. Ihr Tisch werde vor ihnen zum Fallstrick, zur Vergeltung und zum Anstoß. Ihre Augen sollen finster werden, daß sie nicht sehen; und ihren Rückn krümme auf immer!" (V. 21-24)
Diesen Psalm in der Vesper zu beten - das ist demütigend! Nicht etwa, dass die Worte peinlich wären. Sie sind ganz in Gebet gefasste Humanität! Gott hört auf das Gebet der Menschen. Er hört auf ihr Stöhnen und ihren Dank. Aber er hört erst recht auf ihre Anklage, da er weiß, wie groß seine Liebe ist - und folglich, wie sehr wir Menschen uns nach dieser Liebe ausstrecken, ohne sie erreichen zu können. Das, was die Theologen "Fluchpsalm" nennen, ist das Gebet eines verletzten Menschen. Gerade diese Worte möchte Gott hören, da sie ehrlich sind, viel ehrlicher, als Geschwafel und Süßholzgeraspel. Und der Gottesdienst muss ehrlich sein! Was in den Herzen verborgen ist, darf vor Gott getragen werden: Um wie viel größer ist doch ein Gottesdienst, der aufrichtig ist. Gott möchte der Aufrichtigkeit der Menschen mit seiner Liebe vergelten. Deshalb ist es traurig, wenn die anklagenden Worte des Psalmisten nicht mehr gebetet werden sollen, da sie "anstößig" sind. Und tatsächlich mag es sein, dass sie anstößig wirken. Doch das macht den Gottesdienst nicht weniger aufrichtig und wahrhaftig. Nur dem aufgesetzten Idealbild entspricht es nicht.
"Sie sollen vertilgt werden aus dem Buch der Lebendigen, und mit dem Gerechten nicht verzeichnet werden!" (Ps. 68,29). Wie wahr sind doch diese Zeilen, wenn Zeitungen und Nachrichten tagtäglich neue Grausamkeiten berichten können. Was der Psalmist betet, kommt aus der Aufrichtigkeit seines Herzens. Dass er diesen Fluch nicht herunterschluckt, sondern vor Gott ausspricht, macht den Beter größer vor Gott. Es ist der gleiche Beter, der ebenso wahrhaftig spricht:
"Erbarme dich meiner, o Gott, nach deiner großen Barmherzigkeit; und nach der Fülle deiner Erbarmung tilge meine Schuld. Mehr und mehr wasche ab meine Ungerechtigkeit; und von meiner Sünde reinige mich." (Ps. 50,3-4).
Die Heiligen Vierzig Tage des Fastens sind ein günstiger Moment, um die Wahrhaftigkeit in den Blick zu nehmen. Während ich in der "Qual meines Herzens" um Gottes Gerechtigkeit für meine Feinde bete, weiß Gott um die Sehnsucht des menschlichen Herzens, das sich an der Begrenztheit stößt - und seine anklagenden Worte vor Gott in Liebe umgewandelt sehen möchte.

Samstag, 10. März 2012

In memoriam P. Petroniu Tânase, Skit Prodromou, Hl. Berg Athos - Begräbnis auf Youtube


Als Nachtrag zum Jahresgedächtnis des am 22. Februar 2011 verstorbenen P. Petroniu vom Skit Prodromou HIER ein Film über sein Begräbnis, den ich eben glücklicherweise gefunden habe. Möge P. Petroniu in Christus leben!