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Montag, 31. März 2025

Hl. Mutter Maria Skobtsov

 Vor 80 Jahren wurde die heilige Mutter Maria von Paris, wie sie auch genannt wird, im Konzentrationslager Ravensbrück ermordet: Das war 1945, wie jetzt auch - kurz vor dem Osterfest. Die Leiden der Völker, die unter dem Joch der Nationalsozialisten schwer geprüft worden waren, sollten bald übergehen in das Leid der Nachkriegszeit. Die hl. Mutter Maria hätte wohl weitergemacht wie zuvor, wenn sie aus Ravensbrück zurückgekommen wäre. In den Jahren nach der Revolution in Rußland, wo sie zu Hause war, hat sie das Leid der Menschen gesehen und mitgetragen. Selbst nicht von Leid verschont, nahm sie als ihren monastischen Gehorsamsdienst die Hingabe für die Menschen in ihrem Kloster, das die ganze Welt war, an. So gut sie es vermochte, arbeitete sie unermüdlich für Christus im Dienst an ihren Mitmenschen. Die Freunde und die Feinde von früher - also die sowjetischen Revolutionäre -, nahm sie unterschiedslos in ihr Armenhaus in Paris auf und sorgte mit den bescheidenen Mitteln, die ihr zur Verfügung standen, für sie alle. Nach der Besetzung von Paris durch die deutschen Truppen wirkte sie weiter im Geist des Evangeliums: Sie half allen, die Hilfe brauchten, Juden und anderen Verfolgten, und wurde schließlich durch einen Spitzel, der mit an ihrem Tisch gesessen hatte, verraten und angezeigt. Mit Vater Dimitri Klepinin und ihrem Sohn Juri ging sie ihren Weg weiter. Ein jüdischstämmiger Vertrauter, Ilja Fondaminski, war schon vorher deportiert und getötet worden. Alle vier sind 2004 in der St.-Alexander-Nevski-Kathedrale in Paris kanonisiert worden, alle vier sind ihren eigenen Weg zu Christus gegangen gemäß dem Wort des hl. Apostels Johannes: "Gott ist die Liebe, und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott bleibt in ihm." Was gegenwärtig in der Welt nicht mit der Liebe Gottes vereinbar ist, wird keinen Bestand haben. Der Tod der vielen Menschen in den Kriegen kann nicht gerechtfertigt werden mit Gesetzesbrüchen der einen oder anderen Seite, schon gar nicht mit wirtschaftlichen Interessen. Die hl. Mutter Maria ist ein Vorbild in ihrem Leben und Sterben: Sie wurde wirklich zum Menschen, der Christus in sich trägt und durch den Christus den anderen Menschen begegnet.

Aus der Kurzbiographie von Mutter Maria "Ach, könnt' ich mich doch allen schenken ..." 

Die Seitenansicht aus einem Kinderbuch zum Leben der hl. Mutter Maria zeigt wie in einer Zusammenschau ihre Lebensmitte: Christus zu dienen in der Kirche und in den Menschen.

(Das kleine Buch ist erhältlich beim Verlag "Edition Hagia Sophia".)
   

Samstag, 4. Januar 2025

Die Welt im Krieg

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/2/2a/Sergio_Mattarella_alla_riapertura_della_Cattedrale_di_Notre-Dame_-_15.jpg/640px-Sergio_Mattarella_alla_riapertura_della_Cattedrale_di_Notre-Dame_-_15.jpg
Wiedereröffnung von Notre-Dame, Paris, als Staatsakt -  Quirinale.it, Attribution, via Wikimedia Commons

Unter den vielen Meldungen zum Kriegsgeschehen stechen seit mindestens zwei Jahren besonders die hervor, die Russlands völliges Versinken im Chaos durch die "Sanktionen" bejubeln. Abgesehen von den Folgen von "Sanktionen" eines Staatsgebildes für die, meist unschuldige, Bevölkerung kann bei den oben angeführten Meldungen eines als recht gesichert angesehen werden: Sie trafen bislang alle nicht zu. Gemeinhin wird auf Diskussionen zum Kriegsverlauf und zu den völlig desolaten Hirngespinsten der westlichen Politikerkaste eingeworfen, "warum man denn hier immer den Sieg Russlands herbeisehnt". Auch diese Wortmeldung ist recht ungeschickt, vielleicht noch ungeschickter als die Vorhersagen des Zusammenbruchs der russischen Wirtschaft; sie unterstellt und verdreht, ohne Bereitschaft zur Kommunikation - um es mal recht schubladenhaft in wenige Worte zu kleiden.

Vielen Menschen, die sich gegen die Russlandfeindlichkeit und die oft unbedacht wiederholten Behauptungen der Presse stellen, geht es nicht um den Sieg Russlands. Allerdings geht es ihnen auch nicht um den Sieg Amerikas durch ukrainisches Blut. Es geht ihnen oft nur um eine Beendigung des Krieges. Es geht darum, dass das Leid der Menschen in der Welt aufhört.

Eine in Russland lebende französischsprachige Bloggerin, Laurence G., erfährt am eigenen Leib, was es heißt, sich gegen Mehrheitsmeinungen zu stellen. Kürzlich wurde einer ihrer Beiträge entfernt, da er nicht den zugelassenen Kriterien entsprach: Sie nimmt kein Blatt vor den Mund, setzt sich aber vor allem für die Menschenrechte ein. Die sollten nun mal für alle gelten, nicht nur für Kasten oder Cliquen. Dass dieser Beitrag entfernt wurde, ist besonders deshalb so traurig, weil er eine Liste von Fakten enthielt, die lange als Mythen verteufelt wurden, mittlerweile aber als zumindest größtenteils zutreffend "entlarvt" wurden. Es zeigt sich leider, dass vieles am Feindbild West gegen Ost falsch und irreführend ist, angefangen bei der (irrigen) Behauptung, der "westlichen Politik" könne man vertrauen.

Trotz der vielen Hunderttausenden von im Krieggeschehen getöteten Menschen scheint es den politisch Legitimierten vor allem um Macht, Einfluss, Geld und Ansehen zu gehen.   

Montag, 2. September 2024

Wehe euch, ... ihr Scheinheiligen

 Die Überschrift ist dem Matthäusevangelium entnommen. Es ist ein Satz, den Jesus Christus im 23. Kapitel mehrmals so und ähnlich wiederholt, um die Menschen zu warnen: das Heilige heilig zu halten und nicht das Unheilige durch Lug und Trug so darzustellen, als könne es den Menschen Nutzen bringen. Das Heilige in der Kirche ist Gott, er ist die Essenz der Kirche, also aller Menschen, die sich glaubend in Einheit zusammenfinden, um ein Leben der Anbetung in Liebe zu führen. Viel mehr braucht es nicht: Gott anbeten, das heißt, ihn erkennen in seinen Geschöpfen. Was in der Kirche geschieht, muss aus dieser Anbetung in Liebe hervorgehen. Kein Kanon im kirchlichen Recht kann der Anbetung Gottes entgegenstehen. Deshalb steht auch kein Kanon über der Tradition der Kirche, denn diese Tradition umfasst das Wirken des Heiligen Geistes in der Kirche.

Wenn momentan alles darangesetzt wird, die Einheit der Kirche mittels Parteiungen in der Kirche wiederherzustellen, dann geschieht das durch Verurteilungen oder Hinweise auf verschiedene Kanones. Dass eine Lösung nicht durch Rechtssysteme und durch die besseren Beziehungen des Einen oder Anderen zustande kommen wird, liegt auf der Hand. Das Wehe im Evangelium gilt denen, die sich das Heilige unterwerfen möchten. Das Gold des Tempels ist nichtig; doch der Mensch lässt sich verführen und verblenden. Ansprüche, wie ein Primat oder die letzte Rechtsinstanz, sind nicht Privilegien einer Stadt oder einer historischen Entwicklung, sondern müssen immer auf das Ziel ausgerichtet sein, dem sie zu dienen haben: Ihr Ziel ist die Anbetung Gottes im gelebten Glauben. Wo Kaiser, Könige, Herrscher, Mächtige und Regierende als Staatslenker regieren, hat die Kirche ihren Anteil, denn die Gläubigen sind Teil eines Staates oder eines Landes. Patriarchen und Bischöfe treten als Staatsbürger in Beziehung zur Regierung, nicht aber als Hierarchen mit Staatsbefugnissen. Das Heilige ist heilig durch den Heiligen, nicht dadurch, dass man es heilig nennt.

Die Verfolgungen, denen Menschen auf der Welt ausgesetzt sind, zeigen an, wie sehr der Böse leichtes Spiel hat mit den Menschen. Man glaubt einer geschickten Rhetorik und einer gewinnenden Sprache. "Russlandfreundliche Parteien" können auf einmal zu einem Schimpfwort werden, dabei kann es nicht schlecht sein, wenn wir uns hüten vor einer Russlandfeindlichkeit, wie wir uns auch hüten sollten vor einer Frankreich-, Amerika-, Israelfeindlichkeit - die Liste der Länder und Völker ist beliebig zu ergänzen. Nur weil Staatsraison, Wirtschaftserfolge und politisches Kalkül die Völker immer wieder in schlimmste Katastrophen führen, dürfen die Menschen doch nicht das Heilige und Gute mit Füßen treten und das Verwerfliche und Böse heilig nennen!

