Montag, 3. Oktober 2011

Tag der deutschen Einheit

Eisenhüttenstadt - Leninallee

Ein Festtag von nationaler Bedeutung sollte der 3. Oktober sein. Ich bin mir nicht sicher, ob das wirklich für uns Deutsche so ist. Natürlich gibt es Feiern zum Nationalfeiertag, es gibt Ansprachen und Reden, zentrale Gedenkveranstaltungen mit Bundespräsident und Bundeskanzlerin. Und ich freue mich, dass wenigstens die offiziellen Institutionen den 3. Oktober als Feiertag begehen, mit echter Freude der Wiedervereinigung des Vaterlandes gedenken!
Wenn man persönlich betroffen ist von der Teilung und Wiedervereinigung Deutschlands, dann sieht alles etwas anders aus, als wenn man die Geschichte gleichsam nur von außen mitbekommen hat, ohne dass die Familie, die Heimat auf dem Spiel stand. doch auch diese Perspektive kann täuschen! Meine Familie sah sich immer als deutsch. Dabei würde ich sagen, dass sie zur Hälfte (sagen wir mal:) polnisch ist. Das ist genauso richtig und genauso falsch, wie die Mär vom "bösen Polen", der "die Deutschen vertrieben hat". "Die Deutschen" sind genuin Bewohner ihres Landstrichs gewesen, sind natürlich ganz Deutsche, aber wohl auch ganz Polen oder ganz Slaven oder ganz Wenden. Dass nach der Vertreibung aus ihrer Heimat weiter nach Westen hin, westlich der Oder also, mehr Deutschland war, lag an der Gunst der Geschichte und ihrer Grenzziehung, nicht an ethnischen Gegebenheiten. Die Tragödie der deutschen Teilung hat seit vielen Jahren ein Ende. Für mich war Deutschland vor der Wiedervereinigung schon eins, da meine Wurzeln ebensogut im sandigen Boden der Lausitz verwachsen waren, wie in der steinigen Erde Westfalens. Umso verwunderlicher war für mich, den Knaben, die menschliche Fähigkeit, sich selbst zu beschneiden: Ein Land zu teilen, mit Waffengewalt zu zerschneiden und zu verhindern, dass Deutsche von hüben nach drüben und umgekehrt gehen konnten, um ihre Heimat wiederzusehen oder ihre Verwandten. Die Reproduktion einer Postkarte, die ich oben eingestellt habe, ist ein Gruß an meine Familie im Westen Deutschland aus Eisenhüttenstadt im Jahr 1980. Zu Besuch bei meinen Verwandten, durfte ich die Segnungen des real existierenden Sozialismus am eigen Leibe erfahren und eines Konstruktes ansichtig werden, der jeglicher Schönheit entbehrte. Einzig meine gute Großtante konnte die Ödnis mildern durch ihre Gastfreundschaft. Sie ist längst heimgegangen, wie die ganze großelterliche Generation, der ich nicht nur die Liebe zu Deutschland als ungeteilte Heimat verdanke. Dieser Generation verdanke ich auch eine Weite des Geistes, wenn es um Europa geht: Dass dem Fremden nicht hinter der nächsten Grenze zu begegnen ist, sondern einzig dort, wo der Mensch zum ideologischen Konstrukt und zum gedankenlosen Mitläufer wird.
Gottes Menschwerdung könnte ein großes Zeichen sein für alle, die das Sehen noch nicht verlernt haben.

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