Donnerstag, 28. März 2013

Karolingische "confessiones" - der St. Galler Klosterplan und St. Germain d'Auxerre

Bearbeiteter und ergänzter Ausschnitt einer Skizze der Confessio-Anlage von St Germain d'Auxerre

Die Fastenzeit bietet nicht nur ausgiebig Gelegenheit zum Fasten, Beten und zu guten Werken, sie ist auch eine Zeit der Besinnung auf das Wesen des christlichen Lebens im Licht der Auferstehung. Das wesentliche Merkmal des Christen ist das Leben im Heiligen Geist, die vollständige "Bekleidung" des Menschen mit dem verherrlichten Christus - ein Bild, das für die Übernahme einer neuen Lebensweise steht, nämlich für die "confessio", das Bekenntnis zu Christus. Schon mehrmals tauchte der "Campus Galli" (Link zur FB-Seite) hier auf, das konstruktiv-archäologische Projekt bei Meßkirch, das im Juni 2013 offiziell starten wird. Da für die Entwicklung des monastischen Lebens in Mitteleuropa von herausragender Bedeutung, interessiert der St. Galler Klosterplan seit jeher Wissenschaftler aller Couleur. Ein Vergleich des St. Galler Entwurfs der "Confessio sancti Galli" mit der real existierenden karolingischen "Confessio sancti Germani" lohnt sich daher. Ins Auge fällt nicht nur die Übereinstimmung der äußeren Anlage, also die Existenz eines Ambulatoriums unter dem Altarraum mit Zugang zu den Reliquien des hl. Germanus. Interessant ist vor allem auch die Analogie der örtlichen Gegebenheiten. Die Pilger, für die u.a. der Zugang zum Germanus-Grab angelegt wurde, durchqueren, wie auf dem St. Galler Klosterplan, die Mönchskirche und gehen am Mönchschor vorbei, um beidseitig in die Krypta hinabsteigen zu können zur Verehrung der Reliquien. Unterhalb des Altarraums befindet sich in Auxerre eine (ebenfalls karolingerzeitliche) Confessio-Kapelle, von der aus man das Reliquiengrab gleichfalls sehen und verehren kann. Diese Auxerroiser Ausführung lässt sich auf dem St. Galler Klosterplan wohl mit dem "accessus ad confessionem" vergleichen, dem Zugang zur Confessio, die im Falle des Klosterplans allerdings offensichtlich unter dem Presbyteriumsbereich verschwindet. Ob sich die Ausführung einer "Confessio sancti Galli" an dem Vorbild von Auxerre orientieren könnte, bleibt zu diskutieren. Wichtiger hingegen ist die Feststellung, dass die Gräber der Heiligen, die Anlage ihrer Heiligtümer und das Leben der Christen und Mönche, die aus ihrem Beispiel und ihrer Verehrung Kraft für ihr eigenes Leben schöpfen, nicht voneinander trennbar sind - auch nicht bei der theoretischen Erforschung historischer Gegebenheiten.         

Mittwoch, 27. März 2013

In memoriam: Paderborn, 27. März 1945


Am 27. März 1945, ab etwa 17.30 Uhr, hat ein Bombenhagel die Innenstadt Paderborns fast vollständig zerstört. Die Erinnerung an dieses Ereignis (dem zwei Bombardements im Februar und am 22. März vorausgegangen waren) kann nicht umsonst sein - die Gewalt und die Gewaltbereitschaft unter den Menschen haben nicht etwa abgenommen, sondern haben sich nur verlagert.

Freitag, 22. März 2013

De trappista communis observantiae?

