Donnerstag, 2. Juli 2020

Hagia Sophia - Kirche, Museum, Moschee... und die Mission der Christen

Hagia Sophia in Istanbul, Quelle: Wikipedia
Wie zu lesen ist, z. B. HIER, hat der oberste Gerichtshof der Türkei in einer gerade einmal 20-minütigen Sitzung entschieden, dass die einstige Kirche "Hagia Sophia" in Istanbul auf Präsidentialbeschluss wieder zur Moschee werden darf. Die Entrüstung seitens vieler orthodoxer Gläubigen ist verständlich, wurde in dieser Kirche doch nicht zuletzt auch Kirchengeschichte geschrieben: in ihr feierten die Vertreter des hl. Wladimir von Kiew den Gottesdienst zusammen mit den einheimnischen Gläubigen - und wußten nicht, "ob sie im Himmel oder auf Erden sind". Das war der Wendepunkt im oft unrühmlichen Kampf der christlichen Kulturen um Einfluss im Osten. Die Slawen wendeten sich dem östlichen Christentum zu, nicht dem westlichen mit seinem Zentrum in Rom. Es wäre hingegen mehr als verräterisch, würde sich die Befürchtung des Patriarchen Bartholomäus bewahrheiten, dass diese Entscheidung der Umwidmung der Hagia Sophia in eine Moschee zum weiteren Zerwürfnis zwischen Christentum und Islam beitragen werde. Verräterisch deswegen, weil nichts dem Evangelium mehr widerspricht,
als ein "Kulturchristentum", ein "ästhetisches Christentum", das sich eher als Folkloreverein  und Bewahrer kultureller Werte versteht, denn als Salz der Erde. Tatsächlich scheint es momentan so, als wäre es wichtiger, Machtverhältnisse zu klären - siehe die Ukrainefrage, siehe die Autokephaliebestrebungen, siehe die Sitzungen und Kommuniqués der kirchlichen Büros, wo es um Protokollfragen geht und um politische Korrektheit.
So bedauerlich es ist, wenn eine so geschichtsträchtige Kirche, wie es die Hagia Sophia ist, wieder zur Moschee wird - uns alle behindert das in keinster Weise, das Evangelium zu leben und durch unser Leben zu verkündigen. Unsere Kirche, mögen sie auch klein und bescheiden sein, sind wichtiger als jede historische Kathedralkirche der alten Welt: diese unsere Kirchen sind der Mittelpunkt der Welt, wenn wir dort Gottesdienst feiern in aller Aufrichtigkeit und Demut.
Es ist ein Hoffnungsschimmer, wenn der hl. Patriarch Tichon uns vor Augen gestellt wird als Vertreter einer Orthodoxie, die geeint war: als er einziger Bischof einer ethnisch sehr gemischt auftretenden Orthodoxie in Nordamerika zu Beginn des 20. Jahrhunderts war und von allen anerkannt wurde. Es ist ein Hoffnungsschimmer, wenn Gläubige den Gedanken hegen, dass ein Erzbistum (das der "orthodoxen Gemeinden russischer Tradition in Westeuropa") sich bereiterklärt, für zahlreiche georgische Einwanderer eine Gemeinde aufzubauen, ohne diese der Obhut des georgischen Patriarchats zu entziehen! So denkt jedenfalls "Raphael Lopoukhin" als Kommentator einer Diskussionsgruppe. (Das, so ist mittlerweile bekannt, kann scheinbar noch nicht funktionieren, wenn die Emotionen und die Kommunikation nicht stabil zu sein scheinen; es ist traurig, einem Erzbischof (Metr. Jean von Dubna) solche Schwierigkeiten aufzuhalsen, der unter Einsatz aller seiner geistlichen und körperlichen Kräfte für die orthodoxe Versöhnung kämpft.)
Die Hagia Sophia wird erst dann wieder mit Recht zur christlichen Kirche werden, wenn diejenigen, die in ihr als Muslime zu beten wünschen, voller Beschämung bekennen müssen: "Seht doch, wie sich die Christen lieben!" 

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