vor 5 Jahren
Montag, 28. Februar 2022
... wenn wir bei Gott ausharren...
Die Überschrift ist der Schluss eines tröstenden Wortes eines russischen Priesters an eine aufgelöste Gläubige nach der Liturgie, am gestrigen Sonntag des Gerichts, nördlich von Moskau. "Alles wird gut vorbeigehen, wenn wir bei Gott ausharren." Schon zum dritten Mal habe ich mir heute diesen Satz aufgerufen. Es ist schwer zu glauben, dass "alles gut vorbeigeht", wenn man die Nachtichten liest und die Verhärtungen selbst unter orthodoxen Christen mitbekommt. Im Westen wird ganz offen von Orthodoxen gesagt, dass die Gläubigen des "Moskauer Patriarchats" nun aufgeschmissen sind: Ihr Patriarch als Marionette Putins, ohen Willen und Stimme - da sei keine Berechtigung mehr gegeben, dem "Apparat" weiterhin zanzugehören. - Eine beschämende Logik! Wir im Westen sind weit mehr Marionetten des politischen Systems, als es die russische Kirche in den letzten 70 Jahren gewesen sein konnte. Im Westen sind wir gut installiert, Kirche und Kaiser sind hier traditionell eins, sie sind nicht nur aufeinander angewiesen, wie es die orthodoxe Tradition kennt. Eine beschämende Logik also, vor allem vor dem Hintergrund des Blutvergießens: Nach acht Jahren der kriegerischen Auseinandersetzungen im Donbass-Gebiet ist jetzt das russische Militär massiv offensiv geworden. Die Opfer der letzten acht Jahre zählen scheinbar so wenig, dass erst jetzt das Ausmaß der ukrainischen Katastrophe bemerkt zu werden scheint. Eine Katastrophe menschlichen Versagens - eine Last für das Gewissen all jener, die sich als im Westen lebend und als Bürger und Menschen des Westens verantwortlich fühlen für diesen Krieg! Es ist eine schwere Last, die sich bemerkbar macht: Es ist wieder wie bei Kain und Abel, um mit den Worten des Kiewer Metropoliten Onufrij zu sprechen. Und es ist schlimmer noch! Gott sei Dank, ich habe das Wort des Vaters Andrei oben schon übersetzt; ein viertes Mal brauche ich es heute nicht nachzuschlagen: "Es wird alles gut vorbeigehen, wenn wir nur bei Gott ausharren!" Möge Gott uns die Kraft schenken zur Verzeihung und zur Vergebung.
Freitag, 25. Februar 2022
Die Ukraine - ein geschundenes Land
Aufrufe über Aufrufe: Frieden für die Ukraine... So berechtigt diese Aufrufe sind: Wehe der Ukraine, wenn alles wieder so werden soll, wie es war! Die heutige Ukraine hat als Identifikation nicht etwa den Blick auf ein gemeinsames Volk, auch nicht auf eine gemeinsame Religion. Die Ukraine mit ihren politischen und teilweise auch kirchlichen Vertretern bauen auf die Macht und die Kraft des Hasses gegen Russland, gegen alles, was russisch ist und klingt. Gnade uns Gott, wenn das die Fundamente des ukrainischen Staats sein sollen, ja womöglich wieder werden sollen, wenn Russland beseitigt ist. Welche Perspektive für ein Land, dessen Territorium seit Jahrhunderten ein Spielball der polotischen Mächte war. Gott möge den Menschen in der Ukraine beistehen, wenn sich durchsetzen kann, was selbst kirchliche Vertreter wie Epifanij Dumenko sich wünschen: Friede durch Vernichtung und Hass! Es ist höchst fragwürdig, was in der Presse, auch in der kirchlichen, auch in der politisch gemäßigten, als Motivation Russlands und der russischen Kirche vermutet wird. Patriarch Kyrill wird "Selbstschutz" vorgehalten, wenn er sich als "willenloser Untergebener des Kreml" nicht für eine Ukraine einsetzen möchte, die sich weiterhin durch Unterdrückung und Hass definiert auf Kosten der vielen Menschen, die es verdient haben, in Frieden und Freiheit zu leben. Frieden und Freiheit gab es in all den Jahren nicht, da die Regierung der Ukraine als Marionette der westlichen Mächte alles tun durfte - nur eines nicht: dem vermeintlichen Gegner Russland die Hand reichen, zur Überwindung der geschichtlich gewachsenen, aber durch abgrundtiefen Widerwillen gegen alles Russische angefeuerten Ressentiments arbeiten, das freie, auch anti-westliche Wort gestatten! Die Ukraine hätte alles gewonnen, wenn man dort an den Schalthebeln der Macht, die doch nur von den wirklichen Machthabern außerhalb des Landes umgelegt werden, zumindest den Menschen des Volkes hätte dienen wollen, nicht dem, was als erstrebenswert und paradiesisch angepriesen wird, wo es doch in Wirklichkeit nur vergammelte, verrostete Schätze sind, mit denen keiner mehr etwas anzufangen weiß. Man hört die Aufrufe zum Frieden in der Ukraine! - Lassen wir auch Taten folgen, auf dass nicht der Hass, sondern die Liebe zur Grundlage des Friedens wird.