Eine etwas kuriose Meditation als Ausblick zum Festtag des hl. Benedikt, zugegeben:
Was könnte mit dem Zisterzienserorden passieren, wenn es plötzlich, mir nichts dir nichts, keine Mönche, Nonnen und Novizen des Ordo Cisterciensis mehr gäbe? Was hieße das konkret für die Institution dieses Ordo? Dass er nicht mehr existent ist? Diese Antwort jedenfalls ist falsch - und aller fiktiver Fragestellung zum Trotz steht hier das Präsens. Der Zisterzienserorden ist nämlich ein abenteuerliches Konstrukt seltener Spitzfindigkeit: Er besteht de facto und offiziell als sogenannte Familia cisterciensis. Und eben diesen Terminus setzten die Päpste der vergangenen Jahrhunderte anstelle das lateinischen Wortes "ordo" - wohl um nicht den zisterziensischen Zorn auf sich zu ziehen. (Man findet das in entsprechenden offiziellen Dokumenten, etwa in "Non mediocri sane", etc...) Demnach - eben weil die "familia" im römischen Sprachgebrauch des beginnenden 20. Jahrhunderts als Synonym für "ordo" gesetzt wurde - bestehen die verschiedenen "ordines" der Familia cisterciensis innerhalb eines konsequenterweise so genannten "ordo familiae cisterciensis"... Die "ordines cistercienses" beider Observanzen nun sind - wieder lassen sich hier die römischen Dokumente bemühen - jedenfalls beide gleichrangige Rechtsnachfolger aller Rechte und Privilegien, die dem Zisterzienserorden jemals übereignet worden sind. Falls nun also einer der "ordines cistercienses", welcher Observanz auch immer, verschwinden sollte - was wiederum ein durchaus spitzfindiges kanonistisches Konstrukt ist - tangiert das in keiner Weise die Existenz des "ordo cisterciensis"! Und damit wäre die im Titel gestellte Frage insofern gelöst, als ein "Trappist der communis observantia" nicht nur als Ausdruck inexistent ist, sondern sogar ein "Trappistenorden" (der Rechtslage nach schon seit langem) nicht nur nicht existiert, sondern auch als rechtlich selbständige Körperschaft vollständig der "ordo cisterciensis" ist. Und genauso verhält es sich selbstredend umgekehrt.

Auf Bild 1: Graduale cisterciense 1960: Ein und ein anderer (et encore!) Generalobere(r) und ein (der Diktion nach) einziger Orden.
Auf Bild 2: Saal des Generalkapitels in Cîteaux: Zwei (oder drei, oder ...) Generalkapitel und trotzdem ein Orden?
Anstoß für diese Überlegungen war nicht nur die Lektüre römischer Dokumente zur neueren Rechtsgeschichte des (!) Ordens, sondern ein gewisses Unbehagen: Selbst von wirklich gescheiten Brüdern und Schwestern begeben sich viele wie automatisch in den Teufelskreis der sorgsam von Zisterziensergeneration zu Zisterziensergeneration weitervererbten Klischees des "Saint Ordre [Cistercien]" dort und der "trappistes" hier - et vice versa. Ob dahinter das Wissen lebendig ist, dass "le Saint Ordre" derselbe "ordo cisterciensis" ist, wie "l'ordre trappiste". Es scheint, dass sich der Observanzenstreit durch die Jahrhunderte zum Selbstläufer entwickelt hat. Schade nur, dass nicht allein die Kirchenrechtler daran verzweifeln.
Trotz der Fastenzeit sei dieser ernste und doch ernsthaft zu hinterfragende Zustand des Zisterzienserordens nicht ohne Humor als Gewissenserforschung zum Benediktsfest offengelegt.                     