Freundlichkeit, Friede und Freiheit, Menschenliebe und Menschenfreundlichkeit gegenüber allen und jedem Menschen sind für alle, vor allem aber für die, die zu Christus gehören, grundlegend und unverzichtbar.      

Mittwoch, 28. August 2024

Die orthodoxe Kirche in der Ukraine soll vernichtet werden - und die Welt schweigt

 ... So und ähnlich schreiben Menschen, denen die simplen Mechanismen der Macht und der Gewalt zuwider sind. Es sind Christenmenschen, die sehr wohl das Auf und Ab von Herrschaften in Ost und West zu analysieren verstehen und vor allem: die es einzuordnen verstehen in den Lauf der Welt, aber im Licht des Evangeliums.

Die ukrainisch-orthodoxe Kirche wurde per Gesetz in der letzten Woche als eliminierenswert eingestuft, der Präsident dieses Landes hat wenige Tage später per Unterschrift bekräftigt, dass das des Volkes Wille sei. Denn er nennt sich nicht Diktator, sondern Demokrat. Die Reaktion auf diese weder menschlich noch staatspolitisch tragbare Entscheidung der Eliminierung der christlichen Orthodoxie in der Ukraine bleibt bis auf den heutigen Tag zurückhalten, auch wenn orthodoxe Bischöfe und auch Rat der Kirchen, sowie der Papst in Rom ihr eBetroffenheit äußern. Es bleibt zu fragen: Was sollen sie noch mehr tun? Die Antwort darauf ist nicht befriedigend: Hilfe für die Kirche in der Ukraine kann neben dem inständigen Gebet nur in der aufrichtigen Treue zum christlichen Volk der Ukraine bestehen, die sich ausdrückt im Bekenntnis: Niemals können Hassparolen à la Selenskij dauerhaften Frieden bringen. Niemals kann Waffengewalt zum Frieden führen. Niemals werden mit Hass und Gewalt Staatsstrukturen dauerhaft stabilisiert.

Photo: Potchaev Lavra 2024

 

Die großen Prozessionen zum Fest der Entschlafung der Gottesmutter (15. August / zivil: 28. August), die unglaubliche Mengen von Gläubigen der ukrainisch-orthodoxen Kirche zusammenführen - in diesem Jahr Zehntausende! - bezeugen, dass das Volk weder den Krieg für nötig erachtet, noch dass ein Gesetz "im Namen des Volkes" erlassen worden sein kann, das scheinbar so diametral dem Willen des Volkes entgegengesetzt ist. Es ist ein Armutszeugnis demokratischer Phantasien, ein ganzes Land - die Ukraine - in den Ruin zu treiben durch das Anheizen sinnloser Zerstörungsmechanismen, die in Europa erst vor wenigen Jahrzehnten noch gewütet haben. Zu wenig scheinen unsere demokratische Strukturen geschult im Dienst an den Menschen (und noch viel weniger im Dienst vor Gott...). Ganze Divisionen von Juristen wurden nach dem Ende der Naziherrschaft wieder in Amt und Würden eingesetzt, obwohl dieselben Menschen noch kurz zuvor auf Gedeih' und Verderb' dem gottlosen Staat zu Diensten waren - verpflichtet auf die Staatsmacht durch den Gehorsam. Wenn durch diesen Gehorsam, der nur wenig mit dem Gehorsam des Menschen gegenüber Gott gemein hat, auch nur ein Mensch zu leiden hat, flüchten muss und gequält wird, dann ist null und nichtig, was als "demokratisch" angepriesen wird.

Es ist ein Armutszeugnis, wie wenig uns die Kriege in der Welt bewegen: Die Menschen sterben zu Tausenden; und was viel schlimmer ist: Ihr Tod wurde skrupellos verursacht.

Auf die Fürsprache unserer heiligen Väter, Herr Jesus Christus, unser Gott, erbarme Dich unser!     

Dienstag, 11. Juni 2024

"Der vierte König" und die versäumten Chancen, aus der Geschichte zu lernen

Kampfhandlungen in Norwegen während es 2. Weltkriegs / Photo: Bundesarchiv - Wikipedia


Edzard Schaper, Der vierte König. Ein Roman. Köln: Jakob Hegner, 1961. / Zweiter Weltkrieg, irgendwo im Grenzland zwischen Estland und der Sowjetunion, auf von der deutschen Armee besetztem Gebiet. Das Kloster Sviatogorsk, bislang annektierter Sitz eines Stabes der Wehrmacht, soll von der "Zivilverwaltung" übernommen werden, um später zur Ordensburg der SS umgewandelt zu werden. Die Inspekteure (SS, Zivilverwaltung) sind zur Besichtigung vor der unmittelbar bevorstehenden Übergabe des Klostergeländes gekommen. Der Chef des Stabes, ein Oberst, der die Übergabe mit allen Mitteln verhindern wollte, lässt sich nach gescheiterten Verhandlungen mit der Zivilverwaltung von einem seiner Stabsoffiziere, Major Frederichs, vertreten, der die Abgesandten zu empfangen hat:

"Nun waren alle [Besucher der SS / Zivilverwaltung] im Zimmer. Man stand. Die sechs Stühle konnten weiter von uns Vielsitzern ausruhen. Medem [Ranghöchster der Delegation] war bei genauer Betrachtung viel älter, als es mi im Hof geschienen hatte: ein Stier von einem Mann, der wahrscheinlich nur unter viel Alkohol weich wurde. Er stellte mir seine Mitarbeiter vor, lauter junge Leute, und Sie dürfen nicht verwundert sein, meine Herren, wenn ich die Namen der meisten noch heute genau weiß. Ich habe sie mir so genau gemerkt, daß ich sie noch einmal dem himmlichen Richter, sagen könnte, wenn der mich darauf ansprechen sollte, ob die Gattung der Schufte auf Erden endlich ausgestorben sei. Hier vor den irdischen Richtern hat man sich ja in den letzten fünfzehn Jahren nicht so besonders dafür interessiert." (S. 168)

Die Ereignisse der letzten Jahre mit ihren Pandemien, Kriegen, Gewalttätigkeiten und vor allem mit ihren Niederlagen sind zum Trauma vieler Menschen geworden. Sie werden wahrgenommen als eine ununterbrochene Folge von Bedrohungen, Übergriffen, Machtspielen und vor allem als gottvergessene politische Händel. Dass Menschen in ihrer Heimat das Recht haben, darüber zu entscheiden, was sie wollen, wird nicht immer zugestanden. Das Recht dazu nimmt sich der, der sich anmaßt, darüber urteilen zu dürfen, was gut und was nicht gut ist. Der fiktive Major Frederichs in Schapers Roman beklagt vor seinen Kameraden von einst Anfang der 1960er Jahre den selektiven Umgang der Justiz nach dem 2. Weltkrieg in Deutschland mit den Kriegsverbrechern und ihren Zuarbeitern zur Zeit des Nationalsozialismus. Heute wird wieder mit zweierlei Maß gemessen: Verträge und Abkommen sind scheinbar nur dann einzuhalten, wenn die Vertragspartner genehm sind. Erlaubt ist offenkundig jede Art von Einmischung in die Politik anderer Länder, wenn sie meinem Dafürhalten nicht entspricht. Erlaubt sind scheinbar Lügen, Betrug, Machtkalkül und Einbringung wirtschaftlicher Interessen, wenn das politische Gegenüber per se als minderwertiger (normalerweise würde man sagen: einfach nur anders ...) eingestuft wird. Wenn das festgestellt wurde, auch wenn diese Feststellung in mehreren Punkten nicht haltbar ist, dann ist offensichtlich jede Art von Rechtsbruch "sanktioniert", ja sogar legitimiert: Das scheint zu gelten für die Einordnung in Rechte und Linke, in Radikale oder nicht Radikale, in den Kategorien von Rechtstaatlichkeit in der Ukraine, in den USA, in Rußland, in Frankreich, u.v.m.

Obwohl jede Art von Unrecht keine Zukunft haben kann, beschädigt das Unrecht den Frieden und die Würde des Menschen. - Nur einer der Protagonisten in Schapers "Der vierte König" überlebt den 2. Weltkrieg: Major Frederichs, der sich als Zeuge für die damaligen Geschehnisse versteht und als Vertreter des "vierten Königs", der für die Gottsuche steht, für das Martyrium im Namen Gottes, für das Gute im Namen Christi. Alle anderen Hauptpersonen des Romans haben ihr Leben hingegeben und sind als aufrechte, gute Menschen gestorben. Schaper hat in diesem Roman eine äußerst gesellschaftskritische Analyse verarbeitet, die auch heute noch erschüttern darf. 
   

