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Donnerstag, 22. November 2012

Metropolit Euloge (Paris) - Eine packende Autobiographie II


Die umfangreiche Autobiographie von Metropolit Euloge (Georgievsky) von Paris ist ein beeindruckendes geistliches und zugleich zeitgeschichtliches Lebenszeugnis. Metropolit Euloge berichtet in einem persönlichen, aber um Objektivität bemühten Stil über sein bewegtes Leben. Die letzten Jahrzehnte des Zarenreichs, die russischen Bistümer in "Kongress-Polen", in der Ukraine, die Arbeit in der zweiten und dritten russischen Duma - alles das wird Wirklichkeit vor den inneren Augen des Lesers. Aber viel mehr noch: Es entsteht ein Bild von den verworrenen und ideenüberfrachteten patriotischen Bemühungen jener Jahre nach 1900, die nur durch die Zeugnisse von Augenzeugen - und Metr. Euloge war ein Handelnder und politisch Tätiger! - einigermaßen korrekt in die geschichtlichen Ereignisse eingeordnet werden können. Metropolit Euloge hat als Erzbischof von Cholm, von Wolhynien, der russ. Gemeinden in Westeuropa niemals um der Macht willen "Politik gemacht". Seine Politik galt ganz anderen Dingen: Sie wollte das Gottesreich bei den Menschen besser zur Geltung bringen. Dafür kämpfte Metr. Euloge in der russischen Nationalversammlung und vor den Bolschewiken. Und es erschüttert den Leser, wenn er an Passsagen kommt, die ungeschminkt die konkrete damalige Wirklichkeit in Worte fassen: Wenn kämpfende "Bolschewiken" de facto nur um ihre menschliche Freiheit und ihr Leben kämpfen und selbst nichts mehr von den politischen Überzeugungen wissen, für die sie vermeintlich kämpfen. Wenn ein rücksichtloser Chauvinismus der anderen Konfession zur entscheidenden Frage über Leben und Tod wird und Feindschaft zwischen den Völkern - hier des russischen und des polnischen bzw. des ukrainischen Volkes - über der Menschlichkeit steht. Aber Metropolit Euloge versucht stets, die persönlichen und politischen Hintergründe einzubeziehen. Er steht zu seinen Freundschaften alter und neuer Zeiten - sei es ein mittlerweile kommunistischer Mitstudent an der geistl. Akademie in der Duma, sei es der röm.-kath. Weihbischof von Mogilew (und spätere Erzbischof von Vilnius): was zählt, ist nicht das Vordergründige, sondern die Intention und die Aufrichtigkeit. Die Autobiographie von Metropolit Euloge ist ein wirkliches Geschichtsbuch, zusammengestellt von einem Menschen, der mit Frömmigkeit und Herzenseinfalt sein bewegtes und bedeutsames Leben Revue passieren läßt!      

Samstag, 13. Oktober 2012

Metropolit Euloge (Paris) - eine packende Autobiographie

Der Metropolit des Erzbistums der russischen Gemeinden in Westeuropa, Euloge bzw. in Transkription Evlogij, hatte einen bewegten Lebensweg hinter sich, als er 1946 in Paris, Rue Daru, starb.
Bischof in den westlichen Gebieten des russischen Reichs (also konfrontiert mit dem Wirken der römischen und unierten Hierarchen in der Ukraine und in Polen bzw. Österreich, Mitglied der dritten Duma, des russischen Parlaments, Teilnehmer am Moskauer Konzil von 1917, bei dem nach jahrhunderterlanger Pause ein neuer russischer Patriarch gewählt werden konnte: alles das verdient es, der Nachwelt übermittelt zu werden. Metropolit Euloge hat das gegen Ende seines Lebens, im Jahre 1938, in mühsamer Arbeit getan. Daraus ist eine 1947 veröffentlichte russische Autobiographie geworden, die lange Jahre auf ihre Übersetzung ins Französische warten musste. Nachdem im Jahre 2000 die Übersetzung abgeschlossen war, konnte die französische Fassung endlich als erster Band der "Presse Saint-Serge" erscheinen. Das "Institut de Théologie orthodoxe Saint-Serge Paris" hatte einen eigenen Verlag gegründet und mit diesem wichtigen Werk seine erste Publikation verwirklichen können. Metropolit Euloge gehört zu den Gestalten der neuen Kirchengeschichte, denen große Verantwortung und schicksalhafte Entscheidungen zufielen. Zuerst Oberhaupt der "Russischen Kirche außerhalb der Grenzen [Rußlands]", als solcher durch (kirchen-)politische Intrigen abgesetzt, unterstellte er sich und seine Gemeinden dem Patriarchen von Konstantinopel - nachdem nicht wenige Gemeinden diesen Schritt nicht zustimmten und unter der Jurisdiktion der "Auslandskirche" verblieben waren, die sich erst 2007 wieder mit der russischen Kirche verband. Diese Komplikationen konnten allerdings nicht verhindern, dass sich die Jurisdiktion der "Rue Daru" (benannt nach dem Hauptsitz an der Kathedrale St. Alexandre-Nevskij, Rue Daru, in Paris) gut entwickelte: Das theologische Institut besitzt namhafte Professoren, deren Veröffentlichungen teilweise auch in deutscher Sprache zugänglich sind (Lossky etc.), die Gemeinden verteilen sich auf ganz Europa und haben einen teilweise vorbildlichen Integrationsprozess hinter sich: Es sind nicht mehr Ghetto-Gemeinden russischer Nostalgie, sondern Zentren authentischen orthodoxen Christentums.
Das Andenken des Metropoliten Euloge in hohen Ehren zu halten, ist also mehr als nur ein Auftrag, sondern eine Dringlichkeit. Sein Werk ruht auf den Schultern nicht weniger Heiliger: z.B. der hl. Mutter Maria Skobtsov von Paris, des hl. Alexis von Ugine, dessen zweiter Festtag der heutige 13. Oktober ist, und weiterer Bekenner und Märtyrer.