Mittwoch, 20. März 2013

P. Roman und ein Engel des Herrn - Zum Festtag des Heimgangs des hl. Benedikt

Hl. Benedikt (Montecassino). Bild: Wikimedia Commons / Annicari.
Wie jeder weiß, empfing der hl. Benedikt, dessen Festtag anlässlich seines Heimgangs in die Himmelsglorie mit dem Vespergottesdienst beginnt, das Mönchsgewand vom hl. Romanus. Man wird nicht aus dem Nichts heraus Mönch, sondern empfängt sein monastisches Handwerkszeug aus den Hände eines Älteren, der als geistlicher Vater den Neuankömmling gleichsam auf seine Schultern nimmt. Der zukünftige Mönch lebt gewissermaßen aus dem Saft jener Wurzeln, die ihn mit dem lebendigen Wasser verbinden, das der Herr selbst gibt.
Dass das monastische Leben nicht immer eindeutig und geordnet "wie geschmiert" läuft, kann sich dann auch unverhofft zeigen:
Ein gewisser Mönch, der das sprichwörtliche mittlere Alter schon hinter sich gelassen und den sein Abt in der Profess just "Romanus" genannt hatte, lebt in einem Kloster der Provinz relativ zufrieden und rechtschaffen. Dieser P. Roman gehört zu denen, die nach dem Aufbruch der 68er Jahre und einem fundierten Theologiestudium in die geregelten Bahnen von charismatischen Konservativen zurückgefunden haben. Seit Jahren kümmert er sich aufopfernd um die Bedürftigen und Verzweifelten, die in sein Kloster kommen, um dort aufzutanken oder einfach nur Hilfe zu erbitten. Tatsächlich leistet man dort echte christliche und großartige Arbeit - das zu wissen, ist wichtig, um den Fortgang der Geschichte richtig zu verstehen. P. Roman also ist eines Morgens nach den geistlichen Verrichtungen wie gewohnt vom Wohntrakt in sein Büro unterwegs, wo er allfälligen Schriftverkehr zu erledigen hat oder für Besucher erreichbar ist. Sonderbarerweise will ihm die Beantwortung der Briefe nicht gelingen und selbst nach einer Stunde verbissener Arbeit hat kein Anruf ihn ins Sprechzimmer zu einem Kranken oder Traurigen beordert. Es gibt diese Tage, an denen man nicht warm wird und eine leichte Verstimmung über sich selbst um sich greift. Deshalb steht P. Roman kurzerhand vom Schreibtisch auf, läßt die Tür dezent krachend und mit einem verschmitzten Lächeln (ob dieser Derbheit) ins Schloss fallen und geht ins benachbarte Städtchen hinunter, in dem er (zurecht) wohlgelitten ist. Aber immer noch nagt irgendetwas in ihm - bis er über einen Mann stolpert, der weder erlesen noch geschmacklos gekleidet ist und auf ihn zu warten scheint. P. Roman gehört zu den Menschen, die sofort den richtigen Draht zu ihrem Gegenüber finden. Deshalb hält man sich nicht lange mit Förmlichkeiten auf, sondern kommt direkt zur Sache: Jener Mann, der sich als Tim vorstellt, führt P. Roman in eine der Altstadtgassen und bleibt schließlich vor einem stattlichen, frisch renovierten Haus stehen. Ohne anzuschellen, öffnet er die Haustür und geht ins 2. Obergeschoss. P. Roman ist ein feinfühliger Mensch und merkt schnell, dass hier seine Anwesenheit gebraucht wird. Sein Begleiter Tim hat die Schlüssel zur Wohnung schon parat und schließt gerade die Tür auf, als P. Roman im etwas verschmitzt lächelnden Gesicht seines kurzzeitigen Weggefährten irgendeinen altbekannten Zug entdeckt, der ihn stutzig innehalten läßt. Tim schert sich nicht darum, sondern befördert P. Roman mit einem strahlenden Lächeln und einem nicht weniger ausstrahlenden Stoß in den Rücken in die Wohnung.
