Donnerstag, 28. Februar 2013

Isaak der Syrer - Gedanken über die Gottesliebe

In der französischen Version von "Evangelium Tag für Tag" fand ich heute den Kommentar des hl. Isaak des Syrers über die Gottesliebe:
"Wer in der Hölle Qualen leidet, der leidet, so meine ich, unter den Hieben der Liebe. Gibt es etwas, das bitterer und schmerzlicher ist als die Qualen der Liebe? Wer spürt, dass er gegen die Liebe gesündigt hat, schleppt mit sich eine Strafe herum, die noch viel größer ist als die gefürchtetste Züchtigung. Das Leiden, das die Sünde wider die Liebe uns ins Herz pflanzt, ist schmerzhafter als jede andere Qual.
Der Gedanke, die Sünder in der Hölle könnten von der Liebe Gottes abgeschnitten sein, ist absurd. Die Liebe ist das Kind der Erkenntnis der Wahrheit, die, wie alle bezeugen, ungeteilt geschenkt wird. In eigener Kraft handelt die Liebe auf zweierlei Weise. Sie quält die Sünder, wie hier auf Erden ein Freund den anderen quält. Und sie schenkt Freude denen, die ihre Pflicht erfüllt haben. Das ist meines Erachtens die Folter der Hölle: die Reue. Aber die Seelen im Himmel schwelgen im Freudenrausch." (Diskurs 84 [1. Reihe])
Die obige deutsche Fassung war sehr geglättet... Der hl. Isaak spricht von der Hölle als Ort der Anwesenheit der Gottesliebe. Wie könnte es auch anders sein? Gott von dort auszuschließen, entspricht in etwa dem Verlangen, ihn auf menschliche Maßstäbe zu reduzieren: Beides ist nicht möglich, denn Gott sprengt alle Maßstäbe und Grenzen. Die alten Theologen wußten das sehr gut, hüteten sie sich doch davor, Gott in die Fesseln der Canones und Defectiones zu zwängen. "Defekte" und Richtschnüre braucht tatsächlich bloß der beschränkte Menschenverstand, um seine Ängste zu zähmen.
 

Mittwoch, 27. Februar 2013

"Mönche und Jesuiten" - die Karolingische Klosterstadt Campus Galli und die modernen Mönche

Die Campus Galli-Baustelle mit Bebauungsplan. Bildquelle: Stadt Meßkirch
Das faszinierende Projekt der experimentalarchäologischen Konstruktion des St. Galler Klosterplans in Meßkirch (ab dem kommenden Frühjahr) bleibt nicht ohne Auswirkungen auf die monastische Infrastruktur des Landstrichs im Umland von Donau und Bodensee. Die Benediktinerabtei Beuron ist glücklicherweise involviert: Sie beherbergt ab Juli schon mal eine Gruppe von neugierigen Helfern, die von der Bischöflichen Akademie Aachen zu einer praxisnahen Exkursion motiviert wurden. Eine erste Einstimmung soll auch in der Abtei Kornelimünster / Aachen stattfinden, bei der grundsätzliche Fragen und Anforderungen geklärt werden. Die Benediktiner von Beuron galten vor nicht zu langer Zeit als die "Jesuiten" unter den Söhnen des hl. Benedikt. Ihr straffes Konzept galt mancherorts als typisch "jesuitisch", d.h. als verkopfte und reglementierte Militia, der die lebensfrohe benediktinische Monastizität gegenüberstand. Ob etwas Wahres hinter diesen Behauptungen stehen kann, muss der Kenner entscheiden. Jedenfalls war vor wenigen Wochen auf der Informationsseite zurm "Campus Galli" zu lesen, dass die Benediktiner von Beuron - das ja nur 18 km von der künftigen Baustelle entfernt ist - sich durchaus Gedanken zum Projekt machen. Gott sei es gedankt, kann man nur sagen! Und Gott sei gedankt auch dafür, dass die Karolingische Klosterstadt ein konfessionsfreies Projekt ist und bleiben soll. Dadurch kann sie ihrem Auftrag weit mehr gerecht werden, als wenn sie sich dem Diktat einzelner Richtungen beugen müßte. Ein Mönch von Beuron jedenfalls überlegt laut, welche Herausforderungen das mittelalterliche Mönchtum an die heutige Gemeinschaft von Beuron stellen könnte: Es könnte die Konzeption des Lebens sein, die sich deutlich unterscheiden würde. Der Mönch des 9. Jahrhunderts habe seine Lebenserfüllung in der Teilnahme am Gottesdienst gesehen. Das ließe sich - cum grano salis, möchte man dazwischenrufen - so nicht mehr in die heutige Zeit übertragen, wo viel flexibler mit den monastischen Regeln umgegangen werden könnte. Das stimmt - und stimmt auch wieder nicht. Es ist vielmehr die heutige Interpretation einer Lebenseinstellung, deren Auswirkungen auf das konkrete Leben ein gutes Stück weit nicht mehr nachvollzogen werden können. Wie die Konstruktion einer benediktinischen "Civitas" durch konkrete Vollzüge mittelalterlicher Gegebenheiten neue Einblicke in die heutzutage allzu starren Ideen geben könnte, bleibt abzuwarten. Wünschenswert wäre es allemal, dass sich das (mittel-)europäische 21. Jahrhundert seiner Wurzeln besinnt - nicht nur theoretisch und wie vom hohen Ross, sondern konkret und ohne pseudowissenschaftliche Scheuklappen.       

