Dienstag, 5. Februar 2019

Diabolos und Kairos - Orthodoxie als Herausforderung, das Schisma zu überwinden

"Kairós" von Salviati in Rom - keine Aufforderung zum Opportunismus!
Die beiden Begrifflichkeiten der Überschrift - der diabolos und der kairós - sind auch in die deutsche Sprache eingegangen. Der diabolisch Handelnde vertritt den Teufel oder Satan; wer den Kairós getroffen hat, dem ist etwas geglückt, der hat richtig entschieden, den rechten Augenblick genutzt. Auch wenn sich viel abgemüht wird, wenn es um die korrekte Übersetzung z.B. der Hl. Schrift geht: der Orthodoxe wird mit jeder halbwegs treuen Übertragung sehr gut umgehen können, denn der Text erschließt sich nicht philologisch, sondern "pneumatologisch" - einzig durch das Wirken des Hl. Geistes. Der Heilige Geist wirkt in der Kirche, die Erklärerin und Vermittlerin zum Verständnis der Hl. Schrift ist. Allerdings geht es hier nicht um Exegese, sondern um die schwierige Auflösung der kirchlichen Verwirrung, die momentan herrscht. Und da greift das, was vorhin gesagt wurde, ebenfalls: die Kirche als Leib Christi interpretiert auch die kirchlichen Gesetze, die canones. Und da kommt der 'Diabolos' ins Spiel, der verleumderische Ankläger. Wir sehen momentan die Parteiungen: Istanbul, die Ukraine, die USA, Moskau, Belgrad, Warschau, Prag, Damaskus, Jerusalem, etc.
Wir können von den Anklagen der jeweiligen Parteien lesen, die jeweils hin- und hergeschoben werden. Wir nehmen die Unschlüssigkeit wahr, mit der die einzelnen Ersthierarchen der örtlichen Kirchen nach Lösungen suchen und doch nicht zusammenkommen. Als Christen wissen wir, dass jeder neue Augenblick zum 'kairós' gemacht werden kann, wenn wir nur wollen und uns dazu entscheiden. Allerdings gibt es Stimmen, die mit jedem neuen Tag, der im Schisma verstreicht, die Chancen auf eine gesunde Einigung schwinden sehen - und das ist nicht unrealistisch. Der griechisch-orthodoxe Metropolit von Italien, Gennadios, war als Ankläger aufgetreten gegen die Gemeinde von San Remo. Er hatte den Priester suspendiert aufgrund von Insubordination, das alles gedeckt durch den Beschluss des Hl. Synods aus dem Phanar vom 27. November 2018. Das zuständige Erzbistum für San Remo, das Exarchat der Rue Daru in Paris, hatte erst Mitte Januar offiziell von diesen weitreichenden Befugnissen der jeweiligen griechischen Metropoliten über seine Gemeinden erfahren, ein Umstand, der nicht nur diplomatisch völlig inakzeptabel, sondern auch rechtlich höchst hinterfragbar ist. Die Gemeinde in San Remo hat sich daraufhin schnellstmöglich an die Russisch-Orthodoxe Kirche im Ausland gewandt, um weiterhin kirchlich guten Gewissens bestehen zu können. Ein Dilemma größten Ausmaßes, da der Erzbischof in Paris gebunden ist an die Entscheidung der Diözesanversammlung am 23. Februar 2019, die Gemeinde in San Remo hingegen den Begehrlichkeiten der griechischen Metropolie ausgesetzt ist. 'Diabolos' und 'kairós' stehen so unversöhnlich einander gegenüber, wie sich am letzten Sonntag zeigte: die Gemeinde sah sich gezwungen zu handeln und das zuständige Erzbistum kann nicht vor dem 23. Februar reagieren - eine Sackgasse, aus der ein Brief der Gemeinde an ihre ehemalige Diözese, das Exarchat, (s. Verweisung) führen soll. Es ist ein unaufgeregtes, aber auch freundliches Schreiben, wenngleich die Tragik der Ereignisse aus jeder Zeile herausgelesen werden kann. Der 'kairós' für jene Gemeinde in San Remo war ihre geschlossene Entscheidung, für die ekklesiologische Klarheit zu votieren. Und tatsächlich scheint mittlerweile auch die Orthodoxie des Phanar auf dem Spiel zu stehen... Alledings bleibt es dabei: Keinem wird der 'kairós' versagt, wenn er sich gegen den verleumderischen Ankläger und für Christus entscheiden möchte. Der Kirche, und sei sie noch so lokal, ist dabei der Heilige Geist zugesagt, wenn sie als Gemeinschaft von Gläubigen handelt. Für die Kirche des "Exarchats" bedeutet das allerdings, sich zu entscheiden: für ihr Herkommen und ihre Tradition, folglich auch für ihre "Väter und Mütter im Glauben"; oder für einen neuen Weg im alten Kleid, der Rücksicht auf die Ängste und Bedrohungen der neueren Vergangenheit und auch der Gegenwart nimmt. Zumindest ein Wunsch hin zum 'kairós' darf gestattet sein: Dass die alten Ängste doch bald guten Mutes begraben werden sollten.  

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