P. Roman erwartet hier keiner seiner geistliche Unterstützung suchenden Bekannten oder einer der vielen ratsuchenden Unbekannten. Er findet sich wieder in einer Art sauberem Flur mit hübschen Türen zu beiden Seiten. Ihm wird unbehaglich zumute, doch Tim führt in gnadenlos freundlich zur ersten Tür, die nach zaghaftem Anklopfen geöffnet wird. P. Roman steht vor einem seiner betagten Mitbrüder, der, als hochdekorierter Neutestamentler längst emeritiert, nunmehr für jeden in der Gemeinschaft ein offenes Ohr hat. Verdutzt beschleicht P. Roman das unangenehme Gefühl, dass Tims Ausflug mit ihm kein Zufall ist. Und beschämt sieht er im Lächeln seines Mitbruders, der ihn freundlich anblickt, die Qual der Einsamkeit. Und noch beschämter merkt er, dass ihm selbst das Herz schwer wird, als Tim ihn bei der Hand nimmt und zur nächsten Tür führt. Auch die wird geöffnet (allerdings ungestümer, als erwartet), und P. Roman blickt ins Gesicht eines der jungen Professmönche, den sie aus der Philosophiegeschichte aufgeschreckt haben. Das gleiche Unbehagen steigt in P. Roman auf, als Tim dem jungen Nachwuchsphilosophen die Hand auf die Schulter legt und P. Roman gleich darauf ansieht: Es braucht mehr als nur die höfliche und "regulare" Freundlichkeit unter Mitbrüdern, um zur Gemeinschaft zu werden, die dem hl. Benedikt wohl vorschwebt! Es braucht vor allem ungeteilte und echte Zuwendung, die mehr Zeit verschlingen kann, als alle harte Arbeit im herkömmlichen Weinberg des Herrn. P. Roman versteht und läßt sich nur widerwillig von Tim zur dritten Tür ziehen. Der klopft leise an und muß die Tür selbst öffnen, da der Bewohner kränklich ist - und schläft. Oft hat P. Roman geholfen, wenn die Kranken seiner Gemeinschaft zu versorgen waren. Trotz anderer Aufgaben war er immer ansprechbar, wenn jemand von den Krankenpflegern Hilfe brauchte. Trotzdem liest er in dem gutgelaunten Gesicht seines unbekannten Führers eine andere Realität, die sich ihm bisher - gut weggeschlossen - entzogen hatte. Er geht zu seinem schlafenden Mitbruder und ist auf einmal ebenfalls müde und erschöpft. Ihm fällt auf, wie wenig er gelernt hatte, als ihm die Parolen der geschwisterlichen Kirche um die Ohren geschlagen wurden. Er hatte sie richtig eingeordnet und versucht, das Evangelium tatsächlich zu leben. Aber er hatte den zweiten Schritt vor dem ersten getan. P. Roman hatte dort hart und gut gearbeitet, wo seine Zuwendung zu offensichtlich gebraucht wurde. Der intellektuelle Blick des Theologen P. Roman hatte versagt, als es um seine nächsten Nächsten ging: Die kommen nicht an die Klosterpforte, sondern versuchen sich in seine Agenda zu stehlen, indem sie ihn nach der Terz (vergeblich) im Kreuzgang abfangen möchten. Oder sie sehen nach dem Abendessen sein erschöpftes Gesicht und bringen nur Oberflächlichkeiten heraus, obwohl ihnen - seinen Mitbüdern - Wichtiges auf der Seele brennt.
- Irgendwann merkt P. Roman, dass er bei einer (leeren) Espressotasse vor dem Stadtcafé eingenickt ist. Die Rechnung ist bezahlt, wie er sieht, und Tim hat ihm zum Abschied eine mehr oder weniger gelungene Weltkugel auf die Rechnung gekritzelt. P. Romanus versteht das übrigens sofort: "Die göttliche Kraft war dem hl. Benedikt mit solcher Gnadenfülle geschenkt worden, dass er wie in einem einzigen Strahl der Sonne die gesamte Welt in ihrer Fülle erblickte." (Non-Antiphon am Festtag des Transitus s. Benedicti) Gerade eben hat P. Roman in einem Funken dieses Lichts sehen dürfen, was sich dem hl. Vater Benedikt als "omnem mundum collectum" - als "der ganze Erdkreis zusammengebündelt" in einer anderen Dimension offenbart hatte: den kleinen Kosmos seiner eigenen Klostergemeinde, in dem die Hungrigen, Durstigen, Gefangenen, Traurigen auch auf ihn warten. Der hl. Benedikt hat diese Erkenntnis in seinem 4. Regelkapitel festgehalten, wo es um die Werkzeuge der geistlichen Kunst geht. Dessen letzter Satz lautet schlicht: "Die Werkstatt aber, in der wir [diese Werkzeuge] sorgfältig [gebrauchen] sollen, ist der Bereich des Klosters und die Beständigkeit in der Gemeinschaft." (vgl. RB, Kap. 4,78).
                                   