Mittwoch, 20. April 2022

Sünder und Verräter - die Buhlerin und Judas

 "O Unseligkeit des Judas! Er sah, wie die Buhlerin die Füße küsste, und ersann hinterlistig den Kuss des Verrats. Sie löste die Haare, er aber war gebunden durch Zorn und trug statt des Myrons die übelriechende Bosheit; denn der Hass wusste nicht, das Zuträgliche zu schätzen. O Unseligkeit des Judas! Von ihr erlöse, o Gott, unsere Seelen." (4. Stichire zu den Lobpsalmen im Morgengottesdienst des Großen Mittwochs im 1. Ton)

Die Geschicke der Welt bilden in diesen heiligen Tagen vollumfänglich ab, was sich viele Male ereignet hat seit jenen Tagen in Judäa, als der Erlöser freiwillig Leid, Kreuz und Tod auf sich nahm: Immer wieder verraten und kreuzigen wir den Erlöser, weil wir immer wieder auf die Bosheit des Bösen hereinfallen. Es kommt in die Welt unter der Maske der Intelligenz und des Richtigen. Beides stinkt zum Himmel, doch wir sehen oft nur die äußere Hülle, die das übelriechende Verderben (oft nur mit Mühe!) zu kaschieren weiß. Seit Wochen wütet der Hass auch innerhalb der Kirchen. Ganze Gemeinden werden verwirrt und straucheln, lehnen sich auf gegen ihresgleichen, während der Böse frohlockt. Nicht fehlbare Menschen sollten das Ziel unserer Kämpfe sein, sondern die Barbarei des Bösen. Der Hass verliert den Boden unter den Füßen und verstrickt sich in Widersprüche, vor denen wir eindringlich gewarnt sind: "Steht fest im Guten!"

Erschüttert liest man vom vehementen Widerspruch des griechisch-katholischen Großerzbischofs von Kiew: "Zuerst müssen wir aufhören uns zu töten, dann können wir über nächste Schritte sprechen." Übers. nicht verifiziert, Quelle zdf heute) Solche Aussagen könnten durchaus wie eine komplette Verdrehung der christlichen Botschaft erscheinen, die in diesen heiligen Tagen mit großem Nachdruck verkündet wird: Allem Leiden, aller Ungerechtigkeit, aller verdorbenen Verlogenheit setzt Christus und mit ihm der Christ immer direkt und zuerst die Vergebung entgegen, nicht ein verhandelbares "aber nur, wenn ...". 

Immer wieder drängt sich bei den Worten des kath. Repräsentanten der Unierten in der Ukraine der Gedanke auf: Und wenn Russland, und wenn Putin, und wenn unser Patriarch doch irgendwie richtiger gehandelt haben, als es uns in diesem bewußt herbeigeführten Gewirr scheinen wollte? Wenn der Mensch in der Ukraine noch weniger zählt, als es einem sowieso schon scheinen mag, da wirtschaftliche Interessen nur allzu offenkundig alle Grausamkeiten der Welt zu rechtfertigen scheinen, und das nicht erst seit Februar?

Es ist der verdrehte Schein, der schon Judas zum schlechten Spiegelbild der Sünderin machte. Im Falle von Jesu Verrat wurde das Myron zur Parfüm der vergebenen Sünden, der Hass des Judas, aus Neid und scheinbarer Ohnmacht geboren, zur stinkenden Offenbarung verratener Liebe. Sie hätte hingegen auch dann noch alles erwarten dürfen, und gerade erst recht die Vergebung. Aus verratener und verlogener Liebe wäre die gereinigte Liebe im Licht der Auferstehung geworden, die uns Menschen immer angeboten ist.  

Montag, 11. April 2022

6. Fastenwoche - "Der Reiche und Lazarus"

 

Lazarus - Echternacher Handschrift (wikipedia)

 

Die letzte Woche der Großen Fasten ist da. Es ist eine weitere Woche des jahrelangen Krieges, unbeachtet seitens der westlichen Medien bis in den Februar 2022. Es ist eine weitere Woche hasserfüllter Publikationen und erschütternder Lügen, die hüben und drüben von den Medien aufgetischt werden. Es ist eine weitere Woche der Verunsicherung und der Verzweiflung. Und das ist zweifellos gewollt. Die Menschen in der Ukraine und der ukrainische Staat scheinen den Großmächten völlig egal zu sein, könnte man denken. Tote, Verletzte, Vertriebene - all das scheint nicht zu zählen vor den Großen der Welt, die wirtschaftlich vom Krieg profitieren und profitieren werden. Die Kirche leidet in höchstem Maße unter dieser Verunsicherung. "Kyrill muss weg!" heißt es da durchaus, nachdem es auch ein "Putin der Völkermörder!" gegeben hat. Für die Christen und die Gläubigen ist es beruhigend zu wissen: Wenn Patriarch Kyrill "weg ist", wird keiner kommen, der makelloser oder besser ist! Gott sei es gedankt: die orhtodoxe Kirche ist und bleibt eine Kirche der sündigen Menschen! Es stimmt natürlich: Die Sünde terrorisiert die Menschen mit Angst und Schrecken. Sie führt ihn in die Abgründe des Todes, in die Hände der Feinde des Menschengeschlechts. Aber die Sünde kann den Leib Christi, die Kirche, nicht vernichten, da er Urheber des Bösen nicht in dem Maße Macht besitzt, wie es momentan scheinbar der Fall ist. Die jetzt sichtbare Gestalt der "Macht" ist so vergänglich, wie es die einst sichtbare Pracht der Herrscher war, die "heute glänzt und morgen in Schutt und Asche sinkt". Die Mysterien der Kirche werden nicht durch einen Krieg auf einmal automatisch verfügbar gemacht: Die Kirche bleibt auch in Kriegszeiten verwurzelt in ihrer Zeitlosigkeit der Verbindung von Zeitlichkeit und Ewigkeit. die in jeder Liturgie Gegenwart wird.

Es ist die Zeit des "Reichen und des Lazarus"! Welcher Wirklichkeit stelle ich mich heute, habe ich mich in den vergangenen Wochen gestellt? Ist es die Wirklichkeit der von Gott geschaffenenen Menschen, die Fehler machen dürfen? Ist es die Wirklichkeit der unterschiedlichen Verantwortlichkeiten, die am Computerbildschirm und in den Zeitungen leichtfertig als "verwerfliche Parteinahme", als "wiedererstandene KGB-Schachzüge" und als "Verantwortungslosigkeit der russisch-orthodoxen Kirche" dargestellt werden? Die Wirklichkeit des "Reichen und des Lazarus" ist anderweitig ausgerichtet: Sie hat die ewigen Wahrheiten im Blick, die Bestand haben und auch im Hier und Heute wichtig und unerlässlich sind. Eine solche Wahrheit ist zweifellos: Jeder Mensch ist Ikone und Geschöpf Gottes. Kein Handeln und kein Tun rechtfertigen seine Erniedrigung und seinen gewaltsamen Tod. Aber was ist dann der Krieg, zu dem so viele schweigen, denen wir doch ein klares Wort abverlangen? Der Krieg ist ein Anfang und ein Endpunkt des Teufelskreises, den man auch die "Verstrickung in die Sünde" nennen kann. Der Krieg ist gewollt, ganz sicher von den Westmächten, die zu oft schon bewiesen haben, welchen Stellenwert der Mensch in ihrem Weltbild einnimmt. (Ohne verallgemeinend werden zu wollen.) "Lazarus" ruht im Schoß Abrahams, "der Reiche" muss leiden: Ist das eine biblische Ghettoisierung, eine Aburteilung à la Schwarz-weiß-Malerei? Es ist vielleicht ein Aufruf: Stellt Euch der Wirklichkeit hier und jetzt! Lasst Euch nicht blenden von dem, was glänzt und großspurig daherkommt. Bleibt menschlich oder werdet wieder menschlich, das heißt: Verzeiht, vergebt, seid nicht auf einen Auge blind!

Montag, 28. Februar 2022

... wenn wir bei Gott ausharren...

Die Überschrift ist der Schluss eines tröstenden Wortes eines russischen Priesters an eine aufgelöste Gläubige nach der Liturgie, am gestrigen Sonntag des Gerichts, nördlich von Moskau. "Alles wird gut vorbeigehen, wenn wir bei Gott ausharren." Schon zum dritten Mal habe ich mir heute diesen Satz aufgerufen. Es ist schwer zu glauben, dass "alles gut vorbeigeht", wenn man die Nachtichten liest und die Verhärtungen selbst unter orthodoxen Christen mitbekommt. Im Westen wird ganz offen von Orthodoxen gesagt, dass die Gläubigen des "Moskauer Patriarchats" nun aufgeschmissen sind: Ihr Patriarch als Marionette Putins, ohen Willen und Stimme - da sei keine Berechtigung mehr gegeben, dem "Apparat" weiterhin zanzugehören. - Eine beschämende Logik! Wir im Westen sind weit mehr Marionetten des politischen Systems, als es die russische Kirche in den letzten 70 Jahren gewesen sein konnte. Im Westen sind wir gut installiert, Kirche und Kaiser sind hier traditionell eins, sie sind nicht nur aufeinander angewiesen, wie es die orthodoxe Tradition kennt. Eine beschämende Logik also, vor allem vor dem Hintergrund des Blutvergießens: Nach acht Jahren der kriegerischen Auseinandersetzungen im Donbass-Gebiet ist jetzt das russische Militär massiv offensiv geworden. Die Opfer der letzten acht Jahre zählen scheinbar so wenig, dass erst jetzt das Ausmaß der ukrainischen Katastrophe bemerkt zu werden scheint. Eine Katastrophe menschlichen Versagens - eine Last für das Gewissen all jener, die sich als im Westen lebend und als Bürger und Menschen des Westens verantwortlich fühlen für diesen Krieg! Es ist eine schwere Last, die sich bemerkbar macht: Es ist wieder wie bei Kain und Abel, um mit den Worten des Kiewer Metropoliten Onufrij zu sprechen. Und es ist schlimmer noch! Gott sei Dank, ich habe das Wort des Vaters Andrei oben schon übersetzt; ein viertes Mal brauche ich es heute nicht nachzuschlagen: "Es wird alles gut vorbeigehen, wenn wir nur bei Gott ausharren!" Möge Gott uns die Kraft schenken zur Verzeihung und zur Vergebung.

Freitag, 25. Februar 2022

Die Ukraine - ein geschundenes Land

Aufrufe über Aufrufe: Frieden für die Ukraine... So berechtigt diese Aufrufe sind: Wehe der Ukraine, wenn alles wieder so werden soll, wie es war! Die heutige Ukraine hat als Identifikation nicht etwa den Blick auf ein gemeinsames Volk, auch nicht auf eine gemeinsame Religion. Die Ukraine mit ihren politischen und teilweise auch kirchlichen Vertretern bauen auf die Macht und die Kraft des Hasses gegen Russland, gegen alles, was russisch ist und klingt. Gnade uns Gott, wenn das die Fundamente des ukrainischen Staats sein sollen, ja womöglich wieder werden sollen, wenn Russland beseitigt ist. Welche Perspektive für ein Land, dessen Territorium seit Jahrhunderten ein Spielball der polotischen Mächte war. Gott möge den Menschen in der Ukraine beistehen, wenn sich durchsetzen kann, was selbst kirchliche Vertreter wie Epifanij Dumenko sich wünschen: Friede durch Vernichtung und Hass! Es ist höchst fragwürdig, was in der Presse, auch in der kirchlichen, auch in der politisch gemäßigten, als Motivation Russlands und der russischen Kirche vermutet wird. Patriarch Kyrill wird "Selbstschutz" vorgehalten, wenn er sich als "willenloser Untergebener des Kreml" nicht für eine Ukraine einsetzen möchte, die sich weiterhin durch Unterdrückung und Hass definiert auf Kosten der vielen Menschen, die es verdient haben, in Frieden und Freiheit zu leben. Frieden und Freiheit gab es in all den Jahren nicht, da die Regierung der Ukraine als Marionette der westlichen Mächte alles tun durfte - nur eines nicht: dem vermeintlichen Gegner Russland die Hand reichen, zur Überwindung der geschichtlich gewachsenen, aber durch abgrundtiefen Widerwillen gegen alles Russische angefeuerten Ressentiments arbeiten, das freie, auch anti-westliche Wort gestatten! Die Ukraine hätte alles gewonnen, wenn man dort an den Schalthebeln der Macht, die doch nur von den wirklichen Machthabern außerhalb des Landes umgelegt werden, zumindest den Menschen des Volkes hätte dienen wollen, nicht dem, was als erstrebenswert und paradiesisch angepriesen wird, wo es doch in Wirklichkeit nur vergammelte, verrostete Schätze sind, mit denen keiner mehr etwas anzufangen weiß. Man hört die Aufrufe zum Frieden in der Ukraine! - Lassen wir auch Taten folgen, auf dass nicht der Hass, sondern die Liebe zur Grundlage des Friedens wird.

Donnerstag, 24. Februar 2022

Ukraine, Russland und andere

Bildquelle: kremlin.ru via wikipedia. - Was heute auf dem Bildschirm erscheint, wenn man zum Posteingang gehen möchte, unterscheidet sich nur geringfügig von dem, was monatelang dort zu sehen war: ein roter Streifen, auf dem die neuesten Meldungen zu lesen sind. Irgendwie will es scheinen, dass nicht die Menschen hinter den Nachrichten interessieren sollen. Es hat den Anschein, dass es um Beeinflussung geht, um die Lenkung des Volksgewissens. Dass die Presse heute durchaus dämlich hantiert, ist nicht von der Hand zu weisen. Wer die Schlagzeilen zu Bundeskanzler Scholz - "Das ist Putins Krieg!" - liest, denkt doch unweigerlich an die vielen Karikaturen, die mit ähnlichen Parolen gerade den Beschuldiger sehr alt aussehen lassen. Recht dämlich sind auch die Bilder, die verzerrte Gesichter der Politiker zeigen, um die Entschlossenheit sichtbar zu machen, die hinter den Anklagen stehen: Wir lassen nicht zu, dass Unrecht geschieht. Unrecht darf und durfte freilich sehr oft geschehen, wenn es in die machtpolitische und finanzpolitische Agenda passte. Unrecht darf auch jetzt noch geschehen, wenn es durch potente Magnaten gedeckt ist, die immer nur das Beste für die Menschen wollen, was jeder weiß. Die Menschen, die für die scheinbar Großen der Welt, im Westen wie im Osten, nicht interessant sein werden, da sie unbekannt bleiben werden, sehen in den Großen zu recht oft nur die ihnen Entfremdeten - und gerade daruch ja wirkliche "Möchtegerne", denen die Etwas-weniger-Großen zu Füßen liegen. Und zwar in der Verkennung der allzu schnelle Vergänglichkeit menschlicher Größe. Ja, die Schlagzeilen zu den Geschehnissen in der Ukraine, in Russland sind nicht sehr intelligent gewählt. Sie wirken wie umformulierte Kopien anderer Schlagzeilen, die sich - 10, 30, 80 Jahre alt - auch nicht für den Menschen interessierten, der litt und starb, sondern die mitreißen wollten: homo homini lupus. Doch so ist es nicht, denn wer dem anderen Menschen ein Wolf ist, ist kein Mensch mehr. Zwar will mir die Werbung, der "Mainstream", alles Moderne klarmachen, dass sich das Universum nur um mich dreht, aber dass das ebenso dämlich ist, wie die schlecht gewählten Schlagzeilen, könnte jedem schnell einleuchten. Der Mensch verliert, wenn das Du abhanden kommt. Das verräterische Photo mit dem verzerrten Biden-Gesicht als Siegespose gegen Putin ohne das Du des Gegenüber - es würde im Nichts verschwinden, denn einzig der Photographierte würde die Folgen seines Tuns zu tragen haben; das allerdings, ob er will oder nicht, immer in Beziehung zu den anderen Menschen. Wer in den Krieg zieht, führt ihn niemals nur gegen seinen Feind; es ist immer auch ein Krieg gegen sich selbst. Der "Teufel", gegen den wir im Gebet anzutreten haben, hat keinen bekannten (oder unbekannten) Namen: Er heißt "Hass" und "Unversöhnlichkeit" und "Egoismus", er lebt von jeder Tat, die nicht verziehen wird, und von der Vergangenheit, die unvergeben der Vergessenheit anheimgegeben wurde. Das sind die Dämonen, vor denen wir stehen sollten im Gebet und Fasten. Dann werden sie weichen.

Montag, 31. Januar 2022

Journalismus als Ideologiefalle?

