Mittwoch, 20. Juni 2012

Ein modernes Itinerarium aus dem Heiligen Land - V


Auch das gehört heute untrennbar zum Heiligen Land: Das enge Zusammenleben der verschiedenen christlichen Denominationen. Allerdings darf dem Begriff des Zusammenlebens keine zu tiefgehende Bedeutung beigemessen werden: Es handelt sich oft um mehr oder weniger intensive Zweckgemeinschaften - wenn überhaupt. Das obige Photo zeigt links den offiziellen Eingang zur Visitatio-Kirche, der von den Franziskanern betreuten Wallfahrtstätte am Ort der "Heimsuchung Mariens" im Jerusalemer Vorort En Kerem. Rechts sieht man ein Gebäude des 19. Jahrhunderts, das zum ausgedehnten Komplex des russischen Frauenklosters "Gorny Monastery" (russ. Горний монастырь)gehört und gerade einer umfangreichen Renovierung unterzogen wird. Obwohl heute nur noch ein verschlossener Nebeneingang dieses relativ großen Klostergeländes der "Russischen Kirchlichen Mission in Jerusalem" (russ. русская духовная миссия), beeindruckt die geschmiedete Portalfront beider Eingänge durch ihre geschlossene künstlerische Komposition. Ein Symbol für gelungene interkonfessionelle Symbiose in einem mehrheitlich nichtchristlichen Land? Es ist ein hoffnungsträchtiges Symbol, aber keines, das der Wirklichkeit entspricht oder ihr nahekommt. Die römische und die russische christliche Denomination sind beide nur allzuoft gefangen im Schubladendenken vergangener Jahrzehnte. Es ist wichtig, die Grundlagen des christlichen Glaubens zu verteidigen, notfalls auch gegen Angriffe aus den eigenen Reihen - sprich: gegen die feige Häresie. Aber es ist ebenso notwendig, sich den Grundlagen des christlichen Glaubens zu stellen, wenn es um Ansprüche und Rechte geht, wenn Ehren oder Machtspiele im Spiel sind. Wenn das Spiel um Ansehen zur todbringenden Wunde im eigenen Leib wird.

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