Freitag, 3. Juni 2011

Die Zisterzienser und das Schweigen - eine Meditation zum Himmelfahrtsfest



Gestern haben wir die Himmelfahrt Christi gefeiert. Der Zisterzienserritus hatte lange Zeit hindurch den schönen Brauch bewahrt, an diesem Tage die Osterkerze noch einmal anzuzünden und, wie am Osterfest, bis zur Komplet des Festtags brennen zu lassen. Damit unterscheidet sich der Zisterzienserbrauch vom römischen Ritus, der es gestattete, die Osterkerze während der Osterzeit zu den Gottesdiensten anzuzünden. Ein Wissenschaftler erklärt den Zisterzienserbrauch durch den Ursprung der Osterkerze: Sie war eigentlich das Licht der feierlichen Nachtwache zum Osterfest. Als Licht zur Nachtwache wurde sie auch am Fest Christi Himmelfahrt entzündet, mit dem der erste Teil der Osterzeit abgeschlossen wurde. Doch was hat das mit dem Schweigen zu tun? Wir sind wieder eingetreten in die heiß umkämpfte Zeit der Pfingstnovene, die die alte Pfingstoktav ersetzen soll. Auch das gehört zur Meditation über das Schweigen, weil nämlich diese erneuerte Liturgieordnung ihre zwei Seiten hat. Auf der einen Seite steht die Überlieferung, auf der anderen die Reform. So logisch die Reform der alten Pfingstoktav hin zur Pfingstnovene ist, so wenig trägt sie der menschlichen Seelenstimmung und Frömmigkeit Rechnung. Es reicht nicht, sich in Archäologismen zu flüchten, um zur "reinen liturgischen Form" zurückzukehren (die übrigens eine Utopie ist). Leider hat der moderne Zisterzienserritus den römischen Vorgaben folgen müssen und hat dadurch viel von der Ursprünglichkeit verloren, die ihn auszeichnet. Die römischen Liturgiereformer hätten sich schweigend und betend der Liturgie aussetzen sollen, bevor sie intellektuell und wissenschaftlich ihr Reformwerk in Angriff nahmen. Es wäre zu begrüßen gewesen, wenn sie jenseits von "Form", "Defekt" und "Gültigkeit" die Quellen der Liturgie verinnerlicht hätten: die fromme Hingabe an überlieferte Riten und Vollzüge, die sich nicht in juristisch-wissenschaftliche ERgüsse zwängen lassen, sondern von der Gegenwart Gottes leben. Christi Himmelfahrt ist ein Ereignis des Schweigens und Staunens. Und ich habe Angst, wenn ich das heutige "Schweigen" sehen kann, das disziplinär und beengend ist. Die Zisterzienser schweigen nicht, weil sie streng sind oder einen guten Ruf zu verlieren haben. Die Zisterzienser schweigen, weil sie die Gegenwart Gottes auskosten möchten. Es reicht nicht, wenn das Kloster wie ein traditionell geführtes Priesterseminar funktioniert, das dem Seminaristen Disziplin und geistiges Rüstzeug für das Priesterleben vermitteln möchte. Unser Schweigen als Mönche ist selbst in Zeiten der Bedrängnis und des Zweifels beredter, als Disziplin und Funktion, die der Liebe nicht bedürfen. Unser Schweigen können wir nur aushalten, wenn sein Beweggrund die Liebe ist. Vierzig Tage war Christus bei seinen Jüngern in verklärter Gestalt. An Pfingsten wird es keine Osterkerze geben, denn die Erfüllung des Festes der Auferstehung ist nicht die fleischlich-verklärte Gegenwart, sondern die Fülle der göttlichen Gegenwart. Die Nachtwache und ihr Licht haben ausgedient. Christus selbst ist das Licht seiner Kirche. Der "Fünfzigste Tag" ist gleichzeitig der erste Tag, ist der Beginn der großen und geheimnisvollen Pfingstoktav.

2 Kommentare:

  1. Wer als "der Weisheit letzter Schluss" hinstellt, was wiederum letztendlich weder weise noch endgültig genannt werden kann, der stellt sich in das System, welchem auch das "Opium des Volkes" zuzuordnen ist. Ich habe die Verweisung des letzten Satzes nicht aufgeschlagen. Aber immerhin zeigt es sich, dass auch Marx (und mit ihm alle, die sich auf ihn berufen möchten) versagt hat, nicht nur, weil seine Ökonomie eher kleinkariert zu nennen ist. Versagt haben auch manche Denkgebäude der Kirche (von der ich lieber spreche als von Religion, die abstrakt ist). Dennoch bezweifle ich die Ausschließlichkeit der Behauptung, dass Gott als Programm des Unterbewußtseins existiert. Denn wie sonst könnten wir bekennen: "Der Herr ist Gott und Er ist uns erschienen." Zumindest die Offenbarung von Gottes Herrlichkeit vor vielen Menschen und viele Male dürfte ein Gegenargument auf die Behauptungen des "Freiwirtschaftlers" sein.

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  2. @ Germanus

    Ich sagte bereits, dass Karl Marx als Ökonom keine Leuchte war. Das heißt aber nicht, dass seine Bezeichnung der Religion als "Opium des Volkes" ebenfalls falsch sein muss.

    Wäre "Gott" kein Programm im Unterbewusstsein, würde niemand eine naive Aussage wie "Der Herr ist Gott und Er ist uns erschienen" machen.

    Götter sind durch Schöpfungsmythen im kollektiv Unbewussten einprogrammierte, künstliche Archetypen zur Anpassung eines Kulturvolkes an eine noch fehlerhafte Makroökonomie. Genau das bezeichnet man im klassischen Sinne als "Schöpfung". Aber nicht "Schöpfung von Natur", sondern - eigentlich selbtverständlich - Schöpfung von Kultur, bzw. Zivilisation.

    Wie das funktioniert, erfahren Sie in den "7 Siegeln der Apokalypse":

    http://www.deweles.de/files/apokalypse.pdf

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