Seit Tagen schon, wenn nicht gar seit Wochen, erscheinen reißerische Titel auf dem Bildschirm, sobald man zum Posteingang möchte. Es ist ermüdend, sie alle zu zitieren oder auch nur zu paraphrasieren... Erstaunlich ist ebenfalls die Bandbreite der Themen, die dergestalt abgearbeitet wird: Ratzinger, Mißbrauch, Putin, Diktaturen, Ukraine, Outing, Kriegsgefahr, Gas, Erdöl, USA, etc. Das alles wird in den Schlagzeilen zu etwas, was sich mit dem interessanten Begriff "Empörungsjournalismus" umschreiben ließe. Eben erst erschien auf dem Bildschirm der Titel: "Die SPD muss mit Gerhard Schröder brechen" (von Jan Rübel). Muss sie das wirklich? Wer befiehlt ihr das? Was hat die SPD davon - und was G. Schröder, was die Parteienlandschaft und was das eigene Gewissen? Politische Bildung ist sicher wichtig und heute mehr als notwendig, aber eine intensive Beschäftigung mit dem Hin und Her der politischen Meinung und dem, was hier und dort als neueste wissenschaftlich gestützte Wahrheit verkauft wird, das sei dem überlassen, der sich einer ziemlich lächerlich gewordenen Strategie von Opportunismus und schlecht versteckter Ironie im Politischen unterwerfen möchte. In Deitschland können wir froh sein über die neuen Anfänge nach dem 2. Weltkrieg, über das, was aufrichtige Menschen nach einer zermürbenden Zeitspanne von 12 Jahren unter und mit dem Nationalsozialismus aufbauen konnten. Vielleicht ist das ja auch der Grund, warum viele Menschen in Deutschland gerne klare Fakten herbeisehnen. Diese Fakten allerdings sind allzu oft nur eine schöne Kulisse: Es fehlt bis heute die grundlegende Aufarbeitung der Geschichte - um es mal allgemein zu formulieren. Leider reicht es ja nicht, sich artig an die Brust zu klopfen und die Fehler Deutschlands einzugestehen. Ich persönlich denke oft: Wahrscheinlich hätte ich nichts besser gemacht, als meine Verwandten und Kompatrioten. Ich hätte wohl ebenfalls zugestimmt, als der rechtmäßigen Staatsführung ihr Recht zugestanden wurde. Ich hätte wohl nur mit Mühe, wenn überhaupt, die sich leerenden Wohnungen und Geschäfte bestimmter Volksgruppen wahrgenommen - ob ich dann die Intelligenz besessen hätte, die richtigen Schlüsse zu ziehen? Ratzinger, Putin, und ich weiß nicht wem noch: Ihnen allen wird schlimmstes Versagen und despotisches, uneinsichtiges Verhalten vorgeworfen. Im Falle Ratzinger mehren sich plötzlich andere Stimmen, die auf einmal schwarz auf weiß vorzeigen, dass eine gegenteilige Aussage zu der bis vor kurzem vorliegenden und schon wiederrufenen ja vor fast zwei Jahren für jeden nachlesbar in einer Biographie erwähnt wird. Der "Empörungsjournalismus" zählt auf die sündelosen Leser und die ganz reinen Intelligenten, die vor der Unvollkommenheit des Anderen voller Ekel aufschreien, während die eigene Begrenztheit und vielleicht auch Sündhaftigkeit mit großer Geste zugedeckt wird. Es hat immer etwas Erschütterndes, wenn die eigene Meinung und Überzeugung, und sei sie auch wohlbegründet, als einzig vernünftige und sinnvolle und rechtmäßige Optionen (Was sage ich: Optionen?) hingestellt werden. Natürlich kann auch da etwas Wahres zu finden sein, aber sicher nicht die Wahrheit und der einzige Sinn! Ich würde gerne den reißerischen Titel des vollendeten Journalismus einer großen deutschen Zeitung lesen, der jetzt, nach doch recht vielen Jahren, anstelle des "Wir sind Papst!!!" sich bereit zeigt zu schreiben: "Wir sind Lügner!!!" Und doch wäre es kein Trost.

Montag, 24. Januar 2022

Kirchenpolitik und Ukrainekonflikt

Die Nachrichten sprechen von Krieg, die Politiker klagen an, und die orthodoxen Kirchen finden keine Worte und keine Lösungen in den schweren Verletzungen, die der Kirche zugefügt werden. Sonderbarerweise läuft es in Politik und Kirche nach dem gleichen Muster: Was opportun erscheint, wird durchgewunken, was nicht, wird sanktioniert. Immer wieder ist zu hören, dass es beim Ukraine-Konflikt zwischen Istanbul-Phanar und Moskau um kirchenpolitische Fragen gehe und dass hier von einer den Glauben betreffenden Angelegenheit nicht die Rede sein könne. Allerdings funktioniert diese Einordnung nur dann, wenn die Kirche eine Einrichtung unter anderen ist: als stünde sie etwa neben einer x-beliebigen Staatsform und folgte seinen Gesetzmäßigkeiten, als könne man sie vergleichen mit dem, was gemeinhin "Institution" genannt wird - und was doch etwas ganz anderes ist, als es die Kirche sein kann. Sie ist nämlich tatsächlich Institution, aber im Vollsinne des Wortes: sie ist eingesetzt, nicht von Menschen, nicht von Organen, nicht auf der Grundlage von Philosophien, sondern eingesetzt durch einen Auftrag Christi: das Evangelium zu leben und zu verkünden. Tatsächlich brauchte es nicht viel mehr, um die Kirche zu "instituieren"; das, was wesenhaft zur Kirche gehört, nämlich ihre apostolische Verwurzelung, ihr Leben in der Gegenwart des dreieinen Gottes mittels der liturgischen Vollzüge, die Weitergabe des apostolischen Erbes durch das Evangelium und die Traditionen, all das ist in der Kirche gegeben, seitdem Menschen den Fleisch und Mensch gewordenen Gott erkennen durften und bekennen. Diese Frage, was an der Kirche denn definierbar und konstruierbar sei, hat folglich zum Bruch zwischen der orthodoxen Kirche und der röm.-kath. Kirche geführt. Allein der Umstand, dass der vorstehende Satz in dieser Form wohl keineswegs akzeptiert würde von den Vertretern der röm.-kath. Kirche, zeigt auf, vor welchen Schwierigkeiten die Menschen stehen, die zur orthodoxen Kirche gehören. Denn es kann den Christen ja nicht darum gehen, sich künstlich zu spalten und zu trennen. Dass aber der Katholik die Frage anders stellt, hat mit einer Verschiebung der "Konstanten" zu tun, die in dieser Form auch im römischen Dunstkreis tatsächlich nicht ursprünglich ist. - Über viele Jahrhunderte galt der Grundsatz, dass als untrennbar zu gelten hat, was zur Institution Kirche gehört. - Alle Komponenten der Kirche bildeten in Ost und West zu jener Zeit ein Ganzes, wie auch die Kirche an ihrem jeweiligen Ort und unter ihrem jeweiligen Bischof ein Ganzes war, ohne dass alle diese örtlichen Kirchen aufgehört hätten, die eine Kirche zu bilden. Die Sakramente, die Organisation, die Sprache, die Disziplin - all das konnte sich in ihrer Form - nicht ihrem Inhalt nach - unterscheiden in Ost und West. Was sich nicht unterschied, war die Überzeugung, dass nichts von all dem separiert werden konnte ohne Angriff der Kirchlichkeit. Das ist wohl eines der Hauptprobleme, wenn es um die Kirche in der Ukraine geht. Es ist einfacher, die canones der entsprechenden Konzilien anzuführen, um bestimmte Maßnahmen zu legitimieren, wie es seitens des Phanar geschehen ist. Dass eine solche Argumentation für andere Kirchen nicht akzeptabel ist, kann nicht verwundern: Dem orthodoxen Kirchenverständnis fehlt die Möglichkeit, buchhalterisch hochzurechnen und dadurch das Mysterium der Kirche aufzurechnen. Fatal bleibt der politisch motivierte Hintergrund des kirchlichen Ukraine-Konflikts. Eine "Landeskirche" der Ukraine auf das Fundament einer den Hass und die Abneigung schürenden politischen Strömung zu gründen, entspricht zwar einer gewissen Opportunität, widerspricht allerdings dem grundlegenden Auftrag der Kirche. So ist es keineswegs verwunderlich, dass der Großteil der orthodoxe Kirchen der "nouvelle théologie" des Phanar und jener Kirchen, die ihn unterstützen, eine Absage erteilen müssen. Sonderbarerweise versagt an dieser Bruchstelle diese "nouvelle théologie": Dass es in der Kirche eine "Versöhnung" geben kann, die losgelöst ist von grundlegenden Komponenten dieser (kirchlichen) Versöhnung, darf verneint werden: Philaret Denisenko und alle mit ihm aus der Gemeinschaft der Kirche entlassenen Menschen können nicht durch einen Jurisdiktionsakt zweifelhafter Art Versöhnung finden; dadurch unterscheidet sich der Fall gundlegend von der Wiedereingliederung der russ. Auslandskirche ins Moskauer Patriarchat. Es bedarf einer Versöhnung in der Kirche, mit den Beteiligtenm, nicht eines Rechtsaktes, um wieder das Mysterium der Kirche abbilden zu können. Diese wesentlichen Aspekte außer Acht zu lassen, ist nicht mehr "Kirchenpolitik", ist auch nicht mehr "ein anderer Blickwinkel". Es geht bei diesen Aspekten um grundlegende theologische Wirklichkeiten, die weitreichende Folgen haben für alle Christen. - Eine ganz entscheidende Frage wird sein: Wo existiert und lebt die Kirche weiter mit all ihren Charismen und Sakramenten, mit ihrer Unversehrtheit, die sich nicht auf menschliche Sündlosigkeit und Sophismus stützt, sondern auf die Gnade des Heiligen Geistes, die wirksam werden kann, auch das bleibt wahr, durch die Vermittlung sündiger und unvollkommener Menschen der Kirche.

Freitag, 22. November 2019

Politisch korrekte Orthodoxie?