Freitag, 15. März 2013

Ein neuer Bischof von Rom und ein Wechsel des Szenario


Zahlreich sind die Kommentare der vergangenen Tage, die im Erscheinen des neuen Papstes auf seiner römisch-vatikanischen Loggia und am Stil der ersten Pontifkalliturgie in der Capella Sistina einen radikalen Kurswechsel sehen möchten. Diese Betrachtungen beiseite lassend, ist es viel interessanter und sinnvoller, die Rückkehr einiger alter liturgischer Traditionen unter Papst Benedikt unter diesem Blickwinkel zu beleuchten. Wer in Papst Franz(iskus) einen selbstbewußten Durchbrecher der rezenten neubarocken Renaissance sieht, wird vielleicht durch den schönen Glanz des Althergebrachten geblendet sein: Das wirklich Schöne (und damit näher an Gott gerückte) an der neuen alten Ferula ist nicht der gefällige Stil, sondern es ist das, für was sie steht: Sie kann nicht wie ihre Vorgängerin beim blutigen "Tod Gottes" stehenbleiben, sondern muss als Kreuzesbanner für die Verherrlichung Gottes stehen, die sie in der liturgischen Feier immer repräsentiert.
Gleiches gilt für den Fanon: Wer ihn als "zur Papstmesse aller Zeiten" dazugehörig betrachtet, weil er doch "schon immer" getragen wurde, oder wer den Fanon als unrepräsentative Stofffülle ansieht, der hat für sich wohl kaum einen nennenswerten Unterschied machen können zwischen einem wohlkostümierten Theatrum sacrum und der Liturgie. Das eine schließt das andere gewissermaßen aus, denn ein "heiliges Spiel" ist die Feier der Liturgie nun gewiß nicht. Genausowenig kann ein Gewandstück mehr oder weniger zum liturgischen Gütesiegel gemacht werden. Noch viel weniger übrigens kann es Beweis sein für die Rechtgläubigkeit oder die Häresie... So wenig der Fanon die Schönheit der Stickereien einer Kasel beeinträchtigen kann, über die er sich legt, so wenig kann die Schlichtheit eines echten liturgischen Gewandes und des Auftretens die Wirklichkeit der Liturgiefeier beeinträchtigen. Die "himmlischen Mächte" sind nicht weniger bei der Liturgie zugegen, wo sie in Konzentrationslagern oder in der Kanalisation gefeiert werden muss. Es kommt vielmehr darauf an, sich ihrer häufig unsichtbaren Gegenwart glaubend bewußt zu sein - und da scheiden sich die Geister.               

Mittwoch, 13. März 2013

Jetzt ist die Zeit der Gnade - Plädoyer für ein ordentliches Osterdatum

Ein steiniger Weg: Tradition vs. Realität?
Das "Erzbistum der russisch-orthodoxen Gemeinden in Westeuropa" (-> das deutsche Dekanat) hat seinen neuesten Rundbrief veröffentlicht. Es geht im Hauptartikel um die Festlegung des Osterdatums - eine Frage, für die im Heiligen Land ab diesem Jahr eine gewagte Lösungsmöglichkeit gesucht wurde: Dort nämlich hat man sich an den meisten Orten für das Osterdatum der Ostkirchen entschieden, d.h.: alle Gemeinden der franziskanischen Custodia Terrae Sanctae, alle römisch-katholischen Pfarreien, alle griechischen, russischen etc. Gemeinden feiern das Osterfest am 5. Mai - mit Ausnahme der Kirchen, die unter dem Status quo stehen (einer Regelung zwischen den nutzenden und besitzenden Parteien einer Kirche). Grund dieser Regelung sind die zahlreichen konfessionsübergreifenden Ehen in diesem Landstrich. Im Mitteilungsblatt des Exarchats (direkte Verweisung auf die pdf-Datei) wird diese Regelung kritisch beleuchtet und gleichzeitig eine Lanze gebrochen für eine überlegte und besonnen durchgeführte Anpassung des Osterdatums der Orthodoxie an einen neuen Berechnungsstil. Ein solcher wurde schon durch Studien vorbereitet - bleibt die Umsetzung dieser schwierigen Frage, nachdem der Kalender seit Einführung der gregorianischen Berechnung in manchen Kirchen zu Unstimmigkeiten und Spaltungen größeren Ausmaßes geführt hatte. Die Custodia Terrae Sanctae möchte mit der Übernahme des östlichen Osterdatums das Leben der Gemeinden christlicher, d.h. auch gemeinschaftsfähiger machen. Tatsächlich sind Gram, Spaltungen und Trauer nicht so sehr eine Folge des guten oder schlechten Kalenders. Sie sind Folgen der nicht auf Christus gegründeten Verankerung in an sich wichtigen traditionellen Formen. Vielleicht werden alle Christen irgendwann (vielleicht schon 2025, wie im Feuillet vorgeschlagen?) zuerst auf Christus blicken, dann auf die Überlieferung der Väter, dann auf ihre je eigenen Traditionen, und schließlich doch zur "Fußwaschung" (im übertragenen Sinne) bereit sein: Dass jeder etwas losläßt von dem, was ihm wertvoll ist. Damit stiege er zwar von der Höhe der rechtgläubigen Überlieferung hinab, empfinge aber die (weiß Gott viel unfassbarere) Gnade, in Gemeinschaft mit den anderen, gleich den Aposteln, vom Erlöser in Knechtsgestalt gewaschen zu sein.                

Montag, 11. März 2013

Über das Fasten

Vor wenigen Tagen zeigte der oft mit spitzer Feder geschriebene Blog Orthodoxologie (in französischer Sprache) eine thematisch passende Seite an, die lesenswerte Gedanken enthielt:
Gerade während der Fastenzeit, die sich im westlichen Kulturkreis als solche nur schwer halten kann, stehe die Entscheidung für Christus ganz vorne an. Der Schreiber der Gedanken auf Orthodoxologie hat denn auch dargelegt, wie befreiend die Kombination von Hunger und Erinnerung sein kann! Ihn würde (und sicher nicht nur ihn allein!) der Hunger nach bestimmten Speisen quälen, wenn es ans Fasten geht - aber genau das sei der Augenblick, der ihm ins Gedächtnis ruft, dass es dem Festtag entgegen geht. Was für ein beseligendes Magenknurren ist es doch, wenn sich das Osterfest dadurch täglich heißer ersehnen läßt. Leider Gottes ist das ein allzu menschliches Fühlen, aber immerhin ist es ein Gefühl. Ein zweiter Gedanke ist nicht weniger wichtig: Das Fasten verlangsamt das Leben, denn es nimmt dem Körper einige Kaftressourcen. In einer Umwelt der Hetze und Schnelligkeit könnte dem Christen nichts Besseres passieren! Verlangsamtes Leben, verlangsamtes Arbeiten, sogar verlangsamte Hetze... Und ein schöner Gedanke zum Fasten ist gewissermaßen das Sahnehäubchen (für Nicht-Zisterzienser...): Nehmt die verlangsamte - und dadurch tatsächlich gedehnte - Zeit, und besucht die Nachbarn zum Gespräch, meinetwegen auch zum Kaffeeklatsch, aber bewegt euch aus dem engen Blickwinkel der eigenen vier Wände hinaus, da gerade dort Christus auf euch wartet.
Das sind tatsächlich schöne und friedvolle Gedanken in der Fastenzeit, die doch "in der Freude des Heiligen Geistes" (vgl. die Benediktsregel) ausgekostet sein will!