Samstag, 21. Mai 2011

Notre-Dame de l'Atlas / Tibhirine - 15 Jahre nach der Ermordung

Photo und Rechte: Abbaye d'Aiguebelle


In den frühen Morgenstunden des 21. Mai 1996 wurden unsere sieben Brüder von Notre-Dame de l'Atlas irgendwo im Atlasgebirge ermordert, hingerichtet einzig deshalb, weil sie ihr Kloster nicht hatten verlassen können und wollen. Nach ihrer Entführung am 27. März waren lange Wochen vergangen, in denen mehrere Botschaften der Entführer veröffentlicht wurden. Die algerischen Extremisten wollten verhandeln - mit dem Staat, mit Frankreich als einstiger Kolonialmacht. Eine Geiselnahme, wie im Falle der sieben Brüder von Tibhirine, stellt beide Seiten vor hohe Anforderungen. Die Geiselnehmer sehen sich konfrontiert mit einer Situation, die nicht voraussehbar ist: Wie geht man um mit Menschen, denen man Gewalt angetan hat, und mit denen man allem zum Trotz irgendwie zusammenleben muss? Auch die andere Seite hat es schwer: Wie haben die Politiker zu reagieren, wenn Forderungen nach Gefangenentausch laut werden? Wenn aus den Geiseln tatsächlich Objekte der Erpressung werden?
Wer auch immer die Ermordung der Brüder von Tibhirine zu verantworten hat, eines wird immer deutlicher: Jeder der sieben entführten Zisterzienser von Notre-Dame de l'Atlas (und auch die beiden vergessenen!) hatte sein Leben Gott geschenkt. Und dieses Geschenk enthält mehr als eine summarische Ganzhingabe am Tag der Mönchsweihe. Die Ganzhingabe an Gott umfasst auch das Geschenk eines jeden einzelnen an die Menschen in Algerien, an ihre Nachbarn - und an ihre Entführer und Mörder.
Wir feiern Ostern und das Geschehen vor 15 Jahren kann seine ganze Kraft nur im Licht der Auferstehung Christi entfalten. "Wir haben immer eine hintertür offenstehen, durch die wir [aus Algerien] fliehen können - die Bewohner dieses Landes können das nicht." So ähnlich hat fr. Christophe eimal gesagt. Die Gemeinschaft von Tibhirine wollte sich keine Hintertüren aufhalten. Für sie erhält das Kreuz erst im Licht der Auferstehung seine Konturen und erst in diesem Licht hat sich ihnen der Erlöser an diesem Kreuz gezeigt - verklärt.

Dienstag, 17. Mai 2011

Die Liturgiereform nach dem 2. Vatikanischen Konzil - Gedanken zum Stand der Dinge

Im Netz häufen sich die Kommentare besorgter Christen, die die Umsetzung der römischen Liturgiereform nach 1969 als verfehlt ansehen. Obwohl als Zisterzienser nicht unmittelbar betroffen (und allem zum Trotz sehr wohl betroffen!), gestatte ich es mir, Gedanken und meine eigen Meinung in Worte zu fassen. Es ist einigermaßen schwierig, überhaupt zu definieren, was Liturgie ist. Ihre das ganze christliche Leben umfassende Dimension begrenzt die Möglichkeiten schon enorm, eine halbwegs vollständige Wesensbeschreibung der Liturgie verfassen zu können. Vieles haben gelehrte Menschen in dieser Richtung schon versucht. Obwohl kein Traditionalist und erst recht kein Kleingeist (eine Einschätzung, die natürlich meiner eigenen Perspektive geschuldet ist), sehe ich in diesem Versuch einer römischen Liturgierefom eine handfeste Hinführung zur Verdummung des Gottesvolks. Harte Worte, natürlich, doch was bleibt zu einer Reform zu sagen, die Archäologismen (um nur zu nennen: die Stellung des Priesters am Altar...), gesunden Menschenverstand (mir kommt dabei in den Sinn: Wo wird dem Gottesvolk denn wirklich Heimat geboten in der neuen Liturgie?) und eine abstruse Ekklesiologie (Welch ein ausgeprägter Klerikalismus in der neuen Liturgie!) zu ihren Leitsätzen gemacht hat? Das Motu proprio Roms "Summorum pontificum" und die klärende Instruktion "Universae ecclesiae" haben die Verwirrung noch größer gemacht und keinesfalls mit Abstrusitäten ausräumen können. So gehört es zum guten Ton in kirchentreuen, klassisch gebildeten Kreisen, der überlieferten liturgischen Sprache des Latein eine besondere Hochschätzung entgegenzubringen. Die großartig in Musik gebrachten Teile des Gottesdienstes, die von ungeahnter geistlicher Tiefe sind, berechtigen zu einer solchen Hochachtung. Doch die Ästhetik ist und bleibt eine Folge der rechten Liturgie, keine Voraussetzung dafür, eine solche feiern zu können. Deshalb ist die Sprache der Liturgie zweitrangig, das wußten schon die Theologen des 8. Jahrhunderts, das wußten die Theologen des Konzils von Trient - und das wußten sogar die Theologen des 2. Vatikanischen Konzils, wie ich etwas hämisch hinzufügen möchte. Die unerquicklichen Anschuldigungen verschiedener Parteiungen hinsichtlich der Zulassung der römischen Messe von 1962 können deshalb zwar ganz zu Recht wichtige Argumente für oder wider ihren Standpunkt anführen, bleiben jedoch im Grunde Antworten auf die entscheidende Frage schuldig: Wo steht die heutige Kirche, wo steht die heutige Gemeinschaft römischer Christen in ihrem Glauben und in ihrem Bekenntnis? Wollen sie sich wirklich in die apostolische Tradition stellen und den apostolischen Glauben leben und verkünden? Es sind dies ganz wesentliche Fragen. Und noch wesentlicher werden die Antworten sein, die früher oder später notwendig werden.

Freitag, 13. Mai 2011

Der Weg zu Gott - Gedanken zur Instruktion "Universae Ecclesiae" bzgl. der Umsetzung von "Summorum Pontificum"

In einigen interessierten Kreisen hat die Instruktion "universae ecclesiae", die am heutigen Tag veröffentlicht wurde, ein breites Echo ausgelöst. Wirklich zu Recht? In Deutschland halten die äußerst besorgten Bischöfe ihre schützende Hand über ihre Herden und versuchen verzweifelt, den verderblichen Einfluss einer ihnen höchst unzeitgemäß erscheinenden liturgischen Erneuerung abzuwenden. Tatsächlich verdienen es alle aufrechten Christen hierzulande, vor noch größerem Verderben bewahrt zu werden. Die unausgegorene Liturgiereform von 1969/70 im Fahrwasser des 2. Vatikanischen Konzils hat nicht nur bei den Gläubigen keinen rechten Anklang gefunden (da sie offenkundig nur noch nachhaltiger erschüttert wurden), sondern das Wissen um die dogmatischen und geistlichen Grundlagen des Glaubens nur noch weiter verblassen lassen. Natürlich ist dieses Fiasko nicht einzig den Machern der erneuerten Liturgie anzukreiden! Es ist die Folge einer langen Engführung im liturgischen ind disziplinären Leben der römischen Kirche, die schon im Mittelalter eingesetzt hat - und zwar zu dem (zeitlich sehr gedehnt anzusetzenden) Zeitpunkt, da das Geheimnis und das Wesen der Liturgie vor dem römisch geprägten Intellekt zu verblassen begann. Dass bis heute die "Persolvierung" bestimmter Handlungen in der Liturgie einen größeren Stellenwert einnehmen kann, als es die liturgische Wirklichkeit tut, bleibt eine kuriose Folge, zumal sich die Verfechter der Liturgiereform von 1969 ff. oft dieses Umstands nicht bewußt zu sein scheinen. Gott sei es gedankt: Als Zisterzienser unterstehe ich NICHT dem römischen Ritus, sondern meinem eigenen, zwar lateinischen, aber eben doch nicht römischen Tisterzienserritus. Nicht nur für seine im engeren Sinne liturgischen Traditionen darf ich dankbar sein, sondern auch für seine disziplinären Überlieferungen. Dass die persönliche Frömmigkeit keineswegs leer ausgeht, brauche ich nicht zu betonen. Was ich allerdings betonen möchte, ist die grundlegende Bedeutung aller dieser Komponenten für das christliche Leben in der heutigen Welt. Unsere Liturgie ist Teil der himmlischen Liturgie und Spiegel unseres Glaubens, den wir mehr denn je zu bezeugen haben - glaubwürdig, wie ich meine.