Mittwoch, 23. Januar 2019

Akademische Annäherungen an orthodoxe Problematiken




Aula magna in Padua - Quelle: Wikipedia

Man sollte die Theologie nicht mit der Religionswissenschaft verwechseln. Sehr gut lässt sich auf akademischem Niveau ein die Religionen betreffendes Thema behandeln. Doch dadurch wird es noch lange nicht zur Theologie. Aus orthodoxer Sicht ist die Theologie zuallererst der gelebte und vor allem auch erlebte Glaube. Natürlich wird er kommuniziert, "theologisch" geschieht das jedoch nicht auf dem Niveau der Wissenschaft, sondern auf dem Niveau der Kirchlichkeit, was bedeutet: im Lebensgefüge des Leibes Christi, der die Kirche ist.
Das vorausgeschickt, sollen andere zu Wort kommen, Menschen also, die sich bemühen werden, die Theologie und die Wissenschaft einfließen zu lassen in ihre Überlegungen, die aufgrund ihrer Ausbildung der akademischen Linie zu folgen haben:
Vater Georgij Maximov analysiert die gegenwärtige Situation der Mächtespiele in der Orthodoxie. Er führt an, dass die momentane Verunsicherung in der orthodoxen Welt nicht die erste innerorthodoxe Zerreißprobe darstellt. Die kontroverse Auslegung bestimmter 'canones' im Hinblick auf die konstantinopolitane Autorität zieht sich durch die Kirchengeschichte, wobei die neueste Zeit privilegiert ist. Vor allem seit Beginn des 20. Jahrhunderts versucht der Phanar die Diaspora in seine Jurisdiktion zu ziehen: Finnland, Estland, Polen, Amerika, u.v.m. Der Autor betont, dass es nicht nur die russische Kirche war, die sich dem Anspruch Istanbuls stellen musste. Er zeigt aber auch auf, dass der Phanar mit der Aufhebung der Kommuniongemeinschaft die Kirche von Griechenland bedroht hatte, als diese im Jahr 2003 einige ihrer Diözesen nicht dem ökumenischen Patriarchat unterstellen wollte. Das geschah dann tatsächlich, nämlich im des Friedens willen, nicht, weil dem Phanar dieses Recht zugestanden wurde! Auch das sollte bedacht werden, wenn man die heutige Situation beurteilen möchte, abgesehen von dogmatischen Gründen, die ebenfalls im Raum stehen sollten. Es reicht jedenfalls bei weitem nicht, sich mit der Bemerkung aus der Affäre zu ziehen, dass jede der Parteien doch ihre Leichen im Keller liegen hätte. Das ist zwar korrekt, wird aber der theologischen Realität keinesfalls gerecht, die nicht die sozio-politischen Hintergründe interessiert, sondern das Leben in Christus.
Alexej Ossipov, ebenfalls in Rußland lehrend, beschreibt ganz ähnlich, welche Hintergründe der momentanen Autoritätskrise zugrundeliegen, auch mit einem Blick auf die römischen Verhältnisse.
Metropolit Kallistos Ware referiert auf einem Kongress in Iasi (Rumänien) über eben jene Problematik, die heute zum Schisma in der Orthodoxie geführt hat: "Synodalität und Primat". Mit besonderer Klarheit verweist er auf den Umstand, dass das "Konzil von Kreta 2016" heute von niemandem mehr als pan-orthodox apostrophiert würde. Zu offensichtlich war die pan-orthodoxe Uneinigkeit in der Art und Weise der Organisation und hinsichtlich des Ablaufs, ganz zu schweigen von den zu behandelnden Themen.

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