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Donnerstag, 24. Februar 2022
Ukraine, Russland und andere
Bildquelle: kremlin.ru via wikipedia. -
Was heute auf dem Bildschirm erscheint, wenn man zum Posteingang gehen möchte, unterscheidet sich nur geringfügig von dem, was monatelang dort zu sehen war: ein roter Streifen, auf dem die neuesten Meldungen zu lesen sind. Irgendwie will es scheinen, dass nicht die Menschen hinter den Nachrichten interessieren sollen. Es hat den Anschein, dass es um Beeinflussung geht, um die Lenkung des Volksgewissens. Dass die Presse heute durchaus dämlich hantiert, ist nicht von der Hand zu weisen. Wer die Schlagzeilen zu Bundeskanzler Scholz - "Das ist Putins Krieg!" - liest, denkt doch unweigerlich an die vielen Karikaturen, die mit ähnlichen Parolen gerade den Beschuldiger sehr alt aussehen lassen. Recht dämlich sind auch die Bilder, die verzerrte Gesichter der Politiker zeigen, um die Entschlossenheit sichtbar zu machen, die hinter den Anklagen stehen: Wir lassen nicht zu, dass Unrecht geschieht. Unrecht darf und durfte freilich sehr oft geschehen, wenn es in die machtpolitische und finanzpolitische Agenda passte. Unrecht darf auch jetzt noch geschehen, wenn es durch potente Magnaten gedeckt ist, die immer nur das Beste für die Menschen wollen, was jeder weiß. Die Menschen, die für die scheinbar Großen der Welt, im Westen wie im Osten, nicht interessant sein werden, da sie unbekannt bleiben werden, sehen in den Großen zu recht oft nur die ihnen Entfremdeten - und gerade daruch ja wirkliche "Möchtegerne", denen die Etwas-weniger-Großen zu Füßen liegen. Und zwar in der Verkennung der allzu schnelle Vergänglichkeit menschlicher Größe. Ja, die Schlagzeilen zu den Geschehnissen in der Ukraine, in Russland sind nicht sehr intelligent gewählt. Sie wirken wie umformulierte Kopien anderer Schlagzeilen, die sich - 10, 30, 80 Jahre alt - auch nicht für den Menschen interessierten, der litt und starb, sondern die mitreißen wollten: homo homini lupus. Doch so ist es nicht, denn wer dem anderen Menschen ein Wolf ist, ist kein Mensch mehr. Zwar will mir die Werbung, der "Mainstream", alles Moderne klarmachen, dass sich das Universum nur um mich dreht, aber dass das ebenso dämlich ist, wie die schlecht gewählten Schlagzeilen, könnte jedem schnell einleuchten. Der Mensch verliert, wenn das Du abhanden kommt. Das verräterische Photo mit dem verzerrten Biden-Gesicht als Siegespose gegen Putin ohne das Du des Gegenüber - es würde im Nichts verschwinden, denn einzig der Photographierte würde die Folgen seines Tuns zu tragen haben; das allerdings, ob er will oder nicht, immer in Beziehung zu den anderen Menschen. Wer in den Krieg zieht, führt ihn niemals nur gegen seinen Feind; es ist immer auch ein Krieg gegen sich selbst. Der "Teufel", gegen den wir im Gebet anzutreten haben, hat keinen bekannten (oder unbekannten) Namen: Er heißt "Hass" und "Unversöhnlichkeit" und "Egoismus", er lebt von jeder Tat, die nicht verziehen wird, und von der Vergangenheit, die unvergeben der Vergessenheit anheimgegeben wurde. Das sind die Dämonen, vor denen wir stehen sollten im Gebet und Fasten. Dann werden sie weichen.
