Jede Ordensgemeinschaft verfolgt zwei Ziele, ein hauptsächliches und ein sekundäres. Das erste und absolut notwendige Ziel ist für alle Orden gleich, trotz der offenkundigen Unterschiedlichkeit: Wie alle Christen, so sind auch jene, die sich ganz dem Herrn geweiht haben, geschaffen, um Gott zu verherrlichen, das heißt: um Heilige zu werden. Das hauptsächliche Ziel eines jeden Ordens ist somit die Heiligkeit seiner Mitglieder, die Vereinigung ihrer Seelen mit Gott in der Vervollkommnung der Liebe. Alle Kraftanstrengungen müssen darauf hinzielen, einem jeden die Möglichkeit zu geben, diese große göttliche Tugend zu erlangen.
Doch in dem Maß, in dem man sich Gott nähert, blüht die Liebe in den Herzen auf und man verspürt das Bedürfnis, sie in Werke der Nächstenliebe umzusetzen, die nunmehr aber sehr unterschiedlich sein werden. Deshalb haben die verschiedenen Ordensgemeinschaften sehr unterschiedliche Sekundärziele. Ihr Aufgabenbereich kann Gott als unmittelbares Ziel haben: das ist die Kontemplation, das Liebeswerk par excellence, um mit dem hl. Thomas zu sprechen (Summa theologica, IIa IIae, Quaest. 182, a. 2; vgl. ibid. a. 4, ad primum). In diesem Fall gehen das hauptsächliche und das sekundäre Ziel ineinander über. [...]
Alle Ordensgemeinschaften erstreben dasselbe Ziel, die Heiligkeit, doch eine jede Gemeinschaft ist, um dieses zu erlangen, mit unterschiedlichen Bedingungen ausgestattet. Man geht deshalb davon aus, dass ein jeder Orden zur Erlangung desselben Ziels diejenigen Wege benutzt, die ihm eigen sind. So erklärt sich die Existenz geistlicher Methoden, die die Gründer ihren Jüngern hinterlassen haben.
Eine geistliche Methode - wahrhaftig ein Begriff, der offensichtlich schwierig zu umschreiben und zu erklären ist! Ihn zu verstehen hingegen ist einfach. [...]
Die Definition einer geistlichen Methode läßt sich folgendermaßen formulieren: Eine geordnete Zusammenstellung von dogmatischen Wahrheiten und aszetischen, dazu im Verhältnis stehenden Übungen, die geeignet sind, schrittweise und sicher zur Vollendung der Liebe zu führen, welche das Ziel jedes Ordenslebens ist.
(Bélorgey, Godefroid: L'humilité bénédictine. Paris, Éditions du Cerf 1948, S.[23]-25)
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