In seinem Roman "Der vierte König" verarbeitet Edzard Schaper manche seiner eigenen großen Lebensfragen, so die nach dem sinnfälligen Zusammenspiel von Gott und Mensch in seiner Einordnung in die Lebensgeschichte der Menschen. Schaper konzentiert sich auf die Darstellung des sich als ungläubig darstellenden Erzählers Major Frederichs und seine ihn immer wieder in Frage stellenden Bezugspersonen: den jungen (russischen) Sonderführer (in der Wehrmacht!) Fürst Armjaninow, den vierten König und den Abt Ilarion. Eine knappe Passage, kurz vor dem Beginn der dritten Erzählebene innerhalb des Romans - der Legende vom vierten König -, ist so etwas wie ein "Wort für das Leben" der Geschichte, das bis zuletzt den Erzähler fesselt. Der Ungläubige hat sich zu weit vorgewagt auf das dünne Eis des Glaubens. Wie es scheint, hat es ihn nicht tragen können. So durfte er erkennen, dass der menschgewordene Gott immer noch bei den Menschen ist:
"Sehen Sie", sagte der Abt [...], "ich habe Ihnen gesagt, hier sei Christus wie gestern geboren, und Judas hänge jeden Tag unter jedem Baum, Herodes herrsche fürchterlich und vergieße das Blut der unschuldigen Kinder Gottes, aber der vierte König sei auch immer noch unterwegs - Wolodjenka hier, unser kleiner König. Er hat irgendwann einaml, in heiligen Augenblicken, über die wir gar nichts wissen, Christus erlebt, hat den Stern gesehen und ihm nachfolgen müssen. Das kann undkann nicht Geschichte werden für ihn, Vergangenheit; er ist sein ganzes, armes, geschlagenes und doch völlig glückliches Leben in die Gegenwart Gottes auf Erden gebunden. Wir wissen nicht, wo er gewandert ist, bevor er zu uns kam, und was er alles in seinem Leben erlebt hat. Es werden weite, weite Wege im alten Rußland gewesen sein, und doh immer nur Heilswege, könnte man sagen. [...] Er ist heute wie immer der kleine russische König, der vierte von den Heiligen Königen, der einmal aufbrach, als der Stern die Geburt des Erlösers verhieß, und er trauert hier darum, daß er das Kind versäumt, dem lehrenden Heiland nicht gehorcht und den Herrn nur am Kreuz gesehen hat, als er alle Gaben, die er zur Huldigung vor dem Kind mitgenommen, schon unbedacht verschwendet und seine Kraft vertan hatte und nichts mehr besaß als sein müdes, altes Herz, das er dem Gekreuzigten schenken konnte. - Natürlich können Sie diesen Menschen psychiatrisch rubrizieren; Sie im Westen tun das so gern; aber keine Rubrik hebt für Wolodjenka die Wirklichkeit auf..." (Schaper, Der vierte König, S. 94 f.)
Vladimir Kireev - Christus ist unter uns
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen