Samstag, 30. Juli 2011

Mönchtum und Zeitgeist - Fortsetzung

Athos...
Photo: Quelle leider unbekannt

"Genug der Revolutionen und Demontagen, genug der verwöhnten Blindheit gegenüber dem "Meister dieser Welt", genug der inneren Widersprüche des Wohlstands, genug vor allem der lärmenden Leere nach dem selbst von Theologen verbreiteten Gerücht vom "Tode Gottes".
So kommen diese jungen Männer auf den Athos wie verlorene Söhne nach einer Jahreszeit in der Hölle. Einsamkeit, Nachtwachen und Fasten halten sie nicht ab. Das Uralte, das Strenge ist ihnen gerade recht. Wenn nur ein Vater da ist, der sie mit offenen Armen empfängt und ein Wort weiß, weshalb es sich zu leben lohnt. Dann ist dieser Schritt keine Flucht, sondern Heimkehr in das Reine, in die Gesundheit."
(Aus: Freddy Derwahl / Hans-Günther Kaufmann: Athos. Das Heilige berühren. Augsburg: Pattloch 1997)

Wie sieht es aus mit den Demontagen? Was vor fünfzig Jahren noch Weg zum Himmel war, das ist heute oft Last und Lächerlichkeit.
wie sieht es aus mit der verwöhnten Blindheit? Was unsere Vorväter als weise Übung betrachtet haben, um mehr und besser lieben zu können, ist heute oft "Ritengefummel" - das man ersetzt durch Individualdiktatur neuer, allerdings eigener "Riten und Bräuche".
Was sind die Widersprüche des Wohlstands? sind sie nicht ein Vorgaukeln irrealer Realitäten, die Vordergründigkeiten über Fundamentales stellen? Was sind Speisen im Überfluss und ohne Begrenzung, wenn dahinter nicht die Gesundheit des Leibes und der Seele wartet, sondern Verdrängung und Unmaß?
Die Tücke des Zeitgeistes ist nicht das Fehlen von Traditionen und Riten! Seine Tücke liegt verborgen im Fehlen von Sinn und Verständnis der Tradition. So waäre z.B. nichts schneller abzuschaffen als das Schweigen bei der Mahlzeit, wenn es nicht Begegnung mit Gott schaffen wollte, die für den Mönch wesentlich ist. Seine Begegnung mit Gott steht am Beginn (und das immer wieder!) seiner Beziehung und Zuneigung zum Mitbruder und Mitmenschen. Und ist nicht das Ziel unseres Mönchslebens: Immer wieder zurückzukehren zu Gott, und sein Antlitz immer wieder neu zu entdecken in jedem Menschen, der uns begegnet?

Freitag, 29. Juli 2011

Hl. Isaak der Syrer - Asketische Reden IX


Aus der 85. Rede:
29. Frage: Was ist das Zeichen dafür, dass ein Mensch die Reinheit des Herzens erlangt hat und wann weiß er, dass sein Herz rein geworden ist?

Antwort: Wenn er alle Menschen als gut ansieht und wenn keiner ihm unrein oder befleckt erscheint. Dann hat er wirklich die Herzensreinheit erlangt. Wie sollte sich denn auch anders das Wort des Apostels erfüllen, nach dem wir mit aufrichtigem Herzen die anderen als uns überlegen ansehen sollen (vgl. Phil 2,3), wenn man denn noch nicht das erlangt hat, was der Prophet so ausdrückt: "Das gute Auge kann das Böse nicht sehen." (vgl. Hab. 1,13)?

30. Frage: Was ist die Reinheit und wo lassen sich die Grenzen ausmachen?

Antwort: Die Reinheit ist das Vergessen der Erfahrungsweisen, die gegen die Natur sind und die in der Welt durch die [menschliche] Natur gefunden wurden. Die Grenze, hinter der man befreit ist von diesen Erfahrungen und sich jenseits von ihnen wiederfindet, ist darin zu sehen, dass der Mensch zur Einfachheit zurückkehrt und zum Freisein von Schlechtigkeit, die seiner Natur mitgegeben wurden, und dass er wieder wie ein Kind wird, ohne jedoch die Fehler eines Kindes zu haben.

31. Frage: Ist es dem Menschen möglich, in diesen zustand zu gelangen?

Antwort: Ja. Einige haben ihn erreicht, wie etwa Abba Sisoes, der soweit gekommen ist, seinen Schüler zu fragen, ob er gegessen hat oder nicht. Ein anderer Vater hatte ebenfalls einen solchen Zustand der Einfachheit und Unschuld erlangt, dass er fast wie ein kleines Kind geworden ist und so sehr die irdischen Dinge vergaß, dass er eines Tages vor der Kommunion gegessen hätte, wenn er nicht durch seine Schüler daran gehindert worden wäre. diese ließen ihn wie ein kleines Kind kommunizieren. Für die Welt war er ein kleines Kind, doch vor Gott war er in seiner Seele vollkommen.

(Übers. nach: Isaac le Syrien. Discours ascétiques. Trad. française ... par le R. P. Placide Deseille. Monastère Saint-Antoine-le-Grand 2006, S. 511-512)

Freitag, 22. Juli 2011

Hl. Rafael Arnáiz Barón - Gedächtnis der Kirchweihe von San Isidro

Hl. Rafael Arnáiz Barón.
Photo: Wikipedia


Heute jährt sich der Gedächtnistag der Kirchweihe von San Isidro (Spanien). 1928 wurde die Abteikirche konsekriert, wo heute in einer Nebenkapelle die Gebeine des hl. Rafael verehrt werden können. Der hl. Rafael war zu einer Zeit in San Isidro eingetreten, als die Zisterzienserobservanz noch einheitlichen Regeln folgte und die ihr eigene Strenge nicht verleugnen wollte. Als Kranker in diesem monastischen Rahmen zu leben ist eine ungeheure Herausforderung. Diabetes, körperliche Schwäche - alles Hemmnisse, die das Mönchsleben zisterziensischer Prägung zu einer Prüfung werden lassen können, obwohl es schon für Gesunde manchmal Härten und Qualen bereithält. Der junge Ordensmann Rafael hat diese Klippen durch Humor und, vor allem, durch seine Liebe umschiffen können. Seine künstlerischen Fähigkeiten, die er ausleben durfte, spiegeln etwas wider von der tiefen Sehnsucht nach der lichtvollen Umarmung Gottes, wenn man so sagen darf. Ich kann nicht glauben, dass diesen jungen Mann nicht die Sehnsucht gepackt hat; eine Sehnsucht nach Erfüllung vor allem ist das, vielleicht sogar die Sehnsucht nach jener Liebe, die Gott uns durch Menschen schenken will, ohne die uns der Weg schnell verlieren würde. Das Mönchtum von Cîteaux hatte es verstanden, diese Saite im hl. Rafael Arnáiz Barón zum Klingen zu bringen. Schaffen wir es auch heute noch, als Menschen und Christen, als Mönche und als Sünder, die Größe Gottes durch unsere Unbedingtheit physisch erfahrbar zu machen, ohne legalistisch zu sein, aber auch ohne dem Trend zu folgen, der alles sogleich und vor allem einfach erreichbar sein läßt?

Montag, 18. Juli 2011

Mönchtum und Zeitgeist - Alain de Lille

Die Gebeine des "Doctor universalis" Alain de Lille bei der Exhumierung in Cîteaux. Photo: Cistopedia

Das Zisterzienser Menologium, also jenes Buch, in dem die Heiligen und hervorragenden Gestalten der Kirche und des Mönchtums für jeden Tag aufgelistet und mit einer kurzen Lebensbeschreibung geehrt werden, hat vor Kurzem an den Konversen Alanus ab insulis, Alain de Lille, erinnert. Er starb kurz nach 1200 in Cîteaux als Laienbruder, nachdem er zuvor lange Zeit an verschiedenen Universitäten gelehrt hatte. Er ist bekannt als "doctor universalis", als umfassend (gebildeter) Lehrer. Was konnte einen Menschen wie ihn dazu bewegen, in Cîteaux einzutreten, einem Kloster, das die Wissenschaft wahrhaftig nicht zu seinem Hauptbeschäftigungsgebiet machen wollte. Und was ließ ihn dort als Konverse eintreten, in eine Gemeinschaft von Laienbrüdern also, die vor allem der Handarbeit lebte, die sie durch intensives Gebet zu ihrer Anbetung Gottes machen wollten. Als Konverse war es ihm aber verboten, Bücher zu lesen. War es die Gottsuche, die Alains Herz bewogen hatte, sich in seinen letzten Jahren dergestalt umzuorientieren? Heute begegnen wir so einem Verhalten meistens mit Unverständnis, obwohl wir voller Hochachtung auf die vergangenen Zeiten und ihre Heiligen schauen. Wer heute tatsächlich ausbricht, die Einsamkeit sucht, die Bequemlichkeit ablegt, den sozialen und kirchlichen Nutzen hinanstellt und sein Herz so Gott schenken möchte, der wird es schwer haben, vor allem auch in der Kirche. Hatte Alain de Lille durch sein großes Renommée ein natürliches Schutzschild, um die Angriffe abstreifen zu können, die ihn nicht verschont haben werden? Oder waren die Zeiten damals noch gnädiger mit den Gottsuchern? Mönchtum und Zeitgeist passen nicht zusammen. Und dennoch: Mönchtum und Zeitgeist brauchen einander! Ohne den Zeitgeist würde das echte Mönchtum wohl verflachen, da der Stachel fehlte, der die menschliche Routine aufstacheln muss, damit sie sich besinnt. Spüren wir den Stachel heftig genug? Ist im akademischen Betrieb nicht oft genug zu spüren, dass z.B. hinter wissenschaftlichen liturgischen Abhandlungen wenig Platz ist für Gott? Wer in diesem Fall aber die Wissenschaft vom Glauben trennt, der kann den wissenschaftlichen Ansprüchen nicht genügen. Und genauso wenig kann das Mönchtum seinem genuinen Anspruch genügen, "Gottes zu sein", wenn seine Vorzeichen sich geändert haben, wenn es zuerst auf den Menschen schielt, obwohl es in ihm zuerst das erhabene Bild des Schöpfers sehen darf.

Donnerstag, 14. Juli 2011

Die "Weiße Rose" - Gedanken zum 68. Todestag von Alexander Schmorell

Ikone des sel. Alexander Schmorell

Gestern hat Moinillon an den 68. Todestag eines der Mitglieder der "Weißen Rose" erinnert, des Russen Alexander Schmorell.
Heute denke ich nach und bin mir nicht sicher, wie ich gehandelt hätte, als die Bedrohung durch eine verdorbene Ideologie (des Nationalsozialismus) offenkundig wurde. Hätte sie für den "Mönch" ihre Schreckensmaske offenkundig zur Schau getragen oder wäre der "Mönch", gehorsam vor dem Oberhaupt des Staates, auch vor der teuflischen Fratze in die Knie gegangen? Was zählt die Botschaft des Evangeliums wirklich? Steht Christus hinter den Worten der Hl. Schrift als uns gegenwärtiger Löser unserer Schwächen und Versäumnisse? Das entspricht ja doch unserem Glauben. Entspricht es auch meinem Leben? Die Geschwister Scholl, Manfred Probst, Alexander Schmorell - sie haben mit wachen Herzen und offenen Augen wahrgenommen, wo eine Entscheidung zu fällen war: Die Entscheidung gegen Hitler und den Nationalsozialismus und notwendigerweise eine Entscheidung über die Folgen, die das haben konnte.
Und wo stehe ich heute? Die Frage nach Möglichkeiten und Unabwägbarkeiten eines "Wenn" oder eines "Was wäre gewesen" ist hypothetisch. Die Frage nach dem "Wenn" jetzt und heute und nach dem "Was würde sein" in der Gegenwart bleibt gültig. Ihre Beantwortung ist noch nicht gefortdert, aber der Anruf bleibt: "Heute, wenn ihr seine, Gottes, Stimme hört, verhärtet nicht euer Herz." (Ps 94).

Mittwoch, 13. Juli 2011

Dom Godefroid Bélorgey: L'humilité bénédictine...

Dom Godefroid Bélorgey. Photo: Cistopedia

Die benediktinische Demut, aus der 2. Stufe:
(...) Doch man kann sich auch bürgerlich einrichten in einem strengen Lebensumfeld, deshalb ist es wichtig, genau auf den Geist hinzuweisen, der den Kampf gegen die sündhaften Leidenschaften beseelen soll. Die Haltung des heiligen Benedikt zu diesem Punkt ist übrigens ganz eindeutig. (...) Der heiligen Benedikt spricht lang und breit von einem Mittel, das seiner Meinung nach die Gelegenheit bieten wird, alle Stufen der Leiter (der Demut) hinaufzusteigen. Er weiß, wie sehr dieses Mittel in wunderbarer Weise alle einschlägigen Praktiken einschließt und er nimmt es sich dermaßen zu Herzen, dass er es zu einem Merkmal macht, zu dem alle anderen Mittel zurückführen. Es handelt sich darum, sich in der Gegenwart Gottes zu üben, in der die Kraft und die Einfachheit der benediktinischen Lehre liegen und die in gewissem Sinne ihr hervorragender Ausdruck ist.
(Übers. aus: Godefroid Bélorgey: L'humilité bénédictine. Paris 1948, S. 111-112)

Sonntag, 10. Juli 2011

Notre-Dame de l'Atlas / Tibhirine - fr. Christophe Lebreton, VI


Sonntag 10. Juli [1994]
Begegnung mit Christian heute vormittag.
Er erwähnt, als wir auseinandergehen, den Tod.
Und wir sprechen ein wenig darüber.
"Das ist es eben, sagt er mir, was sich in mir verändert hat: die Beziehung zum Tod. er ist Teil meines Lebens. Es macht mich betroffen, was die Augenzeugen des Mordes in Ben Chnets gesagt haben: die Gelassenheit, die Ruhe der Gesichter von Paule-Hélène und von Henri."
Ist das ein morbider Gedanke sein? Doch es ist in mir; es verwirrt mich nicht: ob nun christian oder ich - einer wird sterben.
(Übers. aus: Lebreton, Christophe: Le souffle du don. Paris 1999, S. 96)

Freitag, 8. Juli 2011

Hl. Isaak der Syrer - Asketische Reden VIII


Aus der 85. Rede:
15. - Frage: Wenn ein Mensch alles hinter sich gelassen hat, was ihn behindern könnte und in die Kampfarena eingetreten ist, wie beginnt er dann seinen Kampf gegen die Sünde? Wo setzt er den Kampf an?
Antwort: Jeder weiß, dass der Beginn aller unserer Kämpfe gegen die Sünde und die Begehrlichkeit die Mühe ist, die wir auf uns nehmen, indem wir wachen und fasten. Das ist besonders dann der Fall, wenn wir die innerliche Sünde bekämpfen, die wir in unserem Innersten begehen. Das ist also demnach das Zeichen dafür, dass wir die Sünde verachten und ihre Begehrlichkeit und es erscheint bei denen, die sich in diesen unsichtbaren Kampf stürzen: Sie beginnen mit dem Fasten, dann kommt das nächtliche Wachen mit seiner Hilfe hinzu, die dadurch ihre Askese unterstützt.
(Übers. nach: Isaac le Syrien. Discours ascétique. Trad. par le R.P. Placide Deseille. Monastère Saint-Antoine-le-Grand 2006)

Wilhelm von Saint-Thierry sagt...

Fruchtbar sein durch die Ausdauer.
Nicht müde werden, zu staunen.
Zeugnis geben von der Kraft der Treue.
Und schließlich: Es gereiche dir zur Verherrlichung,
dass meine Schwäche in deinem Dienst Durchhaltevermögen beweisen möge.

Mittwoch, 6. Juli 2011

Hl. Isaak der Syrer - Asketische Reden VII


Aus der 85. Rede:
10. Frage: Was heißt es, sich selbst zu verleugnen?
Antwort: Wer dieses Wort des Herrn in die Tat umsetzen möchte, der muss wie ein Mensch sein, der sich vorbereitet hat, auf das Kreuz zu steigen und nurmehr in seinem Geist den Gedanken an den Tod erwägt und der aus dieser Welt geht, während er sich betrachtet als jemand, der dem gegenwärtigen Leben fremd geworden ist. Das Kreuz, das ist tatsächlich ein Wille, der bereit ist, jedwede Becrängnis anzugehen. Und der Herr sagt, als er erklärt, warum das so ist: "Wer in dieser Welt leben möchte, der wird weitab vom wahren Leben verloren gehen, doch wer sich hier verliert um meinetwillen, der wird sich wiederfinden im zukünftigen Leben." (vgl. Mt 10,39). Das will heißen: "Wer derjenige, der sich auf den Weg des Kreuzes begibt und hierauf seine Schritte setzt, sich noch um dieses Leben sorgt, verliert er für sich selbst die Hoffnung, um deretwillen er losgegangen ist, um der Bedrängnis ins Antlitz zu sehen. Denn diese Sorge [um das Leben] erlaubt es ihm nicht, sich der Bedrängnis um Gottes Willen zu nähern, ganz im Gegenteil, durch ihre unablässige Gegenwart zieht sie ihn allmählich an sich, drängt ihn vom Kampf um das selige Leben ab und läßt in ihm diesen Gedanken [der Sorge] wachsen, bis sie ihn [den Menschen] besiegt hat.Doch wer in seinem Geist eingewilligt hat, seine Seele um meinetwillen zu verlieren, um meiner Liebe willen, der wird ohne Makel erscheinen und gerettet werden zum ewigen Leben. (...)
(Übers. aus. Isaac le Syrien. discours ascétiques. Trad. par le R.P. Placide Deseille. Monastère Saint-Antoine-le-Grand 2006)

Dienstag, 5. Juli 2011

Aphorismen...