Freitag, 22. Februar 2013

Weil es wichtig ist! - Die Weiße Rose, ein Gedenktag


Ein wichtiger Gedenktag heute, und fast ist der Tag schon vorüber. Gott sei Dank, "Moinillon" hat ausführlich (auf Französisch) seine Gedanken eingetippt - sehr lesens-, sehens- und bedenkenswert, und zwar HIER. Wenn drei junge Menschen der "Weißen Rose" für ihre Überzeugung sterben, wie heute vor 70 Jahren Christoph Probst, Hans und Sophie Scholl, dann zeigen sie uns damit, wie wir zu leben haben. 80 Jahre seit der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten, 70 Jahre se der Zerschlagung der "Weißen Rose": Das alles sind im Grunde überschaubare Zeiträume, die zu denken geben sollten.

P. Petroniu Tanase - zum Jahrestag seines Heimgangs

Wieder jährt sich der Tag des Heimgangs von V. Petronius von Prodromou auf dem Berg Athos. Allen, die etwas Englisch oder Rumänisch beherrschen, kann das folgende Video Anstöße für das geistliche Leben geben. Wie immer, so äußert sich V. Petronius auch hier kompromisslos:
 
 

Samstag, 16. Februar 2013

"Femen" versuchen sich in Notre-Dame de Paris

Vor Kurzem haben sich Mitglieder der wohl ukrainischen Gruppe "Femen" in der Kathedrale von Notre-Dame in Paris an einer Protestkundgebung gegen Unterdrückung versucht. Was kam dabei heraus? Halbnackte Frauen, perfekt ins derzeitige Schönheitsideal passend, hatten ihre Oberkörper mit Parolen u.a. gegen den Papst, gerade nach seiner Rücktrittsankündigung, beschrieben. In Notre-Dame veranstalteten sie, derart werbewirksam herausgeputzt, einen selbstbewußten Auftritt. Sie schlugen an die neuen Glocken von Notre-Dame, schrien ihre Parolen und setzten sich gekonnt zur Wehr gegen einschreitende Sicherheitsbeamte. Als Christ frage ich mich jetzt: Das selbstbewußte Auftreten der Frauen zielt scheinbar nicht auf ein Eintreten für tatsächliche Frauenrechte, sondern zielt gegen einen vermeintlichen Feind (ähnlich den "Staatsfeinden" der ehem. Sowjetunion, der "DDR", der Diktaturen allgemein): Dieser Feind heißt scheinbar "Insubordination" - im Sinne des fraulichen Femen-Diktats also: "Wer nicht glaubt, denkt und handelt wie wir, der sei im Banne." "Femen" hat das gekonnt dem vorherrschenden Denkmuster abgeschaut, das zu Genüge bekannt ist, in der Moderne, wie auch in der Vergangenheit. Heute will ein ungeschriebenes Gesetz die Menschen in eine bestimmte Richtung zwingen: die der Unterordnung unter bestimmte Verhaltensmuster der aufgeklärten Menschen - offen für alles, möglichst ohne Einschränkungen, mit einer sozialen Komponente der Gleichmachung aller Menschen. Das bedeutet aber auch: Der Schwächere bleibt am Ende zurück, denn der gleichgeschaltete Mensch ist nicht mehr gleich, sondern uniform und gesichtslos. Was die Vergangenheit betrifft, so lässt sich leicht rückschließen auf das, was Diktaturen wünschen: Vollkommenheit (nicht nur in der Unterwerfung, sondern auch im Denken und, wie interessant, im Aussehen!). "Femen" entspricht vollkommen diesem Ideal - der Diktatur, muss man leider sagen. Nicht nur die Verletzung der religiösen Gefühle ihrer Mitmenschen (die scheinbar keine Rolle spielen), sondern auch die nicht gerade friedlichen Manifestationen in Notre-Dame spiegeln einen Kampf wider, der sich wohl vor allem gegen einen "Feind" richtet, den man sich selbst schaffen musste. Die Christen eigenen sich tatsächlich gut - Eine Moschee wagt man erst gar nicht zu betreten, um seiner Wut Luft zu machen. Das Kirchengebäude, als Ort der besonderen Gottesgegenwart, trifft das Herz der "Femen"-Proteste, richtet sich ihr Kampf doch eher gegen alles, was nicht ihrer Lebenseinstellung entspricht. Solche psychischen Engführungen, die als Maßstäbe an alles gelegt werden, was nicht dem Ideal der eigenen Meinung gleichkommt, wurden auch in Notre-Dame zum Ausdruck gebracht - leider wieder in einer Art, die für Gott vielleicht mitleiderregend, für uns beschämend, für die Mitglieder der Protestierenden erbärmlich ausgefallen ist: Hier wurde nämlich wieder die Diktatur zum Maß der Dinge gemacht, was die Christen niemals gutheißen konnten und durften. Dass dadurch ein Teil der Menschen wieder mit Füßen getreten wurde, wird den "Femen"-Aktivistinnen wohl nicht mal mehr aufgefallen sein. Ein trauriger Protest, vor allem wohl deshalb.  

