Donnerstag, 19. April 2012

Ein unbequemer Heiliger, ein gescheiterter Mönch - Benoît-Joseph Labre

Am 16. April gedenkt der Zisterzienserorden seines einstigen Novizen fr. Urbain, Benoît-Joseph Labre (Einkleidung unter Dom Dorothée Jalloutz in Sept-Fons). Zuvor hatte dieser junge Mann zwei Mal im Zisterzienserkloster La Trappe um Aufnahme gebeten - immer war er abgewiesen worden, da er zu jung war. Als Novize bei den Kartäusern wurde er krank und musste auch dort das Kloster verlassen. In den 70er Jahren des 18. Jahrhunderts, wenige Jahre vor den Wirren der Französischen Revolution, machte sich der junge Benoît-Joseph auf den Weg durch Europa, um seinen geistlichen Wegzu finden. Als Bettler und Landstreicher hat er Frankreich, Deutschland, die Schweiz und Italien durchquert, oft angepöbelt, manchmal heimlich verehrt. Seine letzten Lebensmonate vor seinem Tod 1783 hat er in Rom verbracht, einer Stadt, die schon damals vom Spagat zwischen Heidentum und Religion tief gezeichnet war. Der hl. Benoît-Joseph hat sich in seinem kurzen Leben nicht geschont. Wir Heutigen würden ihn wohl teils als Schmarotzer bezeichnen wollen, teils als Psychopathen, teils als religiösen Schwärmer. Geschafft hat er in seinem Leben nichts, was als konstruktiv für das sozial-ökonomische Fortkommen zu bezeichnen wäre - ein Vagabund, der heute dem Staat nur auf der Tasche läge, um es boshaft zu sagen. Steht hinter diesem verlausten Gaukler Gottes wirklich nur ein etwas exzentrischer Charakter, der nichts leisten will, aber am Ende als hochverehrter zweiter "il Santo" von den Römern verehrt wird? Noch heute vermag es die behördlich organisierte Kirche, fleißig und tatsächlich arbeitsam ihre eigene Bürokratie zu verwalten, in Deutschland vor allem. Den Arbeitern in diesem allegorischen und sprichwörtlichen Weinberg stößt dieser Umstand als ersten bitter auf! Sie stehen als erste im Zugzwang des immer schneller rotierenden Verwaltungsapparats und der Erwartungshaltung der Menschen, die Kinder ihrer Zeit sind. Ein energischer Ruf nach Einhalt wäre nötig, doch womöglich müßte er geballt und mit Autorität erfolgen, um überhaupt ernstgenommen zu werden. Das immer schnellere Kommunizieren und die immer gehetztere Omnipräsenz durch Internet, Telephon etc. hat auch die Arbeit teilweise entheiligt. Eine wirkliche "Populorum progressio" kann sie vielleicht nicht immer genannt werden, wo sie Menschen krank macht und geistig verstümmelt. Der hl. Benoît-Joseph Labre ist das Zerrbild heutiger "Stars": schwach, dreckig, unproduktiv, langsam, verschlossen, Ausländer, wenig gebildet, krank... Immerhin hat er versucht, das Evangelium für bare Münze zu nehmen und hat in allen Menschen, die ihm begegnet sind, das Antlitz Christi gefunden. Er hat nicht bekehren können, hat keine Zahlen aufzuweisen und erst recht keine Erfolge verbuchen können. Sein Tod hat allerdings die Menschen in Rom aufhorchen lassen. Der verlauste Vagabund hat geduftet, als man seine Leiche aufbahrte. Es ist schwer zu sagen, inwiefern er dem Menschen heute als Vorbild hingestellt werden kann. Seine größte Tugend war womöglich seine unbedingte Verfügbarkeit für Gott, hinter der er verschämt einen selten glühenden "amour fou" zu verbergen suchte.

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