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Mittwoch, 16. Februar 2022
Die Causa ROCOR - Rue Daru
Gott sei Dank! Die Versöhnung der zwei "Geschwister" konnte durch eine Einigung, durch persönlichen Kontakt und durch die Berufung auf die pastorale Notlage herbeigeführt werden. "ROCOR", also die russische Auslandskirche, ist ein historischer Teil des jetzigen "Archevêché des églises orthodoxes de tradition russe en Europe occidentale": Beide Institutionen haben seit ihrer Gründung als eine einzige Entität im Jahr 1920 unterschiedliche Richtungen eingeschlagen. Die ROCOR wurde schon bald, mindestens ab Mitte der 1920er Jahre, die oberste Institution für die russisch-orthodoxen Gemeinden außerhalb der russischen Grenzen. Relativ bald erfolgte der Bruch mit dem Moskauer Patriarchat aufgrund der politischen und dadurch auch kirchlichen Situation (bis 2007). Die Institution "Archevêché" (Rue Daru, Paris) verselbständigte sich ab Mitte der 1920er Jahre ebenfalls. Sie wurde geleitet vom Metropoliten Eulogius, dem 1921 die gesamten russischen Auslandsgemeinden unterstellt worden waren, auch jene der späteren ROCOR, der aber seine Rechte nicht durchsetzen wollte und sich daher auf die damals mit "Westeuropa" umschriebenen Gebiete (Teile des heutigen Ost-, sowie Mittel-, Nord- und Südeuropa) beschränkte. Seine Jurisdiktion unterstellte sich, ebenfalls aus politischen Gründen, ab 1930/31 dem ökumenischen Patriarchat (bis 2019). Der Streit zwischen den Diözesen von Großbritannien und "Rue Daru" entbrannte aufgrund von Rechtsfragen. Die unterschiedliche Handhabung der Kirchendisziplin führte mindestens ab Anfang 2021 zu Spannungen innerhalb des ROCOR-Bistums, die nicht zu lösen waren. Diese Situation sollte durch eine pastorale Hilfskonstruktion abgemildert, wenn nicht gelöst werden: Das scheiterte nicht nur aufgrund von Verständigungsproblemen; es belastete auch andere Institutionen außerhalb Großbritanniens. Dass beide, ROCOR und Rue Daru, sich nun versöhnen konnten, ist ein sicher notwendiger und - ebenso sicher - auch segensreicher Schritt. Nicht die eigenen Rechte, die "Orthodoxie" der kanonischen Wahrheit, auch nicht die bessere Rhetorik dürfen allerdings ausschlaggebend sein, wenn es um die Sendung der Kirche geht: Jeder der Beteiligten, den jetzt das einigende Band der communio wieder verbindet, darf mit Blick auf das Evangelium und auf den Auftrag der Kirche dankbar sein über das Geschenk der Versöhnung. Sind alle Beteiligten nun wirklich ins Boot geholt worden? Die Verlautbarung der ROCOR ist klar: Nein, es gibt Menschen, denen die Versöhnung der beiden Institutionen nicht zu einer Lösung ihrer Gewissensprobleme hat verhelfen können. Mit Blick auf das Kirche-Sein heißt das: Diese Menschen tragen weiterhin schwer an dem, was Auslöser und Grund der Entzweiung war. Sie tragen diese Last womöglich für all diejenigen, die jetzt wieder in communio stehen. Aus der Position