">Wer ist der Mensch, der das Leben liebt und gute Tage zu sehen wünscht?> Dieser Mensch war ich und ich liebe das Leben und hatte nur Lust, frohe Tage zu sehen. (...) Unser einziges Ziel im Zisterzienserkloster ist es, vor Gottes Angesicht zu stehen. Diese Wahrheit schenkt mir ein frohes Herz, weil sie etwas Absolutes ist. (...) Alles scheint mir schon jetzt leicht, weil ich hier bin einzig für Gott."
[M.-G. D.]

Freitag, 1. Juli 2011

Der hl. Robert von Molesme: Eine Würdigung (+ 17. April 1111 - 2011)

Die hl. Väter Robert, Alberich und Stephan - Bildnis in Cîteaux

Es ist eine schwierige Sache, den "pater, dux et fundator" der Zisterzienser in rechter Weise zu würdigen. Bis heute begegnet man diesem Idealisten des 11. Jahrhunderts mit Vorbehalt. Als größter Ordensvater wird bei den Zisterziensern der hl. Bernhard von Clairvaux gehandelt - selbst Zisterzienser geworden erst zwei Jahre nach dem Tod des Gründervaters von Cîteaux unter dem dritten Abt dieses Klosters, Stephan Harding. Der hl. Robert mußte seinen Lebenstraum schon etwa zwei Jahre nach der Gründung wieder aufgeben: Seine (ehemaligen) Mönche in Molesme forderten ihn zurück. Für die Zisterzienser war Robert ihr "Vater seligen Andenkens" (Exordium Cistercii) und ihr "Hirte" (Exordium Parvum), dem sie Gehorsam gelobt und auf dessen Vision hin sie das "Neukloster" erst gegründet hatten. Doch eignet sich der hl. Robert wirklich als leuchtendes Vorbild? War er nicht schon in verschiedenen anderen Klöstern gewesen und war er nicht zeitlebens ein Suchender? Celle, Collan, Molesme, Cîteaux... ein echter Gyrovage, der immer unterwegs, niemals beständig ist? Braucht es dafür nicht einen hll. Bernhard, der ebenso wenig stabil ist wie sein großer Ordensvater Robert, der aber Ansehen und Größe verheißt, der durch Eloquenz und Unbeugsamkeit Kaiser und König beeindrucken kann. Wäre der hl. Robert noch nach Cîteaux gekommen, wenn er vom Aufstieg und Ruhm der Mönche des neuen Zisterzienserordens gewußt hätte? Die Frage ist müßig und ungerecht - erlaubt muss sie trotzdem sein, und sei es nur als Anfrage an uns Heutige. Um dem hl. Abt Robert ein literarisches Denkmal zu setzen, braucht es keine Eloquenz und keine Reputation. Der Vater und Gründer hat seine Vision niemals aus den Augen verloren, da bin ich mir sicher. Die zwölf Jahres, die er nach dem päpstlich befohlenen Weggang aus Cîteaux noch leben sollte, waren sicherlich Jahre des geistlichen Kampfes. Zu unterschiedlich waren die Lebensentwürfe hier und dort: Cîteaux, eine Einöde und Wüste, Molesme, ein Ort strengen Lebens nach der Benediktsregel. Darf ich das wirklich so schreiben? Als ob die einen dadurch den anderen zum lebendigen Vorwurf würden! Der Vision des hl. Robert entsprach sicherlich mehr die Wüste als das Großkloster. Und leider läßt sich zudem mit Visionen nicht gut leben. Das Evangelium entläßt die Christen in einen steten Kampf um das wahre Leben, das visionär und bodenständig zugleich ist. Der hl. Robert, unser Vater, Führer und Gründer, ist ein Visionär und ein Mann ohne Verdrehungen. Er hat seinen Schatz im Himmel gefunden und uns einen Vorgeschmack dieses Schatzes hinterlassen wollen, als er die Fundamente für das Neue Kloster legte.