Montag, 31. Dezember 2012
Gerufen, um zu hören
Ein Wort zum Jahreswechsel, gerade gehört in einem schön gemachten Porträt über Bill Deraime und Bruno Rotival auf "kto" (vom 23.12., in Französisch...): "Der Mönch ist jemand, der auf den Schrei der Menschheit hört." Zum Festtag der Beschneidung des Herrn, den Oktavtag von Weihnachten, der auf den Beginn des Ziviljahrs fällt, kommt dieser weise Satz gerade recht. Wäre der Mönch nur Dienstleister im Räderwerk der Kirche, könnten andere seine Aufgabe besser und effektiver übernehmen. Doch darum geht es gerade nicht. Wie Maria, so ist der Mönch dazu berufen, ein hörendes Herz zu bekommen und im Herzen zu bedenken, was Gott Großes tut. Der Mönch soll aus der Kleinkariertheit heraustreten, um aus der Enge der Lieblosigkeit den Schritt in die Freiheit der Gottesliebe tun zu können. Und gerade diesen Dienst würde die Welt heute dringend brauchen: Den Sprung aus der aalglatten und gefälligen Uniform der korrekten Regeltreue in die Arme der seufzenden Schöpfung, die sich die Seele aus dem Leib schreit. Es gibt nichts Moderneres als das Mönchtum. Beschneidung - und Befreiung - des Herzens, nicht des Leibes.
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Dienstag, 25. Dezember 2012
Fest der Geburt des Herrn
Montag, 17. Dezember 2012
Ökumene wider Ökumene?
Quelle: www.exarchat.org |
Eine andere Ökumene, die - sagen wir mal vorsichtig - heute wortreich daherkommt, ist keineswegs so einfach ins Gebet zu nehmen. Sie ist sperrig, weil zu viele Wunden und Narben zu berücksichtigen sind. Und weil sie nicht einfach ins Gutdünken Einzelner oder Mächtiger fällt. Vor wenigen Wochen wurde ein orthodoxer Christ im Benediktinerkloster Chevetogne zum Mönch geschoren von Erzbischof Gabriel von Komana, dem Exarchen des Erzbistums der russisch-orthodoxen Gemeinden in Westeuropa. Dieses relativ autonome Exarchat in der Jurisdiktion von Konstantinopel hat eine bewegte Geschichte: Gegründet von Metropolit Euloge nach den Wirren der Oktoberrevolution in Rußland, versteht es sich als Bindeglied zwischen der Orthodoxie russischer Tradition und den Orthodoxen, die nicht mehr in mehrheitlich orthodoxen Ländern geboren wurden und eine geistliche Heimat suchen. Die Mönchsweihe in Chevetogne ist nicht skandalös, obwohl sie den kanonischen Regeln widerspricht. Sie ist nicht visionär, weil sie zu viele Fragen aufwirft und den Beteiligten (zu) viele übermenschliche Anstrengungen abverlangt. Ist sie deshalb ein neuer Baustein der trennenden Mauer zwischen den Bewahrern der überlieferten Werte und den Kämpfern für mehr Offenheit? Gebe Gott, dass in dieser Frage alle sich beteiligt Fühlenden wenigstens mit einem Auge auf Christus als den Grundstein des Glaubens blicken. Dass die überlieferten Canones, die ein Zusammenleben mit Heterodoxen verbieten, aus einem anderen Blickwinkel gelesen werden müssen, ist nur eine Komponente in dieser Frage. Dass aber die Tonsur durch Erzbischof Gabriel in Chevetogne ein Akt des frommen Bekenntnisses zum orthodoxen Glauben war, darf nicht leichtfertig verneint werden. Gerade deshalb kann die "ökumenische" Mönchstonsur in Chevetogne ein echter Baustein der Einheit sein, auch wenn sie nicht leicht zu schlucken und schwerverdaulich ist.
