Donnerstag, 27. Januar 2011

Notre-Dame de l'Atlas / Tibhirine - fr. Christophe Lebreton, Fortsetzung


[15/01/1994]

Wo ist die Treue? Wer gehorcht? Der sagt und bekräftigt, vorschnell und sich seiner sicher: ich werde niemals weggehen von hier.
Oder der andere, der gesagt hat: ich werde abhauen, und der immer noch da ist...
ausharrt in deiner Lehre (EVANGELIUM hier und heute)
im Kloster bis zum Tode
(der so nahe ist und doch bedrohlich bleibt)
- teilnimmt an deinen Leiden, Christus, unser Osterlamm
durch die Geduld
um zu betrachten
um deines Reiches
Teilhaber zu sein
in die Eucharistie,
in Christus verwandelt.
Im Kloster bis zum Tod - ja, wenn und wie du willst, doch nicht jenseits einer zu deiner Lehre lebendigen Treue: zu dem, was der Geist uns gesagt hat in dieser Zeit der Kirche.
Aber was hat der Geist uns denn gesagt?
Mir will scheinen, dass das die Kirche betrifft "im Haus des Islam". Unsere Nachbarn haben mitbekommen, dass wir bereit waren, wegzugehen... quasi ohne es zu wollen. Ohne alles sagen zu können - denn es ist nutzlos, da sie wissen viel mehr als wir begreifen können - wurden Botschaften in Umlauf gebracht: wir können weder dem Wali, noch den Widerstandskämpfern gehorchen, sondern wir möchten hier Mönche bleiben, Menschen des Friedens und des Gebets... und der Arbeit.
Das Massaker an den Kroaten hat uns doch traumatisiert. Ja, hat es, denn wir werden nicht durch die Klausur abgeschottet. Sie bezeichnet einen Raum des Empfangens, sie steht für ein geöffnetes Herz: das verwundet wurde durch das Leid dieser Welt; und sie ist eine Entscheidung der gekreuzigten Liebe angesichts der Feinde.
Unsere Überzeugung, das Kloster verlassen zu müssen, erhielt eine lebhafte Bestätigung durch die Ereignisse des 24/12 [Ermordung der Kroaten] und wurde unterstrichen von Christian. Unsere christliche Gemeinschaft, hat sie dieses Massaker laut verurteilt?

Diese tiefe Unsicherheit quält mich:
wir
Mönche
Psychotiker
Künstler der Beklopptheit

und sie sagen:
Betet für uns
und lasst uns Entscheidungen treffen
zu denen ihr unfähig seid.

[...]

(Aus: Le souffle du don. Journal de fr. Christophe. paris, Bayard éditions, S. 43-44)

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