Es kann nur mit einigermaßen erstaunter Beunruhigung wahrgenommen werden, was sich aufgrund der zugespitzten Ereignisse in der Ukraine-Frage in der orthodoxen Kirche tut:
Der Erzbischof von Athen, Hieronymus, weist die Einladung seines bischöflichen Mitbruders, des Patriarchen von Jerusalem Theophilos, formell zurück als ungehörige Anmaßung: ein solches Recht hätte einzig der Patriarch von Konstantinopel - eine ungeheuerliche Behauptung für jeden Orthodoxen, der nur ein wenig die geschichtlichen Zusammenhänge der "Ökumene" des "ökumenischen Patriarchen" in Istanbul durchschaut. Diese "Ökumene" unterstand dem byzantinischen Kaiser, den es längst nicht mehr gibt. Konstantinopel selbst existiert nicht mehr als das, was sie zu Kaisers Zeiten war - Hauptstadt eben jener Ökumene. Diese Stadt ist heute weder Hauptstadt, noch Teil eines Kaiserreichs, sondern schlicht eine Stadt mit Namen Istanbul in der Türkei. Die Ukraine-Frage rechtens angewandt auf die realen Verhältnisse der Gegenwart - das ist ein echtes theologisches Muss! - bedeutet: Zurückweisung aller Besitzansprüche des Patriarchen in Istanbul auf Gebiete ausserhalb der Türkei, vor allem auch auf Gebiete im heutigen Griechenland; Bildung einer türkischen Kirche in den Grenzen der Türkei, des einzigen Landes, auf das der Bischof von Istanbul rechtens seine geistliche Hand legen kann; Zurückweisung aller historischen Gebietsumschreibungen, die auf heutige kirchliche Grenzen angewendet werden sollen unter Umgehung der realen kirchlichen Synoden.
Nicht genug damit: Man kann seit kurzem einen Text einsehen, der von einem Priester der deutschen griechischen Metropolie verfasst wurde und der sich der Thematik des "Erzbistums orthodoxer Gemeinden russischer Tradition in Westeuropa" zuwendet, das kürzlich ins Moskauer Patriarchat zurückgekehrt ist. In diesem Text, der sich den Anschein wissenschaftlicher Objektivität geben möchte, fällt die aggressive Wortwahl politischer Prägung auf, die den Text verzerrt und seine wohl beabsichtigte Gemessenheit Lügen straft. Leider Gottes muss man in diesem Schriftstück gehäuft auf unangemessene Wortwahl und unangemessene Rhetorik stoßen, Ungern, aber einer gewissen Objektivität geschuldet, soll hier ein Auszug aus diesem Text folgen, um den oben angesprochenen Vorwurf zu stützen: "Das Drama der „Auflösung des Erzbistums“ hat allerdings noch einen zweiten Akt. Der auferlegten Auflösung seiner Struktur als Diözese des Ökumenischen Patriarchats folgte der geistige Suizid jenes Teils des Erzbistums, der Erzbischof (seit dem 3. November 2019 Metropolit) Jean von Dubna in die Jurisdiktion des Moskauer Patriarchats in der Hoffnung gefolgt ist, gerade die Struktur erhalten zu können. Dieser Schritt ist indessen Verrat an allem, was uns kostbar ist: Ortskirche, Konziliarität, Verwendung der Volkssprache im Gottesdienst, Freiheit von staatlicher Willkür. Das Moskauer Patriarchat verkörpert die Unterwerfung unter ein staatliches Willkürregime, das der Kirche Reichtum und Macht dafür gibt, dass sie seinen Machtanspruch durch die Ideologie der „russischen Welt“ ideologisch fundiert. Der Anschluss an eine solche Formation bedeutet einen Salto mortale in ein ekklesiologisches Gegenuniversum, in dem die Kirche zum Instrument klerikalen Machterhalts degeneriert. Anders gesagt: Das Moskauer Patriarchat ist der Inbegriff all dessen, was zu vermeiden und zu bekämpfen die raison d’être jenes Erzbistums war, dem wir entstammen und dessen Erben wir sind. Das galt schon 1930/31, als sich Metropolit Evlogij genötigt sah, das damalige Westeuropäische Exarchat des Moskauer Patriarchates dem Schutz und der Obhut des Ökumenischen Patriarchen Photios II. zu unterstellen. Und das gilt noch mehr unter den Bedingungen einer gegenüber dem 20. Jahrhundert dank der Möglichkeiten des digitalen Zeitalters unvorstellbar verfeinerten und gesteigerten Dominanz des Staates im Dienst seines postsowjetischen, neofaschistischen Totalitarismus. Der Unterschied besteht allerdings darin, dass der neue russische Staat die Kirche nicht mehr im „klassischen“ Sinne verfolgt, sondern vereinnahmt, weil diese Kirche mit ihm eine vorbehaltlose und uneingeschränkte symbiotische Verbindung eingegangen ist."
In diesem Kommentar zur Krise der Orthodoxie infolge der Ukraine-Problematik sollte eine Auswahl an Wörtern und Begrifflichkeiten des oben zitierten Schriftstücks veröffentlicht werden, um auf die Gefahren des politischen Machtmissbrauchs hinzuweisen; aufgrund der diesbezüglichen Begriffsdichte im oben angeführten Text war das Zitat unerlässlich. Im Text wird der russischen Kirche u.a. vorgeworfen, gefälliges "Spielzeug" des russischen Staates zu sein, um besser bestehen zu können. Eine berechtigte Frage an den Verfasser könnte lauten, wo er sich selber als Angestellten einer Institution in Deutschland sieht, die aus ihrer politischen Verbindung in ein anderes Land bedeutende Vorteile auch finanzieller Natur zieht, ganz zu schweigen von der kirchlichen Eingebundenheit der katholischen und evangelischen Kirche in Deutschland, die ihre Grundlage auf Konkordate gründet. Der scharfe Vorwurf der "Unterwerfung unter ein staatliches Willkürregime" erscheint in der Form als wirklich bedauernwerte Verurteilung sowohl eines Staatssystems an sich, als auch einer Kirche, die auf dem Gebiet eben jenes Staates existiert - und zwar nicht nur als "Prälatenkirche" ohne Gläubige, sondern gerade als Kirche von Gläubigen, zu denen auch ihre Bischöfe zählen! So traurig es ist - die Istanbuler Kirche wird oft genug als eine "Prälatenkirche" bezeichnet, da ihnen fast alle Gläubigen abgehen und nurmehr der Verwaltungsapparat bleibt, der mittels der Diaspora um sein Überleben kämpft. Warum er das muss? Zum einen sicherlich darum, weil er vergessen ließ, dass die Kirche sich nicht um Vorrang und Macht und Ansehen und Rasse (ja, vor allem um die NICHT) zu kümmern hat, sondern um das Reich Gottes, das in ihr schon existent sein soll.

Freitag, 28. Juni 2019

Moskau und Paris

Wie hier zu lesen ist, hat ein Gespräch von Vertretern des Moskauer Patriarchats und dem Erzbistum der russisch-orthodoxen Gemeinden in Westeuropa (Rue Daru, Paris) am 21. Juni in Wien stattgefunden. Der Titel des Blogbeitrags wird sicherlich direkt Ablehnung in manchen Kreisen hervorrufen: "Die russisch-orthodoxe Kirche ist bereit, ihre Statuten für ihre Landsleute zu ändern". Dass es immer noch und vor allem um Versöhnung geht zwischen den beiden Seiten, darf nicht vergessen werden; dass politische Machenschaften keinesfalls die Kirche regieren dürfen, das muss klar sein: Als orthodoxe Christen sind wir alle "Landsleute", denn wir gehören zur Gemeinschaft der Heiligen, das himmlische Jerusalem ist unser aller Heimat. Es ist anzunehmen, dass der Blogtitel mit Bedacht gewählt wurde. Die beißenden Reaktionen sind nämlich vorherzusehen - der Menschen nämlich, die zu allem bereit sind, außer sich versöhnen zu lassen mit "den Russen", so will es manchmal scheinen! Wie wichtig ist es da, uns die himmlische Heimat eines jeden in Erinnerung zu rufen, nach der wir alle "compatriotes" sind, die nicht die Glorie dieses oder jenes "Neu-" oder "Neu-Neu-Rom" suchen, sondern die Verherrlichung Gottes durch den Frieden, der Christus selbst ist und den wir annehmen dürfen, wenn wir das wollen. Es drängt sich der Vergleich mit der Situation in der Ukraine auf, wo vor lauter Autokephalie und Hass auf Rußland das Wesentliche zerstört wurde - der Friede Christi zwischen Christen und sogar Nicht-Christen. 

Samstag, 22. Juni 2019

Schisma in der Ukraine - Ist die Position des Phanar wirklich nur kanonisch in Zweifel zu ziehen?


