Montag, 18. Juli 2011

Mönchtum und Zeitgeist - Alain de Lille

Die Gebeine des "Doctor universalis" Alain de Lille bei der Exhumierung in Cîteaux. Photo: Cistopedia

Das Zisterzienser Menologium, also jenes Buch, in dem die Heiligen und hervorragenden Gestalten der Kirche und des Mönchtums für jeden Tag aufgelistet und mit einer kurzen Lebensbeschreibung geehrt werden, hat vor Kurzem an den Konversen Alanus ab insulis, Alain de Lille, erinnert. Er starb kurz nach 1200 in Cîteaux als Laienbruder, nachdem er zuvor lange Zeit an verschiedenen Universitäten gelehrt hatte. Er ist bekannt als "doctor universalis", als umfassend (gebildeter) Lehrer. Was konnte einen Menschen wie ihn dazu bewegen, in Cîteaux einzutreten, einem Kloster, das die Wissenschaft wahrhaftig nicht zu seinem Hauptbeschäftigungsgebiet machen wollte. Und was ließ ihn dort als Konverse eintreten, in eine Gemeinschaft von Laienbrüdern also, die vor allem der Handarbeit lebte, die sie durch intensives Gebet zu ihrer Anbetung Gottes machen wollten. Als Konverse war es ihm aber verboten, Bücher zu lesen. War es die Gottsuche, die Alains Herz bewogen hatte, sich in seinen letzten Jahren dergestalt umzuorientieren? Heute begegnen wir so einem Verhalten meistens mit Unverständnis, obwohl wir voller Hochachtung auf die vergangenen Zeiten und ihre Heiligen schauen. Wer heute tatsächlich ausbricht, die Einsamkeit sucht, die Bequemlichkeit ablegt, den sozialen und kirchlichen Nutzen hinanstellt und sein Herz so Gott schenken möchte, der wird es schwer haben, vor allem auch in der Kirche. Hatte Alain de Lille durch sein großes Renommée ein natürliches Schutzschild, um die Angriffe abstreifen zu können, die ihn nicht verschont haben werden? Oder waren die Zeiten damals noch gnädiger mit den Gottsuchern? Mönchtum und Zeitgeist passen nicht zusammen. Und dennoch: Mönchtum und Zeitgeist brauchen einander! Ohne den Zeitgeist würde das echte Mönchtum wohl verflachen, da der Stachel fehlte, der die menschliche Routine aufstacheln muss, damit sie sich besinnt. Spüren wir den Stachel heftig genug? Ist im akademischen Betrieb nicht oft genug zu spüren, dass z.B. hinter wissenschaftlichen liturgischen Abhandlungen wenig Platz ist für Gott? Wer in diesem Fall aber die Wissenschaft vom Glauben trennt, der kann den wissenschaftlichen Ansprüchen nicht genügen. Und genauso wenig kann das Mönchtum seinem genuinen Anspruch genügen, "Gottes zu sein", wenn seine Vorzeichen sich geändert haben, wenn es zuerst auf den Menschen schielt, obwohl es in ihm zuerst das erhabene Bild des Schöpfers sehen darf.

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