Montag, 10. Dezember 2012
Christentum, Islam und interreligiöser Dialog
Der kurze deutschsprachige Film mir franz. Untertiteln passt sehr gut in die Vorbereitungszeit auf Weihnachten. Er kann vor Augen führen, in welche Richtung ein Dialog abdriftet, der die
Orientierung verloren hat. Der Islam ist eine Religion, die sich aus dem Judentum und dem Christentum die für sie passenden Elemente ausgewählt hat. Beispielsweise erinnert die Gebetsweise gläubiger Muslime frappierend an die Gebetshaltungen der Zisterzienser (und somit wohl vor allem an die der alten Kirche). Im oben verlinkten Film sieht man nun, wie nicht die Orientierung auf Gott hin den Dialog ausmacht, obwohl man in einer Kirche ist, sondern das Kennenlernen der unterschiedlichen Kulturen. Vielleicht ist nicht unwichtig, an dieser Stelle innezuhalten und sich zu fragen: Wie viele Menschen und Christen könnten die Grundgebete ihres Glaubens im Gebet "par coeur", also auswendig, vor Gott aussprechen? Wer könnte das "Ehre sei Gott in der Höhe", das Glaubensbekenntnis, und sei es nur das "Apostolicum"!, und andere grundlegende Gebete als sein christliches Erbe sein Eigen nennen von denen, die sich, in wirklich rührender Weise, um den Dialog mit anderen Religionen bemühen? Ist ein solcher Mensch überhaupt dialogfähig, wenn er nicht an sein Gegenüber seine eigene Tradition und seinen eigenen Glauben bezeugen kann?
Der Gottesdienst der Kirche besitzt eine Gewalt, die die Menschen neu ausrichtet und aufrichtet - wenn er nicht zur Lüge wird. Ein Gottesdienst, in dem der Mensch der Mittelpunkt ist, oder gestalterische Elemente, oder "mystische Erfahrung", oder das "gute Gefühl", belügt den Menschen und hat nicht nur Gott aus den Augen verloren, sondern auch Gottes Geschöpf. Der obige Film ist deshalb weniger Hoffnungszeichen, als Ansporn: Nach allem, was sich Menschen angetan haben und antun (denken wir an Tibhirine und Notre-Dame de l'Atlas, an den Fall von Konstantinopel...!), kann nur der Blick auf Gott den Weg aus Hass und Verständnislosigkeit weisen.
Sonntag, 2. Dezember 2012
Der Eingang in den Advent
Für die Zisterzienser ist der "Eingang" in eine Festzeit immer ein wichtiger Moment. Abgesehen von dem Mythos der "Einförmigkeit", die niemals in den Klöstern des Ordens geherrscht hat (da z.B. Gemeinden außerhalb Frankreichs im 12. Jahrhundert schon Mitte November den Advent gegonnen haben), ist oder war die rituelle Grundlage des Zisterzienserlebens durchaus einförmig zu nennen. Der Eingang in den Advent ist keine Ausnahme, wie auf den obigen Reproduktionen zu sehen. Der monastische Tag beginnt ja am Abend; und die Vorabende der Feste und Festzeiten nehmen die Zisterzienser gleichsam bei der Hand. Es sind die "Vesperae vigiliae" die hier anklingen, was manche bei Reformversuchen wohl vergessen haben: Nach der Rezitation der Tagespsalmodie singt der eingeteilte Mönch das Kapitel, das den Ton angibt - "Brüder, die Stunde ist da, vom Schlafe aufzustehen."! Wer noch nicht aufgeschreckt ist, der wird es sicher, wenn alle sich zum feierlichen Responsorium bereitmachen - "Der Engel Gabiel wurde zur Jungfrau Maria gesandt, der Angetrauten Josephs, und verkündete ihr das Wort"... Es ist ja nicht so, dass es beim Gottesdienst um Ästhetik geht; und ganz sicher ist es wenig ästhetisch, wenn auf einmal, mitten in der Vesper, alle aus den Stallen zu den Büchern gehen müssen, um dort das Responsorium zu singen. Aber es ist ein großer Augenblick, wenn die Gemeinde in die Festzeit eintritt und wirklich merkt, was sie zu tun hat: Erwarten und warten, dass die Gemeinschaft zur Gemeinde wird, wenn der Engel Gabriel jetzt die Antwort einfordert. Und es ist schon eine Antwort, wenn die Gemeinschaft fastet, weil es Wichtigeres zu tun gibt, als sich ums Kochen zu kümmern.
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