des Unbeteiligten heraus gesprochen - falls es das in der Gemeinschaft der Kirche überhaupt geben darf! - kann das nur bedeuten: Die Kirche ist aufgefordert, sich bewusst zu machen, dass sie verantwortlich ist für die Menschen, die jetzt noch unter das Joch des Zwistes gebeugt sind. Der Sonntag des Zöllners und Pharisäers hat uns das deutlich machen wollen: Der Zöllner hat durch seine Worte "Gott, sei mir Sünder gnädig!" nicht eine rhetorische Demutsfloskel gebraucht, die ihn besser macht als den Pharisäer. Der Zöllner ist ein Sünder, vielleicht ein Betrüger, ein Helfershelfer der Okkupation und der Kolonialherrschaft. Sein Gebet bezieht sich auf wirkliche Schuld und Sünde! Aber er sieht, was falsch ist, was verdreht und "gottlos" ist an dem, was ihm als Ideologie vielleicht Halt und Kraft gegeben hatte. Der Pharisäer ist vor dem Gesetz zumindest in löblicher Weise gerechtfertigt. Er hält sich an das, was die Tradition und eine rigoristische Auslegung der canones vorschreiben. Aber ihm fehlt das Wesentliche: Er sieht nur sich und Gott, da ihm der Zöllner zwar auffällt, aber nur, um im besseren Licht dazustehen. Der Kirche ist ein solcher Blick verwehrt. Ohne alle anderen, die Geachteten oder Verachteten, die Geehrten oder auch Unehrenhaften, die Selbstsicheren oder Zweifelnden, die Machtbesessenen oder Unterdrückten, gibt es die Kirche nicht und gibt es keine Erlösung. Da trifft die "Causa ROCOR - Rue Daru" auf das Schisma in der Kirche: Es braucht die Versöhntheit und die communio und es braucht die mutige Entscheidung zur Versöhnung nach dem Vorbild des Zöllners, es braucht aber auch die Erkenntnis, was denn wirklich verdreht ist am Denken des Pharisäers. - Wie selbstverständlich, mit Betroffenheit gar, wünsche ich mich in die Rolle des Zöllners. Aber ich sehe nicht, dass die Haltung des Pharisäers in mir unbemerkt die Oberhand gewonnen hat, da sie pragmatisch ist, schlüssig und ... zutiefst unmenschlich.
Samstag, 12. Februar 2022
Das maskierte Schisma
Zuerst eine kleine, nicht vollständige Auflistung einiger Artikel zum Thema Schisma und Zerrüttung in den orthodoxen Patriarchaten (dem ökumenischen, von Moskau, von Alexandrien):
- Facebook-Eintrag von Orthodoxie aktuell
- Meldung auf Orthodox Christianity
- Motivation des russ. Eindringens in das Territorium des Patr. von Alexandrien
u. s. w., denn es gäbe noch zahlreiche Veröffentlichungen, die sich in den unterschiedlichen Sprachen zu diesem thema äußern; dazu kommen die Diskussionen zu diesen jeweiligen Beiträgen.
Auffallend ist indes, dass es wie eine "Sprachverwirrung" vorkommen muss, wenn sich die Parteiungen gegenseitig des Unrechts und der Missachtung von Gesetzen und Kanones bezichtigen. Das Schisma zwischen den Patriarchaten ist nicht da, weil Moskau auf seiner Position beharrt, weil der Phanar unrechtmäßig Moskauer Rechte beschnitten hat oder weil Moskau auf fremdes kirchliches Territorium übergreift.