Nach der österlichen Festfeier beginnt in der orthodoxen Kirche traditionell wieder die neuerliche Vorbereitungszeit auf das kommende Osterfest. In diesem Jahr war die Festzeit überschattet von den kirchlichen Unruhen in der Ukraine, in Westeuropa und gezwungenermaßen dadurch auch in den anderen orthodoxen Kirchen. Am 20. Juni hat der ehem. Metropolit von Kiev, Filaret Denisenko, eine Lokalsynode abhalten lassen, auf der u. a. die Beschlüsse des "Vereinigungskonzils" vom vergangenen 15. Dezember in Kiev zurückgewiesen wurden. An sich ist diese Entwicklung nicht erstaunlich; sie war vorherzusehen, wenn man die Positionen der unkanonischen Entitäten auf dem ukrainischen Schlachtfeld sehen wollte: mit Kirchlichkeit hat die Positionierung gegen die kanonische ukrainische orthodoxe Kirche nichts zu tun. Das hätte jeder - sogar der Dümmste - wissen können. Kürzlich ordnete Patriarch Theodoros von Alexandrien die Ukraine-Frage der kanonischen Ordnung zu. Die neuesten Äußerungen von Filaret Denisenko sollten allerdings auch den eher dem Hellenismus nahestehenden Kirchen zu denken geben. Es geht hier nicht darum, die Positionen von Filaret Denisenko als richtig oder falsch einzuordnen. Es geht sicher auch nicht darum, dessen Wortmeldungen als Ausfluss von Egomanie oder Demenz zu brandmarken. Vielmehr muss es darum gehen, die Hintergründe zu erhellen, die scheinbar dem orthodoxen Ukraine-Konflikt zugrunde liegen. F. Denisenko behauptet im Vorfeld seiner Lokalsynode, dass das gesamte Autokephaliegebilde unlauter ist. Er begründet seine These mit der Feststellung, dass der Phanar hätte wissen müssen, dass sein neuernannter Außenminister Epifanij Dumenko, der eigentlich von der Vereinigungssynode im Dezember zum Oberhaupt der neuen Parallelkirche "der Ukraine" gewählt worden ist, gar keine Weihe besitzt,

Samstag, 2. Februar 2019

Menetekel auf Ukrainisch

"Menetekel" nach Rembrandt / Wikipedia
 Im Alten Testament wird vom "Menetekel" berichtet, jenem mahnenden und prophezeienden Schriftbild beim Festmahl des Belsazar (Dan 5,1-30). Man könnte es in Beziehung setzen zu jenem Abschnitt des Neuen Testaments, wo vom armen Lazarus die Rede ist (Lk 16,19-31): Als Warnung an die Lebenden soll der selige Lazarus zu den Verwandten geschickt werden, damit sie im künftigen Leben keine Qualen erleiden müssen... "Sie haben Mose und die Propheten, auf die sollen sie hören." (Lk 16,29). Tatsächlich bräuchten wir kein Menetekel, wenn uns nicht die ... Dummheit ... gefangen hielte. Ob sich irgendjemand davon freimachen kann? Schwierig wird es hingegen erst dann, wenn wir starrköpfig und verbissen "dumm" bleiben wollen. Auch wir haben Mose und die Propheten, ja: Wir haben den Erlöser, den Christus, der uns beispielhaft vorlebt, wie wir als Christen miteinander leben sollen.
Und so könnte es wie ein Menetekel wirken, wenn der Abt Ephraim vom Vatopaidi-Kloster auf dem Athos-Berg einen Herzinfarkt erleidet, als er in Kiew aus dem Flugzeug steigt, um - gezwungen, wie manche sagen - an der Inthronisation des Primaten auf einer Kiewer Kathedra teilzunehmen, die auf den Tränen und auch auf dem Blut vieler Orthodoxer errichtet wurde. Die selbst ernannten Mächtigen benutzen die Kirche zu ihren Zwecken und wollen Reiche aufbauen, die mit der Botschaft Christi nichts zu tun haben. Es sind Jurisdiktionen, die auf Hass und Abneigung, Antipathie und Groll basieren: So etwas hat in der Kirche keinen Platz und darf niemals Beweggrund für kirchliches Handeln sein. Die Predigt von Patriarch Johannes von Antiochia in Moskau am 1. Februar 2019 (hier einsehbar) macht das sehr deutlich. Ob Beziehungen zum KGB oder zum US-amerikanischen Geldadel - kein Menschen ist ohne Sünde und Fehler und Schwächen. Wer allein sündelose Menschen zu Bischöfen und Klerikern bestimmt wissen möchte, darf und kann sich nicht orthodox nennen, denn er verleugnet den orthodoxen Glauben und seine Schönheit. Als Kirche hingegen können die Menschen gegen Korruption und Verwirrtheit angehen - und die Christen sind sogar dazu verpflichtet, denn das gehört auch zu ihrer Berufung. Freilich: Es ist schwer, ohne zu verurteilen und ohne heftig zu reagieren den christlichen Weg zu beschreiten. Es erfordert viel Klugheit, sogar Weisheit, richtig zu handeln und dadurch das Wirken des Heiligen Geistes zuzulassen. Ein Menetekel braucht es dazu nicht mehr.   

Donnerstag, 31. Januar 2019

Politik als treibende Kraft kirchlichen Handelns?

"Es gab Epochen, da hatte das Patriarchat von Konstantinopel seine hohe Zeit... seine einstige Herrlichkeit ist in eine blasse Erinnerung umgeschlagen, und dieses schismatische Verbrechen, mit welchem es sich in der Ukraine rühmt, wurde zur größten Herausforderung für die Orthodoxie im 21. Jahrhundert."(Quelle)
Schon lange wird als bekannt vorausgesetzt, dass das Patriarchat in Istanbul einzig durch die finanzielle Unterstützung aus den USA bestehen kann. Die neuesten Entwicklungen haben dazu geführt, dass nicht nur die phanariotischen Finanzpolitik, sondern auch seine Kirchenpolitik als gänzlich abhängig von äußeren - also nicht-kirchlichen - Kräften eingestuft wird. Und es fällt schwer, bei den gegenwärtigen, durch die phanariotische Politik hervorgerufenen Zuständen von etwas anderem auszugehen, das darf eingestanden werden. Gleichzeitig kann man nun lesen, dass die Kirche ohne "Konstantinopel" nicht existiert und nicht existieren kann... Und dass die "griechische Nation" einen Vorrang hat, so Patr. Bartholomäus: "Unsere slavischen Brüder können den Vorrang des ökumenischen Patriarchats und unserer Nation - übersetzbar sogar mit 'Rasse' (genos)... - in der Orthodoxie nicht ertragen." (zitiert u. a. HIER). Es scheint, dass sich der orthodoxe Christ entscheiden sollte, und diese Entscheidung hat etwas mit einer Wahl zu tun, nämlich: Für etwas einzutreten und das Andere für sich zu verwerfen. Der Christ wird den Weg des Evangeliums wählen, der unpolitisch ist. Der Christ lebt nicht in der "polis", sondern in Christus! Deshalb wird es die Kirche auch ohne "Konstantinopel" geben, wie es sie auch ohne "Rom", "Moskau" etc. geben wird.

Freitag, 25. Januar 2019

Das Gebet der Kirche...

Bildquelle
 Aus Psalm 72:

Wie gut ist Gott zu Israel, zu denen, die rechten Herzens sind!
Aber meine Füße wären bald gestrauchelt; meine Schritte wären bald ausgeglitten.
Denn ich ereiferte mich über die Ungerechten, da ich den Frieden der Sünder sah.
Denn sie denken nicht an ihren Tod, und ihre Plage dauert nicht an.
Die Mühsal der Menschen haben sie nicht, und werden nicht geschlagen mit den Menschen.
Darum sind sie von der Hoffart besessen, bedeckt mit ihrem Unrecht und ihrer Gottlosigkeit.
Es kommt gleichsam aus Fett ihre Bosheit; sie gehen den Gelüsten ihres Herzens nach.
Sie setzen ihren Mund in den Himmel; und ihre Zunge redet zu allem auf der Erde.
Darum wendet sich mein Volk ihnen zu, dass sie gute Tage bei ihnen fänden.
Und sie sagen: Wie sollte Gott etwas wissen, ist denn Kenntnis davon bei dem Höchsten?
Siehe, es sind Sünder, und haben doch Überfluss in der Welt, Reichtümer an sich gebracht.
Und ich sprach: So hab ich umsonst gerecht gemacht mein Herz, unter den Unschuldigen gewaschen meine Hände?
[...]
Ich dachte nach, um es zu verstehen, aber es war mir zu mühsam, bis ich ins Heiligtum Gottes einging, und merkte, was ihr Ende sei.
Denn auf trügerischen Grund hast Du sie gesetzt, sie gestürzt, da sie erhoben waren.
Wie sind sie verwüstet worden, plötzlich dahingeschwunden, untergegangen um ihrer Bosheit willen!
Wie einen Traum der Aufwachenden so wirst Du, Herr, in Deiner Stadt ihr Bild verschwinden machen.
[...]
Schmachtet auch mein Fleisch und mein Herz; meines Herzens Gott und mein Anteil ist Gott in Ewigkeit.
Denn siehe, die sich weit von Dir machen, kommen um; Du vertilgst alle, die von Dir abfallen.
Mir aber ist Gott nah' zu sein gut; auf Gott, den Herrn, meine Hoffnung setzen gut,
auf dass ich verkünde all Dein Lob in den Toren der Tochter Zion!

Dienstag, 22. Januar 2019

Theologische Annäherungen an die orthodoxe Krisensituation

Die hl. Theophanie
Quelle: orthpedia.de

In der gegenwärtigen Situation einer ängstlichen Verunsicherung bei vielen orthodoxen Gläubigen darf man die tröstenden Momente nicht vergessen! Unter anderem sind das sicherlich die ermutigenden Worte aus Kiew selbst, vom dortigen Metropoliten Onuphrij, der in den Katastrophen der letzten Wochen und Monate eine reinigende geistliche Kraft sieht.
Kürzlich hat sich der Rat des Erzbistums der russisch orthodoxen Gemeinden in Westeuropa, bis 2018 als Exarchat zum ökumenischen Patriarchat gehörend, zu Wort gemeldet. Der ausführliche und sehr klare Text (s. Verweisungen auf franz., engl., dt. Übersetzungen und interessanten Zusatzinformationen im engl. Pressebericht) schließt etwas verwunderlich - allerdings nur auf den ersten Blick:
< [...] „Denn“, so der Apostel Paulus weiter, „Gott ist nicht ein Gott der Unordnung, sondern ein Gott des Friedens“ (1Kor 14,33); das Gegenteil der Unordnung ist folglich nicht die Ordnung, sondern der Friede. >
Die aktuelle Situation der Kirche spiegelt wider, was der Apostel Paulus anmahnt: Der Phanar in Istanbul verweist immer und immer wieder auf sein Recht, die "Ordnung" herzustellen; und er tut das unter Umgehung oder sogar durch Missachtung der canones, indem er seine Stellung vorschiebt als Erstsitz mit oberster Gewalt. Ganz abgesehen davon, dass nun noch mehr Unordnung herrscht (siehe HIER), hat sich dadurch eine ganz neue Situation ergeben, nämlich eine Schwebesituation in Glaubensfragen. Bis jetzt hat sich noch kein berufenes Organ bereiterklärt, den orthodoxen Glauben mit den jüngsten Ereignisse in der Ukraine explizit in Verbindung zu bringen. Der letzte Teil des oben zitierten Satzes tut das verhalten, wenn er auf die Verkündigung des Evangeliums anspielt und folglich auf das Erbe, dass der Kirche von ihrem Haupt Jesus Christus übergeben wurde: "Meinen Frieden gebe ich euch." (Joh 14,27), das ist die Antwort auf die "Ordnung" der Gesetze, die unantastbar war und den Tod des Gottessohnes nach sich gezogen hat. Denn diese Ordnung war zu einem Alten Bund geworden, an dessen Stelle ein Neuer Bund getreten ist: Wieder ist Gott selbst Urheber dieses Neuen Bundes, und er ist selbst Garant für die Gültigkeit dieses Bundes - durch sein Blut und seine Hingabe, aber auch durch sein Tun. "Er hielt nicht daran fest, wie Gott zu sein, [...] sondern er erniedrigte sich und war gehorsam bis zum Tod, bis zum Tod am Kreuz." (Phil 2,5-8). Der letzte Satz des Kommuniqués jenes Rates des Exarchats fordert im Grunde die letzte Konsequenz ein, um die man sich noch herumdrückt: das Bekenntnis zu Christus oder ein Verharren in der Ordnung, die den Frieden entbehrt. Dabei ist dieser Friede Christus selbst (vgl. Eph 2,14)! Der Hinweis auf diese wichtige Schlussfolgerung ist grundlegend: Die Ordnung muss mit dem Erlöser, dem Friedensfürst, verbunden sein, ansonsten bleibt sie Unordnung, ist sie ungeordnet - und Sünde!  

Donnerstag, 17. Januar 2019

Phantasma Constantinopolitanum

Von Istkart - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=32035980
Ein Artikel jagt den anderen, eine Enthüllung die andere. Die Fronten verhärten sich beiderseits, nicht nur im sogenannten Moskau freundlich gesonnenen Lager. Was verwundert, ist die hektische Bereitschaft, These nach These zu formulieren und das jeweils unterstützte Lager mit fundierten Standpunkten in seinem Recht zu bestärken, fortzufahren in seiner Politik. Während man seitens des Phanar mit wenigen Wochen rechnet, bis die neue Entität, gebildet aus den schismatischen Gruppierungen der Ukraine, von den orthodoxen Kirchen anerkannt wird, glauben andere nicht mehr an ein Einlenken des einstigen Konstantinopel. Mit Nachdruck verweist Patriarch Irenej von Serbien auf den wichtigen Umstand, dass es nicht darum geht, "Konstantinopel" oder "Moskau" zu unterstützen, sondern dass es um die orthodoxen "canones" geht, also um Verhaltensregeln, die der besseren Organisation dienen und die eigentlich die Weisungen des Evangeliums ergänzen. Im Wust der Anklagen und Verteidigungen fällt auf, wie wenig sich die Verfasser um die Fundamente kümmern können: um die Grundlagen der christlichen Orthodoxie, die tiefer gehen, als jeder "canon", und sei er auch apostolisch! Die Verletzlichkeit ist groß auf beiden Seiten, wenn man schon im Bild der Fronten bleiben möchte. Allerdings hat der Phanar damit zu kämpfen, dass ihm sein Überleben zugestanden wird. Eine recht ausgewogene Analyse der gegenwärtigen Situation in engl. Sprache bietet Anna Stickles. Der Fokus ihrer Beobachtungen liegt hier auf den Auswirkungen jener Autokephalie der ukrainischen Schismatiker, die von einem Freiheitsbegriff ausgeht, der wohlwollend als naiv, auf die konkrete Situation gezogen hingegen nur als fatal bezeichnet werden kann. Die Autorin versucht in ihren Ausführungen zudem, die Schieflage zu erklären, die sich aus den unterschiedlichen Deutungen der "canones" ergibt. Denn diese kirchlichen Richtlinien müssen auch kirchlich, d.h. geistlich interpretiert werden. Es genügt keine historisch-kritische Exegese des kirchlichen Rechts! Dieser Umstand scheint nicht in vollem Umfang Beachtung gefunden zu haben. Das zeigt sich an manchen Entscheidungen der jüngeren Geschichte, nicht erst in Estland und nicht erst in der Ukraine.
Wo aber versteckt sich das "phantasma constantinopolitanum" der Überschrift, jenes "Schreckgespenst Konstantinopels"? Es verbirgt sich vielleicht hinter der Angst und der Panik, dass es nicht mehr weitergeht. Diese Panik wird nur allzu deutlich in den Aktionen des Phanar und in der Art, Kirchenpolitik zu betreiben. Ist diese Angst begründet? Ganz sicher nicht! Auch wenn man das im Phanar anders sieht: Die orthodoxe Kirche wird weiterleben, auch wenn es keines der alten Patriarchate mehr geben sollte. Konstantinopel gibt es schon lange nicht mehr; und die Kirche hat mehrere Jahrhundert "überlebt", ohne dass es das "Neue Rom" gab. Es ist die verzwickte Interpretationslage der "canones", die die Existenz der Kirche Christi an kanonistische Gesetzesinterpretationen und ihnen zugrunde liegende "canones" zu binden versucht, dabei aber die Kirche als Leib Christi außen vor lässt! Dieser geheimnisvolle Leib Christi ist hingegen viel wichtiger, ja vielleicht die einzig wichtige Wirklichkeit, die zählt. Diese Realität hingegen gibt es, sie lebt als Kirche in einer Welt, deren Landesgrenzen sich, je nach politischer Lage, verschieben können. Das gibt der Kirche nicht das Recht, ihr Grundgesetz zu verwerfen und den Machthabern dieser Welt hinterherzulaufen. Die Menschen in der heutigen Ukraine gehören nicht deswegen zum ukrainischen Volk, weil sie 1991 auf der "richtigen" Seite der Grenzziehung gelebt haben. Zum Selbstverständnis eines Volkes gehört mehr, als nur pubertäre Politik mit fatalen Folgen. Ein solches, echtes Volk wird mit den Feindbildern nichts anfangen können - vor allem nicht mit dem Feindbilder des machtbesessenen Russen. Für viele moderne Staatsgebilde gilt das gleichermaßen, auch für das deutsche: Die Völker auf deutschem Boden eint heute eine große Staatenföderation (!) als deutscher Staat. Es wäre hingegen ein schlimmes Zeichen, würde die Kirche sich immer den herrschenden politischen Denkmustern anpassen und so ihre vermeintlichen Zuständigkeiten regeln wollen. Das wäre ein jeweils übertragenes "phantasma constantinopolitanum" in Reinform - und ein phänomenales Versagen einer Ekklesiologie, die nur noch dem Namen nach orthodox genannt werden könnte.