Freitag, 29. Juli 2011

Hl. Isaak der Syrer - Asketische Reden IX


Aus der 85. Rede:
29. Frage: Was ist das Zeichen dafür, dass ein Mensch die Reinheit des Herzens erlangt hat und wann weiß er, dass sein Herz rein geworden ist?

Antwort: Wenn er alle Menschen als gut ansieht und wenn keiner ihm unrein oder befleckt erscheint. Dann hat er wirklich die Herzensreinheit erlangt. Wie sollte sich denn auch anders das Wort des Apostels erfüllen, nach dem wir mit aufrichtigem Herzen die anderen als uns überlegen ansehen sollen (vgl. Phil 2,3), wenn man denn noch nicht das erlangt hat, was der Prophet so ausdrückt: "Das gute Auge kann das Böse nicht sehen." (vgl. Hab. 1,13)?

30. Frage: Was ist die Reinheit und wo lassen sich die Grenzen ausmachen?

Antwort: Die Reinheit ist das Vergessen der Erfahrungsweisen, die gegen die Natur sind und die in der Welt durch die [menschliche] Natur gefunden wurden. Die Grenze, hinter der man befreit ist von diesen Erfahrungen und sich jenseits von ihnen wiederfindet, ist darin zu sehen, dass der Mensch zur Einfachheit zurückkehrt und zum Freisein von Schlechtigkeit, die seiner Natur mitgegeben wurden, und dass er wieder wie ein Kind wird, ohne jedoch die Fehler eines Kindes zu haben.

31. Frage: Ist es dem Menschen möglich, in diesen zustand zu gelangen?

Antwort: Ja. Einige haben ihn erreicht, wie etwa Abba Sisoes, der soweit gekommen ist, seinen Schüler zu fragen, ob er gegessen hat oder nicht. Ein anderer Vater hatte ebenfalls einen solchen Zustand der Einfachheit und Unschuld erlangt, dass er fast wie ein kleines Kind geworden ist und so sehr die irdischen Dinge vergaß, dass er eines Tages vor der Kommunion gegessen hätte, wenn er nicht durch seine Schüler daran gehindert worden wäre. diese ließen ihn wie ein kleines Kind kommunizieren. Für die Welt war er ein kleines Kind, doch vor Gott war er in seiner Seele vollkommen.

(Übers. nach: Isaac le Syrien. Discours ascétiques. Trad. française ... par le R. P. Placide Deseille. Monastère Saint-Antoine-le-Grand 2006, S. 511-512)

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