Das Schisma existiert vor allem deshalb, weil die Kirche nicht auf Hass, nicht auf völkische Argumentationen, nicht auf Grenzverschiebung und politische Machtverhältnisse gründen kann, die heute so, morgen anders liegen werden. Das Schisma ist da, weil die sogenannte "Orthodoxe Kirche der Ukraine" ihre Existenz dem Hass und der Ablehnung alles "Russischen" verdankt. Dadurch war die Versöhnung der bis 2018 von der orthodoxen Kirche getrennten Menschen - praktisch aller Hierarchen, Kleriker etc. dieser Neuschöpfung des Phanar - einfach nicht möglich, da sie nicht gewollt war. Als Verwaltungsakt könnte sie - wer weiß das? - stattgefunden haben, doch das hat nichts mit dem zu tun, was Christus und was das Beispiel der Apostel der Kirche aufgetragen hat. Es ist eine abgrundtiefe Wunde: Wer unversöhnt und sogar verfälschend eine Kirchenstruktur errichten will, kann nur eine Nicht-Kirche hervorbringen, denn es fehlt das Wesentliche: die versöhnte Communio.
Diese mangelnde Fundamentierung wird im Phanar seit hundert Jahren durch "Rechtsakte" übertüncht, die im Grunde völlig widersinnig erscheinen: Am Beispiel der Gebiete von Finnland, Estland, jetzt der Ukraine lässt sich eine fatale Haltlosigkeit politischer Machtspiele aufzeigen. In Finnland war die Communio jahrzehntelang zerstört, die Menschen blieben zerstritten, die Mysterien waren nicht Zeichen der Gemeinschaft, sondern Zeichen der Trennung. Erst als das Leid zu groß wurde, als die Versöhnung nicht mehr per Aktennotiz vergegaukelt werden konnte, sondern mit Leben erfüllt werden musste, konnte die orthodoxe Kirche in Finnland Wirklichkeit werden. Das Beispiel Estland ist ähnlich zu bewerten: Was ist das für eine "Kirche", die sich gründet auf das Anti-Russische, so verständlich es vielleicht erscheinen könnte nach den Ereignissen der Okkupation etc. Ohne Versöhnung fehlt die Communio, fehlt im Grunde der "rechte Glaube", die Orthodoxie. Es braucht vieles nicht in der Kirche: der Mensch bleibt Sünder, er bleibt fehlerbehaftet, subjektiv und engstirnig. Was es allerdings braucht in der Kirche ist der Wille, in der Gemeinschaft der Kirche zu leben. Diese Kirche umfasst zwingend alle, die die Mysterien empfangen und als Christen leben wollen. Deshalb gibt es keine "Versöhnung zu Sonderkonditionen", die nur die einschließt, die mir genehm sind oder die mir ersparen könnte, die Versöhnung persönlich anzubieten. Fehlt diese Versöhnung, wird die Kirche ausgeschlossen, obwohl das Dekor scheinbar stimmt. Deshalb die nachgeholte Weihe von Männern, die aus dem Schisma in die Kirche zurückkehren, deshalb aber auch die Praxis, die Weihen von römisch-katholischen Klerikern anzuerkennen (nach dem Brauch des Moskauer Patriarchats): Eine Unversöhntheit (im oben dargelegten Sinne) ist bei diesen röm.-kath. Weihevorgängen nicht anzunehmen und die Aufnahme in die orthodoxe Kirche stellt eben keinen Verwaltungsakt dar, sondern eine tiefgehende, von Gott charismatisch bewirkte Heilung.
Unverständlicherweise tritt das Schisma zwischen dem Phanar, Moskau, Alexandrien, Jerusalem und Antiochien völlig in den Hintergrund, während die Folgen der schismatischen Situation in aller Munde sind. Lösungen lassen sich so freilich nicht finden. Denn die Problematik wir augenscheinlich, z. B. in den verlinkten Artikeln, überhaupt nicht benannt. Wer aneinander vorbeiredet, kann sich nicht wirklich verstehen.
Montag, 31. Januar 2022
Journalismus als Ideologiefalle?