Sonntag, 10. Februar 2013

Von der Liebe - Gedanken zum Fest der hl. Scholastika

(Photo: Père Igor / Wikimedia Commons)
In mancherlei Hinsicht ist die Heilige des heutigen Tages viel moderner als so mancher Heilige der Neuzeit. Die heilige Scholastika, Schwester und monastische Gefährtin des hl. Benedikt, setzt ihrem Bruder am Ende ihrer Erdenzeit Hörner auf und zerschmettert alle seine wohlüberlegten und niedergelegten geistlichen Richtlinien. Verdient sie deshalb, als "letzte Feministin der ausgehenden Antike" oder "erste Frauenrechtlerin des westlichen Mönchtums" apostrophiert zu werden? Sicherlich nicht. Und genausowenig verdienen es die Zisterzienser, als ein Orden der Revolutionäre bezeichnet zu werden. Und das, obwohl sie neben dem Vielen, was sie aus der Benediktsregel "buchstabengetreu" übernahmen, ebenfalls vieles nach eigenem Gutdünken (und gegen die Tradition), und wiederum vieles ganz anders als die Benediktsregel auslegten...
Was hat das nun mit der hl. Scholastika zu tun? Sie traf sich eines Tages mit ihrem Bruder Benedikt vor den Mauern des Klosters, um, wie gewohnt, einmal im Jahr über göttliche Dinge zu sprechen. Und sie fühlte, dass es das letzte Mal sein würde, dass sie sich dort treffen konnten. So stellte sie ihrem Bruder die durchaus "törichte" Frage, ob sie beide - nur dieses eine Mal - nicht die Nacht im geistlichen Gespräch verbringen könnten. Der hl. Benedikt lehnte schlichtweg ab: Er könne nicht die Regel beiseite lassen und einfach außerhalb des Klosters bleiben. Der hl. Scholastika wurde sicher das Herz schwer, jedenfalls musste sie weinen. Und hier wird es jetzt gefährlich: Ihre Tränen waren nämlich keine Tränen des Verzichts, sondern Tränen der Liebe. Sie neigte den Kopf zum Gebet - und draußen brach ein Unwetter los, das den Mönchsvater daran hinderte, ins Kloster zurückzukehren. An dieser Stelle möchte ich den hl. Vater Benedikt schon fragen:
Fürchtest Du Dich so vor nassen Kleidern und aufgeweichten Schuhen, dass Du Deine Regel, trotz aller vorheriger Entschiedenheit, nicht befolgst?
Sind die lächerlichen Blitze und Orkanböen stärker als Deine Überzeugung, dass der Weg der Regel schnurstracks zu Gott führt?
Muss Deine Schwester Dich erst durch ihr Gebet eines Besseren belehren?
So wird es wohl sein, denn der hl. Benedikt erkennt auch während dieses tobenden Naturwunders noch nicht, was sich eigentlich hier abspielt. Er rügt seine Schwester und sagt zu ihr: Gott verzeihe Dir, was Du getan hast; dass Du mich hinderst, aufzubrechen. - Ein wahrhaft schwaches Plädoyer des großen Mönchsvaters! Die hl. Scholastika weist ihren Bruder daher empfindlich zurecht: Du hast nur Deine Leitplanken der Regel im Kopf, an denen entlang ja auch ich mich geradewegs ins Himmlische Jerusalem aufmache! Eben wäre die Gelegenheit gewesen, den Buchstaben der Regel zur Tat werden zu lassen: Du hättest mir beweisen können, dass das Joch der Regel im Knechtsdienst Christi nur unter dem Vorzeichen der Liebe die richtige Last trägt. Deine reguläre Richtschnur war in Gottes Augen heute wertlos, obwohl sie nur zusammenfasst, was alle Väter lehren.
Vielleicht ist das ein dezenter Wink der hl. Scholastika an uns Heutige: Haltet Euch an Eure jeweilige Regel und vergesst nicht, dass jeder ihrer Buchstaben wichtig ist. Aber entdeckt hinter allen ihren Buchstaben das Vermächtnis Christi, den wir in der Welt "abbilden" dürfen.  

