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Donnerstag, 17. Januar 2019

Phantasma Constantinopolitanum

Von Istkart - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=32035980
Ein Artikel jagt den anderen, eine Enthüllung die andere. Die Fronten verhärten sich beiderseits, nicht nur im sogenannten Moskau freundlich gesonnenen Lager. Was verwundert, ist die hektische Bereitschaft, These nach These zu formulieren und das jeweils unterstützte Lager mit fundierten Standpunkten in seinem Recht zu bestärken, fortzufahren in seiner Politik. Während man seitens des Phanar mit wenigen Wochen rechnet, bis die neue Entität, gebildet aus den schismatischen Gruppierungen der Ukraine, von den orthodoxen Kirchen anerkannt wird, glauben andere nicht mehr an ein Einlenken des einstigen Konstantinopel. Mit Nachdruck verweist Patriarch Irenej von Serbien auf den wichtigen Umstand, dass es nicht darum geht, "Konstantinopel" oder "Moskau" zu unterstützen, sondern dass es um die orthodoxen "canones" geht, also um Verhaltensregeln, die der besseren Organisation dienen und die eigentlich die Weisungen des Evangeliums ergänzen. Im Wust der Anklagen und Verteidigungen fällt auf, wie wenig sich die Verfasser um die Fundamente kümmern können: um die Grundlagen der christlichen Orthodoxie, die tiefer gehen, als jeder "canon", und sei er auch apostolisch! Die Verletzlichkeit ist groß auf beiden Seiten, wenn man schon im Bild der Fronten bleiben möchte. Allerdings hat der Phanar damit zu kämpfen, dass ihm sein Überleben zugestanden wird. Eine recht ausgewogene Analyse der gegenwärtigen Situation in engl. Sprache bietet Anna Stickles. Der Fokus ihrer Beobachtungen liegt hier auf den Auswirkungen jener Autokephalie der ukrainischen Schismatiker, die von einem Freiheitsbegriff ausgeht, der wohlwollend als naiv, auf die konkrete Situation gezogen hingegen nur als fatal bezeichnet werden kann. Die Autorin versucht in ihren Ausführungen zudem, die Schieflage zu erklären, die sich aus den unterschiedlichen Deutungen der "canones" ergibt. Denn diese kirchlichen Richtlinien müssen auch kirchlich, d.h. geistlich interpretiert werden. Es genügt keine historisch-kritische Exegese des kirchlichen Rechts! Dieser Umstand scheint nicht in vollem Umfang Beachtung gefunden zu haben. Das zeigt sich an manchen Entscheidungen der jüngeren Geschichte, nicht erst in Estland und nicht erst in der Ukraine.
Wo aber versteckt sich das "phantasma constantinopolitanum" der Überschrift, jenes "Schreckgespenst Konstantinopels"? Es verbirgt sich vielleicht hinter der Angst und der Panik, dass es nicht mehr weitergeht. Diese Panik wird nur allzu deutlich in den Aktionen des Phanar und in der Art, Kirchenpolitik zu betreiben. Ist diese Angst begründet? Ganz sicher nicht! Auch wenn man das im Phanar anders sieht: Die orthodoxe Kirche wird weiterleben, auch wenn es keines der alten Patriarchate mehr geben sollte. Konstantinopel gibt es schon lange nicht mehr; und die Kirche hat mehrere Jahrhundert "überlebt", ohne dass es das "Neue Rom" gab. Es ist die verzwickte Interpretationslage der "canones", die die Existenz der Kirche Christi an kanonistische Gesetzesinterpretationen und ihnen zugrunde liegende "canones" zu binden versucht, dabei aber die Kirche als Leib Christi außen vor lässt! Dieser geheimnisvolle Leib Christi ist hingegen viel wichtiger, ja vielleicht die einzig wichtige Wirklichkeit, die zählt. Diese Realität hingegen gibt es, sie lebt als Kirche in einer Welt, deren Landesgrenzen sich, je nach politischer Lage, verschieben können. Das gibt der Kirche nicht das Recht, ihr Grundgesetz zu verwerfen und den Machthabern dieser Welt hinterherzulaufen. Die Menschen in der heutigen Ukraine gehören nicht deswegen zum ukrainischen Volk, weil sie 1991 auf der "richtigen" Seite der Grenzziehung gelebt haben. Zum Selbstverständnis eines Volkes gehört mehr, als nur pubertäre Politik mit fatalen Folgen. Ein solches, echtes Volk wird mit den Feindbildern nichts anfangen können - vor allem nicht mit dem Feindbilder des machtbesessenen Russen. Für viele moderne Staatsgebilde gilt das gleichermaßen, auch für das deutsche: Die Völker auf deutschem Boden eint heute eine große Staatenföderation (!) als deutscher Staat. Es wäre hingegen ein schlimmes Zeichen, würde die Kirche sich immer den herrschenden politischen Denkmustern anpassen und so ihre vermeintlichen Zuständigkeiten regeln wollen. Das wäre ein jeweils übertragenes "phantasma constantinopolitanum" in Reinform - und ein phänomenales Versagen einer Ekklesiologie, die nur noch dem Namen nach orthodox genannt werden könnte.

Montag, 18. November 2013

Ein Schnappschuss fürs Herz


... von Metropolit Stephanus von Tallinn und einer seiner Diözesanen, aufgenommen während des Pastoralbesuchs von Patriarch Bartholomäus in Estland im Spätsommer 2013.


Montag, 9. September 2013

Patriarch Bartholomäus von Konstantinopel und Metropolit Stephanos von Tallinn. Quelle: Fanarion
Die Estnische Apostolische Orthodoxe Kirche kann ihren 90. Geburtstag feiern: 1923 wurde ihr vom Ökumenischen Patriarchat die Autonomie verliehen, da nach der russischen Revolution und der Selbstandigkeit Estlands dieser Schritt nahelag. Lange Jahre musste die Estnische Orthodoxe Kirche im Verborgenen weiterbestehen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde sie in die Russische Orthodoxe Kirche eingegliedert. Ihre Erbe konnte nur von Exil-Esten weitergetragen werden. Im Jahr 1996 schließlich setzt das Ökumenische Patriarchat die im Schwebezustand gehaltene Autonomie erneut in Kraft, was nicht wenige Differenzen zwischen der Russischen und der Estnischen Kirche heraufbeschwor. Die Trennlinie zwischen Ortskirche und "Nationalkirche" bleibt in dieser Frage immer sichtbar und macht sich schmerzhaft bemerkbar. Der Metropolit von Estland, Stephanos von Tallinn, hat aus Anlass der 90-jährigen Geschichte der Estnisch Orthodoxen Kirche und des Besuchs des Ökumenischen Patriarchen in Estland eine Rede gehalten, die HIER in franz. Sprache eingesehen werden kann. Auch die deutsche Vergangenheit des Baltikums kommt darin zu ihrem Recht, zumal alle Konfessionen gleichermaßen unter der Gewaltherrschaft des Bolschewismus zu leiden hatten.