Samstag, 25. Januar 2014

Vestigia Patrum

Quelle: Vita nostra (Cist. Italia)
Vielerorts steht die Welt in Flammen, wo doch unsere Zeit aufgeklärt und modern ist. Während in Kiew, Syrien, Afrika, im Kosovo etc. Menschen leiden und sogar sterben müssen, weil sie ihre Würde verteidigen möchten, versteigen sich die Menschen in Westeuropa oft in Diskussionen, die den Realtätsbezug allzu oft weit hinter sich gelassen haben. Die Frage ist nicht, wo die Toleranz gegenüber einer anderen Meinung und Überzeugung beginnen darf, sondern vielmehr,
wo die divergierenden Meinungen tatsächlich dahingehend auseinandergehen, dass sie die eine oder andere Seite vom Leib Christi trennen: Im Grunde sind Diskussionen um vermeintliche Lehrmeinungen solange nutzlos, wie das konkrete Leben in der ungebrochenen Tradition der Kirche überlagert wird von argumentativer Faulheit. Sie nämlich schiebt überaus gelehrte Argumente vor, hinter denen das Leben in Christus leider weit zurückbleiben darf. Täglich beten die Christen um Befreiung vom Geist der Trägheit, und es zeigt sich, dass dieses Gebet sehr sinnvoll ist. Ein Leben in der lebendigen Tradition der heiligen Väter - und solche Väter sind die hl. Gründer von Cîteaux sicherlich - gründet sich vornehmlich auf die Glaubenspraxis, auf den rechten Lebensvollzug. Die Gradwanderung zwischen dem sturen Pochen auf die jurisdiktionelle Bindung und der lebendigen Verankerung in der orthodoxen Tradition ist freilich eine Zerreißprobe. Und in diesem Maße wird sie sich zu Lebzeiten der hl. Gründerväter von Cîteaux nicht aufgetan haben. Viel wichtiger war zu jener Zeit wohl das Festhalten an den heiligen Überlieferungen, die sorgsam durch die Jahrhunderte weitergegeben wurden. Der Streit um das rechte Glaubensbekenntnis, die Wirren der Völkerwanderungszeit, die Machtspiele und -allüren der Karolinger, die Zerwürfnisse der ersten nachchristlichen Jahrtausendwende - all das darf getrost in cumulo auf die andere Waagschale gelegt werden, während in dieser - hoffentlich mit liebender Hingabe gefüllten - Schale die lebendige und geduldige Verwirklichung der apostolischen Lehre durch das Leben steht. Diese Seite wird ohne Zweifel schwerer wiegen und nicht nur das Zünglein auf der Waage sein. Dort stehen sicherlich die vielen Menschen, die das weiße Kleid der Auserwählten tragen dürfen und die vor dem geopferten und verherrlichten Lamm weiterleben.                

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