                    

Mittwoch, 6. Februar 2013

Zeit oder Unzeit

Es gehört beinahe zum guten Ton des Arbeitenden, seine Auslastung und Effektivität durch ein "Leider habe ich jetzt keine Zeit!" zu bekräftigen und zu unterstreichen. Wer immer Zeit hat, kann ja, so der automatische Lernerfolg aller Betroffenen, nicht zur arbeitenden und ehrbaren Schicht gehören. Die Potenzierung der Effektivität strahlt somit erst dann hervor, wenn das "Ich habe leider keine Zeit!" mit hastigen Aktionen unterstrichen wird. Leider Gottes bleiben dabei sowohl die Effektivität als auch die Arbeitskraft weit hinter dem Maximum zurück: Ein knallende Tür ist nicht nur ein Ärgernis für das soziale Umfeld und den Handwerker, sondern auch für den Zeitsparenden, der sie knallen lässt. Der nämlich vergiftet nicht nur sein Verhältnis zur Schöpfung mit diesem Akt des Vandalismus, sondern stellt sich nur zu oft ein Bein, da die so misshandelte Tür oft nicht schließt - wohl dem also, der eine Tür handhabt, wie es sich gehört: Er darf sich 1. an ihrer längeren Lebenszeit freuen, 2. verschont er seine Mitmenschen vor lärmenden Türblättern, 3. erspart er sich häufig einen zweiten und dritten Gewaltakt gegenüber der Tür und spart somit 4. mindestens doppelt so viel Zeit, wenn er die Klinke in die Hand nimmt und sie mit Dankbarkeit gegenüber Gott und dem guten Tischler drückt.
Das heutige Zeitproblem zeigt sich leider fast überall. Um beim Naheliegenden zu bleiben: Die Mönche haben es vielerorts gut verstanden, sich den Tageslauf freizuschaufeln - und herausgekommen ist oft ein stark reduziertes Offizium, ein dadurch leichter zu bewältigender Arbeitsrhythmus, ein Anwachsen der Arbeitsfelder, eine oftmals spürbare Arbeitsüberlastung - und als Folge der Prioritätenverschiebung: immer weniger Menschen, die den Ruf Gottes zu einem Leben als Mönch hören können. Vielleicht ist es wirklich die fehlende Zeit, die das Grundübel darstellt. Die Zeit, die dem Menschen und Gott nicht geschenkt ist, wirkt sich defizitär aus, denn sie wird zur Negativzeit, die sich selbst verschluckt. Es ist die asoziale Zeit, die - im doppelten Wortsinn- fehlt.