Dienstag, 23. August 2011

Das Wasser, das zu Wein wurde

Photo: Umschlagbild Collectanea cisterciensia

Das erste Zeichen Jesu, von dem der Evangelist Johannes in seinem Evangelium berichtet, ist die Verwandlung des Wassers in Wein auf der Hochzeit zu Kana. Ein großartiges Geschenk des Herrn an die Brautleute und an uns, die wir Teilhaber sein dürfen, wenn Christus austeilt, ohne abzuzählen oder abzumessen. Ich erinnere mich an eine Predigt anläßlich einer Priesterweihe, die dieses Evangelium ausgelegt hat: Sechshundert Liter Wein in den großen Krügen! Was für eine Menge und was für ein großzügiges Geschenk - kaum, dass man den Wein wirklich vollständig austrinken kann.
Heutzutage sind wir wieder in dieser Situation der Hochzeit zu Kana: Die Vorräte sind erschöpft, wir suchen überall nach dem, was unserem zisterziensischen Leben Halt und Sinn geben kann. Wir feiern, doch der Wein ist zuende.
(Eine Zwischenfrage, etwas abwegig... Was aber setzt man uns vor? Ist es nicht das bittere Wasser der Ästhetik in Gottesdienst und Liturgie, die nicht über ihre Formen hinausgeht? Das Wasser einer leeren Tradition ist nicht weniger bitter: Man setzt es uns vor und sagt dazu, dass man es so immer gemacht hat - doch den Sinn unseres Tuns vermittelt man uns nicht oder nur als Zerrbild.)
Der Wein ist zuende, doch wir sollen die Krüge mit Wasser füllen. Unser Wasser, das können die Riten und Zeremonien sein, die Anstrengungen und die Observanzen: All das bleibt Wasser, wenn wir es nicht auf Christi Geheiß in die Krüge füllen und glaubend davon trinken möchten. Denn alle Observanzen, Riten, Gebräuche und Usus bleiben fade und sind unangebracht, unzeitgemäß sogar, wenn wir sie nicht mit echter und wirklicher Liebe praktizieren. Solange die Riten Ästhetik und Hochgefühl produzieren müssen, fehlt ihnen das Wesentlichste: Dass sie uns helfen wollen, die Heilstaten Gottes zu erfahren, die er uns in der Liturgie, im Gottesdienst erfahren läßt, da der Gottesdienst sein Geschenk an uns ist.
Es wäre traurig, wenn wir nur das Wort Christi hörten: "Füllt die Krüge mit Wasser." Das hätte jeder sagen können. Wir sind zu Christus gekommen, um ihn um Wein zu bitten. Er will ihn uns geben - fässerweise sogar. Gebe Gott also, dass wir nicht in der Erbärmlichkeit trügerischer Äußerlichkeiten steckenbleiben, sondern uns an unversiegbaren sechshundert Litern besten Weines gütlich tun. Oft schon hier und jetzt, unter Mühen, aber trotzdem voller Freude.

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