Seit Tagen schon, wenn nicht gar seit Wochen, erscheinen reißerische Titel auf dem Bildschirm, sobald man zum Posteingang möchte. Es ist ermüdend, sie alle zu zitieren oder auch nur zu paraphrasieren... Erstaunlich ist ebenfalls die Bandbreite der Themen, die dergestalt abgearbeitet wird: Ratzinger, Mißbrauch, Putin, Diktaturen, Ukraine, Outing, Kriegsgefahr, Gas, Erdöl, USA, etc. Das alles wird in den Schlagzeilen zu etwas, was sich mit dem interessanten Begriff "Empörungsjournalismus" umschreiben ließe. Eben erst erschien auf dem Bildschirm der Titel: "Die SPD muss mit Gerhard Schröder brechen" (von Jan Rübel). Muss sie das wirklich? Wer befiehlt ihr das? Was hat die SPD davon - und was G. Schröder, was die Parteienlandschaft und was das eigene Gewissen? Politische Bildung ist sicher wichtig und heute mehr als notwendig, aber eine intensive Beschäftigung mit dem Hin und Her der politischen Meinung und dem, was hier und dort als neueste wissenschaftlich gestützte Wahrheit verkauft wird, das sei dem überlassen, der sich einer ziemlich lächerlich gewordenen Strategie von Opportunismus und schlecht versteckter Ironie im Politischen unterwerfen möchte. In Deitschland können wir froh sein über die neuen Anfänge nach dem 2. Weltkrieg, über das, was aufrichtige Menschen nach einer zermürbenden Zeitspanne von 12 Jahren unter und mit dem Nationalsozialismus aufbauen konnten. Vielleicht ist das ja auch der Grund, warum viele Menschen in Deutschland gerne klare Fakten herbeisehnen. Diese Fakten allerdings sind allzu oft nur eine schöne Kulisse: Es fehlt bis heute die grundlegende Aufarbeitung der Geschichte - um es mal allgemein zu formulieren. Leider reicht es ja nicht, sich artig an die Brust zu klopfen und die Fehler Deutschlands einzugestehen. Ich persönlich denke oft: Wahrscheinlich hätte ich nichts besser gemacht, als meine Verwandten und Kompatrioten. Ich hätte wohl ebenfalls zugestimmt, als der rechtmäßigen Staatsführung ihr Recht zugestanden wurde. Ich hätte wohl nur mit Mühe, wenn überhaupt, die sich leerenden Wohnungen und Geschäfte bestimmter Volksgruppen wahrgenommen - ob ich dann die Intelligenz besessen hätte, die richtigen Schlüsse zu ziehen? Ratzinger, Putin, und ich weiß nicht wem noch: Ihnen allen wird schlimmstes Versagen und despotisches, uneinsichtiges Verhalten vorgeworfen. Im Falle Ratzinger mehren sich plötzlich andere Stimmen, die auf einmal schwarz auf weiß vorzeigen, dass eine gegenteilige Aussage zu der bis vor kurzem vorliegenden und schon wiederrufenen ja vor fast zwei Jahren für jeden nachlesbar in einer Biographie erwähnt wird. Der "Empörungsjournalismus" zählt auf die sündelosen Leser und die ganz reinen Intelligenten, die vor der Unvollkommenheit des Anderen voller Ekel aufschreien, während die eigene Begrenztheit und vielleicht auch Sündhaftigkeit mit großer Geste zugedeckt wird. Es hat immer etwas Erschütterndes, wenn die eigene Meinung und Überzeugung, und sei sie auch wohlbegründet, als einzig vernünftige und sinnvolle und rechtmäßige Optionen (Was sage ich: Optionen?) hingestellt werden. Natürlich kann auch da etwas Wahres zu finden sein, aber sicher nicht die Wahrheit und der einzige Sinn! Ich würde gerne den reißerischen Titel des vollendeten Journalismus einer großen deutschen Zeitung lesen, der jetzt, nach doch recht vielen Jahren, anstelle des "Wir sind Papst!!!" sich bereit zeigt zu schreiben: "Wir sind Lügner!!!" Und doch wäre es kein Trost.
