Donnerstag, 4. August 2011

Notre-Dame de l'Atlas / Tibhirine - fr. Christophe Lebreton, VII


Aus dem Tagebuch von fr. Christophe:
Donnerstag, 4. August [1994]
Hl. Jean-marie Vianney, Pfarrer von Ars. Ich ruhe mich aus. Ich bin auch in der Einsamkeit. und ich wünschte, ich könnte beten. 5 Personen wurden gestern in Algier ermordet. Sie sind Franzosen. Man spricht darüber und gerade das ist es, was ihre Mörder wollen. Die Terroristen haben etwas zu sagen, was die Regierung nicht hören will. Das unterdrückte, erstickte Wort, es explodiert im Zorn, im Wahnsinn, der tötet. Und trotzdem nehme ich diesen geschenkten Tag an. Eine gewisse Müdigkeit - eine alles überschwemmende Trägheit - liegt in der heißen Luft. Ein Bild drängt sich vor: Der Herr ist mein Hirte. Nichts wird mir fehlen. Er läßt mich ausruhen.
Und ich höre dich zu mir sagen: Ich bin der gute Hirt.
ich bin es ich kenne die Meinen und die Meinen kennen mich
WIE der VATER mich kennt und wie ich den Vater kenne
und ich verlasse meine Seele für die Schafe. Ich gebe ein
Leben hin für
[geben hat den Sinn von ablegen, darbieten, vro allem hinsichtlich der Opfergabe]
A. Chouraqui übersetzt Vers 12 von Jesaja 53 folgendermaßen: weil er sein Leben in den Tod nackt gemacht hat.
Du bittest mich, das LEBEN zu wählen, doch in dieser Wahl
ist das Ereignis deines Todes gegenwärtig, durch den dein Leben zu mir kommt
und also auch dein Nacktwerden bis zum Letzten.
Letzten Sonntag war ich am Ende... Ich hätte mitleiden können mit der Müdigkeit meiner Brüder, mit der um sich schlagenden Hoffnungslosigkeit im Herzen der Algerier... Doch mein unausweichliches Ich war noch da: genervt im Chor, verängstigt durch den Mangel an Wasser...
(...)
(Übers. aus: Le souffle du don. Journal du frère Christophe... Bayard 1999, S. 99-100)

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