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Dienstag, 25. Januar 2022
Aktuell und ergänzend zur Einschätzung des Ukraine-Konflikts - die "nouvelle théologie"
Es ist und bleibt verstörend und verletzend für die Christen, dass aus der christlichen, kirchlichen Gemeinschaft Beauftragte - Kleriker also, die ausgesondert wurden, folglich auch nicht durch Anspruch und Willen diesen Dienst übertragen bekamen - durch Unversöhnlichkeit und mangelnde Kommunikationsbereitschaft alle anderen mit sich in den Strudel der Entzweiung reißen. Denn, wie kürzlich dargelegt: Es geht nicht mehr um Kirchenpolitik, auch nicht um Geopolitik, auch nicht um Rache. Es geht jetzt um die Kirchlichkeit. Ein bescheiden daherkommender Begriff von enormer Tragweite. Wie es scheint, läuft alles hinaus auf eine Verdeutlichung der Positionen. Wo kann die orthodoxe Kirche nicht nur "kanonisch", sondern auch in ihren Mysterien und in ihrem Charisma weiterleben und weiter ihrer Sendung treu bleiben.
In einem englischsprachigen Artikel wird dieses Problem von einem Bischof der griechischen Kirche aufgeworfen. Als Verteidiger der russischen Position im Ukraine-Konflikt sieht er in der Einrichtung eines Exarchats in Afrika durch die russische Kirche einen schweren Fehler, einenen Gesichtsverlust der russischen Kirchenpolitik, die er bislang ja unterstützt hatte. Genau hier zeigt sich die beklemmende Verzerrung der Positionen, je nach Penchant und Kulturkreis, so will es bald scheinen. Metropolit Seraphim, um dessen Position es hier geht, hat canones, Rechte, Bestimmungen und ein "Protokoll" innerkirchlicher Beziehungen vor Augen. Er sieht den Konflikt zwischen dem Phanar, Moskau und Alexandrien als misslungene geopolitische Aktion dreier sich mittlerweile nicht mehr verstehender Bürokratien.
Dabei ist man geneigt, die Position der russischen Kirche ganz anders einzuordnen: Ist es wirklich zu weit hergeholt, die Gnadengaben des Heiligen Geistes an die menschliche Einwilligung zu binden, für diese Gnadengaben auch empfänglich zu sein? Ist es unverständlich, wenn das Evangelium eindeutige, strenge und unmissverständliche Worte findet, wie die Beziehung zwischen Gott und Mensch gelingen kann? Ist es weiters missverständlich formuliert, wenn die Mysterien der Kirche nicht auf Hochrechnung bestimmter vorhandener oder nicht vorhandener Komponenten funktionieren, sondern aufgrund der gesamten und intakten divino-humanen Realitäten des Kirche-Seins? Erzbischof Anastasius von Albanien hat unmissverständlich betont, dass genau diese Realität zerbrochen ist, wenn die Versöhnung fehlt. Er kann sich dabei stützen auf die Worte des Evangeliums, die jedes Opfer nichtig nennen, das unversöhnt dargebracht werden soll. Versöhnt heißt hier nicht: Unterscrhreibe eine offizielle Aktennotiz der Versöhnung und die Rechnung stimmt wieder. Versöhnt heißt hier konkret: Räume zuerst die Unversöhntheit aus der Welt, und zwar vor Gott und der Kirche, vor allen Beteiligten ("... versöhne dich zuerst mit deinem Bruder ...", Matth 5,23f.) Es reicht bei weitem nicht, symbolisch im Tempel den Zerknirschten zu mimen - bei fortdauerndem Hass, Unversöhntheit und Gewalt ist die Maske der Versöhnung eine Täuschung.
Dass man zwei kirchliche Strukturen in Afrika hat, ist ein Akt der Verzweiflung, nicht der Geopolitik, erst recht nicht der Kirchenpolitik. Alle sind von nun an betroffen, denn alle haben sich zu sorgen um die Kirche, die nicht auf Gesetze und Protokolle gegründet ist, sondern auf Jesus Christus, der nicht Grieche, nicht Russe, nicht Serbe oder Rumäne oder Römer war. Dass der Herr der Kirche nicht nur war, sondern auch ist und sein wird, macht jede Kirchen- oder Geopolitik so erbärmlich für die Gewinner und für die Verlierer, ob sie es merken oder nicht. Für uns ist es ein Trost: Die Erbärmlichkeit wird keinen Bestand haben, wenn wir